L 5 AS 309/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AS 192/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 309/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Juli 2009 und der Bescheid des Beklagten vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2007 werden aufgehoben, soweit die Leistungsbewilligung in Höhe eines Betrags von mehr als 4.337,55 EUR aufgehoben und zur Erstattung gestellt worden ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Erstattung von bewilligten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) im Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 sowie die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 13. September 2006.

Die am ... 1955 geborene Klägerin war nach der Scheidung ihrer Ehe im Jahr 2002 aus dem im gemeinsamen Eigentum stehenden Einfamilienhaus ausgezogen. In einem gerichtlichen Vergleich vor dem Amtsgericht O. vom 18. August 2004 hatte sich der geschiedene Mann der Klägerin verpflichtet, ihr Zug um Zug gegen Übertragung des hälftigen Anteils an dem Grundstück einen Betrag i.H.v. 27.000 EUR zu zahlen.

Sie bewohnte seit dem 1. August 2002 eine 50 m² große Mietwohnung, für die im streitigen Zeitraum eine monatliche Gesamtmiete von 367,50 EUR aufzubringen war (Kaltmiete 237,50 EUR, Heizkosten 60 EUR, Warmwasserversorgung 10 EUR, Betriebskosten 40 EUR, Vergütung für eine Einbauküche 20 EUR).

Im Rahmen des ersten Antrags auf Leistungen nach dem SGB II vom 29. September 2004 hatte die Klägerin das gemeinsame Eigenheim als Vermögen angegeben. Eine Klärung über einen eventuellen Hausverkauf mit dem Ex-Mann sei jedoch nicht abzusehen. Sie war darauf hingewiesen worden, dass beim Verkauf des Hauses eine Mitteilung an den Beklagten zu erfolgen habe, da sie dann vermögend wäre.

Die Klägerin bezog Leistungen nach dem SGB II ab Januar 2005. Mit bestandskräftigen Bescheiden vom 20. Juni 2005 und 21. November 2005 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 und 1. Januar bis 30. Juni 2006 monatlich 688,50 EUR. Davon entfielen auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) jeweils 357,50 EUR.

Am 23. Dezember 2005 überwies der frühere Ehemann der Klägerin 27.000 EUR auf das Girokonto der Klägerin. Diese erwarb am 28. Dezember 2005 einen bis 27. Dezember 2010 unkündbaren Sparkassenbrief bei der B- sparkasse für 10.000 EUR mit dem Verwendungszweck: "Altersvorsorge". Am 29. Dezember 2005 hob die Klägerin 7.000 EUR in bar ab. Am 10. Januar 2006 überwies sie 6.000 EUR auf ihr neu eröffnete SB-Sparkonto bei der B-sparkasse. Von diesem gingen in der Folgezeit mehrfach Beträge ab (22. Mai 2006: 1.500 EUR (Barabhebung), 8. Juni 2006: 1.500 EUR (Barabhebung), 22. August 2006 1.000 EUR (Überweisung auf ihr Girokonto), 18. September 2006: 1.400 EUR (Überweisung auf ihr Girokonto)). Zuletzt verblieb ein Restbetrag von 600 EUR auf dem SB-Sparkonto. Am 13. Januar 2006 kaufte die Klägerin ein Auto für 5.500 EUR in bar. Am 19. Januar 2006 zahlte sie 1.500 EUR in bar an einen Darlehensgeber für ein im Oktober 2005 gegebenes Darlehen zurück. Am 8. Februar 2006 zahlte sie ein weiteres Darlehen in Höhe von 200 EUR zurück. Am 8. März 2006 überwies sie 424,93 EUR als Rechtsanwaltshonorar.

In ihren Fortzahlungsanträgen vom 9. Juni und 3. Juli 2006 gab die Klägerin an, aufgrund der Zugewinnaufteilung habe sie Vermögen i.H.v. 13.000 EUR. Sie teilte auf die Nachfrage wegen der verspäteten Mitteilung des Geldzuflusses mit, sie habe sich erst eine Altersvorsorge anlegen wollen. Für die Zeit ab Juli 2006 schloss die Klägerin keine private oder freiwillige gesetzliche Kranken- oder Pflegeversicherung ab. Sie war bei der IKK ... gesetzlich kranken- und pflegeversichert.

Der Beklagte lehnte mit Bescheiden vom 29. Juni und 5. September 2006 eine Leistungsbewilligung ab Juli 2006 ab. Das zu berücksichtigende Vermögen von insgesamt 13.000 EUR (bzw. 13.933,05 EUR) übersteige den Grundfreibetrag von 10.000 EUR (bzw. 10.750 EUR), weshalb die Klägerin nicht hilfebedürftig sei. Dagegen legte diese jeweils Widerspruch ein. Sie gab an, auch Rechtsanwaltskosten sowie Schulden bei Bekannten und Verwandten bezahlt zu haben.

Mit weiterem, bestandskräftigem Bescheid vom 4. Oktober 2006 wurden der Klägerin für die Zeit vom 14. September 2006 bis 7. Januar 2007 Leistungen als Darlehen bewilligt. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 21. Januar 2011 ist von dem Beklagten ein Betrag i.H.v. 1.846,80 EUR nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II zur Erstattung gestellt worden.

Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2007 zurück. Die Klägerin habe ab Juli 2006 keinen Leistungsanspruch. Der monatliche Gesamtbedarf betrage 820,65 EUR. Von dem erzielten Vermögen seien Freibeträge i.H.v. 10.750 EUR abzuziehen, so dass ein verwertbarer Betrag von 16.250 EUR verbleibe. Unerheblich sei, ob die Klägerin bei Stellung des Folgeantrags noch über das Geld verfügt habe. Sie habe den Zufluss des Geldes nicht angegeben, da ihr bewusst gewesen sei, dass sie keinen Leistungsanspruch hätte. Abzüglich des individuellen Bedarfs von 5.744,55 EUR für sieben Monate, welche die Klägerin noch an den Beklagten zurückzuerstatten habe, verbleibe zum 1. Juli 2006 noch ein verwertbares Vermögen von 10.505,45 EUR.

Der Beklagte hörte darüber hinaus die Klägerin nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) am 29. Juni 2006 zur beabsichtigten Aufhebung von Leistungen vom 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 an. Die Abfindung sei als Einnahme gemäß § 11 Abs. 1 SGB II auf den Leistungsanspruch anzurechnen. Die Klägerin habe die Überzahlung verursacht, da sie eine erhebliche Änderung in ihren Verhältnissen nicht angezeigt habe.

Mit Bescheid vom 30. August 2006 hob der Beklagte die Bescheide über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2005 ganz in Höhe von 4.819,50 EUR auf. Die bereits erbrachten Leistungen seien zu erstatten.

In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der zugeflossene Betrag liege nach Aussage einer Mitarbeiterin des Beklagten noch unter der Freibetragsgrenze.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2007 zurück. Das anzurechnende Vermögen i.H.v. 16.250 EUR sei auf den monatlichen Bedarf von 688,50 EUR anzurechnen gewesen. Es habe ab Dezember 2005 kein Leistungsanspruch bestanden. Der Bescheid vom 20. Juni 2005 sei gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 SGB X teilweise aufzuheben, da der Zufluss aus dem Vermögen während des laufenden Bewilligungsabschnitts im Dezember 2005 erfolgt sei. Für diesen Monat werde ein Erstattungsanspruch i.H.v. 688,50 EUR geltend gemacht. Der Bescheid vom 21. November 2005 sei für die Zeit ab Januar 2006 gemäß § 45 Abs. 1 und 2 Nr. 2 SGB X zurückzunehmen. Die Klägerin habe im Folgeantrag bzw. vor Erlass des Bewilligungsbescheids den Zufluss von Vermögen nicht mitgeteilt. Die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X lägen vor. Die Klägerin hätte vor dem 1. Januar 2006 angeben müssen, dass ihr Vermögen ausgezahlt worden war. Er sei ihr bewusst gewesen, dass dies zur Anrechnung auf den Bedarf geführt hätte. Im Januar 2006 müsse von einem noch verwertbaren Vermögen von 15.561,50 EUR ausgegangen werden. Die Klägerin habe für sechs Monate 4.131 EUR erhalten, die auf das Vermögen anzurechnen seien. Insoweit seien der Bewilligungsbescheid ganz aufzuheben und Leistungen i.H.v. 4.819,50 EUR zu erstatten.

Gegen die Bescheide hat die Klägerin am 31. Januar 2007 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Vor dem Zufluss am 23. Dezember 2005 dürfe keine Leistungsaufhebung erfolgen. Der Zugewinn liege unter der Freibetragsgrenze und sei nicht zu verwerten. Sie habe auch kein verfügbares Vermögen, da sie 10.000 EUR sofort angelegt und den Rest für Versicherungen, Steuern, Rechtsanwaltskosten und zur Schuldenbegleichung aufgewendet habe. In der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits hat sie angegeben, sie habe deshalb keine Angaben gemacht, weil sie von Schonvermögen ausgegangen sei. Nach Angaben der Sparkasse wäre zum Schonvermögen von 10.000 EUR auch noch die Altersvorsorge in gleicher Höhe zuzurechnen gewesen.

Das Sozialgericht hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 29. Juli 2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Es hat die Klagen mit Urteil vom gleichen Tag abgewiesen. Der Rückforderungsbescheid sei gemäß § 48 i.V.m. § 50 SGB X rechtmäßig. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich im Nachhinein wesentlich geändert. Die Klägerin sei ab dem 1. Dezember 2005 nicht hilfebedürftig gewesen. Sie habe in diesem Monat über Einkommen verfügt, das zum vollständigen Wegfall des Leistungsanspruchs geführt hätte. Ab Januar 2006 habe es sich um Vermögen gehandelt. Ausgehend von dem Grundfreibetrag i.H.v. 10.750 EUR hätten der Klägerin noch 16.250 EUR zur Verfügung gestanden. Davon seien mindestens 9.000 EUR frei verfügbar und auch nicht von der Anrechnung ausgenommen gewesen. Damit habe die Klägerin - unter Abzug der bereits im Dezember bewilligten Leistungen - den Bedarfszeitraum von Januar bis Juni 2006 (Gesamtbedarf: 4.131 EUR) überbrücken können. Die geleisteten Zahlungen hätten daher zurückgefordert werden dürfen. Der Beklagte sei zur rückwirkenden Aufhebung der Leistungsbewilligung und Rückforderung i.H.v. 4.819,50 EUR berechtigt gewesen. Die Klägerin sei ihrer Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Ferner habe sie nach Antragstellung bzw. Erlass der Verwaltungsakte Einkommen und Vermögen erzielt, welches zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Sie sei ausdrücklich auf ihre Mitteilungspflicht hingewiesen worden und habe nicht angezeigt, dass ihr aus dem Vergleich Geld zufließen würde. Es habe ihr klar sein müssen, dass das ihr zugeflossene Geld auf die Leistungen anzurechnen sei. Aus dem Verhalten der Klägerin nach dem Geldeingang ergebe sich, dass sie den Erhalt verschleiern habe wollen. Der Beklagte habe auch zu Recht die beantragten Leistungen ab dem 1. Juli 2006 versagt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin nämlich noch über Vermögen i.H.v. 4.158 EUR verfügt. Sie hätte damit einen weiteren Bewilligungszeitraum abdecken können. Da der Beklagte ab September 2006 wieder Leistungen gewährt habe, habe die Klägerin nur den Bedarfszeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2009 überbrücken müssen.

Dagegen hat die Klägerin am 25. August 2009 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts handele es sich um Vermögen. Dieses sei nicht verfügbar gewesen, weil sie sofort 10.000 EUR angelegt und den Rest für Versicherungen, Steuern, Rechtsanwaltskosten und zur Schuldenbegleichung aufgewendet habe. Mindestens ein Betrag von 18.124,93 EUR sei neben dem Freibetrag i.H.v. 10.750 EUR nicht anzurechnen. Schließlich sei nicht geprüft worden, ob § 40 Abs. 2 SGB II einer vollständigen Leistungsaufhebung entgegen stehe. Denn ein Fall des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II liege nach dem Urteilstext (dort S. 7) nicht vor. Der Ausschluss vom Wohngeldbezug sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Ferner werde eine mangelnde Beratung durch den Beklagten gerügt. Dieser habe ihr nicht geraten, wie eine Umwandlung in eine gebundene Altersvorsorge vorzunehmen gewesen wäre.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Juli 2009 und den Bescheid des Beklagten vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2007 aufzuheben, sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr unter Aufhebung der Bescheide vom 29. Juni und 5. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 1. Juli bis 13. September 2006 in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Soweit das Sozialgericht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II abgestellt habe, liege offensichtlich ein Schreibfehler vor. Ein Beratungsmangel hinsichtlich der Umwandlung des Vermögens in eine gebundene Altersvorsorge liege schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin bereits wenige Tage nach Zufluss den erheblichen Teil des Vermögens investiert, den Beklagten aber erst nach sechs Monaten informiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1, 2 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Hier geht es um die Bewilligung von Leistungen für die Zeit von Juli bis Dezember 2006 i.H.v. mindestens 688,50 EUR/Monat sowie die Rückforderung überzahlter Leistungen von 4.819,50 EUR. Der Wert des Beschwerdegegenstands beträgt somit über 750 EUR.

B. Die Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet, soweit der Beklagte die für Dezember 2005 bewilligten Leistungen in vollem Umfang zurückgefordert hat. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, soweit er die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 23. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 vollständig aufgehoben und die überzahlten Beträge zur Erstattung gestellt hat (dazu I.), sowie die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Juli bis 13. September 2006 abgelehnt hat (dazu II.).

I. Hinsichtlich der Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen überzahlter Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 richtet sich die Entscheidung des Beklagten nach § 48 SGB X. Für den streitigen Zeitraum ist Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung § 40 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, soweit nach Antragstellung oder seinem Erlass Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Als Zeitpunkt der Veränderung gilt der Beginn des Anrechnungszeitraums. Darüber hinaus ergibt sich die Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X. Danach soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, oder wenn er wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

1. a. Hier ist eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nach Erlass der Bewilligungsbescheide vom 20. Juni und 21. November 2005 eingetreten, indem der Klägerin am 23. Dezember 2005 ein Betrag von 27.000 EUR auf dem Girokonto gutgeschrieben wurde. Die Bewilligungsbescheide vom 20. Juni und 21. November 2005 waren von Anfang an rechtmäßig. Nicht von Bedeutung ist hier, dass die wesentliche Änderung vor Beginn des neuen Bewilligungsabschnitts am 1. Januar 2006 erfolgte; vielmehr ist abzustellen auf die Bekanntgabe der Bewilligungsbescheide.

b. Ein Fall anfänglicher Rechtswidrigkeit liegt hier nicht vor. Zwar war der vor der Übertragung an den Ex-Mann im Eigentum der Klägerin stehende hälftige Miteigentumsanteils am Haus nicht nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II vermögensgeschützt. Denn sie bewohnte das Haus seit 2002 nicht mehr selbst. Jedoch handelte es sich nicht um verwertbares Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich, dass die Vermögensverwertung in einem absehbaren Zeitraum von sechs bzw. längstens zwölf Monaten möglich ist. Etwas anderes gilt nur, wenn eine zukünftige Verwertung sicher eintritt, also etwa von dem Eintritt eines bestimmten kalendermäßig ablaufenden Datums abhängt. Ist hingegen der Eintritt einer notwendigen Bedingung für die Verwertbarkeit ungewiss - etwa der nicht absehbare Tod eines Verwandten - scheidet eine Berücksichtigung als verwertbares Vermögen aus (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 46/06 R (15)). Die Klägerin konnte nach ihren eigenen Angaben gegenüber dem Beklagten am 26. November 2004 nicht einschätzen, wann eine Klärung hinsichtlich des Verkaufs des Miteigentumsanteils erfolgen würde. Zu diesem Zeitpunkt war zwar bereits der gerichtliche Vergleich mit dem Ex-Mann über die Übertragung der Haushälfte Zug um Zug gegen Zahlung von 27.000 EUR geschlossen worden. Dessen Umsetzung hing aber davon ab, dass der Ex-Mann den vereinbarten Kaufpreis zahlen würde. Der Zeitpunkt des Eintritts für die Eigentumsübertragung und Auszahlung des vereinbarten Kaufpreises war für die Klägerin somit ungewiss und nicht sicher absehbar. Dies zeigt sich auch daran, dass zwischen gerichtlichem Vergleich und tatsächlicher Durchführung ein erheblicher Zeitraum lag. Der Miteigentumsanteil der Klägerin an dem Haus war somit bis zur Überweisung des Geldes kein einzusetzendes Vermögen. Die Leistungsbewilligungen bis dahin waren rechtmäßig.

Auch das vom Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vorgebrachte Argument, angesichts der Ungewissheit des Vermögenszuflusses hätte eine nur vorläufige Bescheiderteilung erfolgen müssen, führt nicht zur Anwendbarkeit von § 45 SGB X. Lediglich in den Fällen, in denen bekannterweise Einkommen in unterschiedlicher Höhe zu erwarten ist, ist eine vorläufige Regelung für die in die Zukunft gerichteten Leistungsansprüche erforderlich. Eine spätere Aufhebung endgültig bewilligter Leistungen nach § 48 SGB X bei nachträglicher Feststellung eines tatsächlichen höheren Einkommens scheidet insoweit aus. Dann kommt eine Rücknahme in den Fällen einer endgültigen Leistungsbewilligung nur nach § 45 SGB X in Betracht (BSG, Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 6/12 R).

Diese Rechtsprechung zur Einkommenserzielung ist auf die künftige und ungewisse Verwertung von Vermögen nicht übertragbar. Wenn nämlich zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden und lediglich die sofortige Verwertung nicht möglich ist, sind gemäß § 23 Absatz 5 SGB II Leistungen als Darlehen zu bewilligen. Eine lediglich vorschussweise Bewilligung ist insoweit im Gesetz nicht vorgesehen.

c. Die Klägerin war in dem hier streitigen Zeitraum dem Grunde nach anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Auch bei einer Klage gegen die Abänderung einer Leistungsbewilligung sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 62/09 R (12) für eine teilweise Leistungsaufhebung).

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten sind nach § 7 Abs.1 SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Die Klägerin war erwerbsfähig, im passenden Alter und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie verfügte zunächst auch nicht über Einkommen oder Vermögen, das ihren Hilfebedarf gemindert hätte.

2. Der Hilfebedarf der Klägerin ist mit Zufluss des Betrags von 27.000 EUR auf ihrem Konto am 23. Dezember 2005 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X entfallen.

a. Es handelt sich hierbei um Vermögen i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II und nicht um Einkommen i.S.v. § 11 SGB II. Für die Unterscheidung von Einkommen und Vermögen ist nach der Rechtsprechung des BSG das Zuflussprinzip maßgeblich. Einkommen ist danach alles, was man nach der ersten Antragstellung und dem bis zum Zufluss ununterbrochenen Leistungsbezug dazu erhält. Vermögen ist das, was man vor der ersten Antragstellung schon hatte (BSG, Urteil vom 25. Januar 2012, B 14 AS 101/11 R (18)). Grundsätzlich gilt als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer dem Hilfebedürftigen zustehenden Forderung allein die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldes wert. Dies gilt allerdings nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften Vermögen angespart wurde, zum Beispiel bei Banken, Sparkassen und Versicherungen. Daher bleibt etwa ein Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen und wandelt sich nicht im Einkommen um (BSG, Urteil vom 23. August 2011, B 14 AS 180/10 R (11); ebenso zum SGB XII: BSG, Urteil vom 19. Mai 2009, B 8 SO 35/07 R (15)).

Das bedeutet, dass das vor der ersten Antragstellung vorhandene Vermögen in Form eines Miteigentumsanteils an dem Haus sich mit der Auszahlung am 23. Dezember 2005 nicht in Einkommen umwandelte. Es handelte sich um eine bloße Umschichtung (vgl. zum SGB III: BSG, Urteil vom 17. März 2005,7 7a/7 AL 10/04 R zum Erbschaftsverkauf; BSG, Urteil vom 5. Juni 2003,11 AL 55/02 R zum Verkauf einer selbstgenutzten Eigentumswohnung).

Auch mit Beginn des neuen Bewilligungsabschnitts ab Januar 2006 hat sich - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts – die rechtliche Bewertung des Geldbetrags nicht von Vermögen in Einkommen umgewandelt.

b. Die nunmehrige Verwertbarkeit des Vermögens ab dem 23. Dezember 2005 führt zu einer Anrechnung nach den Maßgaben des § 12 SGB II ab diesem Zeitpunkt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts ist der Hilfebedarf der Klägerin nicht rückwirkend bereits zum 1. Dezember 2005 entfallen. Denn insoweit fehlt eine gesetzliche Bestimmung, die einen vom tatsächlichen Zeitpunkt der Umwandlung in verwertbares Vermögen abweichenden normativen Zeitpunkt regelt. § 2 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-V) in der hier maßgeblichen Fassung findet insoweit keine Anwendung. Denn dort ist allein geregelt, dass einmalige Einnahmen ab dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen sind. Die Verordnung beinhaltet, da § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB II insoweit keine Verordnungsermächtigung enthält, keine Regelung über die Zurechnung von Vermögen ab einem Zeitpunkt vor der tatsächlichen Verwertbarkeit.

Daraus folgt, dass die Anrechnung von Vermögen nur für die Zeit ab dem 23. Dezember 2005 in Betracht kommt.

c. Die Klägerin war ab dem 23. Dezember 2005 nicht mehr hilfebedürftig wegen Anrechnung des zu berücksichtigenden Vermögens gemäß § 12 SGB II.

a.a. Von den im Dezember 2005 zugeflossenen 27.000 EUR ist in diesem Monat gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II lediglich der Freibetrag i.H.v. 10.750 EUR abzusetzen. Die Klägerin hatte das 50. Lebensjahr am ... 2005 vollendet (50 x 200 EUR). Ein höherer Freibetrag gemäß § 65a Abs. 5 SGB II stand ihr nicht zu, da sie nach dem 1. Januar 1948 geboren ist. Dazu kam der Betrag für notwendige Anschaffungen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750 EUR. Weitere Absetzbeträge fielen in diesem Monat nicht an.

Die Klägerin war daher verpflichtet, ihr Vermögen i.H.v. 16.250 EUR zur Deckung ihres Lebensunterhalts einzusetzen.

b.b. Das einzusetzende Vermögen verminderte sich insbesondere nicht um den Betrag von 10.000 EUR, der am 28. Dezember 2005 von der Klägerin zur Altersvorsorge in einen bis Dezember 2010 unkündbaren Sparbrief investiert worden war.

Es handelte sich nicht um eine Altersvorsorge i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II von nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens.

Gleichfalls war der Betrag nicht vom Vermögen abzusetzen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. Auch wenn der Sparbrief der Altersvorsorge dienen sollte, war es der Klägerin mangels einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwehrt, diesen vor dem Eintritt in den Ruhestand zu verwerten.

Der Einwand der Klägerin, sie sei pflichtwidrig vom Beklagten nicht auf eine entsprechende Vertragsgestaltung hingewiesen worden, ist unbeachtlich. Für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fehlt es schon an einem Beratungsanlass, denn die Klägerin hatte den Erhalt des Gelds und die Investition in einen unkündbaren Sparbrief dem Beklagten nicht mitgeteilt (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007, B 14/11b AS 63/06 R). Darüber hinaus dient der sozialrechtliche Herstellungsanspruch dem Ausgleich einer unterbliebenen zulässigen Amtshandlung. Mit diesem Rechtsinstitut können keine tatsächlichen Umstände wie etwa unterlassene Vertragsgestaltungen ersetzt werden (BSG, Beschluss vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 77/08 B).

Auch der Umstand, dass die Klägerin auf den Sparbrief aufgrund seiner vertraglich vereinbarten Unkündbarkeit bis Dezember 2010 nicht zugreifen konnte, ändert nichts an seiner Verwertbarkeit i.S.v. § 12 Abs. 1 SGB II. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass die Vermögensverwertung in einem absehbaren Zeitraum von sechs bzw. längstens zwölf Monaten möglich ist. Etwas anderes gilt aber, wenn eine zukünftige Verwertung sicher eintritt, also etwa von dem Eintritt eines bestimmten kalendermäßig ablaufenden Datums abhängt (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, a.a.O., (15)). Hier war die Bedingung der Verwertbarkeit des Sparbriefs kalendermäßig von vornherein vertraglich bestimmt.

Unabhängig davon stand einer bedarfsmindernden Berücksichtigung des gesamten Vermögens nicht entgegen, dass die Klägerin einen Betrag von 10.000 EUR nicht mehr zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung hatte. Im Zeitpunkt des Erhalts einmaliger Einnahmen bestehende Verbindlichkeiten sind nicht vom Einkommen abzusetzen, selbst wenn diese mit der Einnahme getilgt werden (BSG, Urteil vom 30. September 2008, B 4 AS 29/07 R (19)). Dies gilt zumindest in den Fällen, in denen im Rahmen des § 48 SGB X als Folge der Aufhebung der Leistungsbewilligung und Rückforderung nur eine Verbindlichkeit gegenüber dem Beklagten entsteht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Leistungsbewilligung als solche umstritten ist und wegen der erfolgten Schuldentilgung keine bereiten Mittel mehr vorhanden sind. Dann kann im Rahmen der begehrten Leistungen nicht von einem fehlenden Hilfebedarf infolge anzurechnenden Einkommens ausgegangen werden (BSG, Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 33/12 R (14,15); Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 73/12 R, nur als Terminsbericht vorliegend).

Nach den gleichen Grundsätzen ist ein nach dem Eintritt der Verfügbarkeit des Vermögens vertraglich vereinbarter Ausschluss des Zugriffs auf dieses im Rahmen einer Leistungsaufhebung unbeachtlich für dessen nachträgliche Anrechnung auf den Hilfebedarf. Es wäre nicht gerechtfertigt, Fälle der Tilgung von Schulden aus dem anrechenbaren Vermögen besser zu stellen als Fälle, in denen das Vermögen durch vertragliche Gestaltung einem unmittelbaren Zugriff entzogen wird.

Ab dem 23. Dezember 2005 verfügte die Klägerin somit über verwertbares Vermögen in Höhe von 16.250 EUR (27.000 EUR - 10.750 EUR). Damit konnte sie ihren Bedarf für diesen Monat voll decken. Im Dezember 2005 hatte die Klägerin demnach 206,55 EUR (9/30 x 688,50 EUR) bezogen, die ihr mangels Hilfebedürftigkeit nicht zustanden.

c.c. Im Januar 2006 verringerte sich das verwertbare Vermögen nicht um den Betrag von 5.500 EUR, auch wenn die Klägerin ein angemessenes Kraftfahrzeug i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II anschaffte. Dieser Vermögensschutz bezieht sich nur auf bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits vorhandene Vermögensgegenstände. Einzusetzendes Vermögen kann jedoch nicht durch Umschichtung in verwertungsgeschützte Vermögensgegenstände der zumutbaren Verwendung zur Abwendung der Hilfebedürftigkeit entzogen werden.

Die in diesem Monat vorgenommenen Schuldentilgungen von insgesamt 2.124,93 EUR sind nach den oben genannten Grundsätzen ebenfalls unbeachtlich.

Somit war auch für die Zeit ab Januar bis Juni 2006 von einem zu verwertenden Vermögen i.H.v. 16.250 EUR auszugehen.

Daher war der Leistungsanspruch der Klägerin vom 23. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 mangels Hilfebedürftigkeit vollständig entfallen.

d. Im Dezember 2005 betrug die Überzahlung 206,55 EUR (9/30 x 688,50 EUR). In den Monaten Januar bis Juni 2006 betrug sie 688,50 EUR/Mt. Insgesamt handelt es sich um einen überzahlten Betrag von 4.337,55 EUR.

Der Senat hatte nicht darüber zu befinden, ob die bestandskräftig bewilligten Leistungen der Höhe nach rechtmäßig bewilligt worden waren. Im Fall einer Einkommensanrechnung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II unterliegen nur die angefochtene Aufhebungsentscheidung und der dieser zu Grunde liegende Sachverhalt der gerichtlichen Kontrolle. Die Klägerin hatte gegen die Bewilligungsbescheide vom 20. Juni und 21. November 2005 keinen Widerspruch erhoben, so dass diese gemäß § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend geworden sind. Auch während des Gerichtsverfahrens hat sie keine Einwände gegen die Leistungsbewilligung als solche erhoben (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 1. März 2012, L 5 AS 339/09 mit ausführlicher Begründung und weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung, so wohl auch: BSG, Urteil vom 28. März 2013, B 4 AS 59/12 R, nur als Terminsbericht vorliegend).

3. Darüber hinaus liegen für die Zeiträume ab Januar 2006 die Voraussetzungen für die Aufhebung einer Leistungsbewilligung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vor.

a. Denn die Klägerin war ihrer gemäß § 60 Satz 1 Abs. 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) obliegenden Pflicht, Änderungen in den für die Leistung erheblichen Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen, nicht nachgekommen. Vielmehr hatte sie den Beklagten über den Zufluss des Vermögens am 23. Dezember 2005 erstmals mit dem Weiterzahlungsantrag vom 9. Juni 2006 rudimentär in Kenntnis gesetzt. Unerheblich ist insoweit, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der Leistungsbescheide vom 20. Juni und 21. November 2005 zunächst keine falschen Angaben gemacht hatte (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juni 2006, 7 AL 76/05 R, Urteil vom 9. April 1987, 5 RJ 36/86).

b. Der Senat ist nach Befragen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits zu der Überzeugung gelangt, dass diese hinsichtlich der unterlassenen unverzüglichen Angabe der Verwertbarkeit des Vermögens am 23. Dezember 2005 wenigstens grob fahrlässig gehandelt hat.

Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies verlangt, dass schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Entscheidend ist das individuelle Vermögen, die Fehlerhaftigkeit der gemachten Angaben erkennen zu können. Maßgeblich ist daher, ob die Klägerin bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre in der Lage gewesen wäre zu erkennen, dass sie den Eintritt der Verwertbarkeit des Vermögens während des Leistungsbezugs mitzuteilen hatte (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, B 14 AS 76/08 R, (20)). Sollte die Klägerin aufgrund einer laienhaften juristischen Einschätzung der Auffassung gewesen sein, das Vermögen finde keine Anrechnung, und sie sei deshalb nicht verpflichtet, dieses anzugeben, führte dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Eine rechtliche Subsumtion hinsichtlich dieses Eintritts der Verwertbarkeit des Vermögens war gerade nicht von ihr gefordert (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010, a.a.O.). Selbst wenn sie - etwa aufgrund einer Falschinformation der Sparkasse - der Überzeugung gewesen sein sollte, das Vermögen sei nicht anrechenbar, hätte sie dieses offenlegen müssen, um dem Beklagten eine rechtliche Bewertung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 28. August 2007, B 7/7a AL 10/06 R(13) zur Frage des Verschweigens von Vermögen). Es hätte ihr bei einfachstem Nachdenken einleuchten müssen, dass der Eintritt der Verwertbarkeit des Vermögens unverzüglich anzugeben war. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin im Rahmen der Leistungsbewilligung ausdrücklich am 26. November 2004 auf eine entsprechende Mitteilungspflicht bei erfolgtem Hausverkauf hingewiesen worden war. Außerdem enthalten die Leistungsanträge den ausdrücklichen, von der Klägerin unterschriebenen Hinweis auf eine unaufgeforderte und unverzügliche Mitteilung von Änderungen u.a. in den Vermögensverhältnissen. Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass die Klägerin geistig nicht in der Lage gewesen wäre, die Notwendigkeit der Mitwirkungspflicht zu erkennen. Aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung sowie aufgrund des Eindrucks der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin die Notwendigkeit der Mitwirkungspflicht kannte. Sie hat auch gegenüber dem Senat eingeräumt, gewusst zu haben, dass sie eine unverzügliche Mitteilungspflicht hatte.

c. Die entstandene Überzahlung für die Zeit ab Januar 2006 beruhte auf der Unterlassung der unverzüglichen Mitteilung des verwertbar gewordenen Vermögens. Hätte die Klägerin dies unverzüglich am 23. Dezember 2005 angezeigt, hätte der Beklagte die Leistungsgewährung - zumindest vorläufig - ab Januar 2006 einstellen können. Nicht kausal war die Verletzung der Mitteilungspflicht hingegen für Dezember 2005, da die Leistungen für diesen Monat bereits ausgezahlt worden waren.

4. Der angefochtene Bescheid vom 30. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2007 begegnet auch keinen Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit.

a. Der Bescheid vom 30. August 2006 ist wirksam geworden gemäß § 39 Abs. 1 SGB X. Danach wird ein Verwaltungsakt dem gegenüber wirksam, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist, in dem Zeitpunkt, in dem er ihm bekannt gegeben wird.

b. Der angefochtene Aufhebung- und Erstattungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch hinreichend bestimmt i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X. Im Widerspruchsbescheid sind ausdrücklich die vollständig zurückgenommenen Leistungsbescheide vom 20. Juni sowie 21. November 2005, die Zeiträume der Rücknahme sowie der Umfang der Überzahlung genannt. Aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, B 8 AY 8/07 R) hatte der Beklagte eindeutig erkennbar die Leistungsbewilligung für sämtliche Monate vom 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 vollständig zurückgenommen.

c. Auch die gemäß § 24 Abs. 1 SGB X vorzunehmende Anhörung ist erfolgt. Der Beklagte hatte die Klägerin wegen der beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung und Erstattung der überzahlten Leistungen unter den 29. Juni 2006 angehört. Dabei hatte er ihr Gelegenheit gegeben, zu einem Verschulden durch unterlassene Anzeige des verwertbar gewordenen Vermögens Stellung zu nehmen. Damit hat er seiner Anhörungspflicht genüge getan (von Wulffen, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, SGB X, Kommentar, 7. Aufl., § 24 Rdnr. 8, 9).

5. Die Erstattungsforderung der überzahlten Leistungen richtet sich nach § 50 Abs. 1 SGB X.

Sie ist rechtmäßig im Umfang der vorgenannten Leistungsaufhebung von 23. Dezember bis 30. Juni 2006. Die Vorschrift des § 40 Abs. 2 SGB II, wonach 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 sowie § 28 berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten sind, findet keine Anwendung.

Denn für die Zeit von Januar bis Juli 2006 liegt ein Ausnahmefall gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II vor. Hier erfolgte die Leistungsaufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X. Nichts anderes gilt für die zur Erstattung gestellten Überzahlung für Dezember 2005. Zwar liegt hier kein Fall des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vor. Allerdings ist die Bewilligung in diesem Monat lediglich teilweise aufgehoben worden.

Somit hat die Klägerin im Umfang der rechtmäßigen Aufhebung die überzahlten Leistungen i.H.v. 4.337,55 EUR zu erstatten.

II. Der Klägerin standen auch für den Zeitraum vom 1. Juli bis 13. September 2006 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit keine Leistungen nach dem SGB II zu. Sie war in der Lage, gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II aus dem zu berücksichtigenden und vorhandenen Vermögen den Lebensunterhalt zu sichern.

a. Auszugehen ist von monatlichen Bedarf von 688,50 EUR wie im Leistungsbescheid vom 21. November 2005. Mangels des Abschlusses einer freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ergab sich keine Erhöhung des Hilfebedarfs.

b. Die Klägerin war in der Lage, mit dem am 1. Juli 2006 vorhandenen Vermögen bis zum 13. September 2006 ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Dabei ist zu beachten, dass Vermögen - anders als zu berücksichtigendes Einkommen - nicht über einen Verteilzeitraum fiktiv auf den monatlichen Hilfebedarf anzurechnen ist. Vielmehr wird das Vermögen dem Leistungsanspruch bis zu seinem tatsächlichen Verbrauch entgegen gehalten (BSG, Urteil vom 13. Mai 2009, B 4 AS 79/08 R (26)). Die Klägerin verfügte nachweislich bis zum 13. September 2006 über ein auf dem SB-Sparkonto vorhandenes, jederzeit abrufbares Vermögen von mindestens 2.000 EUR (6.000 EUR abzüglich Überweisungen und Barabhebungen bis 22. August 2006 i.H.v. insgesamt 4.000 EUR). Allein damit konnte die Klägerin monatlich den Hilfebedarf im Zeitraum vom 1. Juli bis 13. September 2006 bestreiten. Zu keinem Zeitpunkt war sie somit hilfebedürftig.

Daher kann der Senat offen lassen, ob die Klägerin schon mit dem Sparbrief in Höhe von 10.000 EUR über verwertbares Vermögen verfügte, auch wenn dies im streitigen Zeitraum nicht zur Verfügung stand. Aus dem Zusammenspiel von § 9 Abs. 4 i.V.m. § 12 Abs. 1 SGB II folgt, dass auch aktuell nicht verwertbares Vermögen grundsätzlich zu berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 46/06 R (13)). Es hat sich bei dem Sparbrief um verwertbares Vermögen gehandelt, da die zukünftige Verwertbarkeit von einem bestimmten kalendermäßig bestimmten Datum abhing (s.o.). Da der sofortige Verbrauch des Sparbriefs nicht möglich war, wären Leistungen lediglich als Darlehen zu erbringen gewesen (§ 9 Abs. 4 zweiter Halbsatz SGB II a.F.).

Unabhängig von dem jederzeit einsetzbaren Vermögen auf dem SB-Sparkonto hat die Klägerin ihren Hilfebedarf im streitigen Zeitraum nicht nachgewiesen. Anders als bei der Aufhebung und Erstattung überzahlter Leistungen ist nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um (höhere) Leistungen nach dem SGB II die jeweilige Bedarfslage zu beachten (BSG, Urteil vom 19. November 2012, a.a.O.). Ausgehend von einem im Januar 2006 tatsächlich zur Verfügung stehenden und verwertbaren Vermögen von 16.450 EUR waren die tatsächlichen Ausgaben abzuziehen. Insoweit hat die Klägerin über die gewöhnlichen Lebenshaltungskosten hinausgehende Ausgaben für den Autokauf mit 5.500 EUR, für Schuldentilgungen in Höhe von 1.500 und 200 EUR sowie für die Begleichung eines Anwaltshonorars in Höhe von 424,93 EUR belegt. Weitere das Vermögen mindernde Zahlungen im streitigen Zeitraum hat sie nicht nachgewiesen. Insoweit geht nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast der behauptete vollständige Verbrauch des Vermögens zu ihren Lasten. Es verblieb ein einzusetzendes und aktuell verwertbares Vermögen i.H.v. mindestens 8.825,07 EUR.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hielt eine anteilige Kostenregelung angesichts des geringen Obsiegens der Klägerin nicht für angemessen.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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