L 10 R 4205/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3926/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4205/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 10.09.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin eine Anpassung des durchgeführten Versorgungsausgleiches im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Ehe des am 1948 geborenen Antragstellers mit seiner am 1956 geborenen Ehefrau wurde durch Urteil des Amtsgerichts F. vom 19.02.2008 geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleiches wurden vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften i. H. v. 125,36 EUR monatlich auf das Konto der geschiedenen Ehefrau bei der Antragsgegnerin übertragen. Darüber hinaus wurden auf dem Konto der geschiedenen Ehefrau bei der Antragsgegnerin Rentenanwartschaften i. H. v. 75,51 EUR monatlich zu Lasten des Versicherungskontos des Antragstellers bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder begründet. Im Rahmen der Ehescheidung schlossen die Eheleute eine Scheidungsfolgenvereinbarung, u. a. zum Ehegattenunterhalt. Danach wurde Ehegattenunterhalt derzeit nicht geltend gemacht. Es wurde vorgesehen, dass nachehelicher Unterhalt insbesondere verlangt werden könne, wenn (u.a.) sich das monatliche Nettoeinkommen einer der Parteien um 100,00 EUR verändert sowie im Fall der Not, u. a. wegen Arbeitslosigkeit.

Nachdem die frühere Ehefrau des Antragstellers geltend gemacht hatte, sie sei seit Oktober 2011 arbeitslos und habe dadurch eine erhebliche Einkommenseinbuße, schlossen die geschiedenen Eheleute am 24.11.2011 eine Vereinbarung über die gegenseitige Unterstützung in finanziell schwierigen Situationen, in der der Antragsteller seiner geschiedenen Ehefrau eine monatliche Zahlung i. H. v. 250,00 EUR anbot, die so lange erfolgen soll, bis das im September 2011 von der geschiedenen Ehefrau erzielte Einkommen wieder erreicht wird, längstens bis zum Erreichen des Rentenalters am 31.07.2013, jedoch darüber hinaus in Höhe des Versorgungsausgleichs, wenn dieser in der Rentenberechnung suspendiert wird, längstens bis zum Renteneintritt der geschiedenen Ehefrau.

Die Antragsgegnerin zahlt dem Antragsteller seit 01.08.2013 Rente mit einem Zahlbetrag von 1.588,25 EUR. Die zur Rentenberechnung ermittelten Entgeltpunkte unterliegen wegen des durchgeführten Versorgungsausgleiches einem Abschlag i. H. v. monatlich 125,36 EUR = 4,7720 Entgeltpunkte (EP).

Im Juni 2013 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Anpassung des Versorgungsausgleichs wegen Unterhaltszahlungen unter Bezugnahme auf § 33 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 09.07.2013 ab. Sie verwies darauf, dass dieser Antrag beim Familiengericht zu stellen sei. Hiergegen wandte der Antragsteller ein, dass nach § 34 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG die Abänderung einer Anpassung auch von dem Versorgungsträger selbst verlangt werden könne.

Am 29.08.2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Freiburg beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, über den Antrag auf Anpassung des Versorgungsausgleiches wegen Unterhaltszahlung eine Neuberechnung der Rente und Aussetzung des Malus aus dem Versorgungsausgleich vorzunehmen. Dies hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 10.09.2013 abgelehnt. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung könne über die Anpassung und deren Abänderung des Versorgungsausgleichs nur das Familiengericht entscheiden. Ein Rentenversicherungsträger könne zwar nach § 34 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG auch die Abänderung einer Anpassung beantragen. Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Vornahme der Anpassung bestehe jedoch nicht.

Gegen den ihm am 11.09.2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 25.09.2013 Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Der Sache nach begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Gewährung höherer Rente. Denn er macht geltend, dass durch den von ihm an seine frühere Ehefrau auf Grund der getroffenen Vereinbarung vom 24.11.2011 gezahlten Unterhalt eine Anpassung des Versorgungsausgleiches nach § 33 VersAusglG mit der Folge durchzuführen sei, dass die Kürzung der laufenden Versorgung ausgesetzt wird. Dies hätte zur Folge, dass die von der Antragsgegnerin an den Antragsteller geleistete Rente höher ausfiele. Denn im Rahmen der Rentenberechnung wären dann die EP nicht um einen Abschlag durch den Versorgungsausgleich zu kürzen, sodass bei der Rentenberechnung 4,7720 EP zusätzlich einzustellen wären.

Prozessuale Grundlage für das Begehren des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz ist in diesen Fällen (Begehren einer höheren Leistung) § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Nach Satz 1 dieser Regelung kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden kann (Sicherungsanordnung). Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Hier begehrt der Antragsteller den Erlass einer Regelungsanordnung. Denn er will nicht eine Veränderung des bestehenden Zustandes verhindern, sondern herbeiführen. Ebenso wie bei der Sicherungsanordnung ist bei der Regelungsanordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes notwendig (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86b Rdnr. 27). Im Falle der Regelungsanordnung ist Anordnungsgrund die Notwendigkeit ihres Erlasses zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Keller, a.a.O. Rdnr. 27a). Entscheidend ist dabei, ob es bei einer Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller, a.a.O., Rdnr. 28).

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller schon nicht dargelegt, aus welchen Gründen der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich sein soll. Angesichts der Höhe der bezogenen Rente (Zahlbetrag 1.588,25 EUR) und einer daneben gezahlten Betriebsrente erschließt sich nicht, warum dem Kläger das Abwarten des Ergebnisses eines Klageverfahrens nicht zumutbar sein soll. Dementsprechend liegt kein Anordnungsgrund vor, sodass der Antrag schon deshalb abzulehnen ist.

Im Übrigen hat das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsteller keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Anpassung des Versorgungsausgleiches hat.

Nach § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.

Der Antragsteller behauptet einen solchen Anspruch auf Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung, weil er seiner geschiedenen Ehefrau monatlich 250,- EUR Unterhalt zahlt.

Hierzu regelt § 34 Abs. 1 VersAusglG, dass über die Anpassung und deren Abänderung das Familiengericht entscheidet. Nach Abs. 2 der Vorschrift sind antragsberechtigt die ausgleichspflichtige und die ausgleichsberechtigte Person (Satz 1). Nach Satz 2 kann die Änderung einer Anpassung auch von dem Versorgungsträger verlangt werden.

Der Antragsteller beruft sich insoweit zu Unrecht auf § 34 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG. Diese Regelung steht im Zusammenhang mit Satz 1 der Vorschrift und enthält eine Regelung über die Antragsberechtigung. Dies bedeutet, dass (nach Satz 1) die ausgleichspflichtige und die ausgleichsberechtigte Person, aber auch (Satz 2) der Versorgungsträger antragsberechtigt sind. Die Zuständigkeit für die Durchführung der Anpassung dagegen wird in Abs. 1 geregelt; danach entscheidet allein das Familiengericht. Dieser systematische Zusammenhang und der Wortlaut der Regelung erhellt, dass § 34 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG keine Regelung über die Zuständigkeit des Versorgungsträgers zur Durchführung einer Anpassung enthält.

Bestätigt wird diese Einschätzung durch § 34 Abs. 5 und 6 VersAusglG. Nach § 34 Abs. 6 Satz 1 VersAusglG entscheidet der Versorgungsträger über die Beendigung der Aussetzung aus den in Abs. 5 genannten Gründen (dort Verpflichtung des Ausgleichspflichtigen zur Unterrichtung des Versorgungsträgers bei Wegfall oder Änderungen seiner Unterhaltszahlungen, Bezug einer laufenden Versorgung aus einem Anrecht nach § 32, Rentenbezug, Wiederheirat, Tod der ausgleichsberechtigten Person). Dies zeigt, dass eine Zuständigkeit des Versorgungsträgers nur im Falle der Beendigung der Aussetzung eintreten soll, nicht jedoch zur Durchführung der Aussetzung, wie sie der Antragsteller hier begehrt. Darüber hinaus ist diese Zuständigkeit des Versorgungsträgers, über die Beendigung der Aussetzung im Falle der Änderung von Unterhaltszahlungen zu entscheiden, gerade ausgeschlossen (§ 34 Abs. 6 Satz 2 VersAusglG: Satz 1 gilt nicht für den Fall der Änderung von Unterhaltszahlungen). Gerade um Unterhaltszahlungen aber geht es vorliegend.

Im Ergebnis ist somit die Antragsgegenerin als Versorgungsträger nicht für eine Entscheidung nach dem VersAusglG im Zusammenhang mit Unterhaltsleistungen (§ 34 Abs. 6 Satz 2 VersAusglG) und auch nicht zu Abänderung des Versorgungsausgleichs zuständig. Allein zuständig ist insoweit das Familiengericht (§ 34 Abs. 1 VersAusglG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved