L 6 U 20/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 98/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 20/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (nachfolgend BK 2108) - bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten - vorliegt.

Der 1958 geborene Kläger begann am 1. September 1974 zunächst beim Reichsbahnausbesserungswerk D. eine Lehre zum Elektromonteur, die er seit Juli 1975 beim VEB G. D. fortsetzte und am 14. Juli 1976 abschloss. Danach war er in dem Betrieb noch bis zum 19. Januar 1977 als Elektriker beschäftigt. Nach den Ermittlungen des zuständigen Technischen Aufsichtsdienstes für den fraglichen Zeitraum fielen im Lehrverhältnis schwere Hebe- und Tragevorgänge nicht an. Dies entsprach nach dem gefertigten Bericht auch den Angaben des Klägers.

Ergänzend gab der Kläger an, er habe bereits von 1972 bis 1974 samstags und sonntags jeweils acht Stunden Waggons entladen und die Ladung mit einer Sackkarre verteilt. Dabei habe er durchgehend 20-100 kg vor dem Körper gehoben und getragen. Von 1974 bis 1977 habe er samstags und sonntags jeweils von 6-20 Uhr und in der Woche werktäglich abends 3-4 Stunden für den VEB B. D. Zementwaggons entladen. Dabei habe er durchgehend vor dem Körper oder auf der Schulter 50-80 kg gehoben und getragen. Zum Beispiel seien pro Person und Schicht 1500 Zementsäcke zu je 50 kg angefallen. Die Entladebeschäftigungen sind im Sozialversicherungsausweis des Klägers nicht eingetragen. Zum Beleg reichte der Kläger eine von ihm vorformulierte eidesstattliche Erklärung des Zeugen H. vom 21. April 2003 zu den Akten, der die Tätigkeit im Wesentlichen bestätigte.

Nach den Feststellungen des zuständigen Technischen Aufsichtsdienstes, die auf den Angaben des Klägers beruhten, entlud er an den Wochenenden jeweils zwei bis drei Waggons mit einer Tragfähigkeit von je 50 Tonnen zu zweit. Durchschnittlich habe er an drei Werktagen wöchentlich nach Feierabend jeweils einen Waggon zu zweit entladen. Die Zementsäcke seien auf Paletten gestapelt worden, die an der Türöffnung des Waggons bereit gestellt gewesen seien. Die Trageentfernung habe sich mit zunehmender Entladung von einem auf 15 Meter erhöht. Heben und Tragen sei vor dem Körper erfolgt. Diese Angaben bestätigte der Kläger.

Vom 24. Januar 1977 bis 30. November 1997 arbeitete der Kläger als Sanitärinstallateur bei der PGH "Einheit" D. und deren Nachfolgeunternehmen als Sanitärinstallateur. Vom 1. November 1981 bis zum 30. April 1983 verrichtete er zwischenzeitlich seinen Wehrdienst. Zu der Tätigkeit als Sanitärinstallateur in dem genannten Zeitraum stellte die Präventionsabteilung der Beklagten fest, der Kläger habe Sanitärinstallationen in Wohnbauten ausgeführt. Im Ablauf von vier Wochen seien folgende Tätigkeiten ausgeführt worden: Eine Woche lang seien Arbeiten in Kellerräumen durchgeführt worden, wobei mit Ausnahme von zehn Stunden alte, verzinkte Wasserleitungen im Kellerbereich entfernt, neue Rohrleitungen zugeschnitten und durch Verschraubung installiert worden seien. Die Verbindungsstellen seien mit Hanf abgedichtet worden. In den übrigen drei Wochen seien die Steigestränge und Leitungen innerhalb der Wohnung erneuert worden. Die Steigestränge seien innerhalb von Schächten in den Bädern installiert gewesen. Die neuen Rohrleitungen seien durch die Geschossdecken durchgeschoben worden. Die Verschraubungen seien in Höhe der Revisionslücken in den Schächten der Bäder vorgenommen worden. Von 1991 an seien keine verzinkten Rohre mehr verwendet worden, sondern Kunststoffrohre zum Einsatz gekommen, die verklebt worden seien. Etwa sechsmal im Jahr habe der Kläger für jeweils eine Woche Plastikrohre für Abflussleitungen zu verlegen gehabt. Zwei Tage lang seien die alten Leitungen abzureißen, etwa einen Tag die Formstücke heiß zu verkleben und zwei Tage die neuen Rohrleitungen zu montieren gewesen.

Der Kläger hatte für diesen Zeitraum behauptet, er habe dauernd ca. 12 Stunden am Tag, oft auch samstags und sonntags, vor dem Körper und auf der Schulter Rohrleitungen von 50 bis 100 kg bei einem Durchmesser von zweieinhalb Zoll tragen müssen.

Im Rahmen einer Überprüfung führte die Präventionsabteilung aus, bei einer Verteilung auf fünf Arbeitstage habe der Kläger am ersten und zweiten Tag Transporter mit Arbeitsmaterial wie einer Werkzeugkiste von 50 kg, einem Montagebock mit Schraubstock von 50 kg, einer Handkluppe von 30 kg und Materialien wie zwei Rohrgebinden von 60 kg und Kleinmaterial von 10 kg zu zweit beladen, habe die genannten Teile zu zweit vom Transporter abgeladen und 20 bis 30 Meter zum Montageplatz getragen, alte Rohrleitungen durch Lösen von Schraubverbindungen demontiert und Glaswolle und Rohrleitungen zum Transporter getragen. Am dritten bis fünften Tag habe er neue Rohre sowie Steigleitungen zugeschnitten, Rohre angehoben und in einen Pionier eingespannt. Dann habe er mittels Schneidkluppe Gewinde mit der Hand angeschnitten. Dann sei der Hanf aufzudichten und seien Fittinge mittels Rohrzangen aufzuschrauben gewesen. In der Folge hätte die Rohrtrasse mit dem Sitz von Schellen und Konsolen angezeichnet werden müssen. Mit Handhammer und Meißel seien Durchbrüche an Wänden, Decken und Fußböden gestemmt und mit einer Bohrmaschine Löcher gebohrt worden. Die zugeschnittenen Rohre seien zum Montageplatz zu tragen und in vorgesehene Halterungen zu setzen gewesen. Schließlich hätten die Rohre zusammengesteckt und mittels Rohrzangen verschraubt werden müssen. Für die genannten Tätigkeiten habe der Kläger täglich etwa 20 bis 30 Hebe- und Tragevorgänge von 20 bis 30 kg über eine Trageentfernung von 10 Metern durchgeführt. Die maßgebliche Tagesdosis nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell sei nicht erreicht worden. Gegen die Feststellungen der Beklagten wandte der Kläger ein, häufige Überstunden an Wochenenden und werktägliche Arbeitszeit von 6 Uhr morgens bis in die Nacht hinein seien nicht berücksichtigt worden. Die entsprechenden Angaben ließ er sich von dem früheren bauleitenden Monteur R. Sp. durch dessen Unterschrift bestätigen. Weiter führte er aus, die Überstunden ließen sich seinem SV-Ausweis und Lohnunterlagen entnehmen, über die er noch verfüge.

Die Präventionsabteilung sah nach Rücksprache mit dem früheren Meister P. der Firma keinen Anlass zu einer Änderung. Dieser habe mitgeteilt, die Angaben zu Hebe- und Tragevorgängen wie zu Gewichten seien etwas zu hoch angesetzt. Pro Monat seien etwa zehn Badewannen einzubauen gewesen, die bei einem Gewicht von 40 bis 80 kg zu zweit getragen worden seien. Auch nicht berücksichtigt sei eine erhebliche Zahl von Fehltagen durch Krankheit, die beim Kläger angefallen seien.

Nach der Tätigkeit war der Kläger zunächst arbeitsunfähig und dann arbeitslos. Am 15. Mai 2000 nahm der Kläger die Tätigkeit als Sanitärinstallateur wieder auf. Für die gesamte, bis zum 31. Oktober 2001 dauernde Tätigkeit teilte die Entleihfirma K. Fachmontage GmbH mit, der Kläger habe sanitäre Anlagen installiert. Rohre und Sanitärartikel habe er vor dem Körper, an der Seite und auf der Schulter getragen. Das Gewicht habe 15-20 kg betragen. Die Trageentfernung habe durchschnittlich bei 20 Metern gelegen; die durchschnittliche Dauer habe bei 60 Sekunden gelegen. Angesichts von Arbeitsunfähigkeitszeiten bezögen sich diese Angaben auf etwa 120 Arbeitstage im Jahr. Im Rahmen der Tätigkeit arbeitete der Kläger zunächst bis zum 4. August 2000 und vom 21. August 2000 bis zum 3. November 2000 für die Firma V. und K. Energietechnik GmbH in B. Für diese Zeit ermittelte der Präventionsdienst der S.- Metall-Berufsgenossenschaft "keine Arbeiten in dem Umfang", die die Belastungsvoraussetzungen erfüllten.

Zwischenzeitlich und danach arbeitete der Kläger vom 7. bis 11. August 2000 bei der Firma F. GmbH in St. und vom 13. November bis 22. Dezember 2000 bei der Firma K. GmbH in W. Für die Tätigkeiten bei diesen Firmen gelangte der Technische Aufsichtsdienst der W. Bau-Berufsgenossenschaft zu dem Ergebnis, gefährdende Tätigkeiten im Sinne der BK 2108 seien nicht angefallen. Insoweit könne sie sich auf eine Dokumentation des Belastungsumfangs eines Installateurs für Gas, Wasser und Heizung beziehen.

Für weitere Tätigkeiten als Leiharbeitnehmer bei der Fa. K. GmbH in E. vom 6. bis 10. November 2000, der Firma K. in M. für den Zeitraum vom 8. Januar bis 2. Februar 2001 und der Fa. Sch. in L. vom 26. Februar 2001 bis 1. August 2001 ermittelte der technische Aufsichtsdienst der S. Bau-Berufsgenossenschaft, der Kläger sei jeweils zu etwa zwei Dritteln der Gesamtarbeitszeit mit Sanitärarbeiten, im übrigen mit Heizungsinstallationen beschäftigt gewesen. Hauptsächlich seien Rohinstallationen ausgeführt worden, zu denen auch verschiedene Stemmarbeiten gehört hätten. Teilweise sei auf den Baustellen ein Lastenaufzug vorhanden gewesen. Der Kläger habe geschätzt, er habe auf der Baustelle für die Firma S. jede Woche einen Lkw mittlerer Größe von Rohren, Heizkörpern, Sanitärobjekten und sonstigen Installationsmaterialien entladen müssen. Für diese Aufgabe fielen nach Einschätzung des technischen Aufsichtsdienstes etwa zwei bis drei Stunden Hebe- und Tragearbeiten an. Im Zuge der Materialtransporte seien auch Rohre auf der Schulter getragen worden. Für Gewichte über 50 kg sei dies nicht der Fall gewesen. Der Kläger habe erläutert, die Arbeit als Installateur sei früher – im Zeitraum von 1977 bis 1997 – belastender gewesen, weil die Rohrleitungen schwerer gewesen seien. Heute werde viel mit Kunststoffleitungen gearbeitet. Die Arbeitszeit habe etwa 50 Stunden pro Woche betragen. Daraus zog der beratende Ingenieur die Schlussfolgerung, im Hinblick auf eine BK 2108 belastende Arbeiten seien nicht aufgetreten. Bei der Ermittlung der Dosen nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell ging er für Rohrleitungen von einem Gewicht von 20 kg, für Heizkörper von einem Gewicht von 35 kg, für Gas- und Sauerstoffflaschen von einem Gewicht von 60 kg, für Thermen von einem Gewicht von 40 kg, für Durchlauferhitzer von einem Gewicht von 30 kg, für Transportkisten, zu zweit getragen, von einem Gewicht von 20 kg und für Werkbänke, zu zweit getragen, von einem Gesamtgewicht von 50 kg aus. Die Berechnung ergab eine Unterschreitung der Tagesdosis.

Für die Zeit vom 5. bis 20. Februar 2001 ermittelte die technische Sachverständigenstelle der Bau-Berufsgenossenschaft R. und W. die Belastung. Dabei wurde von einer höchsten Tragebelastung von 20 kg ausgegangen. Die Tagesdosis sei nicht erreicht worden.

Seit November 2001 war der Kläger arbeitslos und befand sich von September 2002 bis März 2003 in einer theoretischen Ausbildung zum Fachberater Vertrieb.

Mit Datum vom 10. Dezember 2002 stellte der Kläger an die Maschinenbau- und Metallberufsgenossenschaft (im Hinblick auf die spätere Abgabe an die Beklagte wird im Folgenden einheitlich der Begriff Beklagte verwendet) einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit, unter anderem bezogen auf die Lendenwirbelsäule. Dazu teilte er später mit, er leide seit 1994 unter einem Bandscheibenvorfall und sei mit Spritzen behandelt worden, ohne beschwerdefrei geworden zu sein. In seiner Berufskrankheitenanzeige vom 31. Januar 2003 betonte der Orthopäde Dr. V., die Anzeige erfolge auf Wunsch des Versicherten. Beigefügt waren verschiedene Befunde: So diagnostizierten die Ärzte der neurologischen Klinik des Städtischen Klinikums D. in einem Bericht vom 28. Mai 1996 u. a. eine neurotische Fehlentwicklung bei hypochondrischer Persönlichkeit, die Nervenärztin Dr. S. in einem Bericht vom 6. November 1996 mit der entsprechenden ICD-10-Klassifikation (F 42.0) eine Zwangsstörung und die behandelnden Ärzte einer vom 1. bis 22. Juli 1997 durchgeführten Kur eine hypochondrische Reaktion bzw. Neurose bei hypochondrisch-anankastischen Persönlichkeitsakzentuierungen. In den beigezogenen Unterlagen des Sch.- Unfallversicherungsträgers SUVA werden für die Jahre 2005/06 die Diagnosen einer unklaren Psychose sowie schwerster neurotischer Fehlentwicklung wiedergegeben (im Gutachten von Dr. W. vom 22. August 2007).

Nach einem Verzeichnis der Arbeitsunfähigkeitszeiten von der AOK Sachsen-Anhalt über Zeiten von 1994 bis 2002 war der Kläger vom 25. Juli bis 15. August 1994 wegen Lumbago arbeitsunfähig gewesen, in den Jahren 1996 und 1998 mehrfach auch wegen Neurosen.

Mit Bescheid vom 5. August 2004 lehnte die Beklagte die Feststellung einer berufsbedingten Wirbelsäulenerkrankung nach den Nrn. 2108 "bis" 2110 und eine Erbringung von Leistungen ab. Sie führte aus, der Kläger sei allenfalls von 1974 bis 1977 einer Belastung ausgesetzt gewesen, die die Lendenwirbelsäule gefährdet haben könne. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien aber auch insoweit schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich nicht um eine langjährige Tätigkeit von mindestens zehn Jahren gehandelt habe.

Gegen den Bescheid legte der Kläger noch im gleichen Monat Widerspruch ein. Dabei verwies er insbesondere auf die schwere Belastung während der drei Jahre mit der Tätigkeit des Entladens von Zementsäcken.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Er blieb bei der abgegebenen Begründung.

Mit der im gleichen Monat beim Sozialgericht Dessau eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe auch in der Zeit von 1977 bis 1997 erhebliche Lasten zu tragen gehabt. Es seien Heizungsrohre mit zwei bis drei Zoll Durchmesser und einer Länge von bis zu 7,80 m teilweise über mehrere Etagen zu bewegen gewesen. Dabei habe er täglich eine Vielzahl von Hebungen von Rohren mit einem Gewicht von bis zu 50 kg durchgeführt. Auch habe er teilweise zerlegte Heizkörper in höhere Etagen verbringen müssen. Dies sei für das Berufsbild eines Heizungsmonteurs typisch. Auch die dabei bewältigten Lasten seien durchaus im Bereich von 50 kg anzusiedeln.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Prof. Dr. R. von der Universitätsklinik für Orthopädie und Physikalische Medizin H. vom 18. Januar 2005 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 30-59 d. A. Bezug genommen wird. Er hat im Wesentlichen ausgeführt, die typische belastungsadaptive Reaktion für die BK 2108 lasse sich hier nicht angedeutet erkennen. Daraus abgeleitet finde sich ebenso wenig ein belastungskonformes Schadensbild. Anlagebedingte Faktoren seien ein abgelaufener Morbus Scheuermann, eine primäre Hypermobilität und eine statisch ungünstige Steilstellung der Wirbelsäule. Eine berufsbedingte Erkrankung der Wirbelsäule liege nicht vor. Der Kläger teilte Prof. Dr. R. u.a. mit, er habe seit 2003 bis zum 31. Dezember 2004 wieder als Sanitärinstallateur gearbeitet, sei dann arbeitsunfähig geworden und habe die Kündigung erhalten.

Das Sozialgericht hat weiterhin auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten des Facharztes für Arbeitsmedizin und hessischen Landesgewerbearztes Prof. Dr. B. vom 23. Januar 2006 mit einem nervenärztlichen Zusatzgutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. und einem orthopädischen Zusatzgutachten von Dr. S., beide vom 18. August 2005, sowie einem radiologischen Zusatzgutachten von Priv.-Doz. Dr. R. vom 8. September 2005 eingeholt. Wegen der Einzelheiten der Gutachten wird auf Bl. 97-105, 114-179 u. 189-194 d. A. Bezug genommen. Der Kläger hat dem Sachverständigen zu seinem weiteren beruflichen Werdegang mitgeteilt, er habe von April 2003 bis Mai 2005 für eine österreichische Zeitarbeitsfirma in Ö. gearbeitet und sei als Leiharbeiter eingesetzt gewesen. 80 Prozent der Arbeitszeit habe er Brandlöschungsanlagen hergestellt. Insgesamt 20 Prozent der Arbeitszeit seien auf Heizungs- und Sanitärmontagen entfallen; insoweit habe sich die Arbeit nicht von den früheren unterschieden. Seit Juni 2005 arbeite er für eine Montagefirma in der Sch. als Sanitärinstallateur und installiere Waschbecken und Badewannen. Auch insoweit gleiche die Belastung derjenigen in seiner früheren Tätigkeit.

Der Sachverständige hat zunächst eine Neuberechnung der Belastung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell vorgenommen und ist dabei von den Angaben des Klägers ausgegangen. Dabei hat er Belastungen mit einer Druckkraft ab 2560 N und in einer Tagesdosis ab 4400 Nh berücksichtigt. Insgesamt hat er eine Gesamtdosis von 60,24 MNh errechnet, von der 29,69 MNh auf die Entladetätigkeit in den Jahren 1972-1977 entfallen, weitere 2,16 MNh auf die Beschäftigung in Ö.

Der Sachverständige ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung in Form einer mittelgradigen Chondrose, später auch eines Bandscheibenvorfalls im Übergang von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein vor. Sie sei altersuntypisch und habe zu chronisch-rezidivierenden Beschwerden und einer verminderten Bewegungsfähigkeit geführt. Sie sei nach dem radiologischen Befund stärker ausgeprägt als im Bereich von Brust- oder Halswirbelsäule. Eine konkurrierende Ursache im Sinne der Konsensempfehlungen liege nicht vor. Es handele sich beim Kläger um die Konstellation B 2 mit der Zusatzvoraussetzung einer besonders intensiven Belastung durch Erreichen der Richtdosis des Mainz-Dortmun-der-Dosismodells in weniger als zehn Jahren. Diese sei allein dadurch erfüllt, dass der Kläger durch die Entladungstätigkeit in den Jahren 1974-1977 eine Belastungsdosis von 28,29 MNh erreicht habe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit belaufe sich angesichts fehlender neurologischer Funktionsstörungen (nur) auf 10 v. H.

Der Kläger hat eine weitere von ihm vorgefertigte Erklärung des Zeugen H. vom 16. April 2006 vorgelegt, wonach der Kläger im Zeitraum von 1974 bis 1977 samstags und sonntags von ca. 6 Uhr bis ca. 20 Uhr oder sogar 22 Uhr gearbeitet habe. Zusätzlich sei er noch in der Woche an fünf Tagen neben seiner normalen Arbeit von 17 bis 20 oder sogar 22 Uhr tätig gewesen. An den Wochenenden seien in einer Schicht von ihm ca. 1500 Säcke Zement ausgeladen, vom Boden angehoben, mehrere Meter vor dem Bauch getragen und dann auf einer Palette abgesetzt worden. An den Werktagen gelte Entsprechendes für 500 Zementsäcke.

In einer ebenfalls vorgefertigten Erklärung vom gleichen Tag hat Herr S. mitgeteilt, er habe mit dem Kläger im Zeitraum von 1977 bis 1997 zusammengearbeitet. Sie hätten vorwiegend auf Großbaustellen gearbeitet, wo sie in etwa fünf Wochen zu dritt 40 bzw. 60 Wohneinheiten komplett mit sanitären Objekten einschließlich Rohrleitungen ausgestattet hätten bzw. solche auch demontiert hätten. In den ersten Jahren seien alle Rohrleitungen von Hand zugesägt, per Hand mit der Schneidkluppe Gewinde geschnitten, Rohre mit Hanf abgedichtet und mit Rohrzangen Fittinge aufgeschraubt worden. Außerdem seien die Rohre zu dem Bestimmungsort getragen und eingeschraubt worden. Für jedes An- und Abschrauben würden mindestens 20 Hubvorgänge benötigt mit einem Kraftaufwand von etwa 30 bis 80 kg. Oder es seien einen ganzen Tag lang nur Schutteimer zu 20 kg, jeweils zwei Stück, vom fünften Stock herunterzutragen gewesen. Oder man habe den ganzen Tag Heizkörper oder Badewannen zu 105 kg hoch- und runtergetragen. Die Arbeitswoche habe teilweise 60 Arbeitsstunden umfasst.

Mit Urteil vom 10. Januar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers seien nicht als Berufskrankheit anzuerkennen, da aus ihnen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit resultiere. Die von Prof. Dr. B. beschriebenen Befunde, insbesondere der Bandscheibenvorfall, rechtfertige noch nicht die Bewertung mit einer Minderung der Erwerbfähigkeit um 10 v. H.

Gegen das ihm am 24. Januar 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Februar 2007, einem Montag, Berufung eingelegt. Er hat mitgeteilt, seit 2005 in der Sch. als Sanitärmonteur angestellt zu sein. Hier sei er allerdings in erster Linie für den Kundenservice im Haushaltsbereich, d. h. bei der Reparatur von defekten Armaturen und der Beseitigung von Verstopfungen und Rohrbrüchen tätig. Die Belastung sei geringer als früher. Der Kläger hat die Tätigkeit zum 30. Juni 2009 beendet. Seit dem 1. März 2010 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Zur Nebenbeschäftigung in den Jahren 1974 bis 1977 trägt der Kläger vor, er habe in dieser Zeit Zementsäcke von 50 kg, Dachpappe im Gewicht von ca. 50 bis 70 kg, Kalksäcke von 40 kg, Steine und ähnliche Baustoffe zu entladen gehabt. Diese seien vor dem Bauch, aber auch auf dem Rücken getragen geworden. Nach seinem damaligen Verdienst von 1200,- Mark monatlich müsse er 480 Tonnen bewegt haben. Diesem Vortrag lasse sich nicht entgegenhalten, dass die Beschäftigung nicht im Sozialversicherungsausweis der DDR festgehalten worden sei oder ein Verstoß gegen Arbeitszeit- und Jugendschutzvorschriften der DDR vorgelegen habe. Dies seien keine Evidenzkriterien.

Weiterhin behauptet er erneut die Belastungen, die er gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. B. angegeben hat.

Der Kläger hat einen Befund über ein CT der Lendenwirbelsäule vom 12. November 2008 vorgelegt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 369 d. A. Bezug genommen wird.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 10. Januar 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 5. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2004 aufzuheben und bei ihm mit Wirkung vom 1. Dezember 1997 bis März 2003 eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt zunächst aus, sie sei für den Fall nicht zuständig. Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, der Zusammenhang zwischen der Belastung und der Erkrankung sei nicht bewiesen, wenn man nur die gesicherten Belastungen zu Grunde lege. Die Arbeitsplatzbewertung durch den Sachverständigen Prof. Dr. B. ziehe sie in Zweifel. Dazu hat sie eine Stellungnahme des Präventionsdienstes der Berufsgenossenschaft H. und M. vom 17. Februar 2012, Bl. 413 f. d. A., vorgelegt, wonach dieser bei seinem Ergebnis vom 16. Juni 2006 geblieben ist. Weiterhin wiederholt die Beklagte ihr Vorbringen, die vom Kläger angegebene Häufigkeit seiner Aushilfstätigkeit neben der Schule und der Lehre sei nicht glaubhaft. Sie entspreche auch nicht seinen Erstangaben vom 10. Juni 2003. Für den Zeitraum von Mai 2000 bis Oktober 2001 sei durch Einschaltung der entsprechenden Präventionsdienste die tatsächliche Belastung nach Berücksichtigung der Rechtsprechung im Urteil des BSG vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R – zu ermitteln. Weiterhin hat sie eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 23. Februar 2012, Bl. 410 d. A., vorgelegt, mit der sie eine konkrete Frage des Gerichts zur Erfassung von Hebevorgängen im Mainz-Dortmunder-Dosismodell beantwortet. Zur medizinischen Beurteilung wiederholt die Beklagte ihr Vorbringen, der Sachverständige Prof. Dr. B. habe die zeitlichen Zusammenhänge nicht hinreichend berücksichtigt. Die Verschleißerscheinungen hätten erst zu einer Zeit zugenommen, als keine relevante Belastung mehr vorgelegen habe. Nach den Konsensempfehlungen sei aber der Nachweis eines plausiblen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Belastung und Krankheitsentwicklung gefordert. Vielmehr hätte zunächst die Halswirbelsäulenerkrankung im Vordergrund gestanden. Insoweit fehle es an dem geforderten Vergleich der Schwere der Bandscheibenerkrankungen in beiden Abschnitten. Die klinischen Befunde der Lendenwirbelsäule seien weder nach dem orthopädischen noch nach dem neurologischen Zusatzgutachten für eine bandscheibenbedingte Erkrankung typisch. Konkurrierende Ursachen habe Prof. Dr. B. nicht angemessen berücksichtigt. Dies gelte zunächst für die mehrfach diagnostizierte Steilstellung der Lendenwirbelsäule. Die von Prof. Dr. R. diagnostizierte primäre Hypermobilität, ein beginnender Morbus Scheuermann und eine Skoliose seien nicht individuell gewürdigt worden; auch der allgemeine Skelettverschleiß, der beide Schulter- und Hüftgelenke mit umfasse, finde keine Berücksichtigung.

Die Beigeladene ist durch Beschluss vom 16. Februar 2012 am Verfahren beteiligt worden. Sie hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2014 im Wesentlichen der Beklagten angeschlossen.

Das Gericht hat über die Beklagte und die Deutsche Verbindungsstelle Unfallversicherung Unterlagen des sch. gesetzlichen Unfallversicherungsträgers SUVA beigezogen. Darin findet sich der Befund über ein CT der Lendenwirbelsäule vom 11. November 2008 und eine Niederschrift der Auskunft der Personalbearbeiterin K.rer des Arbeitgebers des Klägers in der Sch. zu den Belastungen in seiner dortigen Tätigkeit als Sanitärmonteur. Danach war der Kläger bei diesem Arbeitgeber vom 17. April 2006 bis zum 30. Juni 2009 beschäftigt und verrichtete alle Arbeiten eines Sanitärmonteurs, wobei eine Gewichtsbelastung von 25 kg "immer wieder anzutreffen" sei.

Das Gericht hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 30. August 2013 eingeholt, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 434-448 d. A. Bezug genommen wird. Im Wesentlichen hat der Sachverständige ausgeführt, der Kläger sei nach der vom Gericht gesetzten alternativen Voraussetzung, wonach die Beschäftigung beim VEB B. D. unbewiesen bleiben könne, keiner besonders intensiven Belastung im Sinne der Fallkonstellation B 2 der "Konsensempfehlungen" ausgesetzt gewesen. Er sei aber im Sinne des dritten Zusatzkriteriums der Fallkonstellation B 2 einem besonderen Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen ausgesetzt gewesen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2013 Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen der Einzelheiten ihrer Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 18. Dezember 2013, Bl. 470 - 472 d. A. Bezug genommen.

Neben den Gerichtsakten haben in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung die Akte der Beklagten – Az. 1/00356/040 – und die Gerichtsakte zum Verfahren über die Berufskrankheit der Halswirbelsäule – Az. SG D. S 3 U 122/04 – mit der Akte der Berufsgenossenschaft Holz und Metall – Az. 4 M 41 2002 016877 –, schließlich weiterhin die Unterlagen der Deutschen Verbindungsstelle Unfallversicherung – Ausland – vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2004 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil der Kläger für den Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis zum Ablauf des Monats März 2003 keinen Anspruch auf die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (Anl. BKV - in der Fassung durch V. v. 1.12.97, BGBl. I S. 2623) hat. Diese Berufskrankheit wird dort bestimmt als "bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung ".

Es fehlt hier an der Voraussetzung von Berufskrankheiten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Siebenten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII – G. v. 7.8.1996, BGBl. I S. 1254), wonach ein Versicherter die Krankheit "infolge" einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden muss. Dabei geht es nicht um die Frage, ob die Belastungen des Klägers während der versicherten Tätigkeit zur Verursachung eines Bandscheibenschadens allgemein geeignet waren; dies kann auf Grund der Expositionsberechnungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. zu Gunsten des Klägers unterstellt werden und insoweit offen bleiben.

Die beim Kläger vorliegenden Krankheitsbilder im Bereich der Lendenwirbelsäule können aber in seinem Fall nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf diese beruflichen Belastungen zurückgeführt werden, weil eine höhere Wahrscheinlichkeit gegen einen solchen Zusammenhang spricht.

In zeitlicher Hinsicht hat der Senat zu prüfen, ob der Kläger vor Antritt seiner Beschäftigung in Ö. bereits gegenüber einem deutschen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Feststellung der Berufskrankheit erworben hatte. Einem solchen Anspruch für den Zeitraum bis März 2003 steht nicht von vornherein entgegen, dass er durch die gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. B. angegebenen Tätigkeiten in Ö. und der Sch. jedenfalls seit deren Beginn nicht mehr die Voraussetzung des Tatbestandes der Nr. 2108 der Anl. 1 zur BKV erfüllte, wonach die Wirbelsäulen belastenden Tätigkeiten aufgegeben worden sein müssen. Diese Voraussetzung folgt aus dem Wortlaut des Tatbestandes, wonach die Krankheit bereits zu einer Aufgabe der Tätigkeiten geführt haben muss. Beim Kläger ergibt sich daraus jedenfalls für die Zeiträume der Tätigkeitsunterbrechungen vor April 2003 keine feststellbare Einschränkung, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger während des gesamten Zeitraumes eine andere, leichtere Tätigkeit angestrebt hat. Dies gilt zum einen für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit über einen Zeitraum von ungefähr drei Jahren zwischen 1997 und 2000, zum anderen für den Zeitraum von November 2001 bis März 2003. Allein eine spätere Wiederaufnahme der belastenden Tätigkeiten schadet jedenfalls nicht bei der Prüfung, ob der Betreffende zu einem früheren Zeitpunkt die belastenden Tätigkeiten dauerhaft aufgegeben und sich erst später zu deren erneuter Aufnahme umentschieden hat (BSG, Urt. v. 30.10.2007 – B 2 U 12/06 R – zitiert nach Juris). Dass beim Kläger ein solcher Fall vorgelegen hat, legt zumindest die Aufnahme einer Ausbildung zum "Fachberater Vertrieb" nahe.

Bei der Prüfung des Eintritts des Versicherungsfalls nach bundesdeutschem Recht vor April 2003 ist maßgeblich für den Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen und dem Gesundheitsschaden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Dabei ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens "wesentlich" beigetragen hat (Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr. 4, 15 m.w.N.). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.). Maßgeblich für die Einschätzung des Zusammenhangs sind dabei nach herrschender medizinischer Auffassung als medizinische Erfahrungssätze die "Konsensempfehlungen" (vgl. auch BSG, Urt. v. 27.6.06 – B 2 U 13/05 R – Juris, Rdnr. 12, 14) einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus dem Jahre 2005 (hier zitiert nach Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 211 ff.). Diese legt auch der Sachverständige Prof. Dr. B. als den wissenschaftlichen Erkenntnisstand seiner Erörterung zu Grunde, der für den von ihm eingenommenen Eintritt eines Versicherungsfalls maßgeblich ist.

Danach liegt aber keine Erkrankung vor, die mit Wahrscheinlichkeit auf Einwirkungen von Arbeiten im Sinne der Nr. 2108 Anl. BKV zurück zu führen ist, weil die Krankheitskonstellation B 4 der "Konsensempfehlungen" einschlägig ist, ihre Voraussetzungen für eine Zusammenhangswahrscheinlichkeit aber in keiner der dafür beschriebenen Fallgestaltungen erfüllt sind. Überzeugend beschreibt Prof. Dr. B., dass im Ansatz die Fallkonstellation B 2 der "Konsensempfehlungen" vorliegt. In Unterscheidung von der Konstellation B 1 fehlt es beim Kläger an einer Begleitspondylose. Die Diagnose einer Spondylose hat Prof. Dr. B. für den gesamten Bereich der Lendenwirbelsäule nicht gestellt. Damit befindet er sich in Einklang mit dem radiologischen Zusatzgutachten von Priv.-Doz. Dr. R., der in Auswertung der Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule vom 30. Januar 2002 das Fehlen von Spondylosen ausdrücklich mitteilt. Zu Gunsten des Klägers unterstellt werden kann, dass auch keine wesentlichen konkurrierenden Ursachenfaktoren erkennbar sind. Dies ist eine Unterstellung zu Gunsten des Klägers, weil konkurrierende Ursachen der Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs in den Konstellationen B 9 und B 10 überhaupt entgegenstehen würden.

Die positive Einstiegsvoraussetzung der Konstellation B 2 ist erfüllt, wonach mindestens einer der beiden unteren Lendenwirbelsäulenabschnitte zwischen L 4 und S 1 von einer Chondrose zweiten Grades oder einem Vorfall befallen sein muss. Das Gericht folgt der Einschätzung des Sachverständigen im Einklang mit dem von ihm eingeholten radiologischen Zusatzgutachten von Priv.-Doz. Dr. R., dass die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers im Bereich der Lendenwirbelsäule den Bandscheibenabschnitt L 5/S 1 betrifft, wo sich mit erstmaligem Nachweis vom Januar 2002 eine Chondrose Grad II und erstmaligem Nachweis vom April 2003 ein Bandscheibenvorfall finden lassen. Nach Einbeziehung der Halswirbelsäule handelt es sich genau um die Konstellation B 4, weil ein Bandscheibenschaden an der Halswirbelsäule vorliegt, der schwächer ausgeprägt ist, als derjenige an der Lendenwirbelsäule. Dies ergibt sich aus der Einschätzung des Radiologen Priv.-Doz. Dr. R., wonach an der Halswirbelsäule altersuntypische Chondrosen Grad I nachzuweisen sind, die aber gegenüber den Veränderungen an der Lendenwirbelsäule als geringer ausgeprägt einzuschätzen sind. Eine Abweichung in der medizinischen Beurteilung gegenüber derjenigen des Sachverständigen Prof. Dr. B. kann sich daraus nicht ergeben, weil die Fallkonstellation B 4 der "Konsensempfehlungen" unter den gleichen Voraussetzungen die Einschätzung einer Zusammenhangswahrscheinlichkeit rechtfertigt, wie die Konstellation B 2, auf die insoweit verwiesen wird.

Der Kläger erfüllt nicht die erste Zusatzvoraussetzung der Konstellation B 2, wonach eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben vorliegen muss. Dabei muss es sich bei der Höhenminderung auch insoweit um eine altersuntypische Erscheinung handeln, weil nur diese für die Zusammenhangsbeurteilung von Belang ist ("Konsensempfehlungen", a.a.O., S. 216, Übergang mittlere zu rechter Spalte). Solche (weiteren) Diagnosen stellt der Sachverständige Prof. Dr. B. nachvollziehbar nicht, zumal auch Priv.-Doz. Dr. R. in keiner der von ihm ausgewerteten Aufnahmen solche Befunde außerhalb des Bandscheibenabschnitts L 5/ S 1 erkennt.

Der Kläger erfüllt sodann nicht die zweite Zusatzvoraussetzung der Konstellation B 2, wonach bei einem monosegmentalen Befall – hier von L 5/ S 1 – zusätzlich im Magnetresonanztomogramm "black discs" in zwei benachbarten Segmenten erforderlich sind. Eine solche Erscheinung ist in dem radiologischen Zusatzgutachten von Priv.-Doz. Dr. R. weder für das MRT vom 24. April 2004 noch für dasjenige vom 17. August 2005 beschrieben. Vielmehr ist hier ausdrücklich festgehalten, eine pathologische Signalalteration sei in allen Abschnitten der Lendenwirbelsäule bis herunter zu L 4/L 5 nicht nachweisbar.

Der Kläger erfüllt weiterhin nicht die dritte Zusatzvoraussetzung einer besonders intensiven Belastung. Dies ergibt sich aus der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. B. vom 30. August 2013, in der er eine solche Einschätzung ausdrücklich für den Fall abgegeben hat, dass die Tätigkeit für den VEB B. D. im Zeitraum von September 1974 bis August 1977 nicht nachgewiesen ist. Dabei stellt er für den Fall des Klägers – wie auch bereits in seinem Gutachten – auf die Prüfung ab, die die "Konsensempfehlungen" für eine besonders intensive Belastung benennen: Eine Erfüllung des Lebensdosis-Richtwertes in weniger als zehn Jahren kommt im Falle des Klägers in Zehnjahreszeiträumen der Zeit von 1977 bis 1997 für die Tätigkeit bei der PGH "Einheit" nicht in Betracht, weil er sogar die Dosis des unteren Grenzwertes von 12,5 MNh (BSG, Urt. v. 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R – Juris) mit einer durchschnittlichen Belastung von 11,9 MNh im Zehnjahreszeitraum unterschritten hat. Hier konnte der Sachverständige von Durchschnittswerten ausgehen, weil der Kläger eine durchschnittlich gleiche Belastung geschildert hat. Die insoweit gegenüber dem Sachverständigen geschilderten Belastungen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16. April 2012 noch einmal ausdrücklich zu seinem Vortrag gegenüber dem Gericht gemacht.

Ein höherer Durchschnittswert ergibt sich auch nicht für die Zeit vor der Aufnahme der Tätigkeit bei der PGH "Einheit" bzw. die Zeit einer vom Kläger behaupteten Überschneidung mit einer Tätigkeit beim VEB B. H. Dieses Beschäftigungsverhältnis des Klägers ist zunächst für die Zeit von 1972 bis Dezember 1974 schon nicht bewiesen, weil der Kläger dafür keine Beweismittel benannt hat und solche auch nicht ersichtlich sind. Sowohl den Zeugen H. als auch die Zeugin P. hat der Kläger erst für die angegebene Zeit seiner Tätigkeit in einem zweiten Beschäftigungsverhältnis benannt; zu anderen Umständen können sie auch keine Kenntnis haben. Denn während seine Ehefrau ihn nach ihren Angaben erst im Dezember 1974 kennengelernt hat, hat der Zeuge H. schon in seiner schriftlichen Bestätigung nur Angaben über die Zeit von 1974 bis 1977 gemacht. Auch dies ist hinsichtlich der Beschränkung auf Zeiten vor 1974 nachvollziehbar, weil er – wie aus seinem Sozialversicherungsausweis hervorgeht – erst mit Beginn des Dezember 1975 die Tätigkeit beim VEB B. H., Betriebsteil D., aufgenommen hat.

Als zweite Beschäftigung in den Jahren 1974 bis 1977 ist die Tätigkeit zumindest der Dauer, der wöchentlichen Arbeitszeit und der Arbeitsintensität nach nicht bewiesen. Die dazu gemachten Angaben des Klägers selbst hält das Gericht nach den Zeugenaussagen für widerlegt. Das Gericht kann sich nach der Vernehmung des Zeugen H. – auch unter Hinzuziehung seiner bereits im Verfahren L 6 U 100/06 gemachten Aussage – und der Zeugin P. auch nicht von einer bestimmten Dauer und Arbeitszeit einer solchen möglichen Beschäftigung überzeugen.

Zunächst spricht gegen die vorgetragene Beschäftigung mit dem vorgetragenen oder einem konkret feststellbaren niedrigeren Ausmaß, dass dieses Beschäftigungsverhältnis nicht im Sozialversicherungsausweis des Klägers eingetragen worden ist, obwohl es bei einem größeren volkseigenen Betrieb bestanden haben soll. Denn die vom Zeugen H. vorgetragene Häufigkeit des Eintreffens von Güterwaggons allein im Betriebsteil D. lässt auf einen größeren Betrieb schließen. Dementsprechend ist auch im Falle des Zeugen H. für dieselbe Arbeit eine Eintragung vorgenommen worden, wie sich aus den Eintragungen in seinen Sozialversicherungsausweis ergibt, die das Gericht in Ablichtung zur Akte L 6 U 100/06 genommen hat. Durch die unterlassene Eintragung beim Kläger hätte der Betrieb gegen § 14 Buchst. c der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 14. November 1974 (SVO – GBl. der DDR I S. 531) verstoßen, was für größere volkseigene Betriebe ungewöhnlich ist, zumal diese selbst Aufgaben der Verwaltung der Sozialversicherung wahrgenommen haben (§ 2 SVO). Dagegen ergibt sich aus dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers, er selbst habe mit der Eintragung von Ernteeinsätzen ähnliche Erfahrungen gemacht, kein durchgreifendes Argument. Der Kläger trägt nämlich keine saisonal bedingte Aushilfstätigkeit vor, sondern ein über Jahre dauerndes zweites Beschäftigungsverhältnis von (mindestens) 44 Wochenstunden.

Weiterhin hätte das vorgetragene Beschäftigungsverhältnis in mehrerlei Hinsicht gegen geltende Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen. Insoweit bestand zunächst ein Beschäftigungsverbot. Nach § 138 Abs. 3 des Gesetzbuches der Arbeit (GBA – vom 17.4.1961, GBl. der DDR I S. 27) war Jugendlichen die Ausübung schwerer Arbeiten (Satz 1) schlechthin untersagt, deren nähere Bestimmung einer Arbeitsschutzordnung überlassen blieb (Satz 2). In der Verordnung über Arbeitszeit und Erholungsurlaub (vom 29.6.1961, GBl. I S. 263), die unter anderem auf der Grundlage des § 138 GBA erlassen ist, findet sich die Bestimmung schwerer Arbeiten in Anl. 3. Dort sind in Abschnitt A Nr. 1 "Arbeiten, die ständig oder überwiegend mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten verbunden sind, wenn die aufzuwendende Kraft 40 kp für den einzelnen Arbeiter übersteigt, z. B. bei Arbeiten der Sackträger" als schwer bestimmt. Um solche Arbeiten hat es sich nach Darstellung des Klägers und der Zeugen gehandelt.

Weiterhin hätte die Beschäftigung allein und angesichts des auch bestehenden Lehrverhältnisses gegen Arbeitszeitvorschriften verstoßen. So bestand nach § 72 Abs. 2 S. 1, 3 GBA i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 der Verordnung über die durchgängige 5-Tage-Arbeitswoche v. 3. Mai 1967 (GBl. II S. 237) Anspruch auf zwei freie Tage pro Arbeitswoche, die lediglich innerhalb eines Vierwochenzeitraumes nach besonderen Produktionsbedürfnissen verteilt werden konnten. Nach seinem Vortrag hatte der Kläger aber schon in seinem zweiten Arbeitsverhältnis allein überhaupt keine freien Tage. Auf die vorstehend dargestellte Rechtslage der DDR ist der Kläger mit Schreiben vom 8. Dezember 2011 unter Bezugnahme auf entsprechende Hinweise im Verfahren L 6 U 100/06 erneut hingewiesen worden und hat dazu auch Stellung genommen.

Auch die Zeugenaussagen der Zeugen H. und P. führen nicht zu einer Überzeugung des Gerichts, dass der Kläger in einem bestimmbaren und im vorliegenden Zusammenhang ausreichenden Ausmaß seinem zweiten Beschäftigungsverhältnis nachgegangen ist.

Beide Zeugen haben schon ausdrücklich den vom Kläger selbst dargestellten Umfang seiner Tätigkeit nicht bestätigt. Der Zeuge H. hat sich lediglich festgelegt, dass der Kläger in dem fraglichen Betrieb als "Aushilfe" tätig war. Zu den zeitlichen Grenzen hat er sich nicht festgelegt und sich auf fehlende Erinnerung berufen. Einen Umfang wie den vom Kläger geschilderten hat der Zeuge aber nicht in Betracht gezogen. So hat er bekundet, der Kläger habe möglicherweise dreimal die Woche in dem Betrieb gearbeitet. Schon darin liegt jedenfalls keine Bestätigung der Darstellung des Klägers. Auch die Zeugin P. hat gegenüber der eigenen Behauptung des Klägers angegeben, dieser sei (nur) vielleicht zwei- bis dreimal pro Woche an Werktagsnachmittagen in dem Betrieb tätig gewesen. Diese auf ausdrückliche Fragestellung des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegebene Einschätzung ist aber auch schon nicht mit ihren Formulierungen in der Darstellung gegenüber dem Gericht – wiederholt auf Nachfrage des Vertreters der Beigeladenen – zu vereinbaren, sie sei an Werktagsnachmittagen "meistens" mit dem Kläger zusammen gewesen und dieser habe dann "manchmal" arbeiten müssen. Mag diese Aussage inhaltlich gleichwohl noch auf eine gewisse Häufigkeit der Tätigkeit des Klägers hindeuten, hat der weitere Inhalt der Aussage des Zeugen H. schon diesen Inhalt nicht. Danach wurde der Kläger nur herangezogen, "wenn Not am Mann war". Dies setzte nach der Aussage des Zeugen H. voraus, dass aus einer Bereitschaft von sechs Mann keine vier für die Ausladetätigkeit zur Verfügung standen. Wie oft dies der Fall war, hat der Zeuge nicht mehr angeben können. Aus der Natur dieser Organisation und der Bezeichnung als Aushilfe lässt sich aber nicht annähernd ableiten, der Kläger müsse durchgehend mehrfach je Woche dort tätig gewesen sein.

Selbst die vom Kläger behauptete Arbeitsintensität lässt sich schon aus den Zeugenaussagen nicht ableiten. Während er selbst behauptet, der Ausladevorgang sei von zwei Personen vorgenommen worden, was Raum für die Beteiligung einer dritten Person als Staplerfahrer lässt, geben die Zeugen H. und P. übereinstimmend an, das Ausladen sei von mindestens vier – so beide – oder sogar fünf Personen – so als Möglichkeit ausdrücklich die Zeugin P., zusammenfassend sogar mit der Formulierung "etliche" – vorgenommen worden.

Insgesamt sind schließlich beide Zeugenaussagen nicht zum Beleg einer abgrenzbaren Belastung des Klägers in der vorgetragenen Nebenbeschäftigung geeignet, weil beide Zeugen im Kern ihrer Aussage letztlich unglaubwürdig sind. Denn beide lassen erkennen, dass sie keine Darstellung abgeben wollen, an der der vom Kläger geltend gemachte Anspruch scheitert. So hat der Zeuge H. sich zu dem Ausschlag gebenden Punkt der Belastung schon in dem Verfahren L 6 U 100/06 in Widersprüche verwickelt, indem er vorbereitete Erklärungen des Klägers unkritisch unterschrieben hat. Denn während er mit dem Kläger im genannten Berufungsverfahren behauptet hat, dieser habe Säcke auch auf der Schulter getragen, hatte der Kläger gegenüber dem zuständigen Technischen Aufsichtsdienst bestätigt und für die "eidesstattliche Erklärung" des Zeugen H. vorformuliert, die Säcke seien vor dem Bauch getragen worden; der Zeuge H. hatte dies schriftlich bestätigt. Dies lässt darauf schließen, dass der Zeuge H. bei der Darstellung der Tätigkeit des Klägers zu dessen Gunsten eine genaue Prüfung der Richtigkeit außer Acht lässt. Unglaubhaft ist auch seine Angabe, er wisse nicht mehr, ob der Vater des Klägers zu der Gruppe von sechs Arbeitnehmern gehört habe, die beim Ausladen tätig geworden seien. Für den Senat ist es nicht erklärlich, dass der Zeuge sich zwar an den Kläger als Aushilfe, nicht aber an seinen Vater erinnern will, der den Kläger nach den insoweit glaubhaften Angaben der Zeugin P. als jedenfalls auch an dieser Arbeit Beteiligter dort eingeführt hat. Deren Angabe zu diesem Punkt ist glaubhaft, weil sie zu keinem für den Senat erkennbaren Vorteil für den Kläger führt, obwohl die Zeugin – wie noch darzustellen sein wird – ebenfalls eine Tendenz erkennen lässt, sich nicht gegen den Vortrag des Kläger festzulegen.

Für die Zeugin P. folgt die fehlende Glaubwürdigkeit im Sinne einer Aussagetendenz zu Gunsten des Klägers daraus, dass sie dessen Tätigkeit in der Sch. als sehr schwer bezeichnet hat, aber nach Vorhalt von dessen (letztem) Vortrag, diese sei gegenüber früheren Tätigkeiten sehr viel leichter gewesen, sofort eingeräumt hat, sie habe eigentlich darüber mit dem Kläger nicht so viel gesprochen. Eine dieser Angaben muss falsch sein und ist dies, weil die Zeugin als Ehefrau keine Angabe zu Lasten des Klägers machen will.

Für die Belastungsintensität des Klägers im Zeitraum bis 1977 hat die fehlende Feststellbarkeit einer konkret bestimmbaren Belastung folgende Konsequenzen:

Für die Zeit bis Dezember 1974 fehlt es schon an jedem Nachweis einer Belastung überhaupt, soweit sie nicht in der Lehre angefallen ist. Für die Zeit beim VEB G. D. bis Ende Januar 1977 hat Prof. Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar eine Belastung von 1,17 MNh für 29 Monate errechnet, womit hochgerechnet auf einen Zehnjahreszeitraum eine Belastung selbst von 11,9 MNh deutlich unterschritten wird, die der Sachverständige als nicht ausreichend eingeschätzt hat. Eine Zusatzbelastung, die nach den Vorgaben von Prof. Dr. B. das Erreichen einer Schwelle von (mindestens) 12,5 MNh für den gesamten Zehnjahreszeitraum von Dezember 1974 bis November 1984 oder von Februar 1977 bis Januar 1987 zur Folge haben müsste, ist danach nicht feststellbar. Andere Anhaltspunkte für eine besonders intensive Belastung sind nicht ersichtlich; insbesondere hat Prof. Dr. B. solche auch auf die Frage danach in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht benannt.

Der Zusammenhang zwischen belastender Tätigkeit und Krankheit ist beim Kläger auch nicht im Sinne der letzten Zusatzvoraussetzung zur Konstellation B 2 der Konsensempfehlungen wahrscheinlich. Beim Kläger lässt sich nicht feststellen, dass ein besonderes Gefährdungspotential durch Belastungsspitzen ab 6 kN Druckkraft aufge-treten ist, mit denen er die Hälfte des Tagesdosis-Richtwertes erreicht hätte. Insoweit geht der Sachverständige Prof. Dr. B. von falschen Voraussetzungen im Tatsächlichen aus, wie sich aus der Beweiserhebung durch Vernehmung der Zeugen St. und Sp. ergeben hat. Die ungekürzten Wasserrohre, um deren Heben und Tragen es beim Überschreiten der Druckkraftschwelle von 6 kN nach der Auswertung durch Prof. Dr. B. allein geht, haben nicht gesichert das Gewicht von 70 kg, das der Kläger gegenüber dem Sachverständigen angegeben hat. Zum Einen hat schon der Kläger selbst diesen Wert als geschätzten – "ca." – Wert mitgeteilt, was allein angesichts der Feststellungslast des Klägers gegen ein Gewicht genau dieser Höhe spricht. Zum Anderen hat der Kläger selbst in einem Schriftsatz im Parallelverfahren vom 8. Juni 2005, gut zwei Monate vor der Befragung durch Prof. Dr. B., das Gewicht der Rohre noch selbst mit "bis zu 50 Kilo" angegeben. Nicht wesentlich abweichend hat er im vorliegenden Fall mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2004 vorgetragen, es seien Rohre "bis zu einem Gewicht von 40-50 Kilo" angefallen. Auch hat der Kläger zunächst den Feststellungen des Präventionsdienstes, der nicht annähernd von Lastgewichten über 50 kg ausgeht, insoweit nicht widersprochen, während er sich in anderen Punkten nachdrücklich gegen dessen Einschätzung gewandt hat. Dementsprechend unsicher sind bei der Schätzung der Gewichte auch die Zeugen St. und Sp., die beide kein sicheres Wissen bezüglich ihrer übereinstimmenden Schätzungen bekundet haben, wonach jedenfalls auch Rohre von über 50 kg Gewicht Verwendung gefunden haben sollen. Selbst mit einem Gewicht von 50 kg wird aber die Druckkraftschwelle von 6 kN durch Hebungen nicht erreicht, wie sich aus der Umrechnung in den eigenen Berechnungen Prof. Dr. B.s für ein entsprechendes Gewicht anderer Gegenstände ergibt und wie der Senat auch nach eigener Überprüfung anhand der Veröffentlichung des Mainz-Dortmunder-Dosismodells feststellt. So findet sich in Tabelle 1 auf Seite 4 der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. B. für das beidhändige Heben eines Lastgewichts von 50 kg die zutreffende Ermittlung der Druckkraft mit 5.550 N bzw. 5,55 kN.

Unrichtig ist weiterhin der Ausgangspunkt des Sachverständigen, die getragenen Rohre hätten überhaupt ein einheitliches Gewicht gehabt. Schon der Kläger selbst hat im Verwaltungsverfahren ursprünglich angegeben, er habe Rohre im Gewicht von 50-100 kg getragen. Schon insoweit wäre nicht bei allen Hebevorgängen der Rohre die Druckkraftschwelle überschritten. Nach diesem Vorbringen des Klägers steht nicht fest, dass die Hälfte der Tagesdosis durch das Heben von Rohren unter Druckkräften oberhalb der Druckkraftschwelle erreicht wird, wovon Prof. Dr. B. aber ausgeht. Von einem einheitlichen Gewicht der zu tragenden Rohre kann auch überhaupt nicht ausgegangen werden, weil der Kläger selbst – unterschriftlich bestätigt von dem Zeugen Sp. – angegeben hat, die verzinkten Wasserrohre hätten ein Kaliber von einem halben Zoll bis zweieinhalb Zoll gehabt. Entsprechend haben beide Zeugen in der Vernehmung vor dem Senat angegeben, es seien jedenfalls anteilig auch leichtere Rohre zu Verwendung gelangt. Dabei stützt der Senat sich auf die genauere Angabe des Zeugen St., wonach typischerweise Rohre mit einem Kaliber von einem halben bis zweieinhalb Zoll verwendet wurden, wobei nur die letzteren nach seiner Schätzung das Gewicht von 50 kg überschritten haben sollen. Soweit der Zeuge S. meint, schwerere Rohre seien zu einem größeren Anteil verwendet worden, sieht der Senat damit die vorsichtigere Einschätzung des Zeugen St. als nicht widerlegt an. Denn es ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Kenntnisse oder Erfahrungen der Zeuge S. genauere Kenntnisse über die verwendeten Rohre haben sollte als der Zeuge St. Beide haben jedenfalls unmittelbar mit dem Kläger zusammengearbeitet. Schließlich kann auch nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass bei der Verlegung von Wasserrohren das Tragen von 20 ganzen Rohren in einer Schicht durchschnittlich anfiel. Diese Behauptung hat der Zeuge S. auf Vorhalt der Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 17. Februar 2012 nicht mehr bestätigen wollen. Auch insoweit gilt aus den genannten Gründen, dass die umgekehrte Bestätigung dieser Zahl durch den Zeugen S. nicht als nachgewiesen angesehen werden kann.

Schon wenn die Angaben des Klägers allein um den Umstand verändert werden, dass nur ein Drittel der gehobenen ganzen Rohre – bei einem weiter unterstellten Gewicht von 70 kg – mit 7.050 N die Druckkraftschwelle von 6 kN überschritt – was wie dargelegt jedenfalls auch erforderlich ist – ergibt sich schon keine Hälfte der Mindesttagesdosis mehr. Dies ergibt sich aus folgender Berechnung, der die Formel zu Grunde liegt, die der Sachverständige Prof. Dr. B. auf S. 8 seines Gutachtens, Bl. 122 der Gerichtsakte, mitgeteilt hat und die Gegenstand der Veröffentlichung des Mainz-Dortmunder-Dosismodells ist, die das Gericht dem Schreiben vom 8. Dezember 2011 beigefügt hat: Die zum Quadrat erhobene Druckkraft von 7.050 N beläuft sich danach auf 49.702.500 N². Diese Größe ist mit 0,018533 h zu vervielfältigen, die sich ergeben, wenn man von S. 5 der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. B. (S. 438 d. A.) die Summe der beiden Einwirkungszeiten von Druckkräften von 7.050 N – 0,0278 h mal 2 – durch drei teilt. Es folgt dann eine Größe von 921.136 N²h bzw. – zur Vergleichbarkeit mit der entsprechenden Größe in der ergänzenden Stellungnahme von 1.381 10³ N²h – von 921 10³ N²h. Diese Größe ist durch Teilung durch 8 h (auf 115.142 N²h) auf eine Normalarbeitsstunde zu beziehen, daraus die Wurzel – auf 339,33 – zu ziehen und diese Größe mit 8 Stunden zur erneuten Beziehung auf den Arbeitstag zu einer Größe von 2.715 Nh zu vervielfältigen. Diese Größe tritt an die Stelle der von Prof. Dr. B. rechnerisch richtig ermittelten Teiltagesdosis von 4.700 Nh (Bl. 14 der ergänzenden Stellungnahme, Bl. 447 Gerichtsakte), die von falschen Voraussetzungen ausgeht. Die zutreffende Teiltagesdosis von 2.175 Nh erreicht nicht die Hälfte der Mindesttagesdosis von 5.500 Nh, auf die Prof. Dr. B. sich in zutreffender Anwendung der "Konsensempfehlungen" überzeugend bezieht.

Insbesondere kann der Wegfall der Mindesttagesdosis bei der Ermittlung der notwendigen Lebensdosis (BSG, Urt. v. Urt. v. 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R – Juris) nicht etwa dazu führen, dass diese Größe auch bei der Ermittlung maßgeblicher Spitzenbelastungen keine Rolle mehr spielt. Der Verweis auf die Hälfte der Mindesttagesdosis hat hier lediglich die Bedeutung einer abgekürzten Bezeichnung einer Mindestzahl an Newtonstunden, die – in der Summe hoher Druckkräfte – eine Spitzenbelastung darstellt und sich für Männer auf 2.750 Nh beläuft. Der Wegfall der Mindesttagesdosis als Teil der Bestimmung einer maßgeblichen Mindestlebensdosis steht mit dieser Prüfung in keinem Zusammenhang. So bedarf zwar die Vernachlässigung bestimmter Belastungen bei der Ermittlung einer gefährdenden Summe von Belastungen einer besonderen Begründung. Bei der Fragestellung nach Spitzenbelastungen sind aber schon denknotwendig Belastungen unterhalb bestimmter kurzfristig einwirkender Dosen ausgeschlossen; es geht dabei der Sache nach nur um innerhalb kurzer Zeit einwirkende Dosen. Dafür ist eine Mindestgrenze für einen Arbeitstag markantes Kennzeichen. Aus dem Gutachten selbst ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Ergebnisse der Deutschen Wirbelsäulenstudie, die die Rechtsprechung zur Herabsetzung bestimmter Schwellenwerte veranlasst haben (BSG, a.a.O., Rdnr. 22 ff.), dies für die Festlegung einer Mindesttagesdosis an Spitzenbelastungen nicht gebieten. Denn der Sachverständige stellt insoweit noch in seiner ergänzenden Stellungnahme auf die Hälfte der Mindesttagesdosis ab, obwohl ihm – wie an seiner Bemerkung zur Belastungsberechnung nach dem Dosismodell 2 der Wirbelsäulenstudie hervorgeht – die Ergebnisse der Deutschen Wirbelsäulenstudie und – wie von ihm konkret dargestellt – auch die daraus abgeleitete Rechtsprechung vertraut sind. Andere Anhaltspunkte für ein besonderes Gefährdungspotential durch Belastungsspitzen sind nicht ersichtlich, insbesondere hat Prof. Dr. B. solche auch in seiner ergänzenden Stellungnahme auf entsprechende Fragestellung nicht benannt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und richtet sich nach dem Unterliegen des Klägers.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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