L 7 SO 4209/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 4674/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4209/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Für die Wirksamkeit der Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII genügt bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, also er nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist.

2. Der überzuleitende Anspruch muss nicht gleichzeitig mit dem sozialhilferechtlichen Anspruch entstanden oder fällig geworden sein, es reicht aus, dass er in dem in der Bewilligung ausgesprochenen Zeitraum noch fällig und und nicht erfüllt ist.

3. Die nach § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII erforderliche Kausalität liegt vor, wenn dem Leistungsberechtigten die Verwendung der nunmehr als bereitstehend gedachten Mittel zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit sozialhilferechtlich zugemutet wird, was sich an Hand der Vorschriften über den Einkommens- und Vermögenseinsatz beurteilt.
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. August 2009 wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten. I

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob die Beklagte Ansprüche des Klägers gegen den Beigeladenen Ziff. 1 auf sich überleiten durfte.

Der 1960 geborene Kläger bezog in der Zeit vom 19. Mai 2003 bis zum 30. September 2003 sowie vom 19. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), vom 01. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) und vom 01. Juli 2005 bis zum 31. August 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Die Sozialhilfeaufwendungen der Beklagten für den Kläger betrugen in den Jahren 2003 bis 2007 insgesamt 36.621,06 EUR.

Das Landgericht Karlsruhe verurteilte den Beigeladenen Ziffer 1 zunächst mit rechtskräftigem Teilurteil vom 30. Oktober 2007 (4 O 833/05) zur Zahlung von 13.397,18 EUR nebst 7,25 % Zinsen p.a. seit dem 01. Januar 1998 an den Kläger und dann mit rechtskräftigem Urteil vom 16. April 2008 zu einer weiteren Zahlung in Höhe von 790,96 EUR nebst 7,25 % Zinsen p.a. seit 01. Januar 1998. Es stützte sein Urteil darauf, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage in Höhe von 30.000,- DM als stiller Gesellschafter eines Inkassobüros in der Rechtsform der GmbH, die jedoch nie gegründet wurde, zum 01. Januar 1998 zustehe. Weder über das seit dem 09. Dezember 2005 beim Landgericht Karlsruhe anhängige Klageverfahren noch über den dort geltend gemachten Anspruch hatte der Kläger die Beklagte in seinen Sozialhilfeanträgen unterrichtet (vgl. Anträge vom 19. Mai 2003, 16. August 2005, 29. Mai 2006, 19. Juni 2007).

Der Beigeladene Ziffer 1 teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. November 2007 mit, dass zu Gunsten des Klägers Ansprüche aus einer Beteiligung als stiller Gesellschafter seit dem 01. Januar 1998 in Höhe von 13.397,18 EUR zuzüglich Zinsen bestehen, und fragte an, ob und ggf. in welcher Höhe mit befreiender Wirkung an den Kläger dieser Betrag ausbezahlt werden könne.

Mit Bescheid vom 25. Januar 2008 leitete die Beklagte die dem Kläger gegen den Beigeladenen Ziffer 1 zustehende Forderung aus dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2007 in Höhe von 13.397,18 EUR zuzüglich Zinsen dem Grunde nach auf sich über und informierte den Beigeladenen Ziff. 1 darüber (Bescheid vom gleichen Tag). Die Überleitungsentscheidung stehe im Ermessen des Sozialhilfeträgers. Das Gebot wirtschaftlicher und sparsamer Bewirtschaftung öffentlicher Mittel sei mit den sozialrechtlichen Belagen des Hilfeempfängers und des in Anspruch genommenen Schuldners abzuwägen. Interessen des Klägers, die einer Überleitung entgegen stünden, seien im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Ebenso verhalte es sich mit der Interessenlage des Schuldners der Forderung. Insgesamt betrachtet sei es daher ermessensgerecht, den Anspruch des Klägers aus dem ergangenen Urteil dem Grunde nach auf den Sozialhilfeträger überzuleiten.

Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten vom 07. Februar 2008 teilte der Beigeladene Ziffer 1 mit, dass der Kläger seinerzeit die stille Einlage an ihn - den Beigeladenen Ziffer 1 - darlehensweise finanziert habe. Die Bank habe die Forderung ausgebucht, da keine Rückzahlung habe erlangt werden können.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2008, an den Beigeladenen Ziff. 1 adressiert, bezifferte die Beklagte den Sozialhilfeaufwand für den Kläger in den Jahren 2003 bis 2007 auf insgesamt 36.621,06 EUR und bat um Überweisung des übergeleiteten Betrages. Im März 2003 zahlte der Beigeladene Ziff. 1 im Hinblick auf die Überleitung an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 23.282,63 EUR.

Der Kläger legte Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Januar 2008 sowie das Schreiben vom 26. Februar 2008 ein (Schriftsätze seiner Bevollmächtigten vom 01. Februar 2008 und 01. April 2008) und führte zur Begründung aus, dass er sich im Jahr 1995 mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 30.000 DM an einer noch zu gründenden Inkasso-Gesellschaft des Beigeladenen Ziffer 1 als stiller Gesellschafter beteiligt habe. Das Geld dafür habe er durch einen Bankkredit finanziert. Die Inkasso-Gesellschaft sei niemals gegründet worden. Er - der Kläger - habe seine Beteiligung mit Schreiben vom 23. Dezember 1996 gekündigt, die mit Ablauf des 31. Dezember 1997 wirksam geworden sei. Im Jahr 2000 habe sich der Kläger dem Beigeladenen Ziffer 2, einen Geldbetrag in Höhe von 35.000 DM geliehen und zur Sicherung des Darlehens seine Forderung gegen den Beigeladenen Ziffer 1 nebst Zinsen in Höhe der Darlehensforderung an den Beigeladenen Ziffer 2 abgetreten. Der Beigeladene Ziffer 2 habe den Kläger zur Geltendmachung der Forderung im eigenen Namen ermächtigt. Mit dem Geld des Beigeladenen Ziffer 2 habe er - der Kläger - den ursprünglichen Bankkredit abgelöst. Die Überleitung durch die Beklagte gehe bereits deshalb ins Leere, weil der Kläger nicht Forderungsinhaber sei. Der Kläger legte die Kopie eines auf den 16. März 2000 datierenden Darlehensvertrages zwischen ihm und dem Beigeladenen Ziffer 2 vor, wonach der Kläger vom Beigeladenen Ziffer 2 einen Betrag von 35.000 DM als Darlehen erhalten habe, das Darlehen mit 3 % jährlich zu verzinsen sei, der Kläger dem Beigeladenen Ziffer 2 den erstrangigen Teil seines Anspruchs gegen die Firma I. D. bzw. deren Inhaber - den Beigeladenen Ziffer 1 - auf Rückzahlung der Einlage in Höhe von 30.000 DM nebst Zinsen in Höhe der Darlehensforderung zur Sicherung der Darlehensforderung abgetreten und der Beigeladene Ziffer 2 die Abtretung angenommen sowie der Beigeladene Ziffer 2 den Kläger zur Geltendmachung der Forderung in eigenem Namen und zu deren Einziehung ermächtigt habe.

Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hatte vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) keinen Erfolg (SG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Februar 2008 - S 1 SO 652/08 ER -); seine Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg nahm er zurück (L 7 SO 1030/08 ER - B).

Die Beklagte wies den klägerischen Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Januar 2008 als unbegründet (Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008) und den Widerspruch gegen das Schreiben vom 26. Februar 2008 als unzulässig zurück (Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 2008).

Dagegen erhob der Kläger am 27.Oktober 2008 Klage zum SG. Ergänzend zu seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren brachte er vor, dass der Betrag von 35.000 DM auf dreimal in bar ausbezahlt worden sei, nämlich am 08. Januar 2010 in Höhe von 15.000 DM, am 21. Februar 2000 in Höhe von 16.000 DM sowie am 06. März 2000 in Höhe von 4.000 DM. Die Beträge seien an den Kläger jeweils auf dessen Anforderung nach Rücksprache mit dem Beigeladenen Ziffer 2 von dessen Sohn Y. übergeben worden. Der Kläger habe den Empfang der Beträge quittiert. Anlässlich des nächsten Deutschlandbesuchs des Beigeladenen Ziffer 2 seien die ausgereichten Gelder in der vorgelegten Darlehensvereinbarung zusammengefasst worden. Spätestens im August 2003 sei die Beklagte über die - damals ungewisse - Forderung gegen den Beigeladenen Ziffer 1 in Kenntnis gesetzt worden. Im Dezember 2007 habe der Bevollmächtigte des Klägers - Rechtsanwalt N. - mit dem Sachbearbeiter der Beklagten, Herrn R., telefoniert, diesem den wesentlichen Sachverhalt mitgeteilt und ihn zugleich darauf hingewiesen, dass die Forderung gegen den Beigeladenen Ziffer 1 in Höhe von 35.000 DM an den Beigeladenen Ziffer 2 abgetreten worden sei. Dennoch habe die Beklagte den Überleitungsbescheid erlassen. Die Überleitung gehe schon deshalb ins Leere, da die vor dem Landgericht Karlsruhe eingeklagte Forderung - jedenfalls im Wesentlichen - bereits seit dem Jahr 2000 an den Beigeladenen Ziffer 2 abgetreten sei, welchem sie damit rechtlich und wirtschaftlich zustehe. Zudem wäre eine Überleitung allenfalls für die Zeit ab 19. März 2004 möglich. Hätte der Kläger das Geld vom Beigeladenen Ziffer 1 rechtzeitig, nämlich zum 01. Januar 1998 bekommen, so hätte sich dies auf die viele Jahre später, nämlich ab 2003 erfolgte Leistungsgewährung durch die Beklagte überhaupt nicht ausgewirkt. Insbesondere wäre die Darlehensaufnahme bei dem Beigeladenen Ziffer 2 nicht erforderlich geworden. Die Sozialhilfeleistungen durch die Beklagte wären auch bei rechtzeitiger Leistung durch den Beigeladenen Ziffer 1 zu erbringen gewesen. Schließlich habe die Beklagte ermessensfehlerhaft die ihr bekannte und noch anhängige Sozialrechtsstreitigkeit des Klägers gegen die Berufsgenossenschaft außer Acht gelassen, die Einfluss auf die Höhe der bisher erbrachten Sozialleistungen habe. Der Bezifferungsbescheid sei ebenfalls als Verwaltungsakt zu qualifizieren, weshalb er mit Widerspruch anfechtbar sei.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 12. August 2009 die Klage abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert endgültig auf 13.397,18 EUR festgesetzt. Die von der Beklagten durch den Bescheid vom 25. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2008 dem Grunde nach verfügte Überleitung von Ansprüchen des Klägers gegen den Beigeladenen Ziffer 1 aus dem Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2007 sei nicht zu beanstanden. Der Bescheid sei formell rechtmäßig. Zwar habe die Beklagte vor Erlass des Bescheides weder den Kläger noch den Beigeladenen Ziffer 1 - wie erforderlich - gemäß § 24 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) angehört, jedoch sei die fehlende Anhörung durch das Widerspruchsverfahren geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 SGB X), denn in diesem habe der Kläger Gelegenheit gehabt, sich zu allen für die Entscheidung der Beklagten wesentlichen Tatsachen zu äußern (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 05. Februar 2008 - B 2 U 6/07 R -).

Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig und finde seine Rechtsgrundlage in § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Es lägen keine Anhaltspunkte für einen Ausschluss der Überleitung nach § 93 Abs. 4 SGB XII vor. Dem Kläger stehe gegen den Beigeladenen Ziffer 1 nach dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2007 ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 13.397,18 EUR zuzüglich 7,25 % Zinsen hieraus seit dem 01. Januar 1998 zu. Ob dieser Vermögenswert dem Kläger endgültig zuzurechnen sei oder dem ggf. der mit dem Beigeladenen Ziffer 2 am 16. März 2000 geschlossene Darlehensvertrag einschließlich der darin getroffenen Abtretungserklärungen entgegen stehe, brauche die Kammer vorliegend nicht zu entscheiden. Eine Überleitung sei nämlich nicht schon deshalb rechtswidrig, weil der übergeleitete Anspruch nicht bestehe (unter Hinweis auf BVerwGE 34, 219/220 ff.). Nur wenn der übergeleitete Anspruch offensichtlich ausgeschlossen sei, wäre nach den Grundsätzen der Negativevidenz eine dennoch erlassene, erkennbar sinnlose Überleitungsanzeige rechtswidrig (unter Hinweis u.a. auf BVerwGE 49, 311, 315 ff.). Es reiche daher aus, dass der Kläger möglicherweise einen Zahlungsanspruch gegen den Beigeladenen Ziffer 1 habe. Ein Fall der Negativevidenz liege hier nicht vor. Dass der Kläger die Forderung gegen den Beigeladenen Ziffer 1 wirksam bereits am 16. März 2000 an den Beigeladenen Ziffer 2 abgetreten habe, erachte die Kammer aufgrund des Darlehensvertrages vom selben Tag nicht für erwiesen. Dieser sei weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen des Teilurteils des Landgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2007 erwähnt. Auch habe die Kammer Zweifel an der Wirksamkeit des Darlehensvertrages, da dort - anders als in der Klagebegründung - keine näheren Angaben über die Auszahlung der Darlehenssumme in drei Teilbeträgen erfolgt sei, die Darlehenshingabe als "zur freien Verfügung" bezeichnet werde, obwohl der Kläger eigenen Angaben zufolge mit der Darlehenssumme ein früheres Bankdarlehen habe tilgen wollen, und als Fälligkeitsdatum für die Darlehensrückzahlung der 01. Dezember 2008 als spätester Zeitpunkt angegeben worden sei, was in etwa dem - im März 2000 überhaupt noch nicht absehbaren - Zeitpunkt der (teilweisen) Beendigung des Rechtsstreits des Klägers gegen den Beigeladenen Ziffer 1 vor dem Landgericht Karlsruhe entspreche. Darüber, ob deshalb der Darlehensvertrag mit dem Beigeladenen Ziffer 2 ggf. als bloßes Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu werten und daher nichtig sei, habe nicht das erkennende Gericht in dem Rechtsstreit abschließend zu befinden. Diese materielle Prüfung sei vielmehr zwischen dem Kläger und der Beklagten ggf. in einem weiteren Rechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten zu klären.

Ob eine rechtzeitige Zahlung des Beigeladenen Ziffer 1 an den Kläger bereits im Jahre 1998 Auswirkungen auf die Höhe der dem Kläger von der Beklagten gewährten Leistungen gehabt hätte, könne offenbleiben, weil eine solche Zahlung tatsächlich nicht erfolgt sei und dem Kläger die Forderung gegen den Beigeladenen Ziffer 1 nach dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2007 seit dem 01. Januar 1998 durchgehend zugestanden habe, mithin auch während des Bezugs von Leistungen der Beklagten. Zeitidentität im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII setzte lediglich voraus, dass der Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Dritten im Zeitpunkt der Sozialhilfeleistung fällig und seinem Gegenstand nach geeignet gewesen sein müsse, die Notlage abzuwenden oder den Hilfebedürftigen zur Selbsthilfe zu befähigen (unter Hinweis auf BVerwGE 110, 5). Es komme mithin nicht darauf an, ob die Forderung des Klägers gegen den Beigeladenen Ziffer 1 für einen mit dem sozialhilferechtlichen Bedarfszeitraum identischen Zeitraum bestimmt sei (unter Hinweis auf BVerwGE 108, 296/298). Deshalb sei auch ein in der Vergangenheit entstandener Anspruch überleitungsfähig, wenn und soweit er im Zeitpunkt der Hilfegewährung - wie hier - nicht erfüllt sei (unter Hinweis auf Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 - L 7 AS 5846/07 ER-B). Der Überleitung nach der zum 01. Januar 2005 in Kraft getretenen Bestimmung des § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII stehe nicht entgegen, dass der Kläger in den Jahren 2003 und 2004 von der Beklagten Leistungen nach dem BSHG oder dem Grundsicherungsgesetz erhalten habe.

Die Beklagte habe auch die erforderliche Ermessensentscheidung vorgenommen. Sie sei sich des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens bewusst gewesen und habe im Rahmen ihrer Ermessenerwägung die Gründe angeführt, die aus ihrer Sicht für die Überleitung sprächen. Ermessensfehler oder sachwidrige Ermessensgesichtspunkte lägen nicht vor. Soweit die Beklagte bereits im Oktober 2005 gegenüber dem Unfallversicherungsträger wegen der von ihr erbrachten Leistungen einen Anspruch auf Erstattung aus eventuellen Entschädigungsleistungen des Klägers aus der gesetzlichen Unfallversicherung geltend gemacht habe, stelle dies keinen zusätzlichen Ermessensgesichtspunkt dar, den die Beklagte bezüglich der Überleitungsanzeige hätte berücksichtigen müssen. Denn dieser Erstattungsanspruch sei gegenüber der verfügten Überleitung nicht vorrangig und überdies bislang auch nicht befriedigt.

Zu Recht habe die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen ihr Schreiben vom 26. Februar 2008 als unzulässig zurückgewiesen. Denn dieses Schreiben beinhalte keine Regelung, d.h. keine Begründung, Aufhebung und Änderung oder Feststellung einer verbindlichen Rechtsfolge im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X, die der Kläger im Widerspruchsverfahren zur Überprüfung durch die Beklagte stellen könnte.

Gegen den seinen Bevollmächtigten am 18. August 2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich der Kläger mit seiner am 14. September 2009 beim LSG Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Klagebegehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er ergänzend vorgetragen, dass ein Fall der Negativevidenz vorliege. Eine Forderung des Klägers sei offenkundig nicht gegeben, da diese bereits am 16. März 2000 an den Beigeladenen Ziffer 2 abgetreten worden sei. Zum Beweis seien die Abtretungsurkunde vorgelegt und der Zessionar als Zeuge benannt worden. Weiter trägt der Kläger vor, er habe seine Einlage als stiller Gesellschafter über ein Darlehen der Bank in Höhe von 30.000 DM finanziert. Von den vom Beigeladenen Ziffer 2 geliehenen Geldern von insgesamt 35.000 DM habe er - der Kläger - auf die Rückstände bei der Dresdner Bank zunächst einen Betrag in Höhe von 6.000 DM bezahlt. Schließlich hätte er sich mit der Dresdner Bank auf eine Abstandszahlung von weiteren 4.000 DM zur vergleichsweisen Erledigung geeinigt. Außerdem habe er weitere Schulden zurückgeführt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. August 2009 die Bescheide der Beklagten vom 25. Januar 2008 und 26. Februar 2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. September 2008 und 02. Oktober 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und verweist zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids.

Der Senat hat R. B. sowie den A. O. beigeladen (Beschlüsse vom 21. November 2011 und 07. November 2012); die Beigeladenen haben jeweils keinen Antrag gestellt.

Der Beigeladene Ziffer 2 hat vor dem Landgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 11 O 11/12 gegen die Beklagte einen Rechtsstreit auf Zahlung von 23.282,63 EUR, mithin des Betrages, den der Beigeladene Ziffer 1 auf die Überleitungsanzeige vom 25. Januar 2008 an die Beklagte geleistet hat, geführt und im Herbst 2013 seine Klage wieder zurückgenommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Akten des SG Karlsruhe S 1 SO 652/08 ER und des Senats L 7 SO 1030/08 ER-B Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des SG war lediglich im Kostenausspruch zu berichtigen.

1. Der Senat war berechtigt, trotz Ausbleiben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2013 und des zuvor gestellten Antrages auf Terminsverlegung (Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 6. Dezember 2013) in der Sache zu entscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung soll der Anspruch auf rechtliches Gehör verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen mit einbezogen wird (bspw. BSG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - B 2 U 311/07 B - juris Rdnr. 4 m.w.N.). Die Beteiligten haben vorliegend schriftsätzlich umfassend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorgetragen. Der vormalige Berichterstatter hat mit ihnen den Rechtsstreit erörtert (Erörterungstermin vom 4. April 2012). Der Senat hat das persönliche Erscheinen des Klägers zur mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2013 nicht angeordnet und damit zu erkennen gegeben, dass er die persönliche Anwesenheit des Klägers nicht als erforderlich ansieht. Zudem ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung durch seinen Bevollmächtigten, der für diesen auch einen Sachantrag gestellt hat, vertreten worden.

2. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG) eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, da sie nicht der Zulassung bedarf (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG).

3. Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bildet der Bescheid vom 25. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 sowie das Schreiben vom 26. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. Oktober 2008, mit denen die Beklagte dem Grunde nach die Forderung des Klägers gegen den Beigeladenen Ziffer 1 aus dem Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2007 in Höhe von 13.397,18 EUR zuzüglich Zinsen auf sich übergeleitet und den Sozialhilfeaufwand für die Jahre 2003 bis 2007 gegenüber dem Beigeladenen Ziff. 1 insgesamt auf 36.621,06 EUR beziffert hat.

4. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend den Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beigeladenen Ziffer 1 aus dem genannten Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe dem Grunde nach auf sich übergeleitet. Auch ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass die mit Schreiben vom 25. Januar 2008 gegenüber dem Beigeladenen Ziffer 1 erfolgte Bezifferung des Sozialhilfeaufwandes keinen durch den Kläger anfechtbaren Verwaltungsakt beinhaltet. Der Senat nimmt auf die ausführlichen Darlegungen des SG Bezug und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend weist der Senat im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren auf Folgendes hin:

a. Die Überleitungsanzeige ist hinreichend bestimmt i. S. vom § 33 SGB X. Insoweit ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Wille des Sozialhilfeträgers zur Überleitung zum Ausdruck kommt und dass der Hilfeempfänger, die Art der Hilfe sowie der überzuleitende Anspruch nebst Angabe von Gläubiger und Schuldner bezeichnet werden (vgl. Senatsurteile vom 22. November 2007 - L 7 SO 73/06 - juris Rdnr. 21). Diesen Anforderungen genügt die Überleitungsanzeige. Der übergeleitete Anspruch ist unter Bezugnahme auf das Teilurteil des LG Karlsruhe 30. Oktober 2007 (4 O 8333/05) und Nennung des Klägers als Gläubiger sowie der Anspruchshöhe hinreichend beschrieben. Die Bezifferung der in der Vergangenheit bereits erbrachten Leistungen ist erfolgt (Widerspruchsbescheid vom 25. September 2008).

b. Die Überleitung geht - entgegen der Meinung des Klägers - im Hinblick auf die behauptete Abtretung an den Beigeladenen Ziffer 2 nicht ins Leere. Nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, der im Übrigen auch die Überleitung im Hinblick auf Leistungen nach dem BSGH erlaubt (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - L 7 SO 853/09 - juris Rdnr. 27), kann nur ein bestehender Anspruch Gegenstand der Überleitung sein, jedoch muss nach ständiger Rechtsprechung - auch bereits zur Vorgängervorschrift des BSHG - das Bestehen des Anspruchs nicht positiv festgestellt werden. Das Bestehen des Anspruchs ist keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Überleitungsanzeige (dazu und zum Folgenden BSG, Beschluss vom 25. April 2013 - B 8 SO 104/12 B - juris Rdnr. 8 ff; Beschluss vom 20. Dezember 2012 - B 8 SO 75/12 B - veröffentlicht auf www.sozialgerichtsbarkeit.de; vgl. auch Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - L 7 SO 853/09 - juris Rdnr. 28). Danach genügt es für die Wirksamkeit der Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, also er nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist. In der Sozialhilfe dient die Überleitung eines Anspruchs - neben den Vorschriften über den Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens - dazu, den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) zu realisieren. Wie beim Einsatz des Einkommens müssen die Vorschriften über die Überleitung von Ansprüchen folglich bedarfsorientiert gesehen werden. Entscheidend ist also nicht, ob ein Anspruch tatsächlich besteht, sondern dass die Überleitung für einen Zeitraum erfolgt, in den Leistungen der Sozialhilfe tatsächlich gewährt worden sind. Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann, ist der Erlass einer Überleitungsverfügung sinnlos und trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben. Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch nach objektivem, materiellem Recht offensichtlich ausgeschlossen ist. Insofern ist mit Blick auf die Aufgabenzuweisung in dem gegliederten Rechtsschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland, das bereits verfassungsrechtlich vorgegeben ist (vgl. Art. 92 ff. GG) und nach dem die Zivilgerichte zur Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche berufen sind, strikte Zurückhaltung bei der Annahme von Negativevidenz geboten. Das BSG sieht weitere Prüfungsnotwendigkeiten nicht allein rechtlicher, sondern bereits tatsächlicher Art als Ausschlusskriterium für eine Negativevidenz an. Denn auch hinsichtlich der Beurteilung eines tatsächlichen Ermittlungsbedarfs (sowie hinsichtlich der Bestimmung von Art und Umfang solcher tatsächlichen Ermittlungen) kann im gegliederten Rechtsschutzsystem des deutschen Gerichtswesens nicht auf die jeweils eigene Kompetenz und Erfahrung des maßgeblichen Gerichtszweiges verzichtet werden.

Vorliegend wäre jedoch - wie auch der Kläger einräumt - eine Beweisaufnahme hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Abtretung seines Anspruchs gegen den Beigeladenen Ziffer 1 durch Urkunden- und ggf. Zeugenbeweis erforderlich. Mit der Vorlage einer Kopie des auf den 16. März 2000 datierenden Darlehens- und Abtretungsvertrag hat der Kläger den Beweis für die Tatsache, dass er seinen Anspruch auf Rückzahlung der Einlage gegen den Beigeladenen Ziff. 1 an den Beigeladenen Ziff. 2 tatsächlich vor der Überleitung durch die Beklagte abgetreten hat, nicht ansatzweise geführt. Denn das Original des Schriftstücks würde eine Privaturkunde darstellen, die nach §§ 118 Abs. 1 SGG, 416 Zivilprozessordnung (ZPO) bei Echtheit (vgl. §§ 439, 440 ZPO) lediglich den vollen Beweis dafür begründet, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind. Nicht von der Regelung des § 416 ZPO, sondern vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung werden jedoch insbesondere die Umstände der Abgabe der Erklärung wie Zeit und Ort und die inhaltliche Richtigkeit und Wirksamkeit der Erklärung, d.h. ob die in der Privaturkunde geschilderten Umstände wirklich so geschehen sind oder nicht, erfasst (vgl. nur Huber in Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 416 Rdnr. 4 m.w.N.). Vorliegend ist jedoch gerade streitig, ob die in dem vorgelegten Darlehens- und Abtretungsvertrag vom 16. März 2000 enthaltenen Erklärungen das tatsächliche Geschehen wiedergeben und zivilrechtlich wirksam sind, wie sich eindrücklich aus dem Klagerwiderungsschriftsatz der Beklagten vom 15. März 2012 im Rechtsstreit des Beigeladenen Ziff. 2 vor dem Landgericht Karlsruhe (11 O 11/12) ergibt. Dort wäre nach der Aufgabenzuweisung im gegliederten Rechtsschutzsystem die Frage zu prüfen, ob der Beigeladene Ziff. 2 durch Abtretung seitens des Klägers Inhaber der streitigen Forderung gegen den Beigeladenen Ziff. 1 geworden ist. Diese Klage hat der Beigeladene Ziff. 2 jedoch zurückgenommen.

c. Die Ansprüche sind auch zeitidentisch. Die überleitungsfähigen Ansprüche werden begrenzt durch das Tatbestandsmerkmal, wonach eine Überleitung nur für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, zugelassen wird. Der Zeitraum, für den Leistungen gewährt werden, muss danach mit der zeitlichen Leistungspflicht des Dritten übereinstimmen. Der überzuleitende Anspruch muss nicht gleichzeitig mit dem sozialhilferechtlichen Anspruch entstanden oder fällig geworden sein, es reicht aus, dass er in dem in der Bewilligung ausgesprochenen Zeitraum noch fällig und nicht erfüllt ist (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 - L 7 AS 5846/07 ER-B - juris Rdnr. 9; vgl. ferner etwa Münder in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 93 Rdnr. 30; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 93 Rdnr. 20; Wolf in Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl. 2009, § 93 Rdnr. 22). Vorliegend bezog der Kläger in der Zeit vom 19. Mai 2003 bis zum 30. September 2003 sowie vom 19. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG, vom 01. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII und vom 01. Juli 2005 bis zum 31. August 2008 Grundsicherungsleistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII, wobei die Beklagte die Überleitung auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 und die bis dahin angefallenen Aufwendungen von insgesamt 36.621,06 EUR begrenzt hat. Der übergeleitete und ab 1. Januar 1998 fällige Anspruch gegen den Beigeladenen Ziff. 1 war in den genannten Leistungszeiträumen durchgehend fällig und noch nicht erfüllt, so dass dem Erfordernis der Gleichzeitigkeit Genüge getan ist.

d. Auch die erforderliche Kausalität liegt vor. Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB XII darf der Übergang des Anspruchs nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII und des § 92 Abs. 1 SGB XII Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Nach der vorliegend allein anwendbaren ersten Alternative der Regelung des § 93 Abs. 1 S. 3 SGB XII ist eine Überleitung nur dann berechtigt, wenn bei vorrangiger Leistung des anderen die Hilfegewährung des Hilfeträgers nicht erforderlich geworden wäre. Es geht um einen hypothetischen Kausalzusammenhang zwischen der Sozialhilfeleistung und der Nichterfüllung des Anspruchs des Hilfebedürftigen gegen einen Dritten, wobei es auf Entstehungsgrund und Beschaffenheit des Anspruchs (als Anspruch auf einmalige oder laufende Leistung) nicht ankommt (Senatsurteil vom 22. November 2007 - L 7 SO 72/06 - juris Rdnr. 24; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1999 - 5 C 28/98 - BVerwGE 110, 5 - juris Rdnr. 11). Es ist fiktiv zu prüfen, was geschehen wäre, wenn der Dritte seiner Leistungspflicht nachgekommen wäre, und zu ermitteln, ob bei dessen rechtzeitiger Leistung der Hilfeberechtigte gleichwohl Sozialhilfe bezogen hätte (vgl. Münder, a.a.O. Rdnr. 31; Wahrendorf, a.a.O. Rdnr. 15). Kausalität des zu ermittelnden Anspruchs liegt vor, wenn dem Leistungsberechtigten die Verwendung der nunmehr als bereitstehend gedachten Mittel zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit sozialhilferechtlich zugemutet wird, was sich an Hand der Vorschriften über den Einkommens- und Vermögenseinsatz beurteilt (BSG, Urteil vom 14. März 2012 - B 14 AS 98/11 R - juris Rdnr. 20; Armbruster in jurisPK-SGB XII, § 93 Rdnr. 71; Kiss in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 93 SGB XII Rdnr. 31). Geht es um Ansprüche des Hilfebedürftigen gegen einen Dritten, die zum geschützten Einkommen und Vermögen gehören, widerspräche eine Überleitung der sozialhilferechtlichen Wertung der §§ 82 ff., 90 SGB XII (Wahrendorf, a.a.O. Rdnr. 16). Daher können nach §§ 82 ff., 90 SGB XII geschütztes Einkommen und Vermögen nicht oder nur teilweise übergeleitet werden (vgl. bspw. Kiss, a.a.O. Rdnr. 32; Münder, a.a.O. Rdnr. 32; Wolf, a.a.O. Rdnr. 49 f.). Nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen in Sinne des § 82 SGB XII alles, was jemand in dem Bedarfszeitraum wertmäßig dazu erhält, während Vermögen das ist, was er in der Bedarfszeit bereits hat (bspw. Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 35/07 R - juris Rdnr. 14). Dabei stellt zwar eine dem Einkommenszufluss zugrundeliegende Forderung oder Anwartschaft einen wirtschaftlichen Wert dar, der zu dem Vermögen des Sozialhilfeempfängers gehört, jedoch ist der Regelung des § 82 Abs. 1 SGB XII zu entnehmen, dass im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung sozialhilferechtlich grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung interessiert, sondern allein auf das Erzielen von Einkünften in Geld oder Geldeswert (als Einkommen) abzustellen ist (BSG, a.a.O. juris Rdnr. 15). Der Tatbestand der Überleitung i.S. des § 93 SGB XII knüpft gerade an den Fall an, dass dem Leistungsberechtigten noch keine Leistungen aus seiner Forderung zugeflossen sind. Da die hypothetische Betrachtung eine Erfüllung des Anspruchs in Rechnung zu stellen hat, sind die gedachten Mittel grundsätzlich Einkommen im Bedarfszeitraum (vgl. Armbruster, a.a.O. Rdnr. 72).

In Anwendung dieser Grundsätze liegt der erforderliche hypothetische Kausalzusammenhang zwischen den dem Kläger erbrachten Sozialhilfeleistungen und der Nichterfüllung seines fälligen Anspruchs gegen den Beigeladenen Ziff. 1 vor. Hätte der Beigeladene Ziff. 1 seine dem Kläger geschuldete Leistung im Bedarfszeitraum erbracht, wäre dem Kläger die Verwendung dieser Mittel als verwertbares Einkommen i.S. der §§ 76 BSHG, 82 SGB XII zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit sozialhilferechtlich zumutbar gewesen. Dass die stille Einlage, deren Rückforderung die streitgegenständliche Überleitung betrifft, nach dem Vortrag des Klägers durch ein Darlehen der Dresdner Bank in Höhe von 30.000,- DM finanziert worden sei und er bei Rückzahlung durch den Beigeladenen Ziff. 1 im Zeitpunkt der Fälligkeit das Darlehen zurückgeführt hätte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn bei der vorzunehmenden hypothetischen Betrachtung ist der Anspruch des Klägers gegen den Beigeladenen Ziff. 1 im maßgeblichen Bedarfszeitraum ab 19. Mai 2003 als bereites Einkommen zu berücksichtigen. In diesem Zeitraum bestanden aber nach dem eigenen Vorbringen des Klägers keine Verpflichtungen mehr gegenüber der darlehensgebenden Dresdner Bank. Vielmehr hat er - was sich auch aus dem vorgelegten Schreiben der Dresdner Bank vom 16. März 2001 ergibt - es vermocht, die Darlehensforderung teilweise zu befriedigen und einen Erlass der Restforderung durch die Dresdner Bank zu erreichen. Im Übrigen können Schuldverpflichtungen regelmäßig nicht vom Einkommen abgezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14/7b AS 10/07 R - juris Rdnr. 25).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (vgl. Senatsurteil vom 22. Juli 2010 - L 7 SO 853/09 -; Münder, a.a.O. Rdnr. 56; Wahrendorf, a.a.O. 27). Dem Kläger sowie den Beigeladenen, die keine Anträge gestellt haben, sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten; im Übrigen ist das Verfahren nach § 183 S. 1 SGG für den Kläger als Empfänger von Sozialhilfeleistungen kostenfrei, denn die Beklagte hat die streitgegenständliche Überleitungsanzeige nach § 93 SGB XII an den Kläger als Sozialhilfeempfänger gerichtet (vgl. zur fehlenden Kostenprivilegierung des Dritten bspw. Bayerisches LSG, Urteil vom 25. November 2010 - L 8 SO 136/10 - juris Rdnr. 38). Daher war die Kostenentscheidung des SG, die der Senat auch bei Erfolglosigkeit der Berufung in der Hauptsache ändern kann (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, 10. Aufl. 2012, § 193 Rdnr. 16), zu berichtigen.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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