S 180 SF 408/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
180
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 180 SF 408/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine natürliche Person, die in einem Verfahren nach § 197a SGG beigeladen ist und deren persönliches Erscheinen zu einem Termin durch das Gericht angeordnet wurde, hat Anspruch auf Entschädigung nach dem JVEG.
Die Antragsgegnerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall nach §§ 19, 22 JVEG. Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

In dem Rechtsstreit S 89 KR 1944/09 ordnete die Vorsitzende der 89. Kammer des Sozialgerichts Berlin zum Termin am 24. September 2013 das persönliche Erscheinen der Beigeladenen, der jetzigen Antragsgegnerin, an. Die Antragsgegnerin ist auch persönlich erschienen. In dem Urteil der Kammer vom 24. September 2013 heißt es im Kostentenor: "Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt."

Mit ihrem Entschädigungsantrag vom 9. Oktober 2013, der am 18. Oktober 2013 in der Festsetzungsstelle des Sozialgerichts Berlin eingegangen ist, machte die Antragsgegnerin Entschädigung für Verdienstausfall bei Selbständigen als Physiotherapeutin und sonstigen Zeitausfall am 24. September 2013 für die Zeit von 09:30 Uhr bis 13:30 Uhr geltend.

Der Antragsteller meint, die Regelung des § 191 SGG gelte in Verfahren, die nach § 197a SGG kostenpflichtig seien, nicht. Überdies normiere § 197a Abs. 2 Satz 3 SGG, dass Aufwendungen des Beigeladenen keine Gerichtskosten seien, weshalb diese offenkundig außergerichtliche Kosten darstellen würden, die die Antragsgegnerin nach der Kostenentscheidung in dem Urteil vom 24. September 2013 jedoch selbst zu tragen habe.

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert.

II.

Der nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zulässige Antrag auf gerichtliche Festsetzung führt zu der tenorierten Feststellung, mit der die Antragsgegnerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall geltend machen kann. Eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG ist ihr hingegen dem Grunde nach nicht zu gewähren, weil die Entschädigung für Verdienstausfall vorrangig ist, vgl § 20 JVEG. Auch die Staatskasse ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG berechtigt, einen Antrag auf Festsetzung der Entschädigung zu stellen. Die Kammer entscheidet vorliegend nur dem Grunde nach, da zwischen den Beteiligten derzeit lediglich streitig ist, ob der Antragsgegnerin überhaupt ein Anspruch auf Entschädigung zusteht.

Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der §§ 184 bis 195 SGG in gerichtskostenpflichtigen Verfahren nach § 197a SGG nicht. Danach gilt auch § 191 SGG nicht, der eine Auslagenvergütung für Beteiligte vorsieht, deren persönliches Erscheinen angeordnet worden ist (vgl auch Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. September 2006, L 3 U 311/05.Ko – Juris). Als Ausnahme hierzu normiert § 197a Abs. 2 Satz 3 SGG, wonach Aufwendungen eines Beigeladenen unter den Voraussetzungen des § 191 SGG vergütet werden; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten. Die Vorschrift ist durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl I, 2144) mit Wirkung ab dem 2. Januar 2002 eingeführt worden. In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 4. Mai 2001 (BT-Drucks 14/5943) heißt es zur Begründung auf Seite 29, dass Absatz 2 Satz 2 (des § 197a SGG) klarstelle, dass den kostenrechtlich begünstigten Personen, auch wenn sie beigeladen worden sind, grundsätzlich keine Kosten auferlegt werden könnten. Die §§ 191, 192 SGG sollen allerdings anwendbar sein. § 191 SGG enthalte eine Rechtsgrundverweisung, mit der Folge, dass der Beigeladene nicht in jedem Fall, sondern nur im Fall seines persönlichen Erscheinens eine Entschädigung beanspruchen könne. Eine ihm gezahlte Entschädigung solle nicht zu den Gerichtskosten gehören und damit grundsätzlich von der Staatskasse erstattet werden. Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich bei der Entschädigung iSd § 191 SGG nicht um außergerichtliche Kosten eines Beigeladenen handeln kann, sondern um Aufwendungen des Gerichts, die nicht zu den Gerichtskosten gehören (vgl § 197a Abs. 2 Satz 3 SGG), mit der Folge, dass diese nicht von dem zur Tragung der Kosten des Verfahrens verpflichteten Beteiligten als Gerichtskosten zu erstatten sind. Die Voraussetzungen des § 191 SGG liegen vor. Die Antragsgegnerin ist eine natürliche Person, sie war Beteiligte des Rechtsstreits S 89 KR 1944/09 vor dem Sozialgericht Berlin, denn sie war Beigeladene (vgl § 69 Nr. 3 SGG). Ihr persönliches Erscheinen zum Termin ist angeordnet worden. Die Kammer stellt sich mit der Entscheidung nicht in einen Widerspruch zu der zitierten Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts, weil in dem dortigen Verfahren die Klägerin des Hauptsacheverfahrens eine Entschädigung geltend gemacht hatte, welche das Gericht in Ermangelung einer Rechtsgrundlage nicht festsetzen konnte. Diese Entscheidung ist gerichtsgebührenfrei, eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Die Beschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit zuzulassen, § 4 Abs. 3 JVEG.
Rechtskraft
Aus
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