L 1 KR 355/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 682/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 355/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 53/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe seiner Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 1. September 2010 bis 30. November 2011.

Er ist hauptberuflich selbständig als Rechtsanwalt und Notar tätig und freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) (nachfolgend nur noch: "die Beklagte"). Er reichte am 20. Dezember 2010 den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 17. August 2010 ein, der u. a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 30 465,00 Euro auswies. Die Beklagte setzte daraufhin auch im Namen der Beklagten zu 2) die vom Kläger zu entrichtenden Beiträge mit Wirkung ab 1. September 2010 auf 363,04 Euro zur Kranken- und auf 49,63 Euro zur Pflegeversicherung fest. Sie legte dabei beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 2 538,75 Euro, also 1/12 der 30 465,00 Euro, zugrunde. Zuvor waren die Beiträge auf Grundlage monatlicher Einnahmen in Höhe von 1 836,00 Euro festgesetzt worden.

Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 11 231,00 Euro müssten einkommensmindernd angerechnet werden.

Die Beklagten wiesen den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2011 zurück.

Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Durch die Festlegung einer Mindestbeitragsbemessungsgrenze sowie aufgrund der Nichtdurchführung eines vertikalen Verlustausgleiches würden freiwillig Versicherte gegenüber Pflichtversicherten doppelt benachteiligt. Seit 1. Januar 1998 bestünde weiter eine generelle Krankenversicherungspflicht. Die Differenzierung zwischen ehemals freiwilligen und jetzt gesetzlich Versicherten sei aufgehoben. Die Beklagte habe jedoch ihre Satzung unverändert gelassen. Selbst wenn ein vertikaler Verlustausgleich nicht vorgenommen werden könne, müssten nunmehr die Versicherungsbeiträge abhängig vom Einkommen erhoben werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 22. November 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen, in welchem die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Unzulässigkeit einer Saldierung unterschiedlicher Einkunftsarten im Rahmen der Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder nach § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zutreffend angeführt worden sei. Das BSG habe mit Urteil vom 09. August 2006 (B 12 KR 8/06 R) nochmals klargestellt, dass bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen ein sogenannter vertikaler Verlustausgleich nicht stattfinde, weil dies zu einer ungerechtfertigten Bevorteilung der freiwillig Krankenversicherten gegenüber den Pflichtversicherten führen würde. Dass nunmehr die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eingeführt worden sei, bzw. aufgrund § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz die Pflicht zur Durchführung einer privaten Krankenversicherung, habe auf die Beitragsbemessung hauptberuflich selbständiger Mitglieder nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V keinen Einfluss. Gemäß § 227 SGB V gelte vielmehr § 240 SGB V für die Beitragsbemessung der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V pflichtversicherten Mitglieder entsprechend. Pflichtversicherte, die hauptberuflich selbständig tätig seien, müssten also Beiträge nach denselben Grundsätzen entrichten wie freiwillig versicherte hauptberuflich selbständige Mitglieder. Eine Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. § 240 Abs. 4 SGB V differenziere in den Sätzen 1 und 2 SGB V zwischen hauptberuflich selbständigen und sonstigen freiwilligen Mitgliedern. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung von hauptberuflich selbständigen Mitgliedern und die für sie geltenden höheren Mindestbemessungsgrundsätze habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits bestätigt (Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 1 BvL 4/96). An den Gründen habe sich durch die Ausweitung der Pflichtversicherung nichts geändert.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers: Das BVerfG habe im Jahr 2001 noch nicht die Rechtslage seit 2009 berücksichtigen können. Insbesondere hätten zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG hauptberuflich freiwillig Versicherte noch frei entscheiden können, ob sie eine Krankenversicherung überhaupt abschließen wollten. Der konkreten Beitragsbemessung fehle es weiter an einer Rechtsgrundlage, da die Beitragsverfahrensgrundsätze für Selbstzahler nach der Einführung der Pflichtversicherung nicht geändert und angepasst worden seien. Diese seien bloße Verwaltungsvorschriften.

Er hat ergänzend seinen Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 16. Februar 2011 eingereicht. Zumindest ab 18. Februar 2011 seien die Versicherungsbeiträge auch nach der Auffassung des Beklagten nach der Mindestbemessungsgrenze von 1 277,50 Euro zu berechnen. Der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2009 weist Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 28 364,00 Euro, Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 36 165,00 Euro sowie eine Leibrente von 9 108,00 Euro auf.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2011 den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 abzuändern, soweit der Beitragsfestsetzung mit Wirkung vom 1. September 2010 bis 30. November 2011 beitragspflichtige Einnahmen von mehr 1.603,58 EUR zugrunde gelegt werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass ihre Satzung durch das Bundesversicherungsamt geprüft worden sei.

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2013 hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte als sogenannter kleiner Senat entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§§ 153 Abs. 5, 105 Abs. 1 SGG).

Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen wird, hat das SG die Klage abgewiesen.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist nur noch ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:

Die Beitragsbemessung freiwillig Versicherter bemisst sich nach § 240 Abs. 1 SGB V. Es ist sicher zu stellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Seit 1. Januar 2009 wird die Beitragsbemessung nach Maßgabe dieser gesetzlichen Vorgabe für alle Krankenkassen einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 der vom GKV-Spitzenverband am 27. Oktober 2008 erlassenen "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)" (= BeitrVerfGrsSz) werden die Beiträge weiterhin nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, wobei die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist.

Zu Recht hat die Beklagte auf § 240 Abs. 2 SGB V hingewiesen, wonach bei der Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder mindestens die Einnahmen zu berücksichtigen sind, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten zugrunde zu legen sind. Bei abhängig Beschäftigten seien weder negative Einkünfte aus anderen Einkommensarten anrechenbar, sogar innerhalb des Arbeitsentgelts nicht einmal die Werbungskosten abzugsfähig. Die Veränderungen der Beitragsbemessungen können nur zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats wirksam werden, § 240 Abs. 4 SGB V:

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht bereits deshalb aufzuheben, weil die BeitrVerfGrsSz als solche generell keine Rechtsgrundlage für einen belastenden Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger böten. Die BeitrVerfGrsSz binden vielmehr nach der Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, als untergesetzliche Normen auch die Versicherten wie den Kläger (BSG, Urt. v. 19. Dezember 2012 - B 12 KR 20/11 R Rdnr. 18ff). Zugleich werden die an diese Form untergesetzlicher Normsetzung zu stellenden Anforderungen jedenfalls in Bezug auf § 7 Abs. 10 BeitrVerfGrsSz grundsätzlich eingehalten. Insbesondere ist weder das Demokratieprinzip noch das Wesentlichkeitsgebot des Parlamentsvorbehalt bei der Delegation gesetzlicher Ermächtigungen von der Legislative hin zur einer Organisation der Selbstverwaltung verletzt (BSG, a. a. O. Rdnr. 23ff, u. a. auch zum Aspekt der Pflichtversicherung, der einen Eingriff in Art 2 Abs. 1 Grundgesetz bedingt). Die wesentlichen Grundzüge für die Regelung der Beitragsbemessung durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpVBdKK) werden diesem hinreichend bestimmt vom Gesetzgeber vorgegeben: So ergibt sich der Inhalt der gesetzlichen Ermächtigung (= Regelung der Beitragsbemessung für einen gesetzlich bestimmten Personenkreis) unmittelbar aus § 240 Abs. 1 S 1 SGB V bzw. hierauf verweisenden Regelungen, wie z. B. § 227 SGB V. Zweck und Ausmaß der Ermächtigung werden über das in § 240 Abs. 1 S 1 SGB V formulierte Ziel einer einheitlichen Bemessung hinaus durch den allgemeinen Bemessungsmaßstab des § 240 Abs. 1 S 2 SGB V näher konkretisiert, wonach sicherzustellen ist, dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt wird. Die Absätze 2 bis 5 des § 240 SGB V enthalten weitere (zwingende) Vorgaben, die der SpVBdKK bei der "Regelung" der Beitragsbemessung zu beachten hat. Insbesondere ordnet der Gesetzgeber in § 240 Abs. 2 S 1 an, dass ein freiwilliges Mitglied bei der Beitragsbemessung nicht geringer belastet werden darf als ein vergleichbarer versicherungspflichtig Beschäftigter, was dann durch § 240 Abs. 2 S 5 weiter konkretisiert wird. § 240 Abs. 3 betrifft freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, und bewirkt, dass deren Beiträge nach den gleichen Grundsätzen bemessen werden wie die der versicherungspflichtigen Rentner. Regelungen über die Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen enthält § 240 Abs. 4: Dessen Satz 1 enthält eine (allgemeine) Mindestgrenze für die Bemessung beitragspflichtiger Einnahmen, während die nachfolgenden Sätze als Sonderregelungen für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige, Existenzgründer, nach § 16b SGB II geförderte Personen, Fachschüler, Berufsfachschüler, Auslandsstudenten und Wandergesellen Mindesteinnahmen in hiervon abweichender Höhe festsetzen und selbstständig erwerbstätige Tagespflegepersonen sowie (Klein)Rentner von dem Personenkreis der hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen bzw. von der Mindesteinnahmengrenze des § 240 Abs. 4 S 1 SGB V ausnehmen. Auch § 240 Abs. 4a SGB V enthält Sonderregelungen, hier u. a. beim Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei berufsbedingtem Auslandsaufenthalt, bei Versicherten mit Anspruch auf freie Heilfürsorge oder bei deren Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Entwicklungsdienst oder für eine internationale Organisation. § 240 Abs. 5 SGB V trifft schließlich Regelungen zur Absetzung von Kinderfreibeträgen bei der Anrechnung von Einkommen privat versicherter Ehegatten oder Lebenspartner. Zusätzlich wird der Inhalt des in § 240 Abs. 1 S 1 SGB V erteilten Regelungsauftrags an den SpVBdKK auch durch die zu § 240 SGB V und seinen Vorgängervorschriften ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung näher bestimmt, die - soweit keine entgegenstehenden Änderungen dieser Norm erfolgt sind - als in den gesetzgeberischen Willen inkorporiert anzusehen ist (so weitgehend wörtlich BSG, a. a. O. Rdnr. 28).

Das BSG hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Organisations- und Entscheidungsstrukturen des SpVBdKK (BSG, a. a. O Rdnr 29ff).

Bei freiwilligen Mitgliedern, die wie der Kläger hauptberuflich Selbständig erwerbstätig seien, galten und gilt also direkt nach § 240 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V) als beitragspflichtige Einnahmen, bei Nachweis niedriger Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Aus § 240 Abs. 4 Satz 3 SGB V ergibt sich, dass Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden können. Als Nachweis kommt nach der Rechtsprechung des BSG nur der Einkommenssteuerbescheid in Betracht. Maßgeblich ist insoweit der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit, ermittelt nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts (vgl. BSG, Urt. vom 02. September 2009 –B 12 KR 21/08 R., juris-Rdnr.14 und 15). Der 12. Senat habe - so das BSG - bereits im Urteil vom 26. September 1996 (12 RK 46/95) darauf hingewiesen, dass auch für die Beitragsbemessung Selbständiger auf der Grundlage von § 240 SGB V außer dem am Einkommensteuerrecht ausgerichteten Arbeitseinkommen derzeit kein gesetzlich oder anderweit geregeltes System der Einkommensermittlung zur Verfügung stehe, das verwaltungsmäßig durchführbar wäre und ohne unzumutbare Benachteiligung dieses Personenkreises verwirklicht werden könne. So scheide bereits eine objektive Ermittlung des Einkommens Selbstständiger ohne die Heranziehung amtlicher Unterlagen der Finanzverwaltung aus. Anders als dieser stehe den Krankenkassen weder rechtlich noch organisatorisch ein Instrumentarium zur Verfügung, das sie in die Lage versetze, die Höhe der Bruttoeinnahmen der Versicherten aus selbstständiger Tätigkeit festzustellen. Insbesondere dürften sie wegen des Steuergeheimnisses (§ 30 der Abgabenordnung) ohne ausdrückliche Zustimmung der Versicherten keine Informationen über deren Einnahmen von den Finanzämtern erhalten. Sie seien vielmehr bei freiwillig versicherten Selbstständigen auf deren Angaben und die von ihnen vorgelegten Bescheide der Finanzämter, insbesondere die Einkommensteuerbescheide, angewiesen. Die Unterstellung, niedrigere Einnahmen als die Regeleinnahmen seien solange nicht nachgewiesen, wie der Versicherte nicht sein Einverständnis zur Beiziehung der Steuerunterlagen erteilt habe, helfe nicht weiter. Auch nach Beiziehung der Unterlagen ließen sich in der Regel keine brauchbaren Kriterien finden, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abweichend vom Gewinn im Sinne des Einkommensteuerrechts festzustellen. So eigneten sich weder der Umsatz noch die Bruttoeinnahmen der Selbstständigen als Bemessungsgrundlage, weil dann Betriebsvermögen und Betriebsausgaben außer Ansatz blieben. Dies werde besonders deutlich beim gewerblichen Verkauf von Waren. Hier könne nicht der erzielte Bruttoverkaufspreis maßgeblich für die Beitragsbemessung sein, ohne etwa den Einkaufspreis, die Kosten der Lagerung und des Verkaufs und den Wertverfall der Ware zu berücksichtigen. Denn dann würden Selbstständige im Vergleich zu Versicherten, die nur Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit und somit kein Betriebsvermögen und keine Betriebsausgaben haben, unzumutbar benachteiligt. Die Besonderheit, dass die selbstständige Erwerbstätigkeit grundsätzlich mit einem Betriebsvermögen und mit Betriebsausgaben verbunden sei, habe auch im Einkommensteuerrecht dazu geführt, dass bei selbstständiger Tätigkeit nicht die Einnahmen als Besteuerungsgrundlagen festgelegt worden seien, sondern der Gewinn. Die Anknüpfung von § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V über § 15 SGB IV an das Steuerrecht hinsichtlich des Begriffs der Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei freiwillig Versicherten lege es nahe, auch hinsichtlich der Frage, wie die Höhe dieser Einnahmen nachgewiesen und in welchem Umfang Änderungen bei bereits verbindlich festgestellten Einnahmen Rechnung getragen werden kann, möglichst weitgehend mit den Gegebenheiten des Einkommenssteuerrechts sowie mit dem Verwaltungsverfahren der Finanzverwaltung und dessen Ergebnissen in Übereinstimmung zu bringen (BSG, a. a. O. Rdnr. 16). Bei hauptberuflich Selbstständigen könnten die tatsächlich erzielten Einnahmen und insbesondere der Gewinn, anders als bei Arbeitnehmern, in der Regel nur zeitversetzt zugrunde gelegt werden. Der Betrag des Gewinns könne verlässlich nur dem jeweils letzten Einkommenssteuerbescheid entnommen werden. Auf die Entrichtung des so festgesetzten Beitrags darf und muss sich der Versicherte einrichten, die Krankenkasse damit als Einnahme rechnen. Auch eine Änderung sei erst nachgewiesen, wenn sie auf Grund eines neuen Einkommensteuerbescheids feststehe.

Die Beklagte hat diese Grundsätze beachtet, wie bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid festgestellt hat.

Weshalb die Begründung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit einer Mindestbeitragspflicht für hauptberuflich Selbstständig durch die allgemeine Einführung einer Pflicht zur Krankenversicherung obsolet sein soll, hat der Kläger selbst nicht näher ausgeführt. Nach wie vor dient § 240 Abs. 4 SGB der Herstellung der Beitragsgerechtigkeit, wenn er den der Gruppe der Selbständigen aus den günstigen Grundlagen der Beitragsbemessung erwachsenden Vorteil typisierend durch Festsetzung einer besonderen Mindestbemessungsgrenze ausgleicht (BVerfG, a.a.O. juris-Rdnr. 30) Auch an dem Argument, dass die Regelung auch von dem legitimen Ziel bestimmt werde zu verhindern, dass das mit der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verbundene Unternehmerrisiko über die Beitragsbemessung partiell auf die Solidargemeinschaft überwälzt werden könne hat sich nichts geändert. Gleiches gilt für die Auswirkung der grundsätzlich freien Entscheidung des Selbständigen über das Ausmaß des Arbeitseinsatzes auf seine beitragspflichtigen Einnahmen. Der Gesetzgeber darf dafür Sorge tragen, dass die Solidargemeinschaft für den Versicherungsschutz dieser Gruppe bei geringem wirtschaftlichem Erfolg nicht über Gebühr belastet wird.

Die Entscheidung des BSG vom 21. Dezember 2011 (B 12 KR 22/09 R) betrifft freiwillig versicherte Sozialhilfeempfänger und erlaubt insoweit keine Rückschlüsse auf hauptberuflich Selbständige.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved