S 6 AS 46/14 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 6 AS 46/14 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Weigert sich der Leistungsempfänger grundsätzlich, an einer ärztlichen Begutachtung teilzunehmen und einer Weiterleitung der Einschätzung des Leistungsvermögens an den SGB II-Leistungsträger die Zustimmung zu erteilen, so ist der SGB II-Leistungsträger zur Erteilung eines Bescheids nach § 66 SGB I berechtigt.
Der Antrag wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die teilweise Entziehung von bewilligten SGB II-Leistungen.

Der 1962 geborene Antragsteller steht seit dem Jahr 2005 beim Antragsgegner im SGB II-Leistungsbezug. Mindestens seit Mai 2012 übersendet der Antragsteller dem Antragsgegner fortgesetzte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. (vgl. exemplarisch Bl. 1055, 1089, 1106, 1125).

Auf eine Einladung vom 03.05.2012 zu einem Meldetermin am 23.05.2012 antwortete der Antragsteller mit Fax vom 04.05.2012, dass er sich wegen seiner stressbedingten psychosomatischen Gesundheitsstörungen derzeit "nicht in der Lage" sehe, an solchen aus seiner Sicht "völlig sinnlosen Terminen" teilzunehmen (Bl. 4 Verwaltungsakte - gesonderter Aktenbestandteil).

Der Antragsteller überreichte sodann auch ein entsprechendes Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 22.05.2012 (Bl. 34 Verwaltungsakte - gesonderter Aktenbestandteil), dass der Antragsteller bis auf weiteres wegen einer "tiefgreifenden seelischen Störung" arbeitsunfähig erkrankt und nicht in der Lage sei, an Terminen irgendwelcher Art im Jobcenter oder anderweitig teilzunehmen, weshalb sich der Antragsgegner veranlasst sah, das Leistungsvermögen des Antragsstellers zu überprüfen. Ohne die Feststellung des Leistungsvermögens seien zumutbare, gezielte und erfolgversprechende Vermittlungsaktivitäten nicht möglich (Bl. 18 Verwaltungsakte – gesonderter Bestandteil).

Mit Schriftsatz vom 04.06.2013 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er auf Grund der seit Monaten bestehenden attestierten Arbeitsunfähigkeit die gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers durch den Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit abklären lassen wolle. Die Erwerbsfähigkeit sei zentrale Voraussetzung für einen Bezug von Arbeitslosengeld II (§§ 7 Abs. 1 S.2 Nr. 2 und 8 Abs. 1 SGB II). Der Antragsteller wurde in diesem Schreiben aufgefordert, einen beigefügten Gesundheitsfragebogen auszufüllen und zu unterschreiben und die dazugehörende Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht zu unterschreiben und zu übersenden. Weitere Informationen möge der Antragsteller einem beigefügten Informationsblatt zur Vorstellung beim Ärztlichen Dienst entnehmen. Dem Antragsteller wurde aufgegeben, alles bis zum 10.07.2013 zu überreichen. Weiterhin heißt es in dem Schreiben:
"Bitte beachten Sie:
Haben Sie bis zu dem genannten Termin die erforderliche Unterlagen nicht eingereicht oder einen wichtigen Grund mitgeteilt, beabsichtige ich Ihren Regelbedarf in der ersten Stufe um 30 % bis zur Nachholung Ihrer Mitwirkungshandlung zu reduzieren (§§ 60, 66, 67 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Das bedeutet, dass Sie geringere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten."
Abschließend heißt es in diesem Schriftsatz, dass gegen "diesen Bescheid" Widerspruch eingelegt werden könne (Bl. 1202 f. Verwaltungsakte).

Dem Schreiben waren das Informationsblatt, der Gesundheitsfragebogen und ein Formular zur Entbindung von der Schweigepflicht beigefügt (Bl. 1204 ff. Verwaltungsakte).

Der Antragsteller überreichte ein Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 11.06.2013, wonach der Antragsteller seit Jahren bei ihm in Behandlung sei. Wegen einer tiefergehenden seelischen Störung sei der Antragsteller arbeitsunfähig erkrankt (Bl. 1207 Verwaltungsakte).

Mit Schriftsatz vom 08.07.2013 stellte der Antragsteller hinsichtlich des Bescheids vom 04.06.2013 einen Überprüfungsantrag. Auch beantrage er die Beachtung der aufschiebenden Wirkung gegen angedrohte Sanktionen (Bl. 1200 Verwaltungsakte).

Mit Schriftsatz vom 10.07.2013 erwiderte der Antragsgegner, dass es sich bei dem Schreiben um keinen Bescheid handele. Die Rechtsbehelfsbelehrung sei nur versehentlich beigefügt worden. Durch die Auswertung von medizinischen Unterlagen solle die Erwerbsfähigkeit geklärt werden, ohne dass es einer persönlichen Vorladung des Antragstellers bedürfe (Bl. 1210 f. Verwaltungsakte).

Hierauf hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11.07.2013 erwidert, dass die "Bedrohung" unter Rechtsbehelfsbelehrung ein Verwaltungsakt sei. Auch würden sämtliche Unterlagen über seinen Gesundheitszustand bereits vorliegen (Bl. 1213 Verwaltungsakte).

Der Antragsgegner hatte auf den Schriftsatz vom 11.07.2013 erwidert, dass aus einer vom Antragsteller angeführten Kommentierung hervorgehe, dass es sich bei einer Aufforderung nach § 60 SGB I um keine Regelung handele (Bl. 1214 Verwaltungsakte).

Am 13.07.2013 hatte der Antragsteller unter dem Aktenzeichen S 6 AS 145/13 ER einen einstweiligen Rechtsschutzantrag beim Sozialgericht Kassel gestellt. Er sei nur arbeitsunfähig, nicht aber erwerbsunfähig (Bl. 1 ff. Gerichtsakte S 6 AS 145/13 ER). Mit Schriftsatz vom 16.07.2013 hatte der Antragsgegner unter Bezugnahme auf Rechtsprechungsnachweise hierauf erwidert, dass es sich bei seiner Aufforderung um keinen Verwaltungsakt handele. Es fehle an einem Anordnungsanspruch und an einem Anordnungsgrund (Bl. 29 f. Gerichtsakte S 6 AS 145/13 ER). Der Antragsteller hatte hierauf mit Schriftsatz vom 18.07.2013 geantwortet, dass es kein verfassungskonformes Gesetz gebe, welches ihn zu Übersendung einer Schweigepflichtentbindung zwingen dürfe (Bl. 32 f. Gerichtsakte S 6 AS 145/13 ER). Das Sozialgericht Kassel hat den einstweiligen Rechtsschutzantrag mit Beschluss vom 19.07.2013 unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass es an einem Eilbedürfnis fehle (Bl. 34 ff. Gerichtsakte S 6 AS 145/13 ER).

Da der Antragsteller den Gesundheitsfragebogen und die Schweigepflichtentbindung nicht überreichte, entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 23.07.2013 (Bl. 2 Gerichtsakte S 6 AS 155/13 ER) wegen einer vorgeworfenen fehlenden Mitwirkung 30 % der gewährten SGB II-Leistungen.

Mit Schriftsatz vom 23.07.2013 legte der Antragsteller gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Schriftsatz Bezug genommen (Bl. 4 Gerichtsakte S 6 AS 155/13 ER)

Im Rahmen eines zweiten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens überreichte der Antragsteller einen Befundbericht der Diplompsychologin C. vom 30.07.2013 mit den Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode mit Somatisierung sowie einer Panikstörung. Sie halte den Antragsteller für unter drei Stunden leistungsfähig und erwarte innerhalb von 6 Monaten keine Besserung (Bl. 65 Gerichtsakte S 6 AS 155/13 ER).

Mit Schriftsatz vom 07.08.2013 nahm der Antragsgegner den Entziehungsbescheid vom 23.07.2013 zurück und kündigte die Auszahlung der einbehaltenen SGB II-Leistungen an, da der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht zumindest teilweise nachgekommen sei. Für den Fall, dass der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit zur Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage nicht auf die Schweigepflichtentbindungserklärung des Antragstellers verzichten könne, müsse der Antragsteller mit einer Wiederholung des von ihm angegriffenen Procedere rechnen (Bl. 77 f. Gerichtsakte S 6 AS 155/13 ER).

Das Gericht hat den hieraufhin gleichwohl nicht für erledigt erklären einstweiligen Rechtsschutzantrag mit Beschluss vom 21.08.2013 abgelehnt, da es ein Rechtsschutzbedürfnis an der Fortsetzung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 6 AS 155/13 ER nicht feststellen konnte (Bl. 96 ff. Gerichtsakte S 6 AS 155/13 ER).

In der Verwaltungsakte des Antragsgegners befindet sich eine Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. C. des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 04.09.2013 über ein Beratungsgespräch mit einem Mitarbeiter des Antragsgegners. Es werde weiterhin um Vorlage der Schweigepflichtentbindung gebeten, damit alle vorliegenden medizinischen Befunde angefordert werden könnten. Nach Eingang der Befunde müsse geprüft werden, ob eine Begutachtung nach Aktenlage möglich sei (Bl. 1279 Verwaltungsakte).

Aus einer weiteren Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. C. vom 26.08.2013 geht hervor, dass die bereits vorgelegten Befunde nicht ausreichend seien, um die Frage zu klären, ob wegen Krankheit oder Behinderung eine Minderung der Leistungsfähigkeit vorliege, die eine regelmäßige mindestens drei Stunden umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für einen Zeitraum von mindestens 6 Monate ausschließe (Bl. 1299 Verwaltungsakte).

Mit Schriftsatz vom 09.09.2013 wandte sich der Antragsgegner an den Antragsteller (Bl. 1266/ 1300 Verwaltungsakte). Nach Mitteilung des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit reichten die ärztlichen Bescheinigungen für eine sozialmedizinische Begutachtung nach Aktenlage nicht aus. Der Antragsteller werde gebeten, die im Gesundheitsfragebogen benannten Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Der Antragsteller möge den ausgefüllten Gesundheitsfragebogen und die Schweigepflichtentbindungen bitte mit zum 30.09.2013 einreichen. Des Weiteren heißt es in diesem Schreiben:
"Bitte beachten Sie:
Haben Sie bis zu dem genannten Termin die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht oder einen wichtigen Grund mitgeteilt, beabsichtige ich Ihren Regelbedarf in der ersten Stufe um 30 % bis zur Nachholung Ihrer Mitwirkungshandlung zu reduzieren (§§ 60, 66, 67 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Das bedeutet, dass Sie geringere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten."
Diesem Schreiben waren ein Informationsblatt zur Vorstellung beim Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit, der Gesundheitsfragebogen für Erwachsene und Schweigepflichtentbindungsformulare (Bl. 1268, 1269 1276 Verwaltungsakte) beigefügt.

Der Antragsteller erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 10.09.2013, dass er den Eindruck habe, dass man ihn schikanieren wolle. Er beantrage einen Nachweis im Wege eines Bescheids, dass und aus welchen Gründen die überreichten Unterlagen nicht ausreichten, um eine Begutachtung nach Aktenlage erstellen zu können (Bl. 1302 Verwaltungsakte).

Die Geschäftsführerin des Antragsgegners erläuterte dem Antragsteller hierauf, dass der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit den Befundbericht der Diplompsychologin C. nicht für ausreichend erachtet habe und wies den Antragsteller noch einmal auf die mit dem Schreiben vom 09.09.2013 geforderte Mitwirkungshandlung sowie die Fristsetzung bis 30.09.2013 hin (Bl. 1303 f. Verwaltungsakte).

Der Antragsteller erwiderte hierauf in mehreren Schriftsätzen, dass er den Behauptungen des Antragsgegners nicht glaube und auf einen Nachweis hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit der Gutachtenerstellung nach Aktenlage bestehe, worauf der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schriftsatz vom 25.09.2013 die Vermerke der Medizinaldirektorin Dr. C. übersandte (Bl. 1309 Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 14.11.2013 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2013 bis 31.05.2014 in Höhe von monatlich 628,61 EUR (Bl. 1315 Verwaltungsakte). Auf den Einwand des Antragstellers, dass die Kosten der Unterkunft tatsächlich höher seien, hob der Antragsteller die Leistungshöhe mit Änderungsbescheid vom 12.12.2013 ab 01.01.2014 auf monatlich 640,88 EUR an (Bl. 1322 Verwaltungsakte).

In der Verwaltungsakte des Antragsgegners befindet sich ein Beratungsvermerk des Medizinaldirektors Dr. D. vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit aus ZP. vom 05.12.2013. Nach dem Schreiben des Antragstellers vom 26.09.2013 sei zum jetzigen Zeitpunkt unklar, ob der Ärztliche Dienst die eingereichten Befunde interpretieren dürfe. Der Antragsteller untersage explizit, in seiner Angelegenheit mit dem Antragsgegner gesundheitlich relevante Informationen auszutauschen. Im Rahmen des Begutachtungsergebnisses sei es jedoch nicht vermeidbar, im Einzelfall über vermittlungs- und beratungsrelevante Gesundheitsstörungen (ohne konkrete Diagnosestellung) zu diskutieren. Der Antragsgegner werde gebeten, den Antragsteller noch einmal zu befragen, ob er im Rahmen der üblichen Begutachtung damit einverstanden sei, dass die Mitteilung entsprechender Leistungseinschränkungen oder vermittlungs- oder beratungsrelevante Gesundheitsstörungen an den Antragsgegner möglich seien. Darüber hinaus sei in Anbetracht der Gesamtkonstellation eine externe Begutachtung notwendig. Der Antragsgegner möge den Antragsteller befragen, ob er mit einer externen Begutachtung einverstanden sei (Bl. 1363 Verwaltungsakte).

Mit Schriftsatz vom 21.01.2014 wandte sich der Antragsgegner an den Antragsteller. Man habe den Antragsteller bereits mit Schriftsätzen vom 04.06.2013 und vom 09.09.2013 über die grundsätzlich bestehende Notwendigkeit zur Durchführung einer sozialmedizinischen Begutachtung und die gesetzlich bestehende Mitwirkungspflicht informiert. Der Ärztliche Dienst habe mitgeteilt, dass der Antragsteller ihm untersagt habe, mit dem Antragsgegner gesundheitlich relevante Informationen auszutauschen. Im Rahmen des Begutachtungsergebnisses sei es jedoch nicht vermeidbar, dem Antragsgegner über die Person des Antragstellers und seinen Gesundheitszustand solche Angaben zu machen, die für die Beratung, Vermittlung und Klärung von Leistungsansprüchen erforderlichen seien. Darüber hinaus habe der Ärztliche Dienst mitgeteilt, dass die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten. Vielmehr sei eine externe Zusatzbegutachtung erforderlich. Der Antragsteller werde aufgefordert, bis zum 07.02.2014 mitzuteilen, ob er bereit sei, zu einer erforderlichen ärztlichen Untersuchung persönlich zu erscheinen. Eine Einladung erhalte er vom Ärztlichen Dienst per Post. Zugleich werde um Mitteilung gebeten, ob der Antragsteller der Übermittlung des Gutachtens mit den für die Beratung, Vermittlung oder Klärung des Leistungsanspruchs relevanten Angaben zustimme. Abschließend heißt es in diesem Schreiben:
"Bitte Beachten Sie:
Haben Sie bis zu dem genannten Termin die erforderlichen Tatsachen sowie die Zustimmung zu den erforderlichen ärztlichen oder psychologischen Untersuchungsmaßnahmen persönlich zu erscheinen nicht erklärt oder einen wichtigen Grund mitgeteilt, beabsichtige ich Ihren Regelbedarf in der ersten Stufe um 30 Prozent bis zur Nachholung Ihrer Mitwirkungshandlung zu reduzieren (§§ 60, 66, 67 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Dies bedeutet, dass Sie geringere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten (Bl. 1332 Verwaltungsakte).

Der Antragsteller erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 18.02.2014, dass er den Inhalt des Schreibens des Antragsgegners für "größtenteils inhaltlich und rechtlich irrelevant" halte. Er werde den Ärztlichen Dienst nicht von der Schweigepflicht gegenüber dem Antragsgegner entbinden. Ohne einen rechtsmittelfähigen Bescheid, in dem ihm die tatsächlichen oder rechtlichen Gründe für die Aufforderungen des Antragsgegners erläutert würden, sehe er sich nicht dazu in der Lage, zu entscheiden, ob die Aufforderungen des Antragsgegners rechtens und sachdienlich seien. Er könne daher auch nicht entscheiden, ob er einer externen Begutachtung zustimmen könne oder nicht (Bl. 1335 Verwaltungsakte).

Mit Entziehungsbescheid vom 25.02.2014 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller mangels einer Mitwirkung bei der Feststellung bzw. Überprüfung der Erwerbsfähigkeit ab dem 01.03.2014 dreißig Prozent des Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Abs. 1 SGB II. Der Antragsteller sei wegen seiner seit Monaten attestierten Arbeitsunfähigkeit bereits am 04.06.2013 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen fehlender Mitwirkung aufgefordert worden, einen ausgefüllten Gesundheitsfragebogen und die dazu gehörende Schweigepflichtentbindungen, sowie alle medizinischen Befunde in einen verschlossenen Umschlag bis zum 10.07.2013 einzureichen, damit durch den Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit die gesundheitliche Leistungsfähigkeit abgeklärt werden könne. Dem habe der Antragsteller nicht entsprochen. Die Leistungs- und Erwerbsfähigkeit sei eine zentrale Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Die Aufforderung vom 04.06.2013 habe den Hinweis enthalten, dass bei Nichtvorlage der geforderten Unterlagen bis zum gesetzten Termin eine teilweise Minderung der Regelleistung in Höhe von 30 Prozent des Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 S.1 SGB II bis zur Nachholung der Mitwirkung beabsichtigt sei. Zur Begründung habe der Antragsteller angegeben, dass alle notwendigen Unterlagen vorliegen würden, aus denen die Arbeitsunfähigkeit, nicht aber die Erwerbsunfähigkeit hervorgingen. Die mit teilweisem Entziehungsbescheids vom 23.07.2013 einbehaltenen Leistungen seien nach Vorlage des Befundberichts der Diplom-Psychologin C. wieder ausgekehrt worden. Eine Begutachtung habe nach Aktenlage stattfinden sollen. Hierzu seien dem Antragsteller Schweigepflichtentbindungsformulare zur Verfügung gestellt worden. Die Aufforderungen vom 09.09.2013 und vom 21.01.2014 hätten jeweils erneut den Hinweis enthalten, dass bei Nichtvorlage der geforderten Unterlagen eine teilweise Minderung der Regelleistung um monatlich 117,30 EUR (entspricht 30 % des Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 S.1 SGB II) bis zur Nachholung der Mitwirkung beabsichtigt sei. Am 18.02.2014 habe der Antragsteller mitgeteilt, dass er nicht bereit sei, an einer ärztlichen Untersuchung mitzuwirken und dass das Einverständnis zur Datenübermittlung zumindest derzeit nicht erteilt werde. Die oben genannten Leistungen seien teilweise entzogen worden, da der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei (§§ 60 Abs. 1 und 66 Abs. 1 SGB I). Auch die tatbestandlichen Einschränkungen des § 65 SGB I seien nicht erfüllt. Es würden keine Gründe vorliegen, die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigen seien. Nach Abwägung des Sinn und Zwecks der Mitwirkungsvorschriften mit den Interessen des Antragstellers sowie dem öffentlichen Interesse an der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung seien Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 01.03.2014 teilweise in Höhe von 30 % der Regelleistung entzogen worden (Bl. 1340 Verwaltungsakte).

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 25.02.2014 Widerspruch ein (Bl. 1343 Verwaltungsakte). Der Ärztliche Dienst habe mit Schreiben vom 26.09.2013 alle relevanten Unterlagen einschließlich der Schweigepflichtentbindungen erhalten. Auch habe der Ärztliche Dienst bei allen Behandlern Unterlagen eingeholt. Er habe damit vollständig mitgewirkt. Lediglich mit Schreiben vom 21.01.2014 sei er vom Antragsgegner aufgefordert worden, einer angeblich notwendigen externen Begutachtung zuzustimmen. Diesbezüglich habe er die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids über die tatsächlichen oder rechtlichen Gründe einer angeblichen Notwendigkeit einer externen Begutachtung eingefordert. Dies werde aber verweigert. Zunächst hätten der Antragsgegner und der Ärztliche Dienst zu handeln. Wenn dies erfolgt sei, sehe man weiter.

Ebenfalls am 25.02.2014 hat der Antragsteller ein weiteres einstweiliges Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht. Der Antragsgegner solle die Leistungskürzung "ersatzlos" zurückziehen und die Leistungskürzung sofort an ihn auszahlen. Auch hätte der Antragsgegner ihm die geforderten Auskünfte in rechtsmittelfähigen Bescheiden zu erteilen. Der Antragsschrift war u.a. die an den Ärztlichen Dienst gerichtete Schweigepflichtentbindung beigefügt (Bl. 7 ff. Gerichtsakte S 6 AS 46/14 ER).

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2014 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück (Bl. 1353 ff. Verwaltungsakte). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 66 SGB I seien erfüllt. Die weitere Leistungsfähigkeit bzw. das Restleistungsvermögen des Antragstellers seien fraglich, weshalb der Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit eingeschaltet worden sei. Dieser halte nach Auswertung der beigezogenen Befundberichte eine externe Zusatzbegutachtung für erforderlich, welcher der Antragsteller aber nicht zustimme. Auch habe der Antragsteller einer Bekanntgabe seines positiven und negativen Leistungsbildes gegenüber dem Antragsgegner zur Beurteilung seiner Erwerbs- und Leistungsfähigkeit für eine Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausdrücklich widersprochen beziehungsweise dem Ärztlichen Dienst einen Austausch gesundheitlich relevanter Informationen untersagt. Der diesbezüglichen Aufforderung vom 21.01.2014, sein Einverständnis zu einer externen Zusatzbegutachtung zu erteilen und der späteren Bekanntgabe seines Leistungsbildes (ohne konkrete Diagnosestellung) zuzustimmen, sei der Antragsteller trotz Belehrung über die Rechtsfolgen innerhalb der ihm bis 21.02.2014 verlängerten Handlungsfrist nicht nachgekommen und habe hierfür auch keine als wichtig objektivierbare Hinderungsgründe angegeben. Der Antragsgegner habe vom Antragsteller zur Klärung der fraglichen Erwerbsfähigkeit eine Zustimmung zu einer externen Zusatzbegutachtung sowie zur anschließenden Bekanntgabe seines positiven und negativen Leistungsbildes ohne konkrete Diagnosestellung durch den Ärztlichen Dienst gegenüber dem betreuenden Arbeitsvermittler gefordert. Ein Ermessensfehler liege nicht vor. Gerade bei der Beurteilung einer tiefgreifenden seelischen Störung, wie sie von der Diplompsychologin C. diagnostiziert werde, sei eine externe Zusatzbegutachtung durch einen hierzu befähigten medizinisch-psychologischen Sachverständigen ein wesentlicher Teil der Sachverhaltsermittlung. § 66 SGB I sei auch im Bereich der existenzsichernden Leistungen anwendbar. Die im allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches beheimatete Norm werde nicht durch die Regelungen zu den §§ 31 ff. SGB I verdrängt, noch durch die Nahtlosigkeitsregelung in § 44a SGB II infrage gestellt. Das Spannungsverhältnis zwischen diesen Vorschriften sei im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Sanktionen nach §§ 31 ff. SGB II bezögen sich darauf, Leistungen wegen eines Fehlverhaltens zu mindern, deren sonstige Anspruchsvoraussetzungen geklärt seien. Die Einziehung oder Versagung nach § 66 SGB I solle hingegen eine Mitwirkung durchsetzen, weil die Voraussetzungen der Leistungen zweifelhaft oder nicht nachgewiesen seien. Es handele sich um unterschiedliche Zielrichtungen. Dementsprechend hätten beide Vorschriften auch unterschiedliche Voraussetzungen. Hinzu komme, dass für verschiedene Mitwirkungspflichten des § 60 SGB I im SGB II keine Sanktion vorgesehen sei. Die Nahtlosigkeitsregelung des § 44a SGB II stelle sicher, dass ein Hilfebedürftiger bildlich "nicht zwischen zwei Stühle" gerate, weil zwei Behörden jeweils mit unterschiedlichen Argumenten existenzsichernde Leistungen ablehnten. Diese Regelung könne nur vollzogen werden, wenn ein Hilfebedürftiger in hinreichendem Umfang mitwirke. Die Rechtsfolge der fehlenden Mitwirkung stehe gem. § 66 Abs. 1 S.1 SGB I im Ermessen der Behörde. Der Leistungsträger könne die beantragten Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. Bei den Ermessenserwägungen habe der Antragsgegner einerseits berücksichtigt, dass der Antragsteller, wenn er tatsächlich erwerbsunfähig sei sollte, Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII in vergleichbarer Höhe erhalten würde. Insoweit gehe es u.a. darum, ob die eine oder andere Behörde für die Leistungsgewährung zuständig sei. Dass eine Behörde die Leistungsvoraussetzungen und ihre Zuständigkeit klären müsse, liege auf der Hand. Hierzu bedürfe es aber der Mitwirkung durch den Antragsteller, welche dieser ohne objektiv wichtigen Grund aber verweigere. Anderseits sei es durchaus möglich, dass die Verweigerung der Mitwirkungshandlung auf der tiefgreifenden seelischen Störung des Antragstellers beruhe, wegen derer er sich seit Jahren in ständiger fachärztlicher Behandlung befinde. Dann müsse er möglicherweise auch erheblichere Einschnitte in sein Existenzminimum hinnehmen, ohne zur Mitwirkung motiviert werden zu können. In solch einer Situation sei eine sofortige vollständige Leistungsentziehung nicht verhältnismäßig. Die Regelungen zu den Sanktionen im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende verdrängten zwar nicht die Versagung oder Entziehung von existenzsichernden Leistungen, sie machten aber deutlich, dass der Gesetzgeber einen vollständigen Wegfall dieser Leistungen nur bei beharrlicher Pflichtverletzung für angezeigt erachte und bei erheblichen Leistungskürzungen ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen vorsehe (§ 31a Abs. 3 SGB II). Insoweit habe der Antragsgegner im Gleichklang mit dem Sanktionsrecht eine teilweise Leistungsentziehung für die Zukunft in Höhe von 30 % der Regelleistung für ermessenskonform erachtet, zumal der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz hierdurch gewährleistet bleibe. Der Antragsteller habe es durch die Nachholung der Mitwirkung selbst in der Hand, für welche Dauer er nun mit einer geminderten Leistung ausgekommen müsse. Andererseits müsse der Antragsteller nach einem nunmehr mehr als 9-jährigen Bezug von Leistungen der Grundsicherung und beharrlicher Weigerung, Meldetermine wahrzunehmen und an seiner beruflichen Wiedereingliederung mitzuwirken, angehalten werden, seinen Mitwirkungsobliegenheiten Folge zu leisten. Die zweifelhafte Leistungsvoraussetzung "Erwerbsfähigkeit" könne nicht auf Dauer offen bleiben. Es liege auch im Interesse des Antragstellers, den Forderungen des SGB II, etwa den Sanktionen, nur bei Erwerbsfähigkeit ausgesetzt zu sein. Die Notwendigkeit eines sozialmedizinischen oder psychologischen Gutachtens ergebe sich im Rahmen des individuellen Eingliederungsprozesses, wenn sich zeige, dass die leistungsbegehrende Person so stark eingeschränkt sei, dass entweder generelle Zweifel an der Erwerbsfähigkeit bestünden oder es zumindest der fachkundigen Feststellung bedürfe, welche Tätigkeiten ohne das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung zumutbar ausgeübt werden könnten bzw. für welche Tätigkeit eine Eignung bestehe. Aus diesen Gründen sei es auch erforderlich, dass der Antragsteller einer Mitteilung des Ärztlichen Dienstes unter Berücksichtigung eines externen medizinisch-psychologischen Sachverständigengutachtens erstellten positiven und negativen Leistungsbildes an die ihn betreuende Integrationsfachkraft bzw. deren Teamleiter oder deren eventuellen Abwesenheitsvertretung zustimme. Das Selbstbestimmungsrecht des Bürgers sei einer der Gründe, warum keine Rechtspflicht, die mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden könne, zur Teilnahme an ärztlichen oder psychologischen Untersuchungen im SGB normiert sei. Nicht zu beanstanden sei aber die Ausgestaltung bestimmter Mitwirkungspflichten als Obliegenheit eines Antragstellers auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der betroffene Bürger könne sich entscheiden, ob er der Obliegenheit nachkomme oder nicht und dafür gegebenenfalls Rechtsnachteile in Kauf nehmen. Die gesetzlichen Mitwirkungspflichten würden verschiedenen Interessen Rechnung tragen. Einerseits bestehe das Eigeninteresse der Antragsteller zur Feststellung und Erfüllung der von ihm verfolgten Leistungsansprüche. Andererseits könne der Grundsicherungsträger seine Aufgaben ohne die Mitwirkung nicht "richtig" wahrnehmen. Schließlich liege es im allgemeinen öffentlichen Interesse und im Interesse der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, dass die steuerfinanzierten Sozialleistungen gesetzeskonform erbracht würden. Durch den Informationsaustausch zwischen Ärztlichem Dienst und Antragsgegner in Form der Bekanntgabe lediglich des positiven und negativen Leistungsbildes würden auch das Selbstwertgefühl des Antragstellers und der Sozialdatenschutz gewahrt. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Grenzen der Mitwirkung überschritten würden.

Auf einen gerichtlichen Hinweis vom 17.03.2014 (Bl. 91 Gerichtsakte S 6 AS 46/14 ER) hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 18.03.2014 (Bl. 94 ff. Gerichtsakte S 6 AS 46/14 ER) darauf hingewiesen, dass zwischen dem Versäumen eines konkreten Untersuchungstermins und der grundsätzlichen Weigerung, sich untersuchen zu lassen, differenziert werden müsse. § 32 SGB II regele nur das Versäumen eines konkreten Untersuchungstermins lasse es aber zu, dass der Grundsicherungsträger im Hinblick auf eine generelle Mitwirkungsverweigerung einen Bescheid nach §§ 60 ff. SGB I erlasse.

Am 21.03.2014 hat der Antragsteller gegen den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage unter dem Aktenzeichen S 6 AS 201/14 beim Sozialgericht Kassel erhoben.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass er sämtlichen geforderten Mitwirkungshandlungen nachgekommen sei. Er habe sich auch einer externen Zusatzbegutachtung nicht grundsätzlich verweigert.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 25.02.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27.02.2014 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie auf die Gerichtsakten S 6 AS 145/13 ER, S 6 AS 155/13 ER, S 6 AS 46/14 ER und S 6 AS 201/14 Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist begründet, soweit nach einer Abwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung das private Interesse überwiegt (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. A. 2008, Rn. 189 ff., 227). Bei der Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache und die Schwere einer möglichen Rechtsverletzung im Interimszeitraum von Bedeutung. Welche Wahrscheinlichkeitsanforderungen hinsichtlich des Erfolgs in der Hauptsache im Einzelfall zu fordern sind, hängt von der Schwere einer möglichen Rechtsverletzung im Interimszeitraum ab (Krodel, a.a.O., Rn. 192 f.).

Erweist sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig, so ist die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Bescheid anzuordnen. Ist der angefochtene Bescheid hingegen offensichtlich rechtmäßig, so ist der Antrag im Regelfall abzulehnen.

Im Falle einer solchen Orientierung an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache muss das Gericht in den Fällen, in denen das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (BVerfG, Kammerbeschluss v. 12.05.2005, 1 BvR 569/05). Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, muss das Gericht eine umfassende Folgenabwägung vornehmen (BVerfG, a.a.O; s. auch: Krodel, a.a.O., Rn. 204, 407).

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zunächst zulässig, da statthafte Klageart gegen einen Entziehungsbescheid die Anfechtungsklage ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil v. 23.09.2009 – L 6 AS 275/08 – juris, Rn. 28) und da Widerspruch und Klage gegen Entziehungsbescheide im Sinne des § 66 SGB I gem. § 39 Nr.1 SGB II keine aufschiebende Wirkung haben (vgl. auch Greiser in: Eicher (Hrsg.), SGB II, 2013, § 39 Rn. 19).

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Entziehungsbescheid ist offensichtlich rechtmäßig, weshalb das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.

I. Der Antragsgegner hat den Entziehungsbescheid auf § 66 SGB I gestützt.

II. Formelle Bedenken gegen das Vorgehen des Antragsgegners bestehen nicht. Der Antragsteller ist vor Erlass des Entziehungsbescheids insbesondere ordnungsgemäß angehört worden im Sinne des § 24 SGB X.

II. Der Entziehungsbescheid ist nach nicht nur summarischer Bewertung auch offensichtlich rechtmäßig.

Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seiner Mitwirkungspflicht nach §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistungen nach § 66 Abs. 1 SGB I bis zur Nachholung der Mitwirkung "ganz oder teilweise" versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Hierbei muss der Leistungsträger das formalisierte Verfahren nach § 66 Abs. 3 SGB I einhalten und darf Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagen oder entziehen, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Wie dem Wortlaut des § 66 Abs. 1 SGB I zu entnehmen ist ("kann"), handelt es sich bei der teilweisen oder vollständigen Leistungsentziehung wegen fehlender Mitwirkung um eine Ermessensentscheidung. Zur Ermessensausübung ist der Leistungsträger gesetzlich verpflichtet. Macht der Leistungsträger von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch, liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor. Der Begründung des Verwaltungsaktes muss zu entnehmen sein, dass der Leistungsträger sein Ermessen erkannt hat, welche Gesichtspunkte er bei der Ermessensausübung berücksichtigt und wie er diese gewichtet hat (Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil v. 23.09.2009 L 6 AS 275/08 – juris, Rn. 26; Engelmann in: Von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 7. A. 2010 § 35 Rn. 6).

1. Der Antragsteller ist vorliegend seinen Mitwirkungspflichten trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen einer verweigerten Mitwirkung nicht nachgekommen.

a) Zunächst hat der Antragsteller gegen seine Mitwirkungspflicht aus § 62 SGB I verstoßen.

Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich gem. § 62 SGB I auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind.

Im vorliegenden Fall behauptet der Antragsteller zwar, mitzuwirken. Dies ist aber nach Auffassung der Kammer nicht der Fall. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mehrfach und hierbei insbesondere im Widerspruchsbescheid ausführlich und nachvollziehbar erläutert, weshalb auf eine ärztliche oder psychologische Untersuchung nicht verzichtet werden könne. Nachvollziehbare Gründe, weshalb der Antragsteller eine Mitwirkungshandlung in Form der Zustimmungserklärung zu einer externen Begutachtung von der Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids abhängig machen will, sind nicht ersichtlich. Berücksichtigt man, dass der Antragsteller seit Mai 2012 praktisch durchgehend arbeitsunfähig gemeldet ist und der Antragsgegner bereits seit fast einem Jahr nicht in der Lage ist, das Leistungsvermögen des Antragstellers zu klären, drängt sich für die Kammer der Eindruck auf, dass auch die Erteilung eines entsprechenden Bescheids den Antragsteller nicht zu einer Änderung seiner Haltung bringen würde, sondern dass vielmehr mit einer weiteren Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung zu rechnen sein würde. Das Gericht schließt sich daher der Auffassung des Antragsgegners an, dass der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht aus § 62 SGB I nicht nachgekommen ist, indem er seine Zustimmung zur Durchführung einer externen Begutachtung nicht erteilt hat.

b) Des Weiteren liegt ein Verstoß gegen § 60 Abs. 1 Nr. 3 Variante 3 SGB I vor. Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat danach der Vorlage von Beweismitteln zuzustimmen.

Es handelt sich bei dem externen medizinischen Zusatzgutachten um ein Beweismittel. Durch die verweigerte Zustimmung zur Weiterleistung des sozialmedizinischen Ergebnisses der Leistungsbeurteilung an den Antragsgegner durch den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit hat der Antragsteller einer Vorlage von Beweismitteln nicht zugestimmt, so dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Nr. 3 Variante 3 SGB I vorliegen.

2. Die Mitwirkungshandlungen waren dem Antragsteller auch zumutbar. Die Grenzen der Mitwirkungspflichten ergeben sich aus § 65 SGB I.

Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen gem. § 65 Abs. 1 SGB I nicht, soweit

1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

Gem. § 65 Abs. 2 SGB I können Behandlungen und Untersuchungen,

1. bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann,
2. die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder
3. die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten, abgelehnt werden.

Vorliegend hat der Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit dem Antragsgegner nachvollziehbar mitgeteilt, dass er sich außerstande sieht, eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung nach Aktenlage vorzunehmen. Diese Auffassung ist für das Gericht völlig einsichtig, da es gerade bei der Beurteilung des derzeitigen und prognostischen Leistungsvermögens bei Menschen mit seelischen Erkrankungen neben der Kenntnis der Ergebnisse der medizinischen Behandlungsmaßnahmen auf den jeweiligen aktuellen klinischen Befund ankommt (Foerster u.a. in: Deutsche Rentenversicherung (Hrsg.), Sozialmedizinische Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung, 2011, S. 544: "Der psychische Befund ist Grundlage jeder Begutachtung von Versicherten mit psychischen und Verhaltensstörungen. Ein psychiatrisches Gutachten, in dem der Abschnitt ‚Psychischer Befund‘ fehlt, ist unbrauchbar."). Es gibt daher keinen einfacheren Weg im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I, um sich über das Leistungsvermögen des Antragstellers zu informieren. Im Hinblick auf den seit dem Jahr 2005 dauernden SGB II-Leistungsbezug ist es auch nicht unverhältnismäßig im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 1 SGB I, dass der Antragsgegner herausfinden möchte, ob einer Vermittlung des Antragstellers in Arbeit gesundheitliche Einschränkungen entgegenstehen. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I ist nicht ersichtlich.

Die Kenntnis der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung unter Aussparung der anamnetischen Angaben sowie der Diagnosen sind im Übrigen auch für die sachgerechte Arbeitsvermittlung des Antragstellers zwingend erforderlich, so dass auf eine Weitergabe diese Informationen an die Leistungsabteilung und insbesondere den Arbeitsvermittler des Antragstellers nicht verzichtet werden kann. Indem der Antragsgegner mitgeteilt hat, dass er auf weitere Informationen als das sozialmedizinische Leistungsbild nicht angewiesen ist, hat er dem Grundsatz der Erforderlichkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend Rechnung getragen.

Es ist nicht ersichtlich, dass medizinische Gründe im Sinne des § 65 Abs. 2 SGB I einer Begutachtung entgegenstehen.

3. Der Antragsteller ist auch über die Rechtsfolgen einer unterlassenen Mitwirkung hinreichend bestimmt belehrt worden, wobei dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Mitwirkung eingeräumt wurde, die fruchtlos verstrichen ist.

4. Der Antragsgegner war unter diesen Voraussetzungen berechtigt, einen Entziehungsbescheid nach § 66 SGB I zu erlassen. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass es im Bereich des SGB II in den §§ 31 ff. SGB II einen Katalog von Sanktionstatbeständen gibt, welcher in § 32 Abs. 1 S.1 SGB II eine Minderung des Arbeitslosengeldes II unter anderem vorsieht, wenn der Leistungsberechtigte einer Aufforderung des zuständigen Trägers, bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommt.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem Urteil vom 19.09.2008 (B 14 AS 45/07 R Rn. 14) zutreffend darauf hingewiesen, dass die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff. SGB I auch im Anwendungsbereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende gelten:

"Das SGB II ist für eine ergänzende Anwendung der §§ 60 ff SGB I grundsätzlich offen (ebenso Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 56 RdNr 3, Stand November 2004; Reinhardt in Krahmer, Hrsg, LPK-SGB I vor §§ 60 bis 67, RdNr 2). Dies verdeutlicht auch die Bußgeldvorschrift des § 63 Abs 1 Nr 6 SGB II, die Verstöße gegen § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB I - Pflicht zur Mitteilung von wesentlichen Änderungen der Verhältnisse - als Ordnungswidrigkeit sanktioniert. Zwar sind verschiedene Mitwirkungsobliegenheiten der Antragsteller bzw Leistungsempfänger im SGB II auch ausdrücklich und explizit normiert (vgl §§ 56, 58 Abs 2 und 59 SGB II). Sie stellen jedoch eine bereichsspezifische Ausgestaltung der allgemeinen Mitwirkungsvorschriften des SGB I dar. Ergänzend ist dabei aber jeweils auf die in §§ 60 ff SGB I normierten Pflichten abzustellen. Dies gilt auch für die Norm des § 66 SGB I, die die Rechtsfolgen unterbliebener Mitwirkung im allgemeinen normiert (Versagung oder Entziehung der Leistung). Auch diese Sanktionen statuierende Norm des SGB I kann im Rahmen des SGB II ergänzend herangezogen werden. Da im SGB II insgesamt die Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten nur sehr rudimentär geregelt ist, stellt § 66 SGB I wegen des generellen Vorbehalts des § 37 Satz 1 SGB I eine Grundnorm dar, die insofern auch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende anwendbar bleibt. Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, inwieweit das SGB II etwa in dem Grundsatz des Forderns gemäß § 2 SGB II noch über das SGB I hinausgehende Mitwirkungsobliegenheiten des Leistungsempfängers statuiert (hierzu Spellbrink in Eicher/Spellbrink, § 2 RdNr 1)."

Das Gericht hatte dabei zu berücksichtigen, dass ein Rückgriff auf § 66 SGB I nur im Falle des Fehlens einer "spezifischen Mitwirkung-Norm im SGB II" (BSG, Urteil v. 19.09.2008 – B 14 AS 45/07 R – Rn. 15) zulässig ist, da der SGB II-Leistungsträger nicht die materiell-rechtlichen Vorgaben des SGB II unter Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen des SGB I umgehend darf (vgl. dazu: Hessisches LSG, Beschluss v. 22.06.2011 – L 7 AS 700/10 B ER – juris; LSG für das Saarland, Beschluss v. 02.05.2011 – L 9 AS 9/11 B ER – juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 20.02.2009 – L 5 AS 376/08 AS ER – juris; SG Bremen, Beschluss v. 01.10.2010 – S 18 AS 1928/10 ER – juris; Knickrehm & Hahn in: Eicher (Hrsg.), SGB II, 2013, § 32 Rn. 6; Berlit in: Münder (Hrsg.), SGB II, 2013, § 32 Rn. 3). Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil die Rechtsfolgen des § 66 SGB I im Falle einer erstmaligen Verletzung der Mitwirkungspflichten einschneidender sein können, als ein Meldeversäumnis nach § 32 SGB II. Ein bloßer Meldeverstoß kann daher nicht unter Rückgriff auf § 66 SGB I zu einer (höheren) Leistungsentziehung führen (Knickrehm & Hahn in: Eicher (Hrsg.), SGB II, 2013, § 32 Rn. 6).

Sonnhoff (in: Juris-PK-SGB II, Stand 02.04.2013, § 32 Rn.20) weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass das Nichterscheinen zu einem (konkreten) ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin von der (grundsätzlichen) Weigerung, sich untersuchen zu lassen, abgegrenzt werden muss. In § 32 Abs. 1 S.1 SGB II geregelt sind nur Meldeversäumnisse und dabei u.a. das Versäumen eines ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermins. Die Weigerung, sich überhaupt untersuchen zu lassen, ist also nicht spezialgesetzlich geregelt, so dass systematische Gründe für die Zulässigkeit eines Rückgriffs auf § 66 SGB I in der vorliegenden Fallkonstellation sprechen. Das Bayerische LSG (Beschluss v. 31.08.2012 – L 7 AS 601/12 B ER – juris; vgl. auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.09.2009 L 19 B 255/09 AS ER sowie: LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 08.04.2010 – L 7 AS 304/10 ER-B) hat sich dieser Auffassung angeschlossen und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es im Bereich des SGB I eine ganze Reihe von Mitwirkungspflichten gibt, für deren Verletzung es im Bereich des SGB II keine Sanktionstatbestände gibt und dass § 66 SGB I die Funktion hat, eine Person, bei der die Anspruchsvoraussetzungen noch nicht geklärt sind, anzuhalten, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, wohingegen die Sanktionstatbestände des SGB II regelmäßig bei einem Sachverhalt eingreifen, bei dem feststeht, dass die betreffende Person zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehört. Diese Argumente sind für das Gericht schlüssig.

Das Gericht hat sich daher der Auffassung des Antragsgegners angeschlossen, dass der Antragsgegner wegen der Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Antragsteller auf § 66 SGB I zurückzugreifen durfte, da die grundsätzliche Weigerung sich begutachten zu lassen, in den §§ 31 ff. SGB II nicht geregelt ist. Gleiches gilt für die nicht erteilte Zustimmung der Weitergabe des sozialmedizinischen Ergebnisses der Begutachtung (ohne anamnetische Angaben und Diagnosen) an den Antragsgegner.

5. Das Gericht ist weiterhin der Auffassung, dass die vom Antragsgegner festgesetzten Rechtsfolgen rechtmäßig sind.

§ 66 SGB I sieht auf der Rechtsfolgenseite Ermessen vor.

Bei Ermessensentscheidungen ist der Verwaltung ein Handlungsspielraum eingeräumt (Keller in: Meyer-Ladewig u.a. (Hrsg.), SGG, 2010, § 54 Rn. 25). Das Gericht darf hierbei seine Vorstellungen hinsichtlich einer zweckmäßigen Entscheidung nicht an die Stelle des Verwaltungsermessens setzen. Es findet mithin nur eine gerichtliche Rechtskontrolle, nicht aber eine Zweckmäßigkeitskontrolle statt. Das Gericht prüft mithin entsprechend § 54 Abs. 2 S.2 SGG nur, ob die jeweilige Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. Hessisches LSG, Urteil v. 02.10.2009 – L 5 R 315/08 – juris, Rn. 32).

Gem. § 35 Abs. 1 S.2 SGB X sind in der Begründung eines Verwaltungsaktes die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung erwogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss gem. § 35 Abs. 1 S.3 SGB X auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

Eine fehlende Ermessensausübung und ein Ermessensfehlgebrauch sind im gerichtlichen Verfahren nicht mehr heilbar. Fehlt es an einer Ermessensausübung erkennbar oder liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor, ist der Verwaltungsakt aufzuheben (Schütze in: Von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 2010, § 41 Rn. 11 f.).

Vorliegend hat der Antragsgegner zunächst erkannt, dass er zu einer Ermessensbetätigung verpflichtet war. Dieses eingeräumte Ermessen hat der Antragsgegner auch ausgeübt und insbesondere in seinem umfassenden Widerspruchsbescheid sämtliche Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen, die für und gegen den Erlass eines Entziehungsbescheids sprechen. Der Antragsgegner hat sein Entschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt. Im Rahmen der Betätigung seines Auswahlermessens hat der Antragsgegner nachvollziehbar begründet, weshalb er eine teilweise Leistungsentziehung in Höhe von 30 Prozent des monatlichen Regelbedarfs für sachgerecht erachtet und hierbei völlig einsichtig eine Beschränkung der Entziehung auf 30 Prozent mit der Regelung des § 31a Abs. 3 SGB II begründet. Eine Minderung von laufenden SGB II-Leistungen um 30 Prozent verstößt auch nicht gegen das soziokulturelle Existenzminimum (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 23.04.2012 – L 2 AS 5594/11 NZB), wobei es der Antragsteller in der Hand hat, die teilweise Leistungsentziehung durch eine Nachholung der Mitwirkungshandlung zumindest für die Zukunft – je nach der Entscheidung des Antragsgegners auch rückwirkend (§ 67 SGB I) – aus der Welt zu schaffen.

Der einstweilige Rechtsschutzantrag war daher unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG), da der Beschwerdewert von 750 EUR nicht überschritten wird.
Rechtskraft
Aus
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