Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 1733/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 2688/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Hauterkrankung der Klägerin als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten- Verordnung (BKV) streitig.
Die am 29.04.1964 geborene Klägerin durchlief von 1980 - 1982 erfolgreich eine Ausbildung zur Medizinisch Technischen Assistentin (MTA) und war sodann in diesem Beruf tätig. Ab Herbst 1986 war sie als MTA in der Pathologie des K. S. tätig. Sie hatte dabei Umgang mit infektiösen Gewebeproben und mit Gefahrstoffen und musste deshalb während der gesamten Arbeitszeit Handschuhe tragen. Unter dem 15.08.2008 zeigte Dr. A. vom ärztlichen Dienst der Landeshauptstadt S., Fachärztin für Allgemeinmedizin, gegenüber der Beklagten den Verdacht auf eine BK nach Nr. 5101 der BKV bei der Klägerin an. Im Frühjahr 2008 sei bei der Klägerin ein toxisch Kontaktekzem beider Hände und Handgelenke aufgetreten. Aufgrund der Tätigkeit in der Pathologie und der hiermit verbundenen Notwendigkeit, Feuchtarbeit zu verrichten, sei die Klägerin auf Handschuhe angewiesen. Die Klägerin führte auf Anfrage der Beklagten hierzu im Fragebogen vom 09.10.2008 aus, sie müsse zu 90 % ihrer Arbeitszeit wegen des Kontakts zu potentiell infektiösem Material Handschuhe tragen. Ohne diese sei es nicht möglich, ihre Tätigkeit weiterhin auszuüben. Der die Klägerin behandelnde Hautarzt Bartz berichtete unter dem 23.10.2008, dass bei der Klägerin an beiden Händen ein hyperkeratotisch rhagadiformes Handekzem vorliege, das im Urlaub völlig abgeklungen und nach Arbeitsaufnahme erneut aufgetreten sei. Nachdem die Klägerin zwischenzeitlich eine Tätigkeit im Archiv zugewiesen wurde, berichtete der Hautarzt Bartz mit Schreiben vom 07.11.2008, dass mit der Tätigkeitsverlagerung eine Befundverbesserung eingetreten sei; es sei ein leichter Rückgang der Keratosen und Erytheme zu verzeichnen. Untersuchungen hätten eine direkte Kontaktallergie auf Standardallergene nicht bestätigt. Er empfehle eine Verlagerung des Tätigkeitsschwerpunkts. Diese Empfehlungen wurden von Dr. A. in dem von ihr vorgelegten Erhebungsbogen vom 02.12.2008 bestätigt. Nachdem der Hautarzt B. unter dem 22.12.2008, dem 30.01.2009, dem 06.03.2009 und dem 28.04.2009 weitere Hautarztberichte vorlegte, in denen er von weiter persitierenden Erythemen berichtete, erstattete Dr. B., Hautarzt/Allergologe/Phlebologe, unter dem 16.06.2009 auf Veranlassung der Beklagten ein Fachgutachten auf dermatologischen Gebiet über die Klägerin. Dr. B. diagnostizierte ein beruflich durch subtoxisch kumulative Einwirkungen provoziertes atopisches Handekzem sowie eine atopische Diathese (Baumpollensensibilisierungen). Die Hauterscheinungen seien mäßig bis gering ausgeprägt. Durch den Nachweis einer Sensibilisierungen sei eine atopische Disposition bei der Klägerin belegt. Die an den Handknöcheln und Fingerknöcheln lokalisierten Hautveränderungen seien typisch für ein Handekzem subtoxisch kumulativer Genese. Auch die ärztlich festgestellten Erytheme und Hyperkeratosen passten gut zu einem Handekzem subtoxisch kumulativer Genese. Die Tätigkeit als MTA beinhalte bei voller Ausübung aller Tätigkeiten, die dem Berufsbild entsprächen, zwingend das mehrstündige Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen, was dazu führe, dass von Feuchtarbeit auszugehen sei. Bei den jetzt noch bestehenden Ekzemerscheinungen dürfte es sich, so Dr. B., um ein atopisches Handekzem handeln, das primär durch die berufliche Feuchtarbeit provoziert worden sei und daher als Folge der beruflichen Tätigkeit gewertet werden müsse. Es sei davon auszugehen, dass bei stärkeren subtoxisch kumulativen Einwirkungen, insbesondere durch das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen, rasch wieder eine Verschlechterung der Ekzemerscheinungen eintreten werde. Trotz Ausschöpfung aller möglichen Hautschutzmaßnahmen sei es bei der Klägerin nicht gelungen, eine vollständige Abheilung zu erreichen. Da bei einer Wiederaufnahme der vollumfänglichen Tätigkeit als MTA in erheblichem Maße die Gefahr der Verschlimmerung der Hauterkrankung bestehe, sei bei der Klägerin der Zwang zur Unterlassung der schädigenden Tätigkeiten gegeben. Es handele sich auch um eine schwere Hauterkrankung im Sinne der BK Nr. 5101 der BKV. Als Folge der BK liege ein persistierendes atopisches Handekzem als Folge des primär verursachten subtoxisch kumulativen Ekzems vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde mit 15 v.H. eingeschätzt, da die leichten bis mittleren Hauterscheinungen nicht ausschließlich unmittelbare Folge einer irritativen Schädigung, sondern zu einem erheblichen Teil durch die atopische Diathese auch anlagebedingt seien.
Am 04.03.2009 wurde von der Beklagten eine Vor-Ort-Ermittlung im K. S. in Anwesenheit der Klägerin sowie der Betriebsärztin Dr. A. durchgeführt.
Auf Veranlassung der Beklagten gab der Hautarzt und Allergologe Dr. W. unter dem 10.07.2009 eine fachärztlich-dermatologische Stellungnahme nach Aktenlage ab, in der dieser ausführte, dass aufgrund des Verlaufes vieles für eine durch die berufliche Tätigkeit ausgelöste Hautschädigung (Occlusiveffekt - Abdichtung der äußeren Schicht der Oberhaut -) spreche. Die Hauterkrankung sei mit einer Verlaufsdauer von mehr als einem Jahr als schwer anzusehen. Das Persistieren nach Ende der beruflichen Hautschädigung sei ein Phänomen, das öfter feststellbar sei. Dem liege zugrunde, dass die Hauterscheinungen durch die berufliche Hautschädigung angestoßen und mit Wahrscheinlichkeit ohne diese nicht zustande gekommen wären. Die Atopie führe dann zu einem Weiterlaufen der Hauterscheinungen auch ohne die berufliche Hautschädigung. Da es ohne die berufliche Vorschädigung mit Wahrscheinlichkeit nicht zur Entwicklung der Handekzeme gekommen wäre, seien die weiterbestehenden Ekzeme als Folge der beruflichen Hautschädigung anzusehen. Als Diagnose sei bei der Klägerin ein kumulativ-toxisches Handekzem auf dem Boden einer atopischen Diathese gegeben. Die beruflichen Schadeinwirkungen hätten dabei zu einer richtungsweisenden Verschlechterung geführt. Aufgrund des Verlaufs lasse sich nicht erkennen, dass objektiv ein Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit vorgelegen habe. Dies sei im Übrigen nicht objektivierbar. Der ganze Verlauf zeige ein gering bis mäßig ausgeprägtes Handekzem, bei welchem lediglich Kortisonsalben zur Anwendung gekommen seien. Damit seien wesentliche Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, z.B. die lokale Lichttherapie. Insoweit seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der BKV nicht gegeben.
Dr. W., staatliche Gewerbeärztin beim Regierungspräsidium Stuttgart, führte nach Einschaltung durch die Beklagte am 16.09.2009 aus, dass die Erkrankung der Klägerin zwar berufsbedingt sei, eine BK aber nicht anerkannt werden könne, da die schädigende Tätigkeit bisher nicht aufgegeben worden sei. Dr. W. wies darauf hin, dass die hautpräventiven Maßnahmen nach dem Akteninhalt ausgeschöpft seien und seit dem 27.03.2009 durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestehe, womit die Schwere der Hauterkrankung dokumentiert sei. Die in der dermatologischen Stellungnahme vorgeschlagenen intensiveren Therapien (PUVA oder UVA- Bestrahlungen) stünden nach der Literaturmeinung in Verdacht, krebsauslösend zu sein, so dass keine Duldungspflicht bestehe.
Mit Bescheid vom 22.10.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der BKV ab. Zur Begründung stellte sie darauf ab, dass sich aufgrund des Verlaufs nicht erkennen lasse, dass objektiv ein Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit bestehe. Vielmehr seien erneute Arbeitsversuche unter intensiver Therapie und optimierten Hautschutzmaßnahmen (Hautschutzseminar) angezeigt. Daneben komme auch die Gewährung von vorbeugenden medizinischen Maßnahmen (ambulante Heilbehandlung) in Betracht. Die Beklagte stützte sich dabei auf das Gutachten von Dr. B. sowie die Stellungnahme von Dr. W ...
Hiergegen erhob die Klägerin am 30.10.2009 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vorbrachte, die Behandlungsmöglichkeiten seien voll ausgeschöpft. Es bestehe ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit. Sie habe die Tätigkeit am 01.11.2008 infolge des Persistierens der Hauterkrankung aufgegeben. Bei ihr bestehe eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Klägerin am 06.11.2009 teilte diese mit, sie werde keinen neuerlichen Arbeitsversuch unternehmen. Bei ihr seien bereits mehr als zehn verschiedene Salben und unterschiedlichste Handschuhe angewandt worden, um die Hauterscheinungen in den Griff zu bekommen. Ihr behandelnder Hautarzt sowie die Arbeitsmedizinerin im K. seien der Überzeugung, dass sie ihre Tätigkeit zwingend aufgeben müsse.
Die Beklagte holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Hautarztes Dr. W. ein, der sich am 07.01.2010 dahingehend äußerte, er empfehle deshalb erneute Arbeitsversuche, weil klinisch kein schwerer Erkrankungsverlauf vorliege, der in der Vergangenheit objektiv zur dauerhaften Unterlassung aller schädigenden Tätigkeiten gezwungen habe. Tatsächlich seien auch nicht alle Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft worden, weder Protopic, noch Leitungswasseriontophorese, noch eine ggf. indizierte Toctinobehandlung seien durchgeführt worden. Auch ein zumutbares Hautschutzseminar habe die Klägerin bisher nicht absolviert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Klägerin seien unter intensiver Therapie und bei konsequenter Anwendung optimierter Hautschutzmaßnahmen ein erneute Arbeitsversuche und ein Hautschutzseminar angezeigt und zumutbar. Insoweit seien die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft, so dass kein Zwang zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit bestehe. Auch liege keine schwere Hauterkrankung vor, weil der klinische Erkrankungsverlauf lediglich leichte bis mittelschwere Hautbefunde aufgewiesen habe und lediglich einmal eine zweiwöchige Krankmeldung erforderlich geworden sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.03.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat, bei ihr hätten sich im Februar 2008 ohne weitere Vorerkrankungen erste starke Hautveränderungen an den Händen gezeigt, die sich zunächst im Urlaub 2008 zurückgebildet hätten, jedoch trotz Hautschutzmaßnahmen sodann wieder aufgetreten wären. Sie habe zuvor im arbeitstäglich Umfang von 3,5 Stunden Handschuhe, zunächst solche mit Latex, später Nitrilhandschuhe getragen. Sie hat ferner auf die Feststellungen und Beurteilungen der Betriebsärztin Dr. A., des behandelnden Hautarztes B. sowie der gutachtlichen Ausführungen von Dr. B., wonach bei ihr alle Voraussetzungen für die Anerkennung der streitigen BK gegeben seien, verwiesen. Dr. B. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass die Erkrankung durch das mehrstündige Tragen von Handschuhen ausgelöst worden sei. Die Einschätzung, es seien weitere Arbeitsversuche angezeigt, widerspreche dem Krankheitsverlauf. Sie habe ab dem 01.11.2008 auch tatsächlich die schädigenden Tätigkeiten und Verrichtungen eingestellt; von den ursprünglich sieben Tätigkeitsbereichen, der Anfertigung von Zell- und Gewebeprobe, der Assistenz beim Zuschneiden großer Gewebepräparaten, dem Verpacken kleinerer Gewebeproben, dem Vorbereitung nativer Gewebsflüssigkeiten, dem Herstellen von Schnellschnitten, dem Färben von Gewebeschnitten und dem Herstellen von Gewebeschnitten, verrichte sie nur noch letztere, da das vom ihr zu bearbeitende Material in diesem Stadium nicht mehr infektiös sei. Dr. B. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass die Erkrankung durch das mehrstündige Tragen von Handschuhen ausgelöst worden sei. Ergänzend hat die Klägerin einen Arztbrief der behandelnden Hautärzte Dres. S. und T. vom 10.08.2010 vorgelegt, wonach nach zügiger Aufgabe der durch Handschuhe und Chemikalien verursachten hautreizenden Tätigkeit als MTA mit interner Arbeitsumstellung u.a. in den Verwaltungsbereich, anfänglich mit externen Kortikoiden über wenige Wochen, später nur mit reiner Pflege, eine deutliche Besserung bis zur fast vollständigen aktuellen Abheilung habe erreicht werden können. Aufgrund des derzeitigen, sehr diskreten Hautbefundes würden mit Ausnahme von Hautpflegemaßnahmen keine weiteren Therapien (wie PUVA, Iontophorese, UV Phototherapie, Protopic) empfohlen.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu betont, neuerliche Arbeitsversuche unter optimierten Hautschutzmaßnahmen seien angezeigt und der Klägerin auch zumutbar. Von einem Aufgabezwang könne dann nicht ausgegangen werden, wenn andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, durch die sichergestellt werden könne, dass die Tätigkeit weiter ausgeübt werden könne. Bei der Klägerin seien bis zum Arbeitsplatzwechsel am 01.11.2008 ausschließlich Kortisonsalben zur Anwendung gekommen. Ein der Klägerin angebotenes Hautschutzseminar habe diese nicht wahrgenommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2011 hat das SG Dr. A. persönlich als Zeugin einvernommen. Diese hat bestätigt, dass die Klägerin zum 01.11.2008 die Tätigkeiten, bei denen sie Handschuhe tragen müsse, aufgegeben habe. Zuvor seien, so Dr. A., verschiedene hautschützende Maßnahmen ergriffen worden, um die Hauterscheinungen an den Händen zu minimieren. Diese hätten jedoch keinen ausreichenden Erfolg gezeigt. Aus ihrer Sicht seien Behandlungsoptimierungen nicht mehr möglich gewesen; die Klägerin habe bereits Nitrilhandschuhe getragen, habe nach dem Hautschutzplan des K. gearbeitet und habe die hautfreundlichen Desinfektionsmittel genutzt. Die Klägerin habe vorbildlich mitgearbeitet, eine eigentlich hautärztliche Behandlung habe jedoch nicht stattgefunden. Aus ihrer, der Zeugin, Sicht bestünden keine weiteren sinnvollen Behandlungsmöglichkeiten.
Mit Urteil vom 11.05.2011 hat das SG den Bescheid der Beklagten aufgehoben und die Beklagte - antragsgemäß - verurteilt, die Hauterkrankung der Klägerin als BK nach Nr. 5101 der BKV anzuerkennen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass bei der Klägerin eine schwere Erkrankung im Sinne der BK Nr. 5101 der BKV vorliege. Die Erkrankung habe längere Zeit ununterbrochen bestanden und sei behandlungsbedürftig gewesen. In der Person der Klägerin habe auch ein objektiver Zwang zur Aufgabe der hautschädigenden Tätigkeit im K. S. bestanden. Hierbei sei der Zwang zur Aufgabe einzelner Tätigkeiten, unabhängig von ihrer Wertigkeit für die Gesamtheit aller Verrichtungen, ausreichend. Die Klägerin habe, wie von der Zeugin Dr. A. bestätigt worden sei, zum 01.11.2008 alle Tätigkeiten aufgeben müssen, bei denen sie Schutzhandschuhe tragen musste und diese auch tatsächlich aufgegeben. Dies sei notwendig gewesen, weil zuvor beim Tragen von Schutzhandschuhen, auch bei Nutzung von Unterziehhandschuhen aus Baumwolle bzw. von Schutzmaßnahmen mit Salben, immer wieder Handekzemserscheinungen aufgetreten seien. Damit stehe, so das SG, fest, dass auch durch geeignete Schutzmaßnahmen der Aufgabe der schädigenden Tätigkeiten nicht wirksam zu begegnen gewesen sei. Die Zeugin und die behandelnden Ärzte hätten, ebenso wie Dr. B. in seinem Gutachten vom 16.06.2009, bestätigt, dass alle sinnvollen und zweckmäßigen Hautschutzmaßnahmen, mit Ausnahme des Besuchs eines Hautschutzseminars sowie einer stationären Behandlung durchgeführt worden seien. Ergänzend habe die Zeugin angegeben, dass im K. S. ein sehr guter und bewährter Hautschutzplan existiere, der von der Klägerin vorbildlich eingehalten worden sei. Auf ein Hautschutzseminar und/oder eine stationäre Behandlung könne die Klägerin als versierte MTA, beschäftigt in einem Krankenhaus, überwacht durch einen qualifizierten Arbeitsmedizinischen Dienst, behandelt mit verschiedenen Hautschutzsalben, unter Geltung eines Hautschutzplans, bei Vorhandensein von geeigneten Desinfektionsmitteln und Nitrilhandschuhen, nicht verwiesen werden. Das Tatbestandsmerkmal des objektiven Unterlassungszwangs sei nach seinem Sinn und Zweck einschränkend auszulegen, was dazu führe, dass das Verlangen nach Aufgabe der Berufstätigkeit dann unverhältnismäßig sei, wenn dies weder zur Ausgrenzung von Bagatellerkrankungen noch zur Vermeidung weiterer Gesundheitsschäden erforderlich sei. Eine Ausnahme vom grundsätzlich zu fordernden objektiven Unterlassungszwang sei hiernach dann anzunehmen, wenn der Erkrankte möglicherweise unter Präventionsmaßnahmen weiterarbeiten könnte, seinen Arbeitsplatz aber aufgebe. Nachdem im Fall der Klägerin die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen dazu geführt hätten, dass die Hauterscheinungen, die bei der Klägerin auf einer beruflichen und einer anlagebedingten Komponente beruhten, weitgehend und dauerhaft abgeklungen seien, seien die teilweise von Dr. W. vorgeschlagenen, noch nicht durchgeführten Behandlungsmaßnahmen, die von der Gewerbeärztin Fr. Dr. W. als teilweise krebserregend und nicht duldungspflichtig bezeichnet worden seien, nicht geeignet, als zulässige Abhilfemaßnahmen die Anerkennung der BK bei der Klägerin auszuschließen.
Gegen das am 01.06.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.06.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, der Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit sei solange nicht gegeben, solange andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, durch die sichergestellt werde, dass der Betreffende die Tätigkeit weiter ausüben könne. Als solche Möglichkeiten seien zwar organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen ergriffen worden, anders als es das SG angenommen habe, seien jedoch auch gesundheitspädagogische Maßnahmen wie die Teilnahme an einem Hautschutzseminar, angezeigt gewesen. Dieses ziele darauf ab, den Gesundheitszustand der Klägerin zu stabilisieren. Auch habe das SG weitere Behandlungsmaßnahmen wie die PUVA, Protopic, Leistungswasserontophorese, die Behandlung mit Toctino oder ein stationäres Heilverfahren außer Betracht gelassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Antrages unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, das SG habe zutreffend entschieden. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Maßnahmen hätten keinerlei Therapiezweck gehabt. Zuletzt hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 mitgeteilt, dass sie aktuell in der MTA- Ausbildung tätig sei; eine (Haut-) Gefährdung bestehe hierbei nicht. Eine Lasertherapie sei nie als Behandlungsalternative diskutiert worden.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalt Dr. G., Hautarzt, schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. Dieser hat unter dem 07.05.2012 mitgeteilt, dass eine Licht- oder eine Lasertherapie so wie die Behandlung mit Toctino und Protopic als Behandlungsalternativen bestehen. Die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolges lasse sich nicht einschätzen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei Beklagten für die Kläger geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung (vgl. § 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt; sie ist zulässig. Sie führt jedoch für die berufungsführende Beklagte nicht zum Erfolg; das SG hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2010 verurteilt, eine BK nach Nr. 5101 der BKV anzuerkennen.
Versicherungsfälle im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und BKen (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 (SGB VII) begründenden Tätigkeiten erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der BKV solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BK auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Von der vorliegend einzig streitigen BK nach Nr. 5101 der BKV werden schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeit gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, erfasst. Nach dem Tatbestand der BK Nr. 5101 der BKV muss der Versicherte auf Grund einer versicherten Tätigkeit eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung haben. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine Hauterkrankung entstanden sein (und noch bestehen). Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Hieraus folgt, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben müssen (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, d.h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - veröffentlicht in juris).
Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit grundsätzlich tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK nach Nr. 5101 der BKV nicht vor.
Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. B. vom 16.06.2009, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises nach § 202 SGG i.V.m. § 411a Zivilprozessordnung verwertet (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 128, Rn. 7f) und der übereinstimmenden Diagnose des behandelnden Hautarztes Bartz steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin an einem atopischen Handekzem leidet. Die Hauterkrankung ist auch durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin im Sinne einer rechtlich wesentlichen Mitwirkung beruflicher Einwirkungen verursacht worden. Der Senat folgt auch insofern der nachvollziehbaren und schlüssig begründeten Einschätzung von Dr. B ... Zur Überzeugung des Senats handelt es sich bei dem atopischen Ekzem um eine schwere Erkrankung i.S.d. BK Nr. 5101 der BKV. Dies gilt auch dann, wenn die Hauterscheinungen an den Händen der Klägerin, wie Dr. Bühler in seinem Gutachten ausgeführt hat, nur leicht und gering ausgeprägt waren, weil die Erkrankung längere Zeit ununterbrochen bestanden hat und behandlungsbedürftig gewesen ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., 2010, S. 872 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Das in Nr. 5101 der BKV ferner vorausgesetzte besondere versicherungsrechtliche Tatbestandsmerkmal des Zwangs zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten hat zwei Funktionen: Zum einen soll damit eine typisierende Festlegung des Schweregrades der Krankheit erfolgen, um Bagatellerkrankungen, auch wenn sie kausal auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, von einer Anerkennung und Entschädigung als BK auszuschließen. Vor allem aber soll ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz verhindert und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungspflicht verhütet werden. Der zuletzt genannte Zweck wird nicht nur dann erreicht, wenn der Versicherte seine Berufstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden kann und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit durch Fortsetzung der Berufstätigkeit nicht mehr droht (BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 5/03 R - veröffentlicht in juris).
Der Zwang zum Unterlassen der schädigenden Tätigkeit muss objektiv vorgelegen haben. Hierfür ist eine nachträgliche objektive Betrachtungsweise maßgeblich. Diese objektive Notwendigkeit des Unterlassens setzt nicht eine faktische Unmöglichkeit der weiteren Ausübung der Tätigkeit voraus, ausreichend ist, dass eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit wegen der schon eingetretenen Gesundheitsstörung oder wegen der Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit aus medizinischer Sicht nicht verantwortet werden kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg; Urteil vom 16.08.2005 - L 2 U 7/04 - veröffentlicht in juris). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, solange andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, durch die sichergestellt werden kann, dass der Betreffende die Tätigkeit weiter ausüben kann. Als solche Möglichkeiten sind insb. Maßnahmen nach § 3 BKV vorrangig, da die Unfallversicherungsträger der Gefahr, dass ein BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert mit allen geeigneten Mittel entgegenzuwirken haben (§ 3 Abs. 1 BKV). Als geeignete Maßnahmen sind hierbei technische und organisatorische Maßnahmen, die darauf abzielen, durch Veränderung der Arbeitsabläufe oder Arbeitsweisen die Gefahr der Aussetzung bzw. des Kontakts mit schädigenden Stoffen zu beseitigen (z.B. Schutzvorrichtungen und das Ersetzen des gefährdenden Stoffes), persönliche, am Körper zu tragende Hilfsmittel, die den Kontakt mit schädigenden Einwirkungen verhindern oder auf ein ungefährliches Maß reduzieren (Schutzbekleidung u.ä.), medizinische Maßnahmen, die darauf abzielen, durch vorbeugende, ambulante oder stationäre Heilbehandlung den Gesundheitszustand zu stabilisieren oder aufklärende, beratende und unterweisende Maßnahmen, die dazu dienen, über eine entsprechende Verhaltensänderung eine Veränderung oder Beseitigung der Gefahr zu erreichen (z.B. gesundheitspädagogische Schulungen, Hautschutzseminare) in Betracht zu ziehen (vgl. Becker, Die Voraussetzungen des Unterlassungszwangs im Berufskrankheiten-Recht in NZS 2004, S. 617, 620; derselbe, Der Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten, Dissertation, 2003, S.116 f).
Der Unterlassungszwang stellt jedoch keine Rechtspflicht, sondern eine bloße Obliegenheit dar, die der Versicherungsträger nicht erzwingen oder gar zwangsweise durchsetzen kann. Weigert sich der Versicherte, an (zumutbaren) Heilbehandlungsmaßnahmen mitzuwirken, verliert er den Anspruch auf BK-Leistungen, da der Versicherungsfall erst dann eintritt, wenn der Versicherte (objektiv) gezwungen ist, die gefährdende Tätigkeit zu unterlassen (BSG, Urteil vom 22.08.2000, - B 2 U 34/99 R - veröffentlicht in juris). Demgegenüber statuiert § 63 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) eine Mitwirkungspflicht des Versicherten, nach der er sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen soll, wenn er wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt und zu erwarten ist, dass die Heilbehandlungsmaßnahme eine Besserung seines Gesundheitszustands herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird. Ob die von der Beklagten angeführten Behandlungsmethoden (PUVA, die Behandlung mit Toctino oder Protopic) dazu führen, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes eintritt, ist nach den Bekundungen des im Berufungsverfahren schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommenen Dr. Grimme, nicht einzuschätzen, kann jedoch vorliegend offen bleiben. Auch wenn sich es beim tatsächlichen Unterlassen nicht unmittelbar um Mitwirkungspflichten handelt, sind allgemeine Rechts- und Zumutbarkeitsgedanken, die in § 65 SGB I zum Ausdruck kommen, sinngemäß heranzuziehen. Dies gilt insb. deswegen, weil die Grenzen des Unterlassungszwangs, der vor allem auf präventiven Gründen beruht, und die Grenzen der Mitwirkung bei Heilbehandlungen fließend sind (so ausdrücklich Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.09.2005 - L 17 U 2/04 - veröffentlicht in juris Rn. 25). § 65 Abs. 2 Nr. 1 SGB I bestimmt hierzu, dass Behandlungen, bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, abgelehnt werden können. Die von der Beklagten u.a. vorgeschlagene PUVA Therapie erachtet der Senat für nicht zumutbar. PUVA (Psoralen plus UV-A) bezeichnet die Behandlung im Wege der Bestrahlung mit langwelligem UV-Licht und dem Stoff Psoralen, dessen photosensibilisierende Eigenschaften zu therapeutischen Zwecken ausgenutzt wird. Da es jedoch kurzfristig nach der Behandlung zu schwersten Verbrennungen durch UV-Licht kommen und zudem langfristig das Risiko der Erkrankung an bestimmten Formen des Hautkrebs zunehmen kann (vgl. Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes gegenüber der Beklagten vom 16.09.2009), ist die Klägerin unfallversicherungsrechtlich nicht gehalten, eine solche Therapie durchführen zu lassen. Gleiches gilt für eine Behandlung mit Protopic. Nach der topischen Anwendung von Tacrolimus in Protopic wurde vereinzelt über Fälle maligner Veränderungen, einschließlich kutaner und anderer Arten von Lymphomen und Hauttumore berichtet, weswegen die deutsche Fachinformation auf das potenzielle Risiko hingewiesen hat (www.aerzteblatt.de/nachrichten/50158/Protopic-Lymphomrisiko-bei-Ekzemsalbe). Auch die Behandlung mit dem alitretinoinhaltigen Präparat Toctino kann der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, da dessen Anwendung selbst bei nur kurzzeitiger Einnahme zu kongenitalen Missbildungen führen kann (www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=7446).
Auch die von der Beklagten angeführte Licht-/Lasertherapie vermag nicht sicherzustellen, dass die Klägerin die hautschädigende Tätigkeit weiter ausüben kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Handekzeme auf dem Boden einer anlagebedingten Atopie durch das mehrstündige Tragen von flüssigkeitsdichten Gummi- bzw. Nitrilhandschuhen entwickelt haben. Ist jedoch das im Rahmen der Tätigkeit als MTA zwingend vorgeschriebene Tragen von Handschuhen ekzemauslösend, ist die schädliche Wirkung nicht verhinderbar. Daraus folgt, wie Dr. B. und der behandelnde Hautarzt Bartz überzeugend dargelegt haben, dass bei Wiederaufnahme der Tätigkeit mit einer raschen Verschlimmerung zu rechnen ist. Eine Lichttherapie kann diese Entwicklung nicht verhindern. Deshalb folgt der Senat der Auffassung des Dr. B. und des Hauarztes Bartz, dass es auch in Ansehung von § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV keine Möglichkeit gibt, der Verschlimmerung der Hauterkrankung am Arbeitsplatz entgegen zu wirken, da occlusive Schutzhandschuhe bei Umgang mit infektiösen und chemischen Arbeitsstoffen zwingend getragen werden müssen, sodass der Unterlassungszwang zu bejahen ist.
Ein Unterlassungszwang kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, das Spektrum der präventiven Möglichkeiten sei noch nicht ausgeschöpft, weil die Klägerin an einem Hautschutzseminar hätte teilnehmen können. Hauptziel solcher Seminare ist es, den Teilnehmern entsprechende Kompetenzen zu vermitteln, die es ihnen ermöglichen, in konkreten Situationen geeignete Maßnahmen zu Hautschutz und Pflege zu treffen und damit letztendlich im Beruf verbleiben zu können. Vor dem Hintergrund, dass, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, die Klägerin in einem Krankenhaus unter Geltung eines Hautschutzplans und unter Betreuung eines qualifizierten Arbeitsmedizinischen Dienstes als MTA tätig war, ist dem Senat nicht ersichtlich, welche weitergehenden Kenntnisse der Besuch eines derartigen Seminars hätte vermitteln können. Eine entsprechende Anfrage konnte seitens der Beklagten auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 nicht konkret beantwortet werden.
Als Konsequenz des Präventionsgedankens muss nicht nur ein Zwang zum Unterlassen bestehen, die gefährdende Tätigkeit muss tatsächlich auf Dauer unterlassen worden sein, wobei es auf das Motiv des Versicherten nicht ankommt (Urteil des BSG vom 22.08.2000 - B 2 U 34/99 R - m.w.N. veröffentlicht in juris). Ausreichend ist hierbei die Aufgabe einzelner Tätigkeiten unabhängig von ihrer Wertigkeit für die Gesamtheit aller Verrichtungen und unabhängig davon, ob sie eine Vorbildung, Ausbildung oder berufliche Erfahrung erfordern (Becker, Die Voraussetzungen des Unterlassungszwangs im Berufskrankheiten-Recht in NZS 2004, S. 617, 620; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 875). Nach Angaben der Klägerin, die die Zeugin Dr. A. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 11.05.2011 in vollem Umfang bestätigt hat, hat die Klägerin zum 01.11.2008 alle Tätigkeiten tatsächlich dauerhaft aufgegeben, bei denen sie Schutzhandschuhe tragen musste, weswegen die gefährdende Tätigkeit tatsächlich aufgegeben wurde.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 5101 der BKV sind daher erfüllt. Der Bescheid der Beklagten vom 22.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2010 ist rechtswidrig; das diesen Bescheid aufhebende Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Hauterkrankung der Klägerin als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten- Verordnung (BKV) streitig.
Die am 29.04.1964 geborene Klägerin durchlief von 1980 - 1982 erfolgreich eine Ausbildung zur Medizinisch Technischen Assistentin (MTA) und war sodann in diesem Beruf tätig. Ab Herbst 1986 war sie als MTA in der Pathologie des K. S. tätig. Sie hatte dabei Umgang mit infektiösen Gewebeproben und mit Gefahrstoffen und musste deshalb während der gesamten Arbeitszeit Handschuhe tragen. Unter dem 15.08.2008 zeigte Dr. A. vom ärztlichen Dienst der Landeshauptstadt S., Fachärztin für Allgemeinmedizin, gegenüber der Beklagten den Verdacht auf eine BK nach Nr. 5101 der BKV bei der Klägerin an. Im Frühjahr 2008 sei bei der Klägerin ein toxisch Kontaktekzem beider Hände und Handgelenke aufgetreten. Aufgrund der Tätigkeit in der Pathologie und der hiermit verbundenen Notwendigkeit, Feuchtarbeit zu verrichten, sei die Klägerin auf Handschuhe angewiesen. Die Klägerin führte auf Anfrage der Beklagten hierzu im Fragebogen vom 09.10.2008 aus, sie müsse zu 90 % ihrer Arbeitszeit wegen des Kontakts zu potentiell infektiösem Material Handschuhe tragen. Ohne diese sei es nicht möglich, ihre Tätigkeit weiterhin auszuüben. Der die Klägerin behandelnde Hautarzt Bartz berichtete unter dem 23.10.2008, dass bei der Klägerin an beiden Händen ein hyperkeratotisch rhagadiformes Handekzem vorliege, das im Urlaub völlig abgeklungen und nach Arbeitsaufnahme erneut aufgetreten sei. Nachdem die Klägerin zwischenzeitlich eine Tätigkeit im Archiv zugewiesen wurde, berichtete der Hautarzt Bartz mit Schreiben vom 07.11.2008, dass mit der Tätigkeitsverlagerung eine Befundverbesserung eingetreten sei; es sei ein leichter Rückgang der Keratosen und Erytheme zu verzeichnen. Untersuchungen hätten eine direkte Kontaktallergie auf Standardallergene nicht bestätigt. Er empfehle eine Verlagerung des Tätigkeitsschwerpunkts. Diese Empfehlungen wurden von Dr. A. in dem von ihr vorgelegten Erhebungsbogen vom 02.12.2008 bestätigt. Nachdem der Hautarzt B. unter dem 22.12.2008, dem 30.01.2009, dem 06.03.2009 und dem 28.04.2009 weitere Hautarztberichte vorlegte, in denen er von weiter persitierenden Erythemen berichtete, erstattete Dr. B., Hautarzt/Allergologe/Phlebologe, unter dem 16.06.2009 auf Veranlassung der Beklagten ein Fachgutachten auf dermatologischen Gebiet über die Klägerin. Dr. B. diagnostizierte ein beruflich durch subtoxisch kumulative Einwirkungen provoziertes atopisches Handekzem sowie eine atopische Diathese (Baumpollensensibilisierungen). Die Hauterscheinungen seien mäßig bis gering ausgeprägt. Durch den Nachweis einer Sensibilisierungen sei eine atopische Disposition bei der Klägerin belegt. Die an den Handknöcheln und Fingerknöcheln lokalisierten Hautveränderungen seien typisch für ein Handekzem subtoxisch kumulativer Genese. Auch die ärztlich festgestellten Erytheme und Hyperkeratosen passten gut zu einem Handekzem subtoxisch kumulativer Genese. Die Tätigkeit als MTA beinhalte bei voller Ausübung aller Tätigkeiten, die dem Berufsbild entsprächen, zwingend das mehrstündige Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen, was dazu führe, dass von Feuchtarbeit auszugehen sei. Bei den jetzt noch bestehenden Ekzemerscheinungen dürfte es sich, so Dr. B., um ein atopisches Handekzem handeln, das primär durch die berufliche Feuchtarbeit provoziert worden sei und daher als Folge der beruflichen Tätigkeit gewertet werden müsse. Es sei davon auszugehen, dass bei stärkeren subtoxisch kumulativen Einwirkungen, insbesondere durch das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen, rasch wieder eine Verschlechterung der Ekzemerscheinungen eintreten werde. Trotz Ausschöpfung aller möglichen Hautschutzmaßnahmen sei es bei der Klägerin nicht gelungen, eine vollständige Abheilung zu erreichen. Da bei einer Wiederaufnahme der vollumfänglichen Tätigkeit als MTA in erheblichem Maße die Gefahr der Verschlimmerung der Hauterkrankung bestehe, sei bei der Klägerin der Zwang zur Unterlassung der schädigenden Tätigkeiten gegeben. Es handele sich auch um eine schwere Hauterkrankung im Sinne der BK Nr. 5101 der BKV. Als Folge der BK liege ein persistierendes atopisches Handekzem als Folge des primär verursachten subtoxisch kumulativen Ekzems vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde mit 15 v.H. eingeschätzt, da die leichten bis mittleren Hauterscheinungen nicht ausschließlich unmittelbare Folge einer irritativen Schädigung, sondern zu einem erheblichen Teil durch die atopische Diathese auch anlagebedingt seien.
Am 04.03.2009 wurde von der Beklagten eine Vor-Ort-Ermittlung im K. S. in Anwesenheit der Klägerin sowie der Betriebsärztin Dr. A. durchgeführt.
Auf Veranlassung der Beklagten gab der Hautarzt und Allergologe Dr. W. unter dem 10.07.2009 eine fachärztlich-dermatologische Stellungnahme nach Aktenlage ab, in der dieser ausführte, dass aufgrund des Verlaufes vieles für eine durch die berufliche Tätigkeit ausgelöste Hautschädigung (Occlusiveffekt - Abdichtung der äußeren Schicht der Oberhaut -) spreche. Die Hauterkrankung sei mit einer Verlaufsdauer von mehr als einem Jahr als schwer anzusehen. Das Persistieren nach Ende der beruflichen Hautschädigung sei ein Phänomen, das öfter feststellbar sei. Dem liege zugrunde, dass die Hauterscheinungen durch die berufliche Hautschädigung angestoßen und mit Wahrscheinlichkeit ohne diese nicht zustande gekommen wären. Die Atopie führe dann zu einem Weiterlaufen der Hauterscheinungen auch ohne die berufliche Hautschädigung. Da es ohne die berufliche Vorschädigung mit Wahrscheinlichkeit nicht zur Entwicklung der Handekzeme gekommen wäre, seien die weiterbestehenden Ekzeme als Folge der beruflichen Hautschädigung anzusehen. Als Diagnose sei bei der Klägerin ein kumulativ-toxisches Handekzem auf dem Boden einer atopischen Diathese gegeben. Die beruflichen Schadeinwirkungen hätten dabei zu einer richtungsweisenden Verschlechterung geführt. Aufgrund des Verlaufs lasse sich nicht erkennen, dass objektiv ein Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit vorgelegen habe. Dies sei im Übrigen nicht objektivierbar. Der ganze Verlauf zeige ein gering bis mäßig ausgeprägtes Handekzem, bei welchem lediglich Kortisonsalben zur Anwendung gekommen seien. Damit seien wesentliche Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, z.B. die lokale Lichttherapie. Insoweit seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der BKV nicht gegeben.
Dr. W., staatliche Gewerbeärztin beim Regierungspräsidium Stuttgart, führte nach Einschaltung durch die Beklagte am 16.09.2009 aus, dass die Erkrankung der Klägerin zwar berufsbedingt sei, eine BK aber nicht anerkannt werden könne, da die schädigende Tätigkeit bisher nicht aufgegeben worden sei. Dr. W. wies darauf hin, dass die hautpräventiven Maßnahmen nach dem Akteninhalt ausgeschöpft seien und seit dem 27.03.2009 durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestehe, womit die Schwere der Hauterkrankung dokumentiert sei. Die in der dermatologischen Stellungnahme vorgeschlagenen intensiveren Therapien (PUVA oder UVA- Bestrahlungen) stünden nach der Literaturmeinung in Verdacht, krebsauslösend zu sein, so dass keine Duldungspflicht bestehe.
Mit Bescheid vom 22.10.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der BKV ab. Zur Begründung stellte sie darauf ab, dass sich aufgrund des Verlaufs nicht erkennen lasse, dass objektiv ein Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit bestehe. Vielmehr seien erneute Arbeitsversuche unter intensiver Therapie und optimierten Hautschutzmaßnahmen (Hautschutzseminar) angezeigt. Daneben komme auch die Gewährung von vorbeugenden medizinischen Maßnahmen (ambulante Heilbehandlung) in Betracht. Die Beklagte stützte sich dabei auf das Gutachten von Dr. B. sowie die Stellungnahme von Dr. W ...
Hiergegen erhob die Klägerin am 30.10.2009 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vorbrachte, die Behandlungsmöglichkeiten seien voll ausgeschöpft. Es bestehe ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit. Sie habe die Tätigkeit am 01.11.2008 infolge des Persistierens der Hauterkrankung aufgegeben. Bei ihr bestehe eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Klägerin am 06.11.2009 teilte diese mit, sie werde keinen neuerlichen Arbeitsversuch unternehmen. Bei ihr seien bereits mehr als zehn verschiedene Salben und unterschiedlichste Handschuhe angewandt worden, um die Hauterscheinungen in den Griff zu bekommen. Ihr behandelnder Hautarzt sowie die Arbeitsmedizinerin im K. seien der Überzeugung, dass sie ihre Tätigkeit zwingend aufgeben müsse.
Die Beklagte holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Hautarztes Dr. W. ein, der sich am 07.01.2010 dahingehend äußerte, er empfehle deshalb erneute Arbeitsversuche, weil klinisch kein schwerer Erkrankungsverlauf vorliege, der in der Vergangenheit objektiv zur dauerhaften Unterlassung aller schädigenden Tätigkeiten gezwungen habe. Tatsächlich seien auch nicht alle Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft worden, weder Protopic, noch Leitungswasseriontophorese, noch eine ggf. indizierte Toctinobehandlung seien durchgeführt worden. Auch ein zumutbares Hautschutzseminar habe die Klägerin bisher nicht absolviert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Klägerin seien unter intensiver Therapie und bei konsequenter Anwendung optimierter Hautschutzmaßnahmen ein erneute Arbeitsversuche und ein Hautschutzseminar angezeigt und zumutbar. Insoweit seien die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft, so dass kein Zwang zur Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit bestehe. Auch liege keine schwere Hauterkrankung vor, weil der klinische Erkrankungsverlauf lediglich leichte bis mittelschwere Hautbefunde aufgewiesen habe und lediglich einmal eine zweiwöchige Krankmeldung erforderlich geworden sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.03.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat, bei ihr hätten sich im Februar 2008 ohne weitere Vorerkrankungen erste starke Hautveränderungen an den Händen gezeigt, die sich zunächst im Urlaub 2008 zurückgebildet hätten, jedoch trotz Hautschutzmaßnahmen sodann wieder aufgetreten wären. Sie habe zuvor im arbeitstäglich Umfang von 3,5 Stunden Handschuhe, zunächst solche mit Latex, später Nitrilhandschuhe getragen. Sie hat ferner auf die Feststellungen und Beurteilungen der Betriebsärztin Dr. A., des behandelnden Hautarztes B. sowie der gutachtlichen Ausführungen von Dr. B., wonach bei ihr alle Voraussetzungen für die Anerkennung der streitigen BK gegeben seien, verwiesen. Dr. B. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass die Erkrankung durch das mehrstündige Tragen von Handschuhen ausgelöst worden sei. Die Einschätzung, es seien weitere Arbeitsversuche angezeigt, widerspreche dem Krankheitsverlauf. Sie habe ab dem 01.11.2008 auch tatsächlich die schädigenden Tätigkeiten und Verrichtungen eingestellt; von den ursprünglich sieben Tätigkeitsbereichen, der Anfertigung von Zell- und Gewebeprobe, der Assistenz beim Zuschneiden großer Gewebepräparaten, dem Verpacken kleinerer Gewebeproben, dem Vorbereitung nativer Gewebsflüssigkeiten, dem Herstellen von Schnellschnitten, dem Färben von Gewebeschnitten und dem Herstellen von Gewebeschnitten, verrichte sie nur noch letztere, da das vom ihr zu bearbeitende Material in diesem Stadium nicht mehr infektiös sei. Dr. B. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass die Erkrankung durch das mehrstündige Tragen von Handschuhen ausgelöst worden sei. Ergänzend hat die Klägerin einen Arztbrief der behandelnden Hautärzte Dres. S. und T. vom 10.08.2010 vorgelegt, wonach nach zügiger Aufgabe der durch Handschuhe und Chemikalien verursachten hautreizenden Tätigkeit als MTA mit interner Arbeitsumstellung u.a. in den Verwaltungsbereich, anfänglich mit externen Kortikoiden über wenige Wochen, später nur mit reiner Pflege, eine deutliche Besserung bis zur fast vollständigen aktuellen Abheilung habe erreicht werden können. Aufgrund des derzeitigen, sehr diskreten Hautbefundes würden mit Ausnahme von Hautpflegemaßnahmen keine weiteren Therapien (wie PUVA, Iontophorese, UV Phototherapie, Protopic) empfohlen.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu betont, neuerliche Arbeitsversuche unter optimierten Hautschutzmaßnahmen seien angezeigt und der Klägerin auch zumutbar. Von einem Aufgabezwang könne dann nicht ausgegangen werden, wenn andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, durch die sichergestellt werden könne, dass die Tätigkeit weiter ausgeübt werden könne. Bei der Klägerin seien bis zum Arbeitsplatzwechsel am 01.11.2008 ausschließlich Kortisonsalben zur Anwendung gekommen. Ein der Klägerin angebotenes Hautschutzseminar habe diese nicht wahrgenommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2011 hat das SG Dr. A. persönlich als Zeugin einvernommen. Diese hat bestätigt, dass die Klägerin zum 01.11.2008 die Tätigkeiten, bei denen sie Handschuhe tragen müsse, aufgegeben habe. Zuvor seien, so Dr. A., verschiedene hautschützende Maßnahmen ergriffen worden, um die Hauterscheinungen an den Händen zu minimieren. Diese hätten jedoch keinen ausreichenden Erfolg gezeigt. Aus ihrer Sicht seien Behandlungsoptimierungen nicht mehr möglich gewesen; die Klägerin habe bereits Nitrilhandschuhe getragen, habe nach dem Hautschutzplan des K. gearbeitet und habe die hautfreundlichen Desinfektionsmittel genutzt. Die Klägerin habe vorbildlich mitgearbeitet, eine eigentlich hautärztliche Behandlung habe jedoch nicht stattgefunden. Aus ihrer, der Zeugin, Sicht bestünden keine weiteren sinnvollen Behandlungsmöglichkeiten.
Mit Urteil vom 11.05.2011 hat das SG den Bescheid der Beklagten aufgehoben und die Beklagte - antragsgemäß - verurteilt, die Hauterkrankung der Klägerin als BK nach Nr. 5101 der BKV anzuerkennen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass bei der Klägerin eine schwere Erkrankung im Sinne der BK Nr. 5101 der BKV vorliege. Die Erkrankung habe längere Zeit ununterbrochen bestanden und sei behandlungsbedürftig gewesen. In der Person der Klägerin habe auch ein objektiver Zwang zur Aufgabe der hautschädigenden Tätigkeit im K. S. bestanden. Hierbei sei der Zwang zur Aufgabe einzelner Tätigkeiten, unabhängig von ihrer Wertigkeit für die Gesamtheit aller Verrichtungen, ausreichend. Die Klägerin habe, wie von der Zeugin Dr. A. bestätigt worden sei, zum 01.11.2008 alle Tätigkeiten aufgeben müssen, bei denen sie Schutzhandschuhe tragen musste und diese auch tatsächlich aufgegeben. Dies sei notwendig gewesen, weil zuvor beim Tragen von Schutzhandschuhen, auch bei Nutzung von Unterziehhandschuhen aus Baumwolle bzw. von Schutzmaßnahmen mit Salben, immer wieder Handekzemserscheinungen aufgetreten seien. Damit stehe, so das SG, fest, dass auch durch geeignete Schutzmaßnahmen der Aufgabe der schädigenden Tätigkeiten nicht wirksam zu begegnen gewesen sei. Die Zeugin und die behandelnden Ärzte hätten, ebenso wie Dr. B. in seinem Gutachten vom 16.06.2009, bestätigt, dass alle sinnvollen und zweckmäßigen Hautschutzmaßnahmen, mit Ausnahme des Besuchs eines Hautschutzseminars sowie einer stationären Behandlung durchgeführt worden seien. Ergänzend habe die Zeugin angegeben, dass im K. S. ein sehr guter und bewährter Hautschutzplan existiere, der von der Klägerin vorbildlich eingehalten worden sei. Auf ein Hautschutzseminar und/oder eine stationäre Behandlung könne die Klägerin als versierte MTA, beschäftigt in einem Krankenhaus, überwacht durch einen qualifizierten Arbeitsmedizinischen Dienst, behandelt mit verschiedenen Hautschutzsalben, unter Geltung eines Hautschutzplans, bei Vorhandensein von geeigneten Desinfektionsmitteln und Nitrilhandschuhen, nicht verwiesen werden. Das Tatbestandsmerkmal des objektiven Unterlassungszwangs sei nach seinem Sinn und Zweck einschränkend auszulegen, was dazu führe, dass das Verlangen nach Aufgabe der Berufstätigkeit dann unverhältnismäßig sei, wenn dies weder zur Ausgrenzung von Bagatellerkrankungen noch zur Vermeidung weiterer Gesundheitsschäden erforderlich sei. Eine Ausnahme vom grundsätzlich zu fordernden objektiven Unterlassungszwang sei hiernach dann anzunehmen, wenn der Erkrankte möglicherweise unter Präventionsmaßnahmen weiterarbeiten könnte, seinen Arbeitsplatz aber aufgebe. Nachdem im Fall der Klägerin die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen dazu geführt hätten, dass die Hauterscheinungen, die bei der Klägerin auf einer beruflichen und einer anlagebedingten Komponente beruhten, weitgehend und dauerhaft abgeklungen seien, seien die teilweise von Dr. W. vorgeschlagenen, noch nicht durchgeführten Behandlungsmaßnahmen, die von der Gewerbeärztin Fr. Dr. W. als teilweise krebserregend und nicht duldungspflichtig bezeichnet worden seien, nicht geeignet, als zulässige Abhilfemaßnahmen die Anerkennung der BK bei der Klägerin auszuschließen.
Gegen das am 01.06.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.06.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, der Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit sei solange nicht gegeben, solange andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, durch die sichergestellt werde, dass der Betreffende die Tätigkeit weiter ausüben könne. Als solche Möglichkeiten seien zwar organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen ergriffen worden, anders als es das SG angenommen habe, seien jedoch auch gesundheitspädagogische Maßnahmen wie die Teilnahme an einem Hautschutzseminar, angezeigt gewesen. Dieses ziele darauf ab, den Gesundheitszustand der Klägerin zu stabilisieren. Auch habe das SG weitere Behandlungsmaßnahmen wie die PUVA, Protopic, Leistungswasserontophorese, die Behandlung mit Toctino oder ein stationäres Heilverfahren außer Betracht gelassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Antrages unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, das SG habe zutreffend entschieden. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Maßnahmen hätten keinerlei Therapiezweck gehabt. Zuletzt hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 mitgeteilt, dass sie aktuell in der MTA- Ausbildung tätig sei; eine (Haut-) Gefährdung bestehe hierbei nicht. Eine Lasertherapie sei nie als Behandlungsalternative diskutiert worden.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalt Dr. G., Hautarzt, schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. Dieser hat unter dem 07.05.2012 mitgeteilt, dass eine Licht- oder eine Lasertherapie so wie die Behandlung mit Toctino und Protopic als Behandlungsalternativen bestehen. Die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolges lasse sich nicht einschätzen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei Beklagten für die Kläger geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung (vgl. § 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt; sie ist zulässig. Sie führt jedoch für die berufungsführende Beklagte nicht zum Erfolg; das SG hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2010 verurteilt, eine BK nach Nr. 5101 der BKV anzuerkennen.
Versicherungsfälle im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und BKen (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 (SGB VII) begründenden Tätigkeiten erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der BKV solche Krankheiten als BK zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BK auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Von der vorliegend einzig streitigen BK nach Nr. 5101 der BKV werden schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeit gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, erfasst. Nach dem Tatbestand der BK Nr. 5101 der BKV muss der Versicherte auf Grund einer versicherten Tätigkeit eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung haben. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine Hauterkrankung entstanden sein (und noch bestehen). Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Hieraus folgt, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben müssen (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, d.h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - veröffentlicht in juris).
Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit grundsätzlich tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK nach Nr. 5101 der BKV nicht vor.
Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. B. vom 16.06.2009, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises nach § 202 SGG i.V.m. § 411a Zivilprozessordnung verwertet (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 128, Rn. 7f) und der übereinstimmenden Diagnose des behandelnden Hautarztes Bartz steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin an einem atopischen Handekzem leidet. Die Hauterkrankung ist auch durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin im Sinne einer rechtlich wesentlichen Mitwirkung beruflicher Einwirkungen verursacht worden. Der Senat folgt auch insofern der nachvollziehbaren und schlüssig begründeten Einschätzung von Dr. B ... Zur Überzeugung des Senats handelt es sich bei dem atopischen Ekzem um eine schwere Erkrankung i.S.d. BK Nr. 5101 der BKV. Dies gilt auch dann, wenn die Hauterscheinungen an den Händen der Klägerin, wie Dr. Bühler in seinem Gutachten ausgeführt hat, nur leicht und gering ausgeprägt waren, weil die Erkrankung längere Zeit ununterbrochen bestanden hat und behandlungsbedürftig gewesen ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., 2010, S. 872 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Das in Nr. 5101 der BKV ferner vorausgesetzte besondere versicherungsrechtliche Tatbestandsmerkmal des Zwangs zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten hat zwei Funktionen: Zum einen soll damit eine typisierende Festlegung des Schweregrades der Krankheit erfolgen, um Bagatellerkrankungen, auch wenn sie kausal auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, von einer Anerkennung und Entschädigung als BK auszuschließen. Vor allem aber soll ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz verhindert und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungspflicht verhütet werden. Der zuletzt genannte Zweck wird nicht nur dann erreicht, wenn der Versicherte seine Berufstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden kann und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit durch Fortsetzung der Berufstätigkeit nicht mehr droht (BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 5/03 R - veröffentlicht in juris).
Der Zwang zum Unterlassen der schädigenden Tätigkeit muss objektiv vorgelegen haben. Hierfür ist eine nachträgliche objektive Betrachtungsweise maßgeblich. Diese objektive Notwendigkeit des Unterlassens setzt nicht eine faktische Unmöglichkeit der weiteren Ausübung der Tätigkeit voraus, ausreichend ist, dass eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit wegen der schon eingetretenen Gesundheitsstörung oder wegen der Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit aus medizinischer Sicht nicht verantwortet werden kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg; Urteil vom 16.08.2005 - L 2 U 7/04 - veröffentlicht in juris). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, solange andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, durch die sichergestellt werden kann, dass der Betreffende die Tätigkeit weiter ausüben kann. Als solche Möglichkeiten sind insb. Maßnahmen nach § 3 BKV vorrangig, da die Unfallversicherungsträger der Gefahr, dass ein BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert mit allen geeigneten Mittel entgegenzuwirken haben (§ 3 Abs. 1 BKV). Als geeignete Maßnahmen sind hierbei technische und organisatorische Maßnahmen, die darauf abzielen, durch Veränderung der Arbeitsabläufe oder Arbeitsweisen die Gefahr der Aussetzung bzw. des Kontakts mit schädigenden Stoffen zu beseitigen (z.B. Schutzvorrichtungen und das Ersetzen des gefährdenden Stoffes), persönliche, am Körper zu tragende Hilfsmittel, die den Kontakt mit schädigenden Einwirkungen verhindern oder auf ein ungefährliches Maß reduzieren (Schutzbekleidung u.ä.), medizinische Maßnahmen, die darauf abzielen, durch vorbeugende, ambulante oder stationäre Heilbehandlung den Gesundheitszustand zu stabilisieren oder aufklärende, beratende und unterweisende Maßnahmen, die dazu dienen, über eine entsprechende Verhaltensänderung eine Veränderung oder Beseitigung der Gefahr zu erreichen (z.B. gesundheitspädagogische Schulungen, Hautschutzseminare) in Betracht zu ziehen (vgl. Becker, Die Voraussetzungen des Unterlassungszwangs im Berufskrankheiten-Recht in NZS 2004, S. 617, 620; derselbe, Der Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten, Dissertation, 2003, S.116 f).
Der Unterlassungszwang stellt jedoch keine Rechtspflicht, sondern eine bloße Obliegenheit dar, die der Versicherungsträger nicht erzwingen oder gar zwangsweise durchsetzen kann. Weigert sich der Versicherte, an (zumutbaren) Heilbehandlungsmaßnahmen mitzuwirken, verliert er den Anspruch auf BK-Leistungen, da der Versicherungsfall erst dann eintritt, wenn der Versicherte (objektiv) gezwungen ist, die gefährdende Tätigkeit zu unterlassen (BSG, Urteil vom 22.08.2000, - B 2 U 34/99 R - veröffentlicht in juris). Demgegenüber statuiert § 63 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) eine Mitwirkungspflicht des Versicherten, nach der er sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen soll, wenn er wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt und zu erwarten ist, dass die Heilbehandlungsmaßnahme eine Besserung seines Gesundheitszustands herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird. Ob die von der Beklagten angeführten Behandlungsmethoden (PUVA, die Behandlung mit Toctino oder Protopic) dazu führen, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes eintritt, ist nach den Bekundungen des im Berufungsverfahren schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommenen Dr. Grimme, nicht einzuschätzen, kann jedoch vorliegend offen bleiben. Auch wenn sich es beim tatsächlichen Unterlassen nicht unmittelbar um Mitwirkungspflichten handelt, sind allgemeine Rechts- und Zumutbarkeitsgedanken, die in § 65 SGB I zum Ausdruck kommen, sinngemäß heranzuziehen. Dies gilt insb. deswegen, weil die Grenzen des Unterlassungszwangs, der vor allem auf präventiven Gründen beruht, und die Grenzen der Mitwirkung bei Heilbehandlungen fließend sind (so ausdrücklich Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.09.2005 - L 17 U 2/04 - veröffentlicht in juris Rn. 25). § 65 Abs. 2 Nr. 1 SGB I bestimmt hierzu, dass Behandlungen, bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, abgelehnt werden können. Die von der Beklagten u.a. vorgeschlagene PUVA Therapie erachtet der Senat für nicht zumutbar. PUVA (Psoralen plus UV-A) bezeichnet die Behandlung im Wege der Bestrahlung mit langwelligem UV-Licht und dem Stoff Psoralen, dessen photosensibilisierende Eigenschaften zu therapeutischen Zwecken ausgenutzt wird. Da es jedoch kurzfristig nach der Behandlung zu schwersten Verbrennungen durch UV-Licht kommen und zudem langfristig das Risiko der Erkrankung an bestimmten Formen des Hautkrebs zunehmen kann (vgl. Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes gegenüber der Beklagten vom 16.09.2009), ist die Klägerin unfallversicherungsrechtlich nicht gehalten, eine solche Therapie durchführen zu lassen. Gleiches gilt für eine Behandlung mit Protopic. Nach der topischen Anwendung von Tacrolimus in Protopic wurde vereinzelt über Fälle maligner Veränderungen, einschließlich kutaner und anderer Arten von Lymphomen und Hauttumore berichtet, weswegen die deutsche Fachinformation auf das potenzielle Risiko hingewiesen hat (www.aerzteblatt.de/nachrichten/50158/Protopic-Lymphomrisiko-bei-Ekzemsalbe). Auch die Behandlung mit dem alitretinoinhaltigen Präparat Toctino kann der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, da dessen Anwendung selbst bei nur kurzzeitiger Einnahme zu kongenitalen Missbildungen führen kann (www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=7446).
Auch die von der Beklagten angeführte Licht-/Lasertherapie vermag nicht sicherzustellen, dass die Klägerin die hautschädigende Tätigkeit weiter ausüben kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Handekzeme auf dem Boden einer anlagebedingten Atopie durch das mehrstündige Tragen von flüssigkeitsdichten Gummi- bzw. Nitrilhandschuhen entwickelt haben. Ist jedoch das im Rahmen der Tätigkeit als MTA zwingend vorgeschriebene Tragen von Handschuhen ekzemauslösend, ist die schädliche Wirkung nicht verhinderbar. Daraus folgt, wie Dr. B. und der behandelnde Hautarzt Bartz überzeugend dargelegt haben, dass bei Wiederaufnahme der Tätigkeit mit einer raschen Verschlimmerung zu rechnen ist. Eine Lichttherapie kann diese Entwicklung nicht verhindern. Deshalb folgt der Senat der Auffassung des Dr. B. und des Hauarztes Bartz, dass es auch in Ansehung von § 3 Abs. 1 Satz 1 BKV keine Möglichkeit gibt, der Verschlimmerung der Hauterkrankung am Arbeitsplatz entgegen zu wirken, da occlusive Schutzhandschuhe bei Umgang mit infektiösen und chemischen Arbeitsstoffen zwingend getragen werden müssen, sodass der Unterlassungszwang zu bejahen ist.
Ein Unterlassungszwang kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, das Spektrum der präventiven Möglichkeiten sei noch nicht ausgeschöpft, weil die Klägerin an einem Hautschutzseminar hätte teilnehmen können. Hauptziel solcher Seminare ist es, den Teilnehmern entsprechende Kompetenzen zu vermitteln, die es ihnen ermöglichen, in konkreten Situationen geeignete Maßnahmen zu Hautschutz und Pflege zu treffen und damit letztendlich im Beruf verbleiben zu können. Vor dem Hintergrund, dass, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, die Klägerin in einem Krankenhaus unter Geltung eines Hautschutzplans und unter Betreuung eines qualifizierten Arbeitsmedizinischen Dienstes als MTA tätig war, ist dem Senat nicht ersichtlich, welche weitergehenden Kenntnisse der Besuch eines derartigen Seminars hätte vermitteln können. Eine entsprechende Anfrage konnte seitens der Beklagten auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2013 nicht konkret beantwortet werden.
Als Konsequenz des Präventionsgedankens muss nicht nur ein Zwang zum Unterlassen bestehen, die gefährdende Tätigkeit muss tatsächlich auf Dauer unterlassen worden sein, wobei es auf das Motiv des Versicherten nicht ankommt (Urteil des BSG vom 22.08.2000 - B 2 U 34/99 R - m.w.N. veröffentlicht in juris). Ausreichend ist hierbei die Aufgabe einzelner Tätigkeiten unabhängig von ihrer Wertigkeit für die Gesamtheit aller Verrichtungen und unabhängig davon, ob sie eine Vorbildung, Ausbildung oder berufliche Erfahrung erfordern (Becker, Die Voraussetzungen des Unterlassungszwangs im Berufskrankheiten-Recht in NZS 2004, S. 617, 620; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 875). Nach Angaben der Klägerin, die die Zeugin Dr. A. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 11.05.2011 in vollem Umfang bestätigt hat, hat die Klägerin zum 01.11.2008 alle Tätigkeiten tatsächlich dauerhaft aufgegeben, bei denen sie Schutzhandschuhe tragen musste, weswegen die gefährdende Tätigkeit tatsächlich aufgegeben wurde.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 5101 der BKV sind daher erfüllt. Der Bescheid der Beklagten vom 22.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2010 ist rechtswidrig; das diesen Bescheid aufhebende Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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