L 5 V 506/01

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 11 V 2101/98
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 506/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9/9a V 1/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Februar 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Der 1937 geborene Kläger hat als ausländischer Staatsbürger seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien). Anfang 1944 erlitt er in der Nähe seines Geburtsortes B. infolge der Explosion eines herumliegenden Sprengkörpers eine schwere körperliche Verletzung. Der Kläger ist deshalb in seinem Heimatland als ziviles Kriegsopfer mit einem Anspruch auf Rente (Kriegsinvalidität 100 %) anerkannt.

Mit Bescheid vom 15. Mai 1990 stellte das Versorgungsamt Fulda bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 70 v.H. folgende Schädigungsfolgen fest:

"1. Verlust des rechten Armes im Unterarm,
2. Teilverlust des Endgliedes des II. Fingers links sowie zahlreiche Narben im Bereich des linken Unterschenkels und des linken Knies,
3. Narbe im Bereich der rechten Orbita,
4. Verlust des rechten Auges"

und gewährte dementsprechende Auslandsversorgung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch mit dem Begehren einer MdE von 100 v.H. wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 1991 zurück. In dem sich daran anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (S 11 V 3193/91) stellte der Beklagte mit Bescheid vom 8. März 1993 fest, dass der am 15. Mai 1990 erteilte Bewilligungsbescheid und alle folgenden Neufeststellungsbescheide wegen § 7 Abs. 2 BVG rechtswidrig seien, jedoch wegen Ablaufes der 2-Jahres-Frist gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X nicht mehr zurückgenommen werden könnten. Nach § 48 Abs. 3 SGB X könne keine weitere Leistungserhöhung mehr vorgenommen werden. Es müsse für immer bei dem zuletzt bindend gewordenen Zuerkennungszahlbetrag verbleiben. Mit Urteil vom 24. Februar 1995 wurde die Klage durch das Sozialgericht abgewiesen. Das sich anschließende Berufungsverfahren (L 5 V 916/95) blieb ohne Erfolg (Urteil vom 23. Mai 1996). Die Nichtzulassungsbeschwerde (9 BV 214/96) wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 29. Januar 1997 als unzulässig verworfen.

Am 23. April 1997 beantragte der Kläger bei der Orthopädischen Versorgungsstelle K. die Versorgung mit einer Armprothese (Kunstarm) und einer Augenprothese (Kunstauge). Mit Bescheid vom 30. Juli 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 1998 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab, da mit Bescheid vom 8. März 1993 festgestellt worden sei, dass dem Kläger Kriegsopferversorgung nach dem BVG dem Grunde nach nicht zustehe.

Am 30. Januar 1998 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.

Mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln bzw. Körperersatzstücken habe. Zwar würden Versorgungsberechtigte gemäß § 13 BVG in Verbindung mit §§ 1 ff. der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Orthopädieversorgung - OrthV) auf entsprechenden Antrag mit orthopädische Hilfsmitteln bzw. Körperersatzstücken versorgt. Der Kläger gehöre jedoch nicht zu dem Personenkreis der Versorgungsberechtigten, obwohl ihm Versorgungsleistungen nach dem BVG gezahlt würden. Denn bei diesen Zahlungen handele es sich um Leistungen, die dem Kläger eigentlich nicht zustehen würden. Sie könnten seit Erteilung des Bescheides vom 8. März 1993 nur deshalb fortgezahlt werden, weil der Beklagte den rechtswidrigen Bewilligungsbescheid vom 15. Mai 1990 gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X nicht mehr zurücknehmen dürfe. Die Versorgung des Klägers mit Hilfsmitteln und Körperersatzstücken sei deshalb ungeachtet einer Weiterzahlung der Versorgungsleistungen gemäß § 7 Abs. 2 BVG ebenso ausgeschlossen wie höhere Geldleistungen. Denn § 7 Abs. 2 regele, dass das BVG nicht angewandt werde auf Kriegsopfer, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegenüber ihrem eigenen Heimatstaat besäßen, es sei denn, dass zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmten. Das Bundessozialgericht habe 1996 und in mehreren Entscheidungen aus den Jahren 1992 und 1993 ausdrücklich entschieden, dass jeder Versorgungsanspruch nach dem BVG ausgeschlossen sei, wenn die Schäden, deretwegen Versorgungsansprüche nach dem BVG geltend gemacht würden, im Heimatland Anspruch auf eine Versorgung - gleich welcher Art und Höhe - auslösten. Dabei sei es auch unerheblich, in welcher Höhe diese Leistung gewährt werde und ob sie überhaupt zur Auszahlung komme. Es reiche aus, dass der Betroffene zu einem ausländischen Versorgungssystem dazu gehöre. Auch bei dem Kläger liege dieser Sachverhalt vor, er selbst habe einen Folgebescheid der Gemeindeverwaltung N. aus dem Jahr 1997 vorgelegt, woraus sich ergebe, dass er dem Kriegsopferversorgungssystem seines Heimatlandes angehöre. Folglich sei im Falle des Klägers nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes "jedweder Versorgungsanspruch nach dem BVG" und damit auch die Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln bzw. Körperersatzstücken grundsätzlich ausgeschlossen. Zwischenstaatliche Vereinbarungen, die im Sinne des § 7 Abs. 2 BVG etwas anderes bestimmten, seien zur Zeit nicht vorhanden.

Gegen den am 12. Februar 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. Mai 2001 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Der Kläger verfolgt sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht, dass hier die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BVG falsch ausgelegt würden. In verschiedenen Instanzen habe er bereits diese Bestimmungen bestritten, jedoch habe er immer keine entsprechende Antwort erhalten. Entscheidend sei, dass die Ursachen seiner Körperschädigung durch die Stationierung der Deutschen Wehrmacht in seinem Heimatdorf ausgelöst worden sei. Deshalb müsse er auch Anspruch auf Versorgung nach dem BVG haben und entsprechend mit einer Armprothese und einer Augenprothese versorgt werden.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Februar 2001 sowie den Bescheid vom 30. Juli 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 1998 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn mit einer Armprothese (Kunstarm) sowie einer Augenprothese (Kunstauge) zu versorgen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten Band I und II sowie der Archiv-Akten Band I und II des Sozialgerichts Frankfurt am Main (S 11 V 3193/91) sowie die beigezogenen Beschädigtenakten, Band I und II und die Akte der Orthopädischen Versorgungsstelle K ...

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da die Ladung einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie statthaft (§ 151 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Satz 2 und §§ 143, 144 SGG).

Die Berufung ist jedoch sachlich unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 8. Februar 2001 die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 30. Juli 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 1998 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Armprothese bzw. einer Augenprothese.

Das Sozialgericht hat in seinen Entscheidungsgründen den Sachverhalt unter allen rechtlichen Gesichtspunkten eingehend geprüft und hat zu Recht ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Hilfsmittel bzw. Körperersatzstücke hat. Denn entscheidend ist, dass rechtskräftig und damit bindend festgestellt worden ist, dass der Kläger nicht zum Personenkreis der Versorgungsberechtigten nach dem BVG gehört. Nach § 7 Abs. 2 BVG ist eine Doppelversorgung ausgeschlossen. Dies ist durch Bescheid vom 8. März 1993 festgestellt worden. Die Überprüfung durch das Sozialgericht und das Hessische Landessozialgericht war erfolglos. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht verworfen. Damit ist diese Entscheidung rechtskräftig und bindend für die Zukunft. Da der Kläger nicht zum Kreis der Versorgungsberechtigten nach dem BVG gehört, hat er auch keinen Anspruch auf Hilfsmittel nach § 13 BVG i. V. m. §§ 1 ff Orth V. Damit hat er keinen Anspruch auf die Gewährung einer Armprothese und einer Augenprothese. Im Berufungsverfahren hat sich trotz der ausführlichen Berufungsbegründung des Klägers keine andere Sach- und Rechtslage ergeben. In Anbetracht dessen sieht der Senat aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab und verweist voll inhaltlich auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved