Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3245/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 135/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Dezember 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1955 geborene Kläger hat den Beruf des Klebeabdichters erlernt (Zeugnis der Industrie und Handelskammer N. vom 30. März 1982 Bl. 155 der Gerichtsakte). Er war zuletzt rentenversicherungspflichtig bis 10.01.1990 beschäftigt bei der Karl G. GmbH (Dachdeckermeister, Max-Born-Straße 10, 68169 M.). Der Betrieb existiert nicht mehr.
Im Jahr 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Die Unterlagen der Beklagten über dieses Verwaltungsverfahren existieren nicht mehr. Der Kläger verfolgte das Begehren auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit im gerichtlichen Verfahren beim Sozialgericht Mannheim (SG) weiter. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 11 RJ 3315/97 geführt. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 22.04.1998 ab. In den Entscheidungsgründen nahm das SG Bezug auf die letzte Beschäftigung des Klägers, in der er in die Lohngruppe IV c eingruppiert gewesen sei, nach der Arbeitnehmer ohne abgeschlossene Berufsausbildung entlohnt würden, die im Dachdeckerhandwerk einfache Arbeiten nach Anweisung ausführen. Eingestuft wurde der Kläger insoweit als angelernter Arbeiter. Die diesbezügliche Arbeitgeberanfrage existiert nicht mehr. Im Tatbestand wird dieses nicht aufgeführt.
Die gegen das Urteil des SG eingelegte Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG, Az. L 8 RJ 2268/98 und L 8 RJ 624/00) nahm der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 04.02.2002 zurück.
Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Ausbildung zum Industrieelektroniker. Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens holte die Beklagte ein psychologisches Gutachten zur Rehabilitationsfähigkeit des Klägers bei dem Diplompsychologen von A. ein. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf Bl. 453 der Rehabilitationsakte verwiesen. Die Ausbildung zum Industrieelektroniker schloss der Kläger am 22.09.1999 mit Erfolg ab. Weiterhin nahm der Kläger vom 11.09.2000 bis 22.12.2000 an einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation in Form einer Aktualisierungsmaßnahme teil. Ziel der Maßnahme war, über die Aktualisierung und Vertiefung berufsspezifischer Kenntnisse sowie ein Betriebspraktikum, die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis zu fördern. Der Kläger nahm nach dem Bericht des Berufsförderungswerks H. vom 13.03.2001 mit guter Motivation an der Maßnahme und dem vermittelten Praktikum teil. Eine berufliche Reintegration gelang jedoch nicht.
Am 19.04.2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung legte er u.a. den Bescheid des Versorgungsamtes Heidelberg vom 27.02.1996 vor, mit dem ihm ab 10.10.1995 ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt worden war. Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte ein am 30.05.2003 für die Bundesanstalt für Arbeit (nunmehr Bundesagentur für Arbeit) erstattetes Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. bei. Dr. B. kam in dem Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine abnorm einfach strukturierte Persönlichkeit mit zusätzlich unreifen, einzelgängerischen, übernachhaltigen Zügen, fehlender Introspektionsfähigkeit, fehlenden Ressourcen zur Konflikt- Problembewältigung und auch fehlender Frustrationstoleranz vorliege. Gleichzeitig würden auch die Ressourcen zur Kompensation und zum Verständnis somatischer wie psychischer Beschwerden fehlen. Wahrscheinlich bestünde weiterhin eine leichte Unterbegabung. Es bestünden rezidivierende Schulter-Arm-Beschwerden links, Brustwirbelsäulenbeschwerden sowie Lendenwirbelsäulenbeschwerden (ohne überdauernde radikuläre Ausfälle, auch ohne Hinweise für eine klinisch überdauernde myelopathische Symptomatik) bei vorbeschriebenen deutlichen Wirbelsäulenveränderungen. Der Kläger könne körperlich nur noch leichte Tätigkeiten, allenfalls in kurzen Spitzen mittelschwer, bei wechselnder Arbeitsposition mehr im Sitzen als im Stehen und nur zu ebener Erde verrichten. Zu empfehlen seien Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung, ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen, eher anspruchslos, ohne besondere Anforderungen an die kritische Reflektion oder rasche Auffassung.
Zur weiteren Aufklärung zog die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten von Frau Dr. E. aus einem beim LSG geführten Verfahren aus dem Schwerbehindertenrecht bei. Auf Bl. 215 bis Bl. 231 der Verwaltungsakte wird insoweit verwiesen.
Weiterhin zog die Beklagte ein für das SG erstattetes orthopädisches Gutachten von Prof. Dr. J. bei. Auf Bl. 237 bis 277 der Verwaltungsakte wird verwiesen.
Ergänzend gab die Beklagte ein internistisches Gutachten bei Dr. L. in Auftrag. Dieser diagnostizierte in dem am 25.05.2005 erstatteten Gutachten ein chronisch rezidivierendes Halswirbelsäulenleiden mit Bandscheibenvorwölbungen (HWK 4/5 und HWK 5/6 mit Myelonkompression, ohne Nachweis für eine Myelopathie, ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenvorwölbung medio-lateral links L5/S1 ohne radikuläre Ausfälle, eine abnorm einfach strukturierte Persönlichkeit mit anhaltenden somatischen und psychischen Beschwerden, eine chronische asthmoide Bronchitis bei anhaltendem Nikotinabusus und eine ernährungsverursachte Übergewichtigkeit. Der Kläger könne als Dachabdichter nur noch drei bis sechs Stunden erwerbstätig sein. Hinsichtlich leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr. Nicht mehr zumutbar sei das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 Kilogramm, ständige Überkopfarbeiten, Inhalation von Reizstoffen oder toxischen Dämpfen und unbegrenzte Wegstrecken.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Am 02.02.2010 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog zunächst die im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit erstellten ärztlichen Gutachten vom 30.11.2006 sowie 31.03.2008 bei. In beiden von Dr. W. erstatteten Gutachten kam dieser zu dem Ergebnis, dass eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen gegeben sei. Auszuschließen seien nach dem Gutachten vom 31.03.2008 hohe Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen, hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz, anhaltende Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, Klettern, Steigen oder Bewegen in unebenem Gelände, Überkopfarbeiten und anhaltendes Armvorhalten, Schichtarbeiten, Absturzgefahr aus großer Höhe und hohe Stressbelastungen.
Weiterhin gab die Beklagte ein orthopädisches Gutachten bei Dr. R. in Auftrag. Dieser diagnostizierte in dem am 12.03.2010 erstatteten Gutachten Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit ohne muskulär statischen Schmerz- und Reizzuständen, ohne neurologische Ausfallserscheinungen (bei Schädigung C4/5 und C5/6), eine Rundrückenfehlhaltung mit muskulär statischen Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule, initiale Abnutzungserscheinungen der unteren Lendenwirbelsäule ohne erkennbare Funktionseinschränkung der Beweglichkeit, ohne Hinweis für einen akuten oder subakuten Reizzustand oder neurologische Ausfallserscheinungen. Weiterhin bestünden initiale Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke ohne Funktionseinschränkung der Beweglichkeit und belastungsabhängig geklagte Schmerz- und Reizzustände der Schultergelenke, ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit und muskulären Leistungsfähigkeit. Auf orthopädischem Fachgebiet sei das Leistungsvermögen des Untersuchten für die zuletzt erlernte Tätigkeit des Dachabdichters (aufgrund der Verschleißveränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, geringgradiger des übrigen Stütz- und Bewegungsapparates) auf unter drei Stunden herabgesunken. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestünde ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Überkopfarbeiten, ohne Rumpfvorneige, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg ohne mechanische Hilfsmittel. Aufgrund des anamnetisch hier angegebenen Asthmas, das bei der Voruntersuchung im Jahr 2005 bestätigt wurde, sollte keine Inhalation von Reizstoffen oder toxischen Dämpfen, wie sie im Rahmen der Dachabdichtung anfallen, abverlangt werden. Eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Hinsichtlich der Tätigkeit des Industrieelektronikers sei die Erwerbsfähigkeit als solche nicht als erheblich gefährdet einzustufen.
Mit Bescheid vom 23.03.2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen erwerbstätig sein könne. Eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei ebenfalls nicht zu gewähren, da er zwar die Tätigkeit des Dachabdichters nicht mehr ausüben könne, jedoch auf andere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Hiergegen legte der Kläger am 20.04.2010 Widerspruch mit der Begründung ein, dass sich aus dem eingeholten orthopädischen Gutachten kein umfassendes Gesamtbild seines Gesundheitszustandes ableiten lasse. Es solle auf jeden Fall ein Kernspin sowie eine computertomographisches Gutachten eingeholt werden. Da er als vor 1961 Geborener Berufsschutz habe, könne er nur innerhalb der Berufsgruppe auf eine Tätigkeit verwiesen werden, die eine leichtere Tätigkeit wie die des Dachabdichters aufweise. Er habe lange Zeit auf dem Bau verbracht und wisse daher, dass es keine Tätigkeit im Handwerk für ihn gebe, die er noch ausüben könne. Er schaffe es nicht einmal mehr, eine Hecke ohne Pause eine Stunde zu schneiden.
Nach den im Widerspruchsverfahren beigezogenen berufskundlichen Unterlagen handelt es sich bei dem Beruf des Klebeabdichters um einen Ausbildungsberuf, der erstmals 1940 anerkannt und am 01. August 1997 aufgehoben wurde. Abgelöst wurde der Beruf des Klebeabdichters durch den Nachfolgeberuf des Bauwerkabdichters. Bei dem Beruf des Bauwerkabdichters handelt es sich um einen anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz, für den eine dreijährige Ausbildung erforderlich ist. Hinsichtlich der vom Kläger selbst vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung wird auf Bl. 609 f. der Verwaltungsakte verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 wies die Beklage den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass er leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne die Wirbelsäule belastende Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel) über 12 kg, ohne besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit, ohne erhöhten Publikumsverkehr und erhöhte Stress- und Belastungsfaktoren sowie ohne Belastung durch Reizstoffe und toxische Dämpfe mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Eine Berufsunfähigkeit, aufgrund der eine teilweise Erwerbsminderungsrente zu bewilligen wäre, liege nicht vor. Aufgrund der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Klebeabdichter, sei er dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Diese Tätigkeit könne er nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies bedeute jedoch nicht, dass automatisch Berufsunfähigkeit vorliege. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne er auf geeignete Facharbeitertätigkeiten, angelernte Tätigkeiten sowie auf deutlich herausgehobene ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden. Insoweit käme eine Tätigkeit als Magaziner oder Poststellenmitarbeiter in Betracht. Zudem sei er auf jeden Fall auf die umgeschulte Tätigkeit eines Industrieelektronikers verweisbar.
Hiergegen erhob der Kläger am 10.10.2010 Klage zum SG. Zur Begründung legte er u.a. zwei Befundberichte der Neurologin Dr. E. vom 13.05.2003 und 24.02.2011 vor (auf Bl. 24/25 sowie 30/31 der Gerichtsakte wird insoweit verwiesen).
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. In dem am 30.06.2011 erstatteten Gutachten diagnostizierte Frau H. eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit querulatorischen Zügen, eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung der Hals- und Lendenwirbelsäule (ohne radikuläre Schädigung), eine asymptomatische Stenose der Arteria carotis interna sowie ein Carpaltunnelsyndrom rechts. Aufgrund der Wirbelsäulenschädigung seien dem Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben oder Tragen von Lasten bis zu 10 kg möglich. Tätigkeiten in überwiegendem Sitzen sowie zeitweiligem Gehen oder Stehen seien möglich, gleichförmige Körperhaltungen, insbesondere gebückte Haltungen und Überkopfarbeiten seien nicht mehr möglich, ebenso wie häufiges Bücken oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten in Nässe oder Kälte. Aufgrund der psychischen Erkrankung bestehe ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden arbeitstäglich aufgrund der Schwere der Störung. Die Frustrationstoleranz sei erheblich reduziert bis aufgehoben. Problemlösendes Denken oder Konfliktlösung sei fast unmöglich. Es komme ohne Überlegung möglicher Konsequenzen zu Gewaltdrohungen und inadäquatem Verhalten. Die geistige Funktion sei beeinträchtigt, da die Ausdauer eingeschränkt, die Flexibilität stark reduziert bis aufgehoben und die Introspektionsfähigkeit sowie Reflektionsfähigkeit sowie das vorausschauende planerische Denken sei sehr eingeschränkt bis unmöglich seien.
Mit Urteil vom 09.12.2011 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 01.02.2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG ist insoweit dem Gutachten von Frau Hartmann gefolgt. Der Kläger sei in ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht mehr integrierbar.
Gegen das ihr am 16.12.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.01.2012 Berufung eingelegt.
Zur Begründung verweist sie auf eine bereits im Klageverfahren abgegebene Stellungnahme von Dr. W. vom 29.07.2011, in der dieser u.a. ausführt, dass selbst wenn man die vorgetragenen Persönlichkeitseigenarten des Klägers als Krankheit qualifizieren wolle, nicht ersichtlich sei, wie im vorliegenden Fall hieraus eine quantitative Leistungseinschränkung resultieren solle. Den verminderten intellektuellen Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen könne durch qualitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit Rechnung getragen werden. Soweit das SG die Auffassung vertrete, dass der Kläger in ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht mehr integrierbar sei, könne dieser Einschätzung nicht gefolgt werden. Weiterhin äußerte die Beklagte Zweifel an ihrer ursprünglichen Einschätzung der Einstufung der letzten Tätigkeit des Klägers als Facharbeiter. Insoweit legte sie die Bekanntmachung des Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe und des Verzeichnisses der zuständigen Stellen vom 30. September 1991 des Bundesanzeigers vor, in dem ausgeführt wird, dass der Beruf des Klebeabdichters seit dem 31.01.1940 anerkannt sei und eine Ausbildungsdauer von 24 Monaten aufweise. Weiterhin verweist sie auf das Urteil des SG vom 22.04.1998 (Az: S 11 RJ 3315/97).
Der Senat hat zunächst versucht, eine Auskunft beim letzten Arbeitgeber des Klägers Herrn Karl G. einzuholen. Da dieser jedoch verstorben ist, konnten nähere Angaben zur letzten Erwerbstätigkeit des Klägers nicht ermittelt werden.
Ferner hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bei Dr. S ... Dieser erstattete zunächst versehentlich ein Gutachten nur nach Aktenlage unter dem 04.03.2013. Auf entsprechenden Hinweis des Senats führte er zwei Untersuchungen am 21.03.2013 und 27.03.2013 durch und erstattete erneut ein Gutachten unter dem 09.04.2013. In diesem kam er zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Zügen vorliege. Diese führe zu Defiziten im Bereich der Affektregulation und der sozialen Kompetenzen. Berufliche Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an die zielgerichtete Gestaltung interpersoneller Kontakte stellen, etwa durch Arbeit mit unmittelbarem Publikumsverkehr, seien aufgrund der Persönlichkeitsstörung auszuschließen. Auch Tätigkeiten mit hoher oder erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kämen nicht in Frage. Aufgrund der degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates mit chronischen Hals- und Lendenwirbelsäulensyndromen könne der Kläger körperlich schwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg nicht mehr verrichten. Anhaltende körperlich leichte und vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten (Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg) seien noch möglich. Ausgeschlossen seien auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Balancevermögen sowie auf Leitern oder Gerüsten. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie Arbeiten als Magazinmitarbeiter, Poststellenmitarbeiter oder einfacher Pförtner an einer Nebenpforte seien ohne zeitliche Einschränkung möglich.
Der Senat hat unter dem 29.05.2013 darauf hingewiesen, dass ein Facharbeiter auf die Tätigkeit eines Registrators oder Poststellenmitarbeiters verwiesen werden könne. Zudem sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger zuletzt als Facharbeiter beschäftigt gewesen sei. Auf Bl. 138 bis 148 wird verwiesen. Der Kläger hat Einwendungen gegen die Nichtanerkennung des Facharbeiterstatus erhoben und weitere Unterlagen vorgelegt. Auf Bl. 155 bis 164 der Gerichtsakte wird verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das angefochtene Urteil des SG ist aufzuheben, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hat. Die Klage ist in vollem Umfang abzuweisen, da auch ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht gegeben ist.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand März 2013, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30. September 1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse, auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten ver-wiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.
Gibt ein Versicherter eine nach den o. g. Maßstäben höherwertige Tätigkeit auf, ohne dass hierfür gesundheitliche Gründe vorliegen, und wendet er sich einer anderen Tätigkeit zu, ist diese letztere Tätigkeit bzw. deren Bewertung im Mehrstufenschema Maßstab für die Zumutbarkeit einer sogenannten Verweisungstätigkeit.
Gemessen an den vorstehend aufgeführten Voraussetzungen hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI, da er zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich noch verrichten kann. Der Senat folgt insoweit insbesondere dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. S. vom 09.04.2013, der zur Recht ausgeführt hat, dass sich mit den erhobenen Befunden eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht belegen lässt. Aufgrund der zweimaligen Untersuchung des Klägers und der umfangreichen testpsychologischen Diagnostik kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass beim Kläger weder eine somatoforme Schmerzsymptomatik noch eine eigenständige depressive Symptomatik vorliegt. Innerhalb der mehrstündigen Untersuchungssitzungen konnte der Gutachter ein klinisch relevantes kognitives Funktionsdefizit ausschließen. Das intellektuelle Leistungsniveau befand sich im unteren Normbereich. Dies entspricht dem Bildungsgang des Klägers, der sowohl die Lehre zum Klebeabdichter abgeschlossen als auch erfolgreich eine Umschulung zum Industrieelektroniker absolviert hat. Zwar leidet der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Zügen. Dieser Beeinträchtigung kann jedoch durch qualitative Leistungseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Eine Minderung der Arbeitsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht folgt daraus nicht. Im Gegensatz zu der vom SG und der Vorgutachterin Frau H. vertretenen Ansicht führt die Störung nach der Überzeugung des Senats nicht dazu, dass der Kläger nicht mehr zu den in Betrieben üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. S. führt die kombinierte Persönlichkeitsstörung zu Störungen der Affektregulation sowie der sozialen Kompetenzen. Insoweit sind Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an die zielgerichtete Gestaltung interpersoneller Kontakte stellen (etwa Arbeiten mit unmittelbarem Publikumsverkehr), auszuschließen. Auch Tätigkeiten mit hoher oder erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte kommen aufgrund der Störung der sozialen Kompetenzen und Affektregulation nicht mehr in Frage. Allerdings ist für den Senat nicht nachvollziehbar, warum leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie beispielsweise Zureichen, Sortieren usw. dem Kläger nicht mehr sechs Stunden täglich möglich sein sollen. Die von Dr. S. diagnostizierte Persönlichkeitsstörung besteht nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters bereits seit Jahren und lässt sich bis in die Adoleszenz zurückverfolgen. Eine erhebliche Verschlechterung in den letzten Jahren lässt sich nicht nachweisen. Trotzdem war der Kläger in der Lage, mehrere Jahre beruflich tätig zu sein, eine Ausbildung zum Klebeabdichter zu absolvieren und eine Umschulung abzuschließen. Es bestehen insoweit keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung nicht mehr in einen Betrieb einfügen kann. So beschreibt beispielsweise das Berufsförderungswerk Heidelberg in dem Bericht vom 13.03.2001 über die Aktualisierungsmaßnahme des Klägers vom 11.09.2000 bis 22.12.2000, dass der Kläger im Verlauf der Maßnahme eine gute Motivation zeigte, seine Kenntnisse zu erweitern und dies durch regelmäßige Mitarbeit unterstrich. Die Praktikumseinheit wurde bei der Firma R. in W. absolviert und bestand in der Mithilfe bei leichten Montage- und Verpackungsarbeiten. Die Rückmeldung der Firma war positiv. Der Kläger arbeitete zuverlässig und kam stets pünktlich zur Arbeitsaufnahme. Hinweise darauf, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sein soll, sich in einen Betrieb zu integrieren, bestehen insoweit nicht. Gestützt wird diese Auffassung durch das im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit erstattete Gutachten von Dr. B. vom 21.01.2003. Auch Dr. B. ging in seinem Gutachten davon aus, dass beim Kläger unreife, einzelgängerische, übernachhaltige Züge bestünden. Es bestehe ein fehlende Introspektionsfähigkeit, fehlende Ressourcen zur Konflikt-Problembewältigung und auch fehlende Frustrationstoleranz bei gleichzeitig fehlenden Ressourcen zur Kompensation und zum Verständnis somatischer und psychischer Beschwerden. Die Auffälligkeiten in der Persönlichkeit des Klägers wurden also auch in diesem Gutachten beschrieben. Trotzdem ging Dr. B. davon aus, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten (überwiegend im Sitzen ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung und überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktion sowie ohne besondere Anforderungen an die kritische Reflexion und rasche Auffassung) noch ausüben könne. Nicht gefolgt ist der Senat dem Gutachten der Nervenärztin H. vom 30.06.2011. Das Gutachten ist insoweit nicht schlüssig, als die Gutachterin davon ausgeht, dass der psychische Zustand des Klägers auch in sehr alten Unterlagen schon ähnlich beschrieben wird wie heute (vgl. Beweisfrage Nr. 3). Sie setzt sich jedoch nicht damit auseinander, weshalb die früher aufgrund seines Lebenslaufs eindeutig vorhandene Erwerbsfähigkeit des Klägers nunmehr auf unter drei Stunden täglich gesunken sein soll.
Soweit der Kläger an Funktionsbeeinträchtigungen auf dem orthopädischen Fachgebiet leidet, führt dies ebenfalls nicht zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. R. vom 12.03.2010 leidet der Kläger an einer Verschleißveränderung der Halswirbelsäule mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit und muskulär statischen Schmerz- und Reizzuständen ohne neurologische Ausfallserscheinungen bei Schädigung der HWK C4/5 und C5/6, einer Rundrückenfehlhaltung mit muskulär statischen Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule, initialen Abnutzungserscheinungen der unteren Lendenwirbelsäule ohne erkennbare Funktionseinschränkung der Beweglichkeit, ohne Hinweis für einen akuten und subakuten Reizzustand oder neurologische Ausfallserscheinungen. Weiterhin bestehen initiale Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke ohne Einschränkungen der Beweglichkeit und belastungsabhängig geklagte Schmerz- und Reizzustände der Schultergelenke, ebenfalls ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit und muskulären Leistungsfähigkeit. Insoweit ist die Leistungseinschätzung von Dr. R., dass der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, trotz der orthopädischen Beeinträchtigungen noch mindestens sechs Stunden täglich durchführen kann, nachvollziehbar. Den Gesundheitsstörungen kann durch qualitative Leistungseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Sie stehen jedoch einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich in leichten Tätigkeiten nicht entgegen. Zu vermeiden sind Wirbelsäulenzwangshaltungen, regelmäßige Überkopfarbeiten, Rumpfvorneigungen, das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg ohne mechanische Hilfsmittel. Aufgrund des anamnetisch vorliegenden Asthmas sollte keine Inhalation von Reizstoffen und toxischen Dämpfen erfolgen. Diese Leistungseinschätzung entspricht den erhobenen Befunden. Sowohl die Brust- als auch die Lendenwirbelsäule waren in ihrer Entfaltbarkeit nicht eingeschränkt (Ott 30/32 cm, Schober 10/15 cm). Der Fingerbodenabstand war mit 23 cm unauffällig. Die Wiederaufrichtung erfolgte flüssig. Es bestand eine endgradige Einschränkung in der Reklination. Im Langsitz konnten die Fingerspitzen bis auf 17 cm an die Großzehen heran erreicht werden und die Seitwärtsdrehung im Sitzen war bis 30 Grad möglich. Auch im Bereich der Schultergelenke bestehen keine erheblichen Einschränkungen. Der Arm konnte sowohl seitwärts als auch vorwärts auf beiden Seiten bis 160 Grad gehoben werden. Die Seitanhebung beidseits war endgradig schmerzhaft, aber nicht behindert. Die übrigen Bewegungsaufschläge waren frei, einschließlich der Drehbewegungen, Nacken- und Kreuzgriff waren durchführbar. Auch im Bereich der Hüftgelenke bestand mit einer Streckung und Beugung von 0-0-115 beidseits keine erhebliche Einschränkung. Die Kniegelenke waren frei beweglich.
Eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers liegt nicht vor. Dies wird sowohl von dem orthopädischen Gutachter Dr. R. als auch von Dr. S. bestätigt. Der Kläger konnte bei der Begutachtung durch Dr. S. den Weg vom Parkplatz vom Untersuchungsraum (ca. 400 Meter phasenweise leicht bergan) zurücklegen, so dass keine Zweifel daran bestehen, dass er werktäglich einen Arbeitsweg von viermal 500 Meter zu Fuß jeweils weniger als 20 Minuten zurücklegen kann. Es bestehen auch keine körperlichen Funktionseinschränkungen, aus denen ein entsprechendes Mobilitätsdefizit resultieren könnte.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (vgl. § 240 Abs. 1, 2 SGB VI) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Zuordnung der letzten beruflichen Tätigkeit des Klägers ist schwierig, da die letzten Arbeitgeber des Klägers nicht mehr existieren und entsprechende objektive Informationen hinsichtlich der Arbeitsplatzbeschreibung und insbesondere der tariflichen Einordnung der letzten Tätigkeit nicht verfügbar sind. Entscheidend für die Zuordnung ist insoweit nicht nur der formale Bildungsabschluss, sondern auch die letzte Tätigkeit. Gelernt hat der Kläger den Beruf des Klebeabdichters (Prüfungszeugnis der IHK N. vom 30. März 1982). Im Hinblick darauf, dass der Klebeabdichter eine 24-monatige Ausbildungszeit voraussetzte, wäre dieses Berufsbild grundsätzlich dem Bereich des oberen Angelernten zuzuordnen. Da der Ausbildungsberuf des Klebeabdichters seit 1997 vom Nachfolgeberuf des Bauwerksabdichters abgelöst worden ist und es sich hierbei um eine dreijährige Ausbildung handelt (vgl. 603 ff der Verwaltungsakte), wäre vorliegend die Einordnung der letzten beruflichen Tätigkeit des Klägers als Facharbeitertätigkeit nicht ausgeschlossen, wenn eine dem entsprechende Erwerbstätigkeit nachgewiesen ist. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da selbst wenn man vorliegend von einer Facharbeitertätigkeit ausgeht, der Kläger sowohl auf den Beruf des Registrators als auch den des Poststellenmitarbeiters verwiesen werden kann. Nach den vom Senat in das vorliegende Verfahren eingeführten Urteilen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2012 (Az: L 13 R 4924/09 und Az: L 13 R 6087/09) handelt es sich sowohl bei einer Tätigkeit des Registrators als auch der Poststellenmitarbeiters um eine einem Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in den zitierten Urteilen, denen er sich aus eigener Überzeugung anschließt. Die benannten Verweisungstätigkeiten sind dem Kläger auch im Hinblick auf seine gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar. Bei der Tätigkeit des Poststellenmitarbeiters handelt es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist möglich. Ausreichend sind durchschnittliche Lese- und Schreibkenntnisse. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentliche Lasten über 10 kg gehoben und getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch zumindest in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit einer Poststelle. Der Kläger wird danach mit dem ihm verbL.nen Restleistungsvermögen und dem gesundheitlichen Belastungsprofil der in Rede stehenden Verweisungstätigkeit gerecht. Der Kläger kann, wie bereits ausgeführt, leichte bis vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie zeitweilig im Gehen oder Stehen, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg (ohne mechanische Hilfsmittel) sowie ohne Belastung mit Reizstoffen und toxischen Dämpfen noch ausüben. Die Arbeit in der Poststelle wird dem gerecht. Sie stellt weder erhöhte Anforderungen an das Balancevermögen noch an die Affektregulation sowie die sozialen Kompetenzen. Publikumsverkehr ist in der Tätigkeit nicht gegeben. Es besteht auch keine hohe oder erhöhte Verantwortung für Personen oder Sachwerte. Entsprechendes gilt auch für die Tätigkeit des Registrators, die ebenfalls dem Restleistungsvermögen des Klägers entspricht. Hierbei handelt es sich um eine Arbeit im Sitzen, die auch im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen erbracht wird. Es sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. Schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig, ggf. müssen Aktenstücke bis 10 kg getragen werden. Besondere psychische Belastungen kommen nicht vor (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2012, - L 13 R 6087/09 -). Beide Tätigkeiten kann der Kläger auch binnen drei Monaten erlernen. In den bereits zitierten Urteilen wird schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb von drei Monaten sowohl für den Beruf des Registrators als auch den des Poststellenmitarbeiters erworben werden können. Die Tätigkeit des Registrators nach der Endgeltgruppe 3, auf die der Kläger verwiesen werden könnte, umfasst das Vergeben von Aktenzeichen entsprechend geltenden Aktenplänen und Nummern, das Anlegen von Neuakten, das Beachten von Aktenordnungen sowie die Aussonderung von Altakten. Zu beachten ist die Einhaltung von Aufbewahrungsfristen. Um elektronische Informationen zu archivieren, verwenden Registratoren elektronische Archivsysteme, in denen Dokumente schnell wieder gefunden werden können. Im Bereich der Aktenhaltung und Registratur sind sie außerdem für die Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeiten zuständig. Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost sowie der Hauspost, die Entgegennahme des Inhalts von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. Eingangs- und Weiterleitungsvermerks, das Anklammern der Anlagen, das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle und in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben bereiten Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschinen und Beschriften der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger in der Lage ist, eine solche Tätigkeit binnen drei Monaten zu erlernen. Der Kläger hat hinreichende Erfahrung im Umgang mit Computern und Textverarbeitung. Bei der Begutachtung durch Dr. S. hat er angegeben, dass er mehrere Stunden täglich am Computer sitzt, um Beschwerden und Prozesse gegen Ämter vorzubereiten. Dies entspricht auch den vorgelegten Schriftsätzen, die der Kläger selber verfasst hat, die mit Computer geschrieben und hinreichend klar formuliert sind. Eine ausreichende Lernfähigkeit ist schon insoweit anzunehmen, als der Kläger eine Umschulung zum Industrieelektroniker absolviert hat. Bei der psychologischen Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit durch den Psychologen von A. am 21.03.1996 waren die Leistungen des Klägers wie folgt bewertet worden: Mittel im Rechnen, beim logisch schlussfolgernden Denken und bei der manuell zeichnerischen Feinarbeit; knapp durchschnittlich war die Rechtschreibung und das Sprachverständnis. Entsprechend ergab sich auch bei der Arbeitserprobung beim Berufsförderungswerk H. vom 07.04.1997 (Bl. 499 ff. der Rehabilitationsakte), dass aus arbeitsmedizinsicher Sicht Berufe aus kaufmännisch verwaltenden und datenverarbeitenden sowie zeichnerischen Bereichen in Betracht kämen. Insoweit sind die genannten Verweisungsberufe für den Kläger zumutbar.
Somit ist das Urteil des Sozialgerichts Mannheim aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der 1955 geborene Kläger hat den Beruf des Klebeabdichters erlernt (Zeugnis der Industrie und Handelskammer N. vom 30. März 1982 Bl. 155 der Gerichtsakte). Er war zuletzt rentenversicherungspflichtig bis 10.01.1990 beschäftigt bei der Karl G. GmbH (Dachdeckermeister, Max-Born-Straße 10, 68169 M.). Der Betrieb existiert nicht mehr.
Im Jahr 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Die Unterlagen der Beklagten über dieses Verwaltungsverfahren existieren nicht mehr. Der Kläger verfolgte das Begehren auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit im gerichtlichen Verfahren beim Sozialgericht Mannheim (SG) weiter. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 11 RJ 3315/97 geführt. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 22.04.1998 ab. In den Entscheidungsgründen nahm das SG Bezug auf die letzte Beschäftigung des Klägers, in der er in die Lohngruppe IV c eingruppiert gewesen sei, nach der Arbeitnehmer ohne abgeschlossene Berufsausbildung entlohnt würden, die im Dachdeckerhandwerk einfache Arbeiten nach Anweisung ausführen. Eingestuft wurde der Kläger insoweit als angelernter Arbeiter. Die diesbezügliche Arbeitgeberanfrage existiert nicht mehr. Im Tatbestand wird dieses nicht aufgeführt.
Die gegen das Urteil des SG eingelegte Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG, Az. L 8 RJ 2268/98 und L 8 RJ 624/00) nahm der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 04.02.2002 zurück.
Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Ausbildung zum Industrieelektroniker. Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens holte die Beklagte ein psychologisches Gutachten zur Rehabilitationsfähigkeit des Klägers bei dem Diplompsychologen von A. ein. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf Bl. 453 der Rehabilitationsakte verwiesen. Die Ausbildung zum Industrieelektroniker schloss der Kläger am 22.09.1999 mit Erfolg ab. Weiterhin nahm der Kläger vom 11.09.2000 bis 22.12.2000 an einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation in Form einer Aktualisierungsmaßnahme teil. Ziel der Maßnahme war, über die Aktualisierung und Vertiefung berufsspezifischer Kenntnisse sowie ein Betriebspraktikum, die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis zu fördern. Der Kläger nahm nach dem Bericht des Berufsförderungswerks H. vom 13.03.2001 mit guter Motivation an der Maßnahme und dem vermittelten Praktikum teil. Eine berufliche Reintegration gelang jedoch nicht.
Am 19.04.2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung legte er u.a. den Bescheid des Versorgungsamtes Heidelberg vom 27.02.1996 vor, mit dem ihm ab 10.10.1995 ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt worden war. Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte ein am 30.05.2003 für die Bundesanstalt für Arbeit (nunmehr Bundesagentur für Arbeit) erstattetes Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. bei. Dr. B. kam in dem Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine abnorm einfach strukturierte Persönlichkeit mit zusätzlich unreifen, einzelgängerischen, übernachhaltigen Zügen, fehlender Introspektionsfähigkeit, fehlenden Ressourcen zur Konflikt- Problembewältigung und auch fehlender Frustrationstoleranz vorliege. Gleichzeitig würden auch die Ressourcen zur Kompensation und zum Verständnis somatischer wie psychischer Beschwerden fehlen. Wahrscheinlich bestünde weiterhin eine leichte Unterbegabung. Es bestünden rezidivierende Schulter-Arm-Beschwerden links, Brustwirbelsäulenbeschwerden sowie Lendenwirbelsäulenbeschwerden (ohne überdauernde radikuläre Ausfälle, auch ohne Hinweise für eine klinisch überdauernde myelopathische Symptomatik) bei vorbeschriebenen deutlichen Wirbelsäulenveränderungen. Der Kläger könne körperlich nur noch leichte Tätigkeiten, allenfalls in kurzen Spitzen mittelschwer, bei wechselnder Arbeitsposition mehr im Sitzen als im Stehen und nur zu ebener Erde verrichten. Zu empfehlen seien Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung, ohne überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen, eher anspruchslos, ohne besondere Anforderungen an die kritische Reflektion oder rasche Auffassung.
Zur weiteren Aufklärung zog die Beklagte ein nervenärztliches Gutachten von Frau Dr. E. aus einem beim LSG geführten Verfahren aus dem Schwerbehindertenrecht bei. Auf Bl. 215 bis Bl. 231 der Verwaltungsakte wird insoweit verwiesen.
Weiterhin zog die Beklagte ein für das SG erstattetes orthopädisches Gutachten von Prof. Dr. J. bei. Auf Bl. 237 bis 277 der Verwaltungsakte wird verwiesen.
Ergänzend gab die Beklagte ein internistisches Gutachten bei Dr. L. in Auftrag. Dieser diagnostizierte in dem am 25.05.2005 erstatteten Gutachten ein chronisch rezidivierendes Halswirbelsäulenleiden mit Bandscheibenvorwölbungen (HWK 4/5 und HWK 5/6 mit Myelonkompression, ohne Nachweis für eine Myelopathie, ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenvorwölbung medio-lateral links L5/S1 ohne radikuläre Ausfälle, eine abnorm einfach strukturierte Persönlichkeit mit anhaltenden somatischen und psychischen Beschwerden, eine chronische asthmoide Bronchitis bei anhaltendem Nikotinabusus und eine ernährungsverursachte Übergewichtigkeit. Der Kläger könne als Dachabdichter nur noch drei bis sechs Stunden erwerbstätig sein. Hinsichtlich leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr. Nicht mehr zumutbar sei das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 Kilogramm, ständige Überkopfarbeiten, Inhalation von Reizstoffen oder toxischen Dämpfen und unbegrenzte Wegstrecken.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Am 02.02.2010 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte zog zunächst die im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit erstellten ärztlichen Gutachten vom 30.11.2006 sowie 31.03.2008 bei. In beiden von Dr. W. erstatteten Gutachten kam dieser zu dem Ergebnis, dass eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen gegeben sei. Auszuschließen seien nach dem Gutachten vom 31.03.2008 hohe Anforderungen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen, hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz, anhaltende Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, Klettern, Steigen oder Bewegen in unebenem Gelände, Überkopfarbeiten und anhaltendes Armvorhalten, Schichtarbeiten, Absturzgefahr aus großer Höhe und hohe Stressbelastungen.
Weiterhin gab die Beklagte ein orthopädisches Gutachten bei Dr. R. in Auftrag. Dieser diagnostizierte in dem am 12.03.2010 erstatteten Gutachten Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit ohne muskulär statischen Schmerz- und Reizzuständen, ohne neurologische Ausfallserscheinungen (bei Schädigung C4/5 und C5/6), eine Rundrückenfehlhaltung mit muskulär statischen Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule, initiale Abnutzungserscheinungen der unteren Lendenwirbelsäule ohne erkennbare Funktionseinschränkung der Beweglichkeit, ohne Hinweis für einen akuten oder subakuten Reizzustand oder neurologische Ausfallserscheinungen. Weiterhin bestünden initiale Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke ohne Funktionseinschränkung der Beweglichkeit und belastungsabhängig geklagte Schmerz- und Reizzustände der Schultergelenke, ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit und muskulären Leistungsfähigkeit. Auf orthopädischem Fachgebiet sei das Leistungsvermögen des Untersuchten für die zuletzt erlernte Tätigkeit des Dachabdichters (aufgrund der Verschleißveränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, geringgradiger des übrigen Stütz- und Bewegungsapparates) auf unter drei Stunden herabgesunken. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestünde ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Überkopfarbeiten, ohne Rumpfvorneige, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg ohne mechanische Hilfsmittel. Aufgrund des anamnetisch hier angegebenen Asthmas, das bei der Voruntersuchung im Jahr 2005 bestätigt wurde, sollte keine Inhalation von Reizstoffen oder toxischen Dämpfen, wie sie im Rahmen der Dachabdichtung anfallen, abverlangt werden. Eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Hinsichtlich der Tätigkeit des Industrieelektronikers sei die Erwerbsfähigkeit als solche nicht als erheblich gefährdet einzustufen.
Mit Bescheid vom 23.03.2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen erwerbstätig sein könne. Eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sei ebenfalls nicht zu gewähren, da er zwar die Tätigkeit des Dachabdichters nicht mehr ausüben könne, jedoch auf andere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Hiergegen legte der Kläger am 20.04.2010 Widerspruch mit der Begründung ein, dass sich aus dem eingeholten orthopädischen Gutachten kein umfassendes Gesamtbild seines Gesundheitszustandes ableiten lasse. Es solle auf jeden Fall ein Kernspin sowie eine computertomographisches Gutachten eingeholt werden. Da er als vor 1961 Geborener Berufsschutz habe, könne er nur innerhalb der Berufsgruppe auf eine Tätigkeit verwiesen werden, die eine leichtere Tätigkeit wie die des Dachabdichters aufweise. Er habe lange Zeit auf dem Bau verbracht und wisse daher, dass es keine Tätigkeit im Handwerk für ihn gebe, die er noch ausüben könne. Er schaffe es nicht einmal mehr, eine Hecke ohne Pause eine Stunde zu schneiden.
Nach den im Widerspruchsverfahren beigezogenen berufskundlichen Unterlagen handelt es sich bei dem Beruf des Klebeabdichters um einen Ausbildungsberuf, der erstmals 1940 anerkannt und am 01. August 1997 aufgehoben wurde. Abgelöst wurde der Beruf des Klebeabdichters durch den Nachfolgeberuf des Bauwerkabdichters. Bei dem Beruf des Bauwerkabdichters handelt es sich um einen anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz, für den eine dreijährige Ausbildung erforderlich ist. Hinsichtlich der vom Kläger selbst vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung wird auf Bl. 609 f. der Verwaltungsakte verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 wies die Beklage den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass er leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne die Wirbelsäule belastende Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel) über 12 kg, ohne besondere Anforderungen an die Umstellungsfähigkeit, ohne erhöhten Publikumsverkehr und erhöhte Stress- und Belastungsfaktoren sowie ohne Belastung durch Reizstoffe und toxische Dämpfe mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Eine Berufsunfähigkeit, aufgrund der eine teilweise Erwerbsminderungsrente zu bewilligen wäre, liege nicht vor. Aufgrund der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Klebeabdichter, sei er dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Diese Tätigkeit könne er nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dies bedeute jedoch nicht, dass automatisch Berufsunfähigkeit vorliege. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne er auf geeignete Facharbeitertätigkeiten, angelernte Tätigkeiten sowie auf deutlich herausgehobene ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden. Insoweit käme eine Tätigkeit als Magaziner oder Poststellenmitarbeiter in Betracht. Zudem sei er auf jeden Fall auf die umgeschulte Tätigkeit eines Industrieelektronikers verweisbar.
Hiergegen erhob der Kläger am 10.10.2010 Klage zum SG. Zur Begründung legte er u.a. zwei Befundberichte der Neurologin Dr. E. vom 13.05.2003 und 24.02.2011 vor (auf Bl. 24/25 sowie 30/31 der Gerichtsakte wird insoweit verwiesen).
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie H. In dem am 30.06.2011 erstatteten Gutachten diagnostizierte Frau H. eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit querulatorischen Zügen, eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung der Hals- und Lendenwirbelsäule (ohne radikuläre Schädigung), eine asymptomatische Stenose der Arteria carotis interna sowie ein Carpaltunnelsyndrom rechts. Aufgrund der Wirbelsäulenschädigung seien dem Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben oder Tragen von Lasten bis zu 10 kg möglich. Tätigkeiten in überwiegendem Sitzen sowie zeitweiligem Gehen oder Stehen seien möglich, gleichförmige Körperhaltungen, insbesondere gebückte Haltungen und Überkopfarbeiten seien nicht mehr möglich, ebenso wie häufiges Bücken oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten in Nässe oder Kälte. Aufgrund der psychischen Erkrankung bestehe ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden arbeitstäglich aufgrund der Schwere der Störung. Die Frustrationstoleranz sei erheblich reduziert bis aufgehoben. Problemlösendes Denken oder Konfliktlösung sei fast unmöglich. Es komme ohne Überlegung möglicher Konsequenzen zu Gewaltdrohungen und inadäquatem Verhalten. Die geistige Funktion sei beeinträchtigt, da die Ausdauer eingeschränkt, die Flexibilität stark reduziert bis aufgehoben und die Introspektionsfähigkeit sowie Reflektionsfähigkeit sowie das vorausschauende planerische Denken sei sehr eingeschränkt bis unmöglich seien.
Mit Urteil vom 09.12.2011 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 01.02.2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG ist insoweit dem Gutachten von Frau Hartmann gefolgt. Der Kläger sei in ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht mehr integrierbar.
Gegen das ihr am 16.12.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.01.2012 Berufung eingelegt.
Zur Begründung verweist sie auf eine bereits im Klageverfahren abgegebene Stellungnahme von Dr. W. vom 29.07.2011, in der dieser u.a. ausführt, dass selbst wenn man die vorgetragenen Persönlichkeitseigenarten des Klägers als Krankheit qualifizieren wolle, nicht ersichtlich sei, wie im vorliegenden Fall hieraus eine quantitative Leistungseinschränkung resultieren solle. Den verminderten intellektuellen Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen könne durch qualitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit Rechnung getragen werden. Soweit das SG die Auffassung vertrete, dass der Kläger in ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht mehr integrierbar sei, könne dieser Einschätzung nicht gefolgt werden. Weiterhin äußerte die Beklagte Zweifel an ihrer ursprünglichen Einschätzung der Einstufung der letzten Tätigkeit des Klägers als Facharbeiter. Insoweit legte sie die Bekanntmachung des Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe und des Verzeichnisses der zuständigen Stellen vom 30. September 1991 des Bundesanzeigers vor, in dem ausgeführt wird, dass der Beruf des Klebeabdichters seit dem 31.01.1940 anerkannt sei und eine Ausbildungsdauer von 24 Monaten aufweise. Weiterhin verweist sie auf das Urteil des SG vom 22.04.1998 (Az: S 11 RJ 3315/97).
Der Senat hat zunächst versucht, eine Auskunft beim letzten Arbeitgeber des Klägers Herrn Karl G. einzuholen. Da dieser jedoch verstorben ist, konnten nähere Angaben zur letzten Erwerbstätigkeit des Klägers nicht ermittelt werden.
Ferner hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bei Dr. S ... Dieser erstattete zunächst versehentlich ein Gutachten nur nach Aktenlage unter dem 04.03.2013. Auf entsprechenden Hinweis des Senats führte er zwei Untersuchungen am 21.03.2013 und 27.03.2013 durch und erstattete erneut ein Gutachten unter dem 09.04.2013. In diesem kam er zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Zügen vorliege. Diese führe zu Defiziten im Bereich der Affektregulation und der sozialen Kompetenzen. Berufliche Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an die zielgerichtete Gestaltung interpersoneller Kontakte stellen, etwa durch Arbeit mit unmittelbarem Publikumsverkehr, seien aufgrund der Persönlichkeitsstörung auszuschließen. Auch Tätigkeiten mit hoher oder erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte kämen nicht in Frage. Aufgrund der degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates mit chronischen Hals- und Lendenwirbelsäulensyndromen könne der Kläger körperlich schwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 15 kg nicht mehr verrichten. Anhaltende körperlich leichte und vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten (Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg) seien noch möglich. Ausgeschlossen seien auch Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Balancevermögen sowie auf Leitern oder Gerüsten. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie Arbeiten als Magazinmitarbeiter, Poststellenmitarbeiter oder einfacher Pförtner an einer Nebenpforte seien ohne zeitliche Einschränkung möglich.
Der Senat hat unter dem 29.05.2013 darauf hingewiesen, dass ein Facharbeiter auf die Tätigkeit eines Registrators oder Poststellenmitarbeiters verwiesen werden könne. Zudem sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger zuletzt als Facharbeiter beschäftigt gewesen sei. Auf Bl. 138 bis 148 wird verwiesen. Der Kläger hat Einwendungen gegen die Nichtanerkennung des Facharbeiterstatus erhoben und weitere Unterlagen vorgelegt. Auf Bl. 155 bis 164 der Gerichtsakte wird verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09.12.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das angefochtene Urteil des SG ist aufzuheben, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung hat. Die Klage ist in vollem Umfang abzuweisen, da auch ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht gegeben ist.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand März 2013, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.
Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30. September 1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse, auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten ver-wiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.
Gibt ein Versicherter eine nach den o. g. Maßstäben höherwertige Tätigkeit auf, ohne dass hierfür gesundheitliche Gründe vorliegen, und wendet er sich einer anderen Tätigkeit zu, ist diese letztere Tätigkeit bzw. deren Bewertung im Mehrstufenschema Maßstab für die Zumutbarkeit einer sogenannten Verweisungstätigkeit.
Gemessen an den vorstehend aufgeführten Voraussetzungen hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 SGB VI, da er zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich noch verrichten kann. Der Senat folgt insoweit insbesondere dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. S. vom 09.04.2013, der zur Recht ausgeführt hat, dass sich mit den erhobenen Befunden eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht belegen lässt. Aufgrund der zweimaligen Untersuchung des Klägers und der umfangreichen testpsychologischen Diagnostik kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass beim Kläger weder eine somatoforme Schmerzsymptomatik noch eine eigenständige depressive Symptomatik vorliegt. Innerhalb der mehrstündigen Untersuchungssitzungen konnte der Gutachter ein klinisch relevantes kognitives Funktionsdefizit ausschließen. Das intellektuelle Leistungsniveau befand sich im unteren Normbereich. Dies entspricht dem Bildungsgang des Klägers, der sowohl die Lehre zum Klebeabdichter abgeschlossen als auch erfolgreich eine Umschulung zum Industrieelektroniker absolviert hat. Zwar leidet der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und dissozialen Zügen. Dieser Beeinträchtigung kann jedoch durch qualitative Leistungseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Eine Minderung der Arbeitsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht folgt daraus nicht. Im Gegensatz zu der vom SG und der Vorgutachterin Frau H. vertretenen Ansicht führt die Störung nach der Überzeugung des Senats nicht dazu, dass der Kläger nicht mehr zu den in Betrieben üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. S. führt die kombinierte Persönlichkeitsstörung zu Störungen der Affektregulation sowie der sozialen Kompetenzen. Insoweit sind Tätigkeiten, die erhöhte Anforderungen an die zielgerichtete Gestaltung interpersoneller Kontakte stellen (etwa Arbeiten mit unmittelbarem Publikumsverkehr), auszuschließen. Auch Tätigkeiten mit hoher oder erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte kommen aufgrund der Störung der sozialen Kompetenzen und Affektregulation nicht mehr in Frage. Allerdings ist für den Senat nicht nachvollziehbar, warum leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie beispielsweise Zureichen, Sortieren usw. dem Kläger nicht mehr sechs Stunden täglich möglich sein sollen. Die von Dr. S. diagnostizierte Persönlichkeitsstörung besteht nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters bereits seit Jahren und lässt sich bis in die Adoleszenz zurückverfolgen. Eine erhebliche Verschlechterung in den letzten Jahren lässt sich nicht nachweisen. Trotzdem war der Kläger in der Lage, mehrere Jahre beruflich tätig zu sein, eine Ausbildung zum Klebeabdichter zu absolvieren und eine Umschulung abzuschließen. Es bestehen insoweit keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung nicht mehr in einen Betrieb einfügen kann. So beschreibt beispielsweise das Berufsförderungswerk Heidelberg in dem Bericht vom 13.03.2001 über die Aktualisierungsmaßnahme des Klägers vom 11.09.2000 bis 22.12.2000, dass der Kläger im Verlauf der Maßnahme eine gute Motivation zeigte, seine Kenntnisse zu erweitern und dies durch regelmäßige Mitarbeit unterstrich. Die Praktikumseinheit wurde bei der Firma R. in W. absolviert und bestand in der Mithilfe bei leichten Montage- und Verpackungsarbeiten. Die Rückmeldung der Firma war positiv. Der Kläger arbeitete zuverlässig und kam stets pünktlich zur Arbeitsaufnahme. Hinweise darauf, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sein soll, sich in einen Betrieb zu integrieren, bestehen insoweit nicht. Gestützt wird diese Auffassung durch das im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit erstattete Gutachten von Dr. B. vom 21.01.2003. Auch Dr. B. ging in seinem Gutachten davon aus, dass beim Kläger unreife, einzelgängerische, übernachhaltige Züge bestünden. Es bestehe ein fehlende Introspektionsfähigkeit, fehlende Ressourcen zur Konflikt-Problembewältigung und auch fehlende Frustrationstoleranz bei gleichzeitig fehlenden Ressourcen zur Kompensation und zum Verständnis somatischer und psychischer Beschwerden. Die Auffälligkeiten in der Persönlichkeit des Klägers wurden also auch in diesem Gutachten beschrieben. Trotzdem ging Dr. B. davon aus, dass der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten (überwiegend im Sitzen ohne Zeitdruck, ohne nervöse Anspannung und überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktion sowie ohne besondere Anforderungen an die kritische Reflexion und rasche Auffassung) noch ausüben könne. Nicht gefolgt ist der Senat dem Gutachten der Nervenärztin H. vom 30.06.2011. Das Gutachten ist insoweit nicht schlüssig, als die Gutachterin davon ausgeht, dass der psychische Zustand des Klägers auch in sehr alten Unterlagen schon ähnlich beschrieben wird wie heute (vgl. Beweisfrage Nr. 3). Sie setzt sich jedoch nicht damit auseinander, weshalb die früher aufgrund seines Lebenslaufs eindeutig vorhandene Erwerbsfähigkeit des Klägers nunmehr auf unter drei Stunden täglich gesunken sein soll.
Soweit der Kläger an Funktionsbeeinträchtigungen auf dem orthopädischen Fachgebiet leidet, führt dies ebenfalls nicht zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. R. vom 12.03.2010 leidet der Kläger an einer Verschleißveränderung der Halswirbelsäule mit endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit und muskulär statischen Schmerz- und Reizzuständen ohne neurologische Ausfallserscheinungen bei Schädigung der HWK C4/5 und C5/6, einer Rundrückenfehlhaltung mit muskulär statischen Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule, initialen Abnutzungserscheinungen der unteren Lendenwirbelsäule ohne erkennbare Funktionseinschränkung der Beweglichkeit, ohne Hinweis für einen akuten und subakuten Reizzustand oder neurologische Ausfallserscheinungen. Weiterhin bestehen initiale Abnutzungserscheinungen beider Hüftgelenke ohne Einschränkungen der Beweglichkeit und belastungsabhängig geklagte Schmerz- und Reizzustände der Schultergelenke, ebenfalls ohne relevante Einschränkung der Beweglichkeit und muskulären Leistungsfähigkeit. Insoweit ist die Leistungseinschätzung von Dr. R., dass der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, trotz der orthopädischen Beeinträchtigungen noch mindestens sechs Stunden täglich durchführen kann, nachvollziehbar. Den Gesundheitsstörungen kann durch qualitative Leistungseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen werden. Sie stehen jedoch einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich in leichten Tätigkeiten nicht entgegen. Zu vermeiden sind Wirbelsäulenzwangshaltungen, regelmäßige Überkopfarbeiten, Rumpfvorneigungen, das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg ohne mechanische Hilfsmittel. Aufgrund des anamnetisch vorliegenden Asthmas sollte keine Inhalation von Reizstoffen und toxischen Dämpfen erfolgen. Diese Leistungseinschätzung entspricht den erhobenen Befunden. Sowohl die Brust- als auch die Lendenwirbelsäule waren in ihrer Entfaltbarkeit nicht eingeschränkt (Ott 30/32 cm, Schober 10/15 cm). Der Fingerbodenabstand war mit 23 cm unauffällig. Die Wiederaufrichtung erfolgte flüssig. Es bestand eine endgradige Einschränkung in der Reklination. Im Langsitz konnten die Fingerspitzen bis auf 17 cm an die Großzehen heran erreicht werden und die Seitwärtsdrehung im Sitzen war bis 30 Grad möglich. Auch im Bereich der Schultergelenke bestehen keine erheblichen Einschränkungen. Der Arm konnte sowohl seitwärts als auch vorwärts auf beiden Seiten bis 160 Grad gehoben werden. Die Seitanhebung beidseits war endgradig schmerzhaft, aber nicht behindert. Die übrigen Bewegungsaufschläge waren frei, einschließlich der Drehbewegungen, Nacken- und Kreuzgriff waren durchführbar. Auch im Bereich der Hüftgelenke bestand mit einer Streckung und Beugung von 0-0-115 beidseits keine erhebliche Einschränkung. Die Kniegelenke waren frei beweglich.
Eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers liegt nicht vor. Dies wird sowohl von dem orthopädischen Gutachter Dr. R. als auch von Dr. S. bestätigt. Der Kläger konnte bei der Begutachtung durch Dr. S. den Weg vom Parkplatz vom Untersuchungsraum (ca. 400 Meter phasenweise leicht bergan) zurücklegen, so dass keine Zweifel daran bestehen, dass er werktäglich einen Arbeitsweg von viermal 500 Meter zu Fuß jeweils weniger als 20 Minuten zurücklegen kann. Es bestehen auch keine körperlichen Funktionseinschränkungen, aus denen ein entsprechendes Mobilitätsdefizit resultieren könnte.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (vgl. § 240 Abs. 1, 2 SGB VI) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Zuordnung der letzten beruflichen Tätigkeit des Klägers ist schwierig, da die letzten Arbeitgeber des Klägers nicht mehr existieren und entsprechende objektive Informationen hinsichtlich der Arbeitsplatzbeschreibung und insbesondere der tariflichen Einordnung der letzten Tätigkeit nicht verfügbar sind. Entscheidend für die Zuordnung ist insoweit nicht nur der formale Bildungsabschluss, sondern auch die letzte Tätigkeit. Gelernt hat der Kläger den Beruf des Klebeabdichters (Prüfungszeugnis der IHK N. vom 30. März 1982). Im Hinblick darauf, dass der Klebeabdichter eine 24-monatige Ausbildungszeit voraussetzte, wäre dieses Berufsbild grundsätzlich dem Bereich des oberen Angelernten zuzuordnen. Da der Ausbildungsberuf des Klebeabdichters seit 1997 vom Nachfolgeberuf des Bauwerksabdichters abgelöst worden ist und es sich hierbei um eine dreijährige Ausbildung handelt (vgl. 603 ff der Verwaltungsakte), wäre vorliegend die Einordnung der letzten beruflichen Tätigkeit des Klägers als Facharbeitertätigkeit nicht ausgeschlossen, wenn eine dem entsprechende Erwerbstätigkeit nachgewiesen ist. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da selbst wenn man vorliegend von einer Facharbeitertätigkeit ausgeht, der Kläger sowohl auf den Beruf des Registrators als auch den des Poststellenmitarbeiters verwiesen werden kann. Nach den vom Senat in das vorliegende Verfahren eingeführten Urteilen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2012 (Az: L 13 R 4924/09 und Az: L 13 R 6087/09) handelt es sich sowohl bei einer Tätigkeit des Registrators als auch der Poststellenmitarbeiters um eine einem Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in den zitierten Urteilen, denen er sich aus eigener Überzeugung anschließt. Die benannten Verweisungstätigkeiten sind dem Kläger auch im Hinblick auf seine gesundheitlichen Einschränkungen zumutbar. Bei der Tätigkeit des Poststellenmitarbeiters handelt es sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist möglich. Ausreichend sind durchschnittliche Lese- und Schreibkenntnisse. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentliche Lasten über 10 kg gehoben und getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch zumindest in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit einer Poststelle. Der Kläger wird danach mit dem ihm verbL.nen Restleistungsvermögen und dem gesundheitlichen Belastungsprofil der in Rede stehenden Verweisungstätigkeit gerecht. Der Kläger kann, wie bereits ausgeführt, leichte bis vorübergehend mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie zeitweilig im Gehen oder Stehen, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne das Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg (ohne mechanische Hilfsmittel) sowie ohne Belastung mit Reizstoffen und toxischen Dämpfen noch ausüben. Die Arbeit in der Poststelle wird dem gerecht. Sie stellt weder erhöhte Anforderungen an das Balancevermögen noch an die Affektregulation sowie die sozialen Kompetenzen. Publikumsverkehr ist in der Tätigkeit nicht gegeben. Es besteht auch keine hohe oder erhöhte Verantwortung für Personen oder Sachwerte. Entsprechendes gilt auch für die Tätigkeit des Registrators, die ebenfalls dem Restleistungsvermögen des Klägers entspricht. Hierbei handelt es sich um eine Arbeit im Sitzen, die auch im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen erbracht wird. Es sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten. Schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig, ggf. müssen Aktenstücke bis 10 kg getragen werden. Besondere psychische Belastungen kommen nicht vor (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2012, - L 13 R 6087/09 -). Beide Tätigkeiten kann der Kläger auch binnen drei Monaten erlernen. In den bereits zitierten Urteilen wird schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten innerhalb von drei Monaten sowohl für den Beruf des Registrators als auch den des Poststellenmitarbeiters erworben werden können. Die Tätigkeit des Registrators nach der Endgeltgruppe 3, auf die der Kläger verwiesen werden könnte, umfasst das Vergeben von Aktenzeichen entsprechend geltenden Aktenplänen und Nummern, das Anlegen von Neuakten, das Beachten von Aktenordnungen sowie die Aussonderung von Altakten. Zu beachten ist die Einhaltung von Aufbewahrungsfristen. Um elektronische Informationen zu archivieren, verwenden Registratoren elektronische Archivsysteme, in denen Dokumente schnell wieder gefunden werden können. Im Bereich der Aktenhaltung und Registratur sind sie außerdem für die Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeiten zuständig. Die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters umfasst die Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost sowie der Hauspost, die Entgegennahme des Inhalts von Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels bzw. Eingangs- und Weiterleitungsvermerks, das Anklammern der Anlagen, das Auszeichnen, Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle und in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen. Daneben bereiten Poststellenmitarbeiter die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falzen und Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschinen und Beschriften der ausgehenden Aktenpost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger in der Lage ist, eine solche Tätigkeit binnen drei Monaten zu erlernen. Der Kläger hat hinreichende Erfahrung im Umgang mit Computern und Textverarbeitung. Bei der Begutachtung durch Dr. S. hat er angegeben, dass er mehrere Stunden täglich am Computer sitzt, um Beschwerden und Prozesse gegen Ämter vorzubereiten. Dies entspricht auch den vorgelegten Schriftsätzen, die der Kläger selber verfasst hat, die mit Computer geschrieben und hinreichend klar formuliert sind. Eine ausreichende Lernfähigkeit ist schon insoweit anzunehmen, als der Kläger eine Umschulung zum Industrieelektroniker absolviert hat. Bei der psychologischen Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit durch den Psychologen von A. am 21.03.1996 waren die Leistungen des Klägers wie folgt bewertet worden: Mittel im Rechnen, beim logisch schlussfolgernden Denken und bei der manuell zeichnerischen Feinarbeit; knapp durchschnittlich war die Rechtschreibung und das Sprachverständnis. Entsprechend ergab sich auch bei der Arbeitserprobung beim Berufsförderungswerk H. vom 07.04.1997 (Bl. 499 ff. der Rehabilitationsakte), dass aus arbeitsmedizinsicher Sicht Berufe aus kaufmännisch verwaltenden und datenverarbeitenden sowie zeichnerischen Bereichen in Betracht kämen. Insoweit sind die genannten Verweisungsberufe für den Kläger zumutbar.
Somit ist das Urteil des Sozialgerichts Mannheim aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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