L 25 AS 1711/13 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 16 AS 2555/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 1711/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Mai 2013 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren erster Instanz ab dem 21. November 2012 Prozesskostenhilfe ohne Festsetzung von Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlenden Beträgen unter Beiordnung von Rechtsanwalt W H, Estraße, S bewilligt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Bei der Abwägung, ob einer Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg zukommt, gebietet Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem in Artikel 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsgrundsatz und der in Artikel 19 Abs. 4 GG verankerten Rechtsschutzgarantie gegen Akte der öffentlichen Gewalt eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. In der Folge dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überzogen werden, weil das Prozesskostenhilfeverfahren den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bietet, sondern ihn erst zugänglich macht (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Mai 2009 – 1 BvR 439/08 – zitiert nach juris -; vom 14. März 2003 – 1 BvR 1998/02 – in NJW 2003, 2976; vom 7. April 2000 – 1 BvR 81/00 – in NJW 2000, 1936). Damit muss der Erfolg des Rechtsschutzbegehrens nicht gewiss sein; hinreichende Aussicht auf Erfolg ist nur dann zu verneinen, wenn diese nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen ist. Die hinreichende Erfolgsaussicht ist daher gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Ist eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze bietet die vorliegende Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussichten. Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 27. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2012, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) (Bewilligungsbescheid vom 23. Mai 2012) für die Monate September und Oktober 2012 im Umfang von insgesamt 550,41 Euro – aufgeteilt auf September und Oktober in Höhe von 275,21 Euro und 275,20 Euro – aufgehoben hat, weil der Klägerin im August 2012 ein Heiz- und Betriebskostenguthaben für 2011 in Höhe von 550,41 Euro gutgeschrieben worden ist. Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung des Heiz- und Betriebskostenguthabens im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Beklagte im Jahr 2011 bei der Ermittlung des Bedarfs für KdU nicht die tatsächlichen Heizkosten in Höhe von monatlich 145,- Euro berücksichtigt hat, sondern nur die aus seiner Sicht angemessenen Heizkosten. In der Tat ist der Beklagte von Januar bis Mai 2011 von angemessenen monatlichen Heizkosten in Höhe von 92,- Euro und ab Juni 2011 in Höhe von 103,81 Euro ausgegangen. Die Klägerin argumentiert sinngemäß, dass nach § 22 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht solche Rückzahlungen von Heiz- und Betriebskostenguthaben den Bedarf für KdU mindern, die auf Zahlungen beruhen, die sie – die Klägerin – infolge der nicht vollständigen Berücksichtigung der Heizkosten durch den Beklagten aus eigenen Mitteln getragen hat. Ob – wie das Sozialgericht meint – die damit verbundene Rechtsfrage durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. März 2012 (B 4 AS 139/11 R – juris) geklärt ist, in der das BSG ausgeführt hat, § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II (jetzt § 22 Abs. 3 SGB II) differenziere nicht nach dem Ursprung der Rückzahlungen oder Guthaben, kann hier offen bleiben. Allerdings merkt der Senat an, dass die hier skizzierte Rechtsfrage ungeachtet der zitierten Entscheidung des BSG immer noch umstritten sein dürfte und teilweise auch im Sinne der Klägerin beantwortet wird (vgl. nur Sozialgericht Potsdam, Urteil vom 14. Juni 2013 – S 42 AS 1322/10 – juris - m. w. N.). Auch hat der 4. Senat des BSG in einer Entscheidung vom 6. Mai 2012 (B 4 AS 132/11 R – juris) offen gelassen, ob Guthaben von vornherein nur teilweise berücksichtigt werden kann, wenn die Ansparung aus einer Zeit stammt, in welcher der Leistungsträger nicht die tatsächlichen, sondern nur die aus seiner Sicht angemessenen KdU übernommen hat. Jedenfalls dürfte der angefochtene Bescheid des Beklagten schon deshalb rechtswidrig sein, weil ebenso wie die Berechnung bei der Leistungsbewilligung auch die Berücksichtigung von Heiz- und Betriebskostenrückzahlungen kopfteilig vorzunehmen sein dürfte (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 139/11 R – juris). Die Klägerin bewohnte auch im September und Oktober 2012 ihre Unterkunft gemeinsam mit ihren beiden 2008 geborenen Töchtern. Letztgenannten wurden zwar mit Bescheid vom 23. Mai 2012 keine Leistungen nach dem SGB II bewilligt, weil ihr Einkommen aus Kindergeld, Unterhalt und Wohngeld ihren Bedarf überstieg. Sie wurden aber bei der Berechnung des Bedarfs für KdU kopfteilig berücksichtigt, so dass der Klägerin auch nur ein Drittel der aus Sicht des Beklagten angemessenen Wohnaufwendungen als Leistungen für KdU bewilligt wurde. Bei dieser Sachlage hätte demnach wohl auch die Heiz- und Betriebskostenrückzahlung in Höhe von 550,41 Euro nur im Umfang von einem Drittel berücksichtigt werden dürfen. Auf der vollen Berücksichtigung der Heiz- und Betriebskostenrückzahlung dürfte im Übrigen auch beruhen, dass der Beklagte höhere Leistungen für KdU aufgehoben hat (275,21 Euro im September, 275,20 Euro im Oktober) als der Klägerin bewilligt wurden (169,88 Euro monatlich).

Für die Zeit vor dem 21. November 2012 ist die Beschwerde indes unbegründet. Der am 20. November 2012 per Telefax beim Sozialgericht eingegangene Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom gleichen Tag war insoweit abzulehnen, weil die Bewilligungsreife erst mit dem Eingang der Erklärung der Klägerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der dazugehörigen Belege am 21. November 2012 eingetreten ist.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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