Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 712/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3638/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.07.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Kläger ist am 23.08.1959 geboren und hat von 1983 bis 1985 eine Ausbildung zum Elektro-installateur ohne Abschluss absolviert. Von 1993 bis 1995 wurde er von der Agentur für Arbeit zum Teilkonstrukteur qualifiziert. Der Kläger war zuletzt bis 1993 versicherungspflichtig beschäftigt (Techniker für die Reparatur von Unterhaltungselektronik), anschließend bezog er Arbeitslosengeld bzw war arbeitslos ohne Leistungsbezug. Er bezieht eine Witwerrente.
Am 11.07.2010 (Bl 193 Verwaltungsakte) beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies im Wesentlichen mit gesundheitlichen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet (Knie-, Ellenbogen- und LWS-Beschwerden), außerdem liege eine Borreliose vor und er habe Wasser im Bauch.
Nach Bejahung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Bl 230 Verwaltungsakte) veranlasste die Beklagte eine sozialmedizinische Begutachtung am 24.08.2010 in der Ärztlichen Dienststelle in O. bei Frau Dr. H ... Diese beschrieb im Gutachten vom 27.08.2010 (Bl 283 Verwaltungsakte) degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschäden und Einengung der Nervenaustrittsstellen bei L4/L5 und L5/S1 mit leichter Bewegungseinschränkung und ohne neurologische Funktionsdefizite; einen chronischen Reizzustand am Ellenbogengelenk rechts ohne Bewegungseinschränkung und eine antibiotisch behandelte Borreliose ohne Restsymptomatik. Der Kläger könne sowohl leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie die zuletzt ausgeübten Tätigkeiten eines Elektronikers und Teilkonstrukteurs regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Dieser ärztlichen Einschätzung folgend lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 16.09.2010 (Bl 308 Verwaltungsakte) ab. Es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 11.10.2010 Widerspruch und machte im Wesentlichen geltend, dass er aufgrund der Gelenkschmerzen im Ellenbogen selbst die einfachsten Dinge des täglichen Lebens nicht mehr erledigen könne. Es seien auch nicht alle Erkrankungen und Beschwerden ausreichend berücksichtigt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 (Bl 327 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 11.02.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen nicht ausreichend gewürdigt. Er sei nicht mehr in der Lage unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Erwerbsminderung sei im Wesentlichen auf die Folgen einer Borrelioseerkrankung im Jahr 2008 zurückzuführen. Bereits seit seinem 19. Lebensjahr leide er unter Wirbelsäulenbeschwerden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen und zwei Stellungnahmen ihres Sozialmedizinischen Dienstes vom 08.07.2011 und 28.02.2013 vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Zeugenauskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. A. (Bl 11 SG-Akte) hat mitgeteilt, der Kläger könne aus rheumatologischer Sicht mehr als sechs Stunden täglich arbeiten. Der Facharzt für Dermatologie Dr. S. (Bl 15 SG-Akte) hat mitgeteilt, dass aus hautärztlicher Sicht keine Einschränkung des Leistungsvermögens bestehe. Der Facharzt für Orthopädie Dr. C. (Bl 17 SG-Akte) hat zum aktuellen Leistungsvermögen keine Aussage getroffen.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Orthopäden Dr. S ... Im Gutachten vom 17.11.2011 (Bl 31 SG-Akte) beschrieb der Sachverständige einen kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit degenerativem LWS-Syndrom und eine Epikondylitis humeri lateralis rechts. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 3kg mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit dem Gutachten von Dr. H. bestehe weitestgehende Übereinstimmung.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen Herrn Dr. C ... Im Gutachten vom 16.04.2012 (Bl 55 SG-Akte) beschrieb der Sachverständige ein etwas dysphorisch gefärbtes Stimmungsbild bei erhaltener Schwingungsfähigkeit und nicht gemindertem Antrieb. In Rahmen der Untersuchung sei das Verhalten auffällig bis teilweise situationsinadäquat, eine wesentliche Motivation zur Mitarbeit sei nicht erkennbar gewesen. Die degenerativen Veränderungen der LWS seien ohne neurologische Defizite. Es bestehe subjektiv eine Vergesslichkeit ohne objektivierbares morphologisches Korrelat. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. B ... Im Gutachten vom 14.01.2013 (Bl 79 SG-Akte) beschrieb der Sachverständige ein chronisches Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Grad I auf orthopädischer Grundlage. Im Rahmen der Begutachtung sei die Abgrenzung von Aggravation und Ausgestaltungstendenz allerdings nicht in jedem Fall gelungen. Die geistige Belastbarkeit des Klägers sei nicht wesentlich gestört. Die vom Kläger beschriebenen Zeitgitterstörungen und beschriebenen Konzentrationsstörungen seien klinisch nicht verifizierbar. Der Kläger könne regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die langjährige Entwöhnung vom Arbeitsmarkt sei problematisch. Wegen des Schmerzsyndroms könne der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden arbeiten.
In einer von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 28.02.2013 vertrat die Fachärztin für psychosomatische Medizin Dr. D. die Auffassung, dass sich auch nach dem Gutachten von Prof. Dr. B. die Annahme eines Leistungsvermögens von unter sechs Stunden nicht rechtfertigen lasse.
Mit Urteil vom 10.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Er leide auf orthopädischem Fachgebiet im Wesentlichen unter einem kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit degenerativem LWS-Syndrom, einer Epikondylitis humeri lateralis rechts und auf neurologischem Fachgebiet unter subjektiver Vergesslichkeit. Weiter habe Prof. Dr. B. in seinem Gutachten ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Stadium I diagnostiziert. Die bestehenden Erkrankungen führten zwar zu Einschränkungen der Rumpfbelastbarkeit und -beweglichkeit. Des Weiteren bestünden aufgrund der Epikondylitis leichte Einschränkungen im Bereich der Halte- und Greifkraft der rechten Hand. Diesen Einschränkungen könne jedoch durch qualitative Leistungseinschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden. Insbesondere sei das Heben und Tragen von Lasten über 3 kg, das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit, Arbeiten in Kälte, Nässe, im Freien, unter Wärmeeinfluss und unter Zeitdruck zu vermeiden. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger täglich mindestens sechs Stunden arbeiten. Er könne auch seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Techniker für Unterhaltungselektronik und Teilkonstrukteur noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten, weshalb teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht vorliege.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigen am 18.07.2013 zugestellt Urteil des SG hat der Kläger am 19.08.2013 (Montag) Berufung beim SG eingelegt, welche am 23.08.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, der Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt worden. Soweit das SG die Auffassung vertrete, er könne als Techniker für Unterhaltungselektronik arbeiten, habe er diesen Beruf nie gelernt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.07.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.07.2010 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin vom 12.12.2013, zu dem der Kläger nicht erschienen ist, hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und einer mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Dem Kläger ist das Protokoll mit nochmaligem gesondertem Hinweis mit Schreiben vom 17.12.2013 übersandt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 iVm § 64 Abs 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 16.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.
Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. H., Dr. S. und Dr. C ...
Die genannten Sachverständigen haben nachvollziehbar dargelegt, dass gesundheitliche Einschränkungen beim Kläger hauptsächlich auf orthopädischem Fachgebiet bestehen. Bestätigt wird dies durch die Feststellungen Prof. Dr. B., der das von ihm diagnostizierte Schmersyndrom als "auf orthopädischer Grundlage" beruhend gewürdigt hat. Beim Kläger liegt ein kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit degenerativem LWS-Syndrom und eine Epikondylitis humeri lateralis rechts vor. Neurologische Defizite verursachen diese Beschwerdebilder nicht, wie Dr. C. dargelegt hat. Im Übrigen bestehen nach den Feststellungen Dr. C. auf neurologischem Gebiet keine Einschränkungen, die ein über sechsstündiges Leistungsvermögen in Zweifel ziehen könnten. Der Sachverständige hat lediglich ein etwas dysphorisch gefärbtes Stimmungsbild bei erhaltener Schwingungsfähigkeit und nicht gemindertem Antrieb beschrieben. Die vom Kläger behauptete Vergesslichkeit konnte er nicht objektivieren. Der Kläger kann damit nach den überstimmenden und plausiblen Darlegungen von Dr. H., Dr. S. und Dr. C. leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 3kg und ohne Zwangshaltungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung der Sachverständigen Dr. S. und Herrn Dr. C. und schließt sich ausdrücklich der Auffassung des SG an. Wenn Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 14.01.2013 die Auffassung vertritt, der Kläger könne wegen des chronifizierten Schmerzsyndroms nur noch drei bis weniger als sechs Stunden täglich zu arbeiten, so konnte dem der Senat nicht folgen. Wie der Prof. Dr. B. selbst in seinem Gutachten ausgeführt hat, waren die vom Kläger behaupteten Zeitgitterstörungen und die beschriebenen Konzentrationsstörungen klinisch nicht verifizierbar. Der Sachverständige ist selbst von Ausgestaltungstendenzen sowie bezogen auf die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sogar von Aggravation ausgegangen. Auch ist nach Auffassung von Prof. Dr. B. der Kläger durchaus in der Lage, die empfundenen Konzentrationsstörungen bei entsprechender Willensanstrengung zu überwinden. Dafür spricht insbesondere, dass der Kläger zur Begutachtung alleine von F. nach B. S. mit dem Auto gefahren ist, sich trotz der lang andauernden Untersuchung klinisch manifeste Konzentrationsstörungen nicht gefunden haben und der Kläger die Pausen zum Lesen von Zeitschriften genutzt hat. Überdies hat Prof. Dr. B. nur ein Schmerzsyndrom Grad I (bei einer Skalierung von I bis III) beschrieben, also eine leichte Ausprägung, worauf Dr. D. in ihrer Stellungnahme vom 28.02.2013 zutreffend hingewiesen hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, warum Prof. Dr. B. von den Leistungsbeurteilungen der anderen Sachverständigen insbesondere der des Neurologen Dr. C., abweicht und von einem unter sechststündigen Leistungsvermögen ausgeht. Allein die Tatsache, dass der Kläger seit langem vom Erwerbsleben entwöhnt ist und dadurch die Daueraufmerksamkeit bzw die Fähigkeit sich dauerhaft zu konzentrieren "nicht sicher sein dürfte" (S 23 des Gutachtens von Prof. Dr. B.) reicht für die Annahme eines quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögen nach Auffassung des Gerichts nicht aus. Zur Wiedererlangung eines strukturierten Tagesablaufs wäre zB ein Bewerbertraining beim Jobcenter oder der Arbeitsagentur denkbar, die Beklagte ist hierfür aber nicht zuständig.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr.5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist 1959 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Der Senat teilt die Einschätzung des SG, dass die zuletzt vom Kläger erlernten bzw verrichteten Tätigkeiten (vgl den von ihm mitgeteilten Lebenslauf Bl 273 Verwaltungsakte) als Elektroniker, Teilkonstrukteur CAD und PC- bzw Netzwerkfachkraft mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden können, da es sich um leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen mittelschwerer oder schwerer Lasten handelt, die nicht in Zwangshaltungen verrichtet werden müssen. Geht man wegen der langjährigen Loslösung vom Arbeitsmarkt davon aus, dass der allgemeine Arbeitsmarkt Bezugspunkt gilt dies erst recht, denn leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann der Kläger, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. S., Dr. C. und das Verwaltungsgutachten von Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Auf die vom Kläger angeregte Beiziehung seiner Krankenhausakte konnte verzichtet werden, da sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Verfahren vor dem SG aktuelle Befundberichte der behandelnden Ärzte vorlagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Kläger ist am 23.08.1959 geboren und hat von 1983 bis 1985 eine Ausbildung zum Elektro-installateur ohne Abschluss absolviert. Von 1993 bis 1995 wurde er von der Agentur für Arbeit zum Teilkonstrukteur qualifiziert. Der Kläger war zuletzt bis 1993 versicherungspflichtig beschäftigt (Techniker für die Reparatur von Unterhaltungselektronik), anschließend bezog er Arbeitslosengeld bzw war arbeitslos ohne Leistungsbezug. Er bezieht eine Witwerrente.
Am 11.07.2010 (Bl 193 Verwaltungsakte) beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung und begründete dies im Wesentlichen mit gesundheitlichen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet (Knie-, Ellenbogen- und LWS-Beschwerden), außerdem liege eine Borreliose vor und er habe Wasser im Bauch.
Nach Bejahung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Bl 230 Verwaltungsakte) veranlasste die Beklagte eine sozialmedizinische Begutachtung am 24.08.2010 in der Ärztlichen Dienststelle in O. bei Frau Dr. H ... Diese beschrieb im Gutachten vom 27.08.2010 (Bl 283 Verwaltungsakte) degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschäden und Einengung der Nervenaustrittsstellen bei L4/L5 und L5/S1 mit leichter Bewegungseinschränkung und ohne neurologische Funktionsdefizite; einen chronischen Reizzustand am Ellenbogengelenk rechts ohne Bewegungseinschränkung und eine antibiotisch behandelte Borreliose ohne Restsymptomatik. Der Kläger könne sowohl leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie die zuletzt ausgeübten Tätigkeiten eines Elektronikers und Teilkonstrukteurs regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Dieser ärztlichen Einschätzung folgend lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 16.09.2010 (Bl 308 Verwaltungsakte) ab. Es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor.
Hiergegen erhob der Kläger am 11.10.2010 Widerspruch und machte im Wesentlichen geltend, dass er aufgrund der Gelenkschmerzen im Ellenbogen selbst die einfachsten Dinge des täglichen Lebens nicht mehr erledigen könne. Es seien auch nicht alle Erkrankungen und Beschwerden ausreichend berücksichtigt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 (Bl 327 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 11.02.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen nicht ausreichend gewürdigt. Er sei nicht mehr in der Lage unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Erwerbsminderung sei im Wesentlichen auf die Folgen einer Borrelioseerkrankung im Jahr 2008 zurückzuführen. Bereits seit seinem 19. Lebensjahr leide er unter Wirbelsäulenbeschwerden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen und zwei Stellungnahmen ihres Sozialmedizinischen Dienstes vom 08.07.2011 und 28.02.2013 vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Zeugenauskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. A. (Bl 11 SG-Akte) hat mitgeteilt, der Kläger könne aus rheumatologischer Sicht mehr als sechs Stunden täglich arbeiten. Der Facharzt für Dermatologie Dr. S. (Bl 15 SG-Akte) hat mitgeteilt, dass aus hautärztlicher Sicht keine Einschränkung des Leistungsvermögens bestehe. Der Facharzt für Orthopädie Dr. C. (Bl 17 SG-Akte) hat zum aktuellen Leistungsvermögen keine Aussage getroffen.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Orthopäden Dr. S ... Im Gutachten vom 17.11.2011 (Bl 31 SG-Akte) beschrieb der Sachverständige einen kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit degenerativem LWS-Syndrom und eine Epikondylitis humeri lateralis rechts. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 3kg mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Mit dem Gutachten von Dr. H. bestehe weitestgehende Übereinstimmung.
Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Neurologen Herrn Dr. C ... Im Gutachten vom 16.04.2012 (Bl 55 SG-Akte) beschrieb der Sachverständige ein etwas dysphorisch gefärbtes Stimmungsbild bei erhaltener Schwingungsfähigkeit und nicht gemindertem Antrieb. In Rahmen der Untersuchung sei das Verhalten auffällig bis teilweise situationsinadäquat, eine wesentliche Motivation zur Mitarbeit sei nicht erkennbar gewesen. Die degenerativen Veränderungen der LWS seien ohne neurologische Defizite. Es bestehe subjektiv eine Vergesslichkeit ohne objektivierbares morphologisches Korrelat. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. B ... Im Gutachten vom 14.01.2013 (Bl 79 SG-Akte) beschrieb der Sachverständige ein chronisches Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Grad I auf orthopädischer Grundlage. Im Rahmen der Begutachtung sei die Abgrenzung von Aggravation und Ausgestaltungstendenz allerdings nicht in jedem Fall gelungen. Die geistige Belastbarkeit des Klägers sei nicht wesentlich gestört. Die vom Kläger beschriebenen Zeitgitterstörungen und beschriebenen Konzentrationsstörungen seien klinisch nicht verifizierbar. Der Kläger könne regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Die langjährige Entwöhnung vom Arbeitsmarkt sei problematisch. Wegen des Schmerzsyndroms könne der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden arbeiten.
In einer von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 28.02.2013 vertrat die Fachärztin für psychosomatische Medizin Dr. D. die Auffassung, dass sich auch nach dem Gutachten von Prof. Dr. B. die Annahme eines Leistungsvermögens von unter sechs Stunden nicht rechtfertigen lasse.
Mit Urteil vom 10.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Er leide auf orthopädischem Fachgebiet im Wesentlichen unter einem kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit degenerativem LWS-Syndrom, einer Epikondylitis humeri lateralis rechts und auf neurologischem Fachgebiet unter subjektiver Vergesslichkeit. Weiter habe Prof. Dr. B. in seinem Gutachten ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Stadium I diagnostiziert. Die bestehenden Erkrankungen führten zwar zu Einschränkungen der Rumpfbelastbarkeit und -beweglichkeit. Des Weiteren bestünden aufgrund der Epikondylitis leichte Einschränkungen im Bereich der Halte- und Greifkraft der rechten Hand. Diesen Einschränkungen könne jedoch durch qualitative Leistungseinschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden. Insbesondere sei das Heben und Tragen von Lasten über 3 kg, das Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit, Arbeiten in Kälte, Nässe, im Freien, unter Wärmeeinfluss und unter Zeitdruck zu vermeiden. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger täglich mindestens sechs Stunden arbeiten. Er könne auch seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Techniker für Unterhaltungselektronik und Teilkonstrukteur noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten, weshalb teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht vorliege.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigen am 18.07.2013 zugestellt Urteil des SG hat der Kläger am 19.08.2013 (Montag) Berufung beim SG eingelegt, welche am 23.08.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, der Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt worden. Soweit das SG die Auffassung vertrete, er könne als Techniker für Unterhaltungselektronik arbeiten, habe er diesen Beruf nie gelernt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.07.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.07.2010 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin vom 12.12.2013, zu dem der Kläger nicht erschienen ist, hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und einer mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Dem Kläger ist das Protokoll mit nochmaligem gesondertem Hinweis mit Schreiben vom 17.12.2013 übersandt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 iVm § 64 Abs 3 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 16.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.
Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. H., Dr. S. und Dr. C ...
Die genannten Sachverständigen haben nachvollziehbar dargelegt, dass gesundheitliche Einschränkungen beim Kläger hauptsächlich auf orthopädischem Fachgebiet bestehen. Bestätigt wird dies durch die Feststellungen Prof. Dr. B., der das von ihm diagnostizierte Schmersyndrom als "auf orthopädischer Grundlage" beruhend gewürdigt hat. Beim Kläger liegt ein kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit degenerativem LWS-Syndrom und eine Epikondylitis humeri lateralis rechts vor. Neurologische Defizite verursachen diese Beschwerdebilder nicht, wie Dr. C. dargelegt hat. Im Übrigen bestehen nach den Feststellungen Dr. C. auf neurologischem Gebiet keine Einschränkungen, die ein über sechsstündiges Leistungsvermögen in Zweifel ziehen könnten. Der Sachverständige hat lediglich ein etwas dysphorisch gefärbtes Stimmungsbild bei erhaltener Schwingungsfähigkeit und nicht gemindertem Antrieb beschrieben. Die vom Kläger behauptete Vergesslichkeit konnte er nicht objektivieren. Der Kläger kann damit nach den überstimmenden und plausiblen Darlegungen von Dr. H., Dr. S. und Dr. C. leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 3kg und ohne Zwangshaltungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Beurteilung der Sachverständigen Dr. S. und Herrn Dr. C. und schließt sich ausdrücklich der Auffassung des SG an. Wenn Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 14.01.2013 die Auffassung vertritt, der Kläger könne wegen des chronifizierten Schmerzsyndroms nur noch drei bis weniger als sechs Stunden täglich zu arbeiten, so konnte dem der Senat nicht folgen. Wie der Prof. Dr. B. selbst in seinem Gutachten ausgeführt hat, waren die vom Kläger behaupteten Zeitgitterstörungen und die beschriebenen Konzentrationsstörungen klinisch nicht verifizierbar. Der Sachverständige ist selbst von Ausgestaltungstendenzen sowie bezogen auf die Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sogar von Aggravation ausgegangen. Auch ist nach Auffassung von Prof. Dr. B. der Kläger durchaus in der Lage, die empfundenen Konzentrationsstörungen bei entsprechender Willensanstrengung zu überwinden. Dafür spricht insbesondere, dass der Kläger zur Begutachtung alleine von F. nach B. S. mit dem Auto gefahren ist, sich trotz der lang andauernden Untersuchung klinisch manifeste Konzentrationsstörungen nicht gefunden haben und der Kläger die Pausen zum Lesen von Zeitschriften genutzt hat. Überdies hat Prof. Dr. B. nur ein Schmerzsyndrom Grad I (bei einer Skalierung von I bis III) beschrieben, also eine leichte Ausprägung, worauf Dr. D. in ihrer Stellungnahme vom 28.02.2013 zutreffend hingewiesen hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, warum Prof. Dr. B. von den Leistungsbeurteilungen der anderen Sachverständigen insbesondere der des Neurologen Dr. C., abweicht und von einem unter sechststündigen Leistungsvermögen ausgeht. Allein die Tatsache, dass der Kläger seit langem vom Erwerbsleben entwöhnt ist und dadurch die Daueraufmerksamkeit bzw die Fähigkeit sich dauerhaft zu konzentrieren "nicht sicher sein dürfte" (S 23 des Gutachtens von Prof. Dr. B.) reicht für die Annahme eines quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögen nach Auffassung des Gerichts nicht aus. Zur Wiedererlangung eines strukturierten Tagesablaufs wäre zB ein Bewerbertraining beim Jobcenter oder der Arbeitsagentur denkbar, die Beklagte ist hierfür aber nicht zuständig.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr.5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist 1959 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Der Senat teilt die Einschätzung des SG, dass die zuletzt vom Kläger erlernten bzw verrichteten Tätigkeiten (vgl den von ihm mitgeteilten Lebenslauf Bl 273 Verwaltungsakte) als Elektroniker, Teilkonstrukteur CAD und PC- bzw Netzwerkfachkraft mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden können, da es sich um leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen mittelschwerer oder schwerer Lasten handelt, die nicht in Zwangshaltungen verrichtet werden müssen. Geht man wegen der langjährigen Loslösung vom Arbeitsmarkt davon aus, dass der allgemeine Arbeitsmarkt Bezugspunkt gilt dies erst recht, denn leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann der Kläger, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. S., Dr. C. und das Verwaltungsgutachten von Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Auf die vom Kläger angeregte Beiziehung seiner Krankenhausakte konnte verzichtet werden, da sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Verfahren vor dem SG aktuelle Befundberichte der behandelnden Ärzte vorlagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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