Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 1021/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 610/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg II, wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird, aber eine Auszahlung wegen einer Leistungserstattung des Rententrägers gegenüber dem Grundsicherungsträger erfolgt.
I. Der Bescheid des Beklagten vom 17.02.2011 wird aufgehoben. Insoweit wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.05.2011 teilweise aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger 1/4 seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der zu gewährenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 insbesondere in Bezug auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf und die Unterkunftskosten.
Nach seinem Umzug aus dem M.-Kreis bezog der Kläger ab 01.11.2005 Alg II vom Beklagten. Er leidet insbesondere unter einer Laktose- und Fruktoseintoleranz. Nach dem Mietvertrag der bis zum 30.11.2011 bewohnten Wohnung und der Bescheinigung der Vermieterin betrug die Miete zunächst 305 EUR (Kaltmiete 220 EUR, kalte Nebenkosten 45 EUR und Heizung 40 EUR) und wurde vom Beklagten - gemäß der Vereinbarung im Mietvertrag - bis 31.10.2009 direkt an die Vermieterin überwiesen. Das 4,3 qm große Badezimmer konnte nur mit Strom beheizt werden.
Am 20.07.2009 ging beim Beklagten eine Mitteilung der Vermieterin ein, wonach ab 01.11.2009 die monatliche Miete 250 EUR betrage, für Nebenkosten seien 60 EUR und für Heizkosten 58 EUR zu zahlen. Nach entsprechendem Hinweis im Bescheid vom 23.07.2009 berücksichtigte der Beklagte ab 01.11.2009 nur noch Unterkunftskosten iHv 282 EUR (Mietobergrenze) und Heizkosten iHv 48,33 EUR (5/6 von 58 EUR) zzgl. Heizstrom iHv 9 EUR. Ergänzend führte der Beklagte unter dem 06.11.2009 aus, die Mieterhöhung um 30 EUR sei nicht rechtens, da zB die Anführung von drei Vergleichsmieten im Mieterhöhungsverlangen nicht erfolgt sei. Bis 30.04.2010 erfolgte aufgrund eines entsprechenden Antrages des Klägers keine direkte Überweisung der Miete an die Vermieterin mehr. Mit Schreiben vom 20.03.2010 führte der Kläger aus, seine Vermieterin würde Bruttomietzinsen iHv 420 EUR verlangen. Wer dies bezahlen solle, sei unklar. Wegen einer Mietminderung führe er mit seiner Vermieterin einen Rechtsstreit. Nach einem vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 11.03.2010 an seine Vermieterin forderte er diese auf, verschiedene Mängel in der Wohnung zu beseitigen und Reparaturen vorzunehmen. Andernfalls drohte er mit einer Mietminderung von mindestens 30%. Der Beklagte teilte darauf im Änderungsbescheid vom 23.03.2010 mit, er werde ab 01.05.2010 die Miete wieder direkt an die Vermieterin weiterleiten. Aufgrund der vom Kläger gemachten Angaben sei eine Sicherstellung der Zahlung durch ihn nicht gewährleistet.
Mit Bescheid vom 07.07.2010 bewilligte der Beklagte vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 iHv monatlich 775,33 EUR (359 EUR Regelleistung, 77 EUR ernährungsbedingter Mehrbedarf, 250 EUR Grundmiete, 41 EUR Nebenkosten und 48,33 EUR Heizkosten). Die monatliche Miete iHv 338 EUR werde weiterhin an die Vermieterin überwiesen. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Ihm seien höhere Leistungen insbesondere im Hinblick auf die Ausübung eines Umgangsrechts, krankheitsbedingte Mehrkosten, einen ernährungsbedingten Mehrbedarf von ca. 1.000 EUR monatlich und die tatsächlichen Unterkunftskosten zu gewähren. Zudem verlange er aus verschiedenen Gründen Schadenersatz. Eine Erlaubnis zur Direktüberweisung der Miete habe er nicht erteilt. Die Höhe der Berücksichtigten Heizstromkosten sei an die gestiegenen Stromkosten anzupassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.02.2011 teilte die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (DRV) dem Beklagten mit, der Kläger erhalte ab 01.11.2010 bis 30.04.2012 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Arbeitsmarkte iHv monatlich 610,43 EUR (Auszahlung ab 01.03.2011). Die Nachzahlung betrage 2.445,80 EUR. Der Beklagte zeigte daraufhin unter dem 15.02.2011 einen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 01.11.2011 bis 28.02.2012 gegenüber der DRV an, der im Februar 2011 entsprechend befriedigt wurde, und änderte mit Bescheid vom 17.02.2011 die Bewilligung des Alg II unter Anrechnung der Rente für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 auf monatlich 192,86 EUR (für Unterkunft und Heizung) ab.
Am 11.05.2011 ging beim Beklagten eine Mietbescheinigung der Vermieterin ein, wonach die Miete seit 01.10.2005 monatlich 220 EUR zzgl. 60 EUR Hauskosten und 58 EUR Heizkosten betrage. Die Hauskostenvorauszahlung "müsste" auf 85 EUR erhöht werden, da der Wasserverbrauch des Klägers sehr hoch sei. Im Rahmen einer Vorsprache gab die Vermieterin beim Beklagten an, der Kläger habe seit dem 01.03.2011 - nach Einstellung der Direktzahlungen des Beklagten - keine Mietzahlungen mehr geleistet. Am 17.05.2011 legte der Kläger eine Mietbescheinigung seiner Vermieterin vom 04.02.2011 vor, wonach die Miete monatlich 220 EUR zzgl. 85 EUR Hauskosten und 58 EUR Heizkosten betrage. Die Miete werde seit 01.01.2008 in voller Höhe von 338 EUR entrichtet.
Der Kläger hat beim Sozialgericht Würzburg (SG) gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 Klage erhoben und zuletzt die die Berücksichtigung eines höheren ernährungsbedingten Mehrbedarfes sowie einer (niedrigeren) Miete von (nur) 220 EUR nebst kalten Nebenkosten iHv 60 EUR beantragt. Im Hinblick auf seine Erkrankungen benötige er viermal täglich ein Menü mit viel Gemüse, Trennkost und laktosefreien Grundlebensmitteln. Hierfür veranschlage er 1.147,90 EUR monatlich. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19.05.2011 im Hinblick auf den Warmwasserabzug bei den Heizkosten ein angenommenes Teilanerkenntnis abgegeben und anstelle von 9,67 EUR nur 6,47 EUR zum Abzug gebracht sowie eine Nachzahlung von monatlich 3,20 EUR bewilligt. Mit Urteil vom 19.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 habe kein höherer ernährungsbedingter Mehrbedarf bestanden. Die vom Kläger vorgebrachten Darlegungen seien nicht nachvollziehbar. Laktosefreie Produkte seien nicht erheblich teurer als normale. Auch hinsichtlich einer Gewichtsreduktion ergebe sich kein Mehrbedarf. Eine ausgewogene und fettreduzierte Ernährung sei ausreichend. Nicht ersichtlich seien Kosten für eine Ernährungsberatung während des streitgegenständlichen Zeitraumes. Die vom Beklagten anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht zu beanstanden. Die vom Kläger geforderte Summe, die an die Vermieterin zu zahlen sein soll, liege unter dem geleisteten Betrag, weshalb keine Beschwer gegeben sei.
Hiergegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Im Hinblick auf den ernährungsbedingten Mehrbedarf iHv mindestens 300 EUR monatlich seien höhere Leistungen zu bewilligen. Zudem gehe es ihm um die Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Vermieterin und die Anrechnung seiner Rente.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.05.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010 und unter Aufhebung des Änderungsbescheides vom 17.02.2011 zu verurteilen, unter Berücksichtung eines höheren ernährungsbedingten Mehrbedarfs weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufung sei nicht begründet.
In dem vom Senat gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten kommt der Sachverständige Dr. B. zu dem Ergebnis, das aufgrund der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen notwendige medizinische Ernährungsbedürfnis führe im Vergleich zur normalen Vollkost nicht zu wesentlichen Mehrkosten. Der gewährte Mehrbedarf sei in jedem Fall ausreichend.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nur teilweise begründet. Das SG hat zu Unrecht den rechtswidrigen Bescheid vom 17.02.2011 nicht aufgehoben, ansonsten aber zutreffend die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand ist neben dem Bescheid vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010, mit dem vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 bewilligt worden ist, auch der Änderungsbescheid vom 17.02.2011 (§ 96 Abs 1 SGG), mit dem der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 abgeändert hat und noch lediglich 192,86 EUR für Unterkunft und Heizung bewilligt hat.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 keinen Anspruch auf höhere Leistungen als mit Bescheid vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010 vorläufig bewilligt.
Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007 (BGBl I 554) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Nach § 9 Abs 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Leistungsvoraussetzungen wurden vom Kläger dem Grunde nach erfüllt, weshalb der Beklagte auch Alg II bewilligt hat.
Die Höhe der bewilligten Leistungen ist dabei nicht zu beanstanden. Die Regelleistung betrug 359 EUR monatlich. Für den ernährungsbedingten Mehrbedarf hat der Beklagte zusätzlich 77 EUR monatlich berücksichtigt. Nach § 21 Abs 5 SGB II wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Ein insofern höherer Bedarf besteht beim Kläger nicht. Dies steht nach dem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Dr. B. zur Überzeugung des Senates fest. Unbestritten leidet der Kläger insbesondere unter einer Laktose- und Fruktoseintoleranz. Diese Nahrungsmittelunverträglichkeiten können auch grundsätzlich ein medizinisches Ernährungsbedürfnis begründen. Es aber liegt keine einen Mehrbedarf begründende konsumierende Erkrankung mit erheblichen körperlichen Auswirkungen vor, vielmehr geht der Kläger davon aus, eine Gewichtsreduktion sei bei ihm erforderlich. Auch an mehrbedarfsbegründenden Erkrankungen wie Zöliakie und Sprue leidet der Kläger nicht. In jedem Fall kann er einen etwaigen Mehrbedarf mit den diesbezüglich berücksichtigten 77 EUR monatlich bestreiten. Zweifel an der Richtigkeit des eingeholten Gutachtens ergeben sich für den Senat nicht. Soweit der Kläger nach in den Akten des Beklagten sich befindenden Aufstellungen selbst Berechnungen zur Höhe seines Mehrbedarfs anstellt, sind diese völlig abwegig. So legt er darin einen Bedarf von täglich drei Litern Heilwasser mit einem Literpreis von über einem Euro zugrunde. Eine Notwendigkeit, den Bedarf an Trinken allein mit Heilwasser decken zu können, ergibt sich jedoch in keinster Weise. Zudem wurden in die Berechnung Stromkosten, zB 5,58 EUR allein für die Zubereitung des kalten Abendessens mit einem Kännchen Tee, eingestellt. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Kochenergie als Teil der Haushaltsenergie mit der Regelleistung bereits abgegolten ist und Energiekosten von 5,58 EUR für ein Kännchen Tee fern jeder Realität sind. Bei der Berechnung der Kosten für zwei Scheiben Brot geht der Kläger davon aus, ein Brot mit 500 Gramm enthalte acht Scheiben Brot. Auch diese Berechnung ist lebensfremd. Hieraus folgt, dass zugrunde gelegte Kosten für ein Abendessen iHv durchschnittlich 10,72 EUR, für ein Frühstück iHv 11,03 EUR und für ein Mittagessen iHv 12,78 EUR in keinem Fall die Kosten sein können, die aus dem vorliegenden Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung folgen. So wird aus dem Speiseplan des Klägers auch deutlich, dass die von ihm vorgebrachte Ernährungsform weitestgehend der gesunden Vollkost unter Berücksichtigung von laktosefreien Produkten entspricht. Dies spricht ebenfalls für die Schlüssigkeit des vom Senat eingeholten Gutachtens. Auch ein Anspruch auf "Essen auf Rädern" besteht nicht. Unabhängig davon, dass das SGB II einen solchen Anspruch nicht vorsieht, ist der Kläger in der Lage, sich selbst zu versorgen und selbst zu kochen. Hieran bestehen für den Senat auch aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel.
Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung hat der Kläger beim SG geltend gemacht, es sei die Miete nur iHv 220 EUR nebst kalten Nebenkosten iHv 60 EUR zu berücksichtigen. Tatsächlich hat der Beklagte hierfür insgesamt 291 EUR bewilligt. Der Beklagte hat hier höhere Leistungen erbracht, als vom Kläger beantragt. Eine Beschwer ergibt sich insofern nicht. Das ursprüngliche Begehren des Klägers, den Beklagten zur Zahlung von geringeren Leistungen für Unterkunft an die Vermieterin zu veranlassen hat sich zudem spätestens mit dem Auszug aus dieser Wohnung erledigt und wurde zuletzt auch nicht mehr geltend gemacht. Im Übrigen hat der Beklagte jedenfalls die Kosten der Unterkunft und Heizung in einem ausreichend Maß berücksichtigt. Insofern bestand ein Bedarf iHv monatlich 331,53 EUR zzgl. des Heizstroms. Nach der am 11.05.2011 eingegangenen Mietbescheinigung der Vermieterin betrug die Miete seit 01.10.2005 monatlich 220 EUR zzgl. 60 EUR Hauskosten und 58 EUR Heizkosten. Diese Kosten waren als Bedarf zu berücksichtigen. Soweit die Vermieterin vorbringt, die Hauskostenvorauszahlung "müsste" auf 85 EUR erhöht werden, da der Wasserverbrauch des Klägers sehr hoch sei, ist darin noch keine wirksame Mieterhöhung zu sehen, sondern allenfalls eine Ankündigung. Anderweitige Bescheinigungen erscheinen nicht nachvollziehbar. Offensichtlich hat die Vermieterin selbst die Einsicht gewonnen, eine zwischenzeitlich vorgebrachte Erhöhung der Kaltmiete auf 250 EUR nicht durchsetzen zu können. Unter Berücksichtigung des Abzuges für Warmwasser iHv 6,47 EUR ergibt sich eine Gesamtsumme von 331,53 EUR. Der Beklagte hat insgesamt 342,53 EUR (einschließlich der 3,20 EUR aus dem Teilanerkenntnis beim SG) für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Es verbleiben damit 11 EUR für den Heizstrom für das Bad. Dass ein solcher Betrag nicht ausreichend sein soll, ein 4,3 qm großes Bad mit Strom beheizen zu können, ist weder ersichtlich, noch nachvollziehbar. Ursprünglich hatte der Beklagte 9 EUR angesetzt, die der Kläger so zunächst nicht beanstandet hatte. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Preissteigerungen wären 11 EUR ausreichend und angemessen.
Aufzuheben war allerdings der Änderungsbescheid vom 17.02.2011. Der Beklagte hat damit zu Unrecht die Bewilligung von Alg II im Hinblick auf die Rentenbewilligung durch die DRV ab 01.11.2010 teilweise aufgehoben. Nach § 48 Abs 1 Satz1 und Satz 2 Nr 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 40 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist; die Aufhebung hat unter anderem dann mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erfolgen, sofern nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Ver-mögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs 1 Satz 3 SGB X). Der Beginn des Anrechnungszeitraumes von Einkommen im SGB II ist nach § 13 SGB II iVm § 4 Nr 1, § 2 Abs 2 und 4 Alg II-V idF vom 17.12.2007 der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt (zum Zuflussprinzip vgl die ständige Rechtsprechung des BSG zB Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 - und Urteil vom 14.02.2013 - B 4 AS 51/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 59). Damit ist vor dem 01.03.2011 - auch unter Berücksichtigung der Fiktion des § 48 Abs 1 Satz 3 SGB X (vgl dazu BSG, Beschluss vom 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B - SozR 4-4225 § 2 Nr 1; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2009 - L 1 AS 900/08 - juris) - für die hier streitgegenständlichen Monate November und Dezember 2010 keine Änderung der Verhältnisse eingetreten. Aus der Mitteilung der DRV vom 04.02.2011 ergibt sich, dass eine Auszahlung der Rente erst ab 01.03.2011 erfolgen sollte. Einkommen, das dem Anspruch auf Alg II (teilweise) hätte entgegenstehen können, ist in der Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 nicht zugeflossen. Eine Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 3 SGB X dahingehend, bereits von einem fiktiven Zufluss der Rentenzahlung ab 01.11.2010 auszugehen, etwa weil eine anderweitige Anwendung der Alg II-V nicht von der Regelung des § 13 Nr 1 SGB II gedeckt wäre und der Kläger sowohl die Rentenleistung als auch das Alg II für die selbe Zeit behalten dürfte (vgl dazu Udsching/Link, SGb 2007, 513; Eicher/Greiser in: Eicher, SGB II, 3. Aufl, § 40 Rn 77), ist nicht angezeigt, da die Rentenleistungen für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 tatsächlich an den Kläger nicht ausgezahlt worden sind. Der Beklagte hat insofern einen Erstattungsanspruch gegenüber der DRV geltend gemacht, der von dort aus auch befriedigt worden ist. Ein doppelter Bezug von Leistungen lag damit gerade nicht vor. Die Höhe des Leistungsanspruchs für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 hat sich damit nicht geändert. Ein Änderungsbescheid durfte nicht ergehen.
Auf die Berufung des Klägers war damit die Entscheidung des SG teilweise und der Änderungsbescheid vom 17.02.2011 ganz aufzuheben. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Der Beklagte hat dem Kläger 1/4 seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der zu gewährenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 insbesondere in Bezug auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf und die Unterkunftskosten.
Nach seinem Umzug aus dem M.-Kreis bezog der Kläger ab 01.11.2005 Alg II vom Beklagten. Er leidet insbesondere unter einer Laktose- und Fruktoseintoleranz. Nach dem Mietvertrag der bis zum 30.11.2011 bewohnten Wohnung und der Bescheinigung der Vermieterin betrug die Miete zunächst 305 EUR (Kaltmiete 220 EUR, kalte Nebenkosten 45 EUR und Heizung 40 EUR) und wurde vom Beklagten - gemäß der Vereinbarung im Mietvertrag - bis 31.10.2009 direkt an die Vermieterin überwiesen. Das 4,3 qm große Badezimmer konnte nur mit Strom beheizt werden.
Am 20.07.2009 ging beim Beklagten eine Mitteilung der Vermieterin ein, wonach ab 01.11.2009 die monatliche Miete 250 EUR betrage, für Nebenkosten seien 60 EUR und für Heizkosten 58 EUR zu zahlen. Nach entsprechendem Hinweis im Bescheid vom 23.07.2009 berücksichtigte der Beklagte ab 01.11.2009 nur noch Unterkunftskosten iHv 282 EUR (Mietobergrenze) und Heizkosten iHv 48,33 EUR (5/6 von 58 EUR) zzgl. Heizstrom iHv 9 EUR. Ergänzend führte der Beklagte unter dem 06.11.2009 aus, die Mieterhöhung um 30 EUR sei nicht rechtens, da zB die Anführung von drei Vergleichsmieten im Mieterhöhungsverlangen nicht erfolgt sei. Bis 30.04.2010 erfolgte aufgrund eines entsprechenden Antrages des Klägers keine direkte Überweisung der Miete an die Vermieterin mehr. Mit Schreiben vom 20.03.2010 führte der Kläger aus, seine Vermieterin würde Bruttomietzinsen iHv 420 EUR verlangen. Wer dies bezahlen solle, sei unklar. Wegen einer Mietminderung führe er mit seiner Vermieterin einen Rechtsstreit. Nach einem vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 11.03.2010 an seine Vermieterin forderte er diese auf, verschiedene Mängel in der Wohnung zu beseitigen und Reparaturen vorzunehmen. Andernfalls drohte er mit einer Mietminderung von mindestens 30%. Der Beklagte teilte darauf im Änderungsbescheid vom 23.03.2010 mit, er werde ab 01.05.2010 die Miete wieder direkt an die Vermieterin weiterleiten. Aufgrund der vom Kläger gemachten Angaben sei eine Sicherstellung der Zahlung durch ihn nicht gewährleistet.
Mit Bescheid vom 07.07.2010 bewilligte der Beklagte vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 iHv monatlich 775,33 EUR (359 EUR Regelleistung, 77 EUR ernährungsbedingter Mehrbedarf, 250 EUR Grundmiete, 41 EUR Nebenkosten und 48,33 EUR Heizkosten). Die monatliche Miete iHv 338 EUR werde weiterhin an die Vermieterin überwiesen. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Ihm seien höhere Leistungen insbesondere im Hinblick auf die Ausübung eines Umgangsrechts, krankheitsbedingte Mehrkosten, einen ernährungsbedingten Mehrbedarf von ca. 1.000 EUR monatlich und die tatsächlichen Unterkunftskosten zu gewähren. Zudem verlange er aus verschiedenen Gründen Schadenersatz. Eine Erlaubnis zur Direktüberweisung der Miete habe er nicht erteilt. Die Höhe der Berücksichtigten Heizstromkosten sei an die gestiegenen Stromkosten anzupassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 04.02.2011 teilte die Deutsche Rentenversicherung Nordbayern (DRV) dem Beklagten mit, der Kläger erhalte ab 01.11.2010 bis 30.04.2012 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Arbeitsmarkte iHv monatlich 610,43 EUR (Auszahlung ab 01.03.2011). Die Nachzahlung betrage 2.445,80 EUR. Der Beklagte zeigte daraufhin unter dem 15.02.2011 einen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 01.11.2011 bis 28.02.2012 gegenüber der DRV an, der im Februar 2011 entsprechend befriedigt wurde, und änderte mit Bescheid vom 17.02.2011 die Bewilligung des Alg II unter Anrechnung der Rente für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 auf monatlich 192,86 EUR (für Unterkunft und Heizung) ab.
Am 11.05.2011 ging beim Beklagten eine Mietbescheinigung der Vermieterin ein, wonach die Miete seit 01.10.2005 monatlich 220 EUR zzgl. 60 EUR Hauskosten und 58 EUR Heizkosten betrage. Die Hauskostenvorauszahlung "müsste" auf 85 EUR erhöht werden, da der Wasserverbrauch des Klägers sehr hoch sei. Im Rahmen einer Vorsprache gab die Vermieterin beim Beklagten an, der Kläger habe seit dem 01.03.2011 - nach Einstellung der Direktzahlungen des Beklagten - keine Mietzahlungen mehr geleistet. Am 17.05.2011 legte der Kläger eine Mietbescheinigung seiner Vermieterin vom 04.02.2011 vor, wonach die Miete monatlich 220 EUR zzgl. 85 EUR Hauskosten und 58 EUR Heizkosten betrage. Die Miete werde seit 01.01.2008 in voller Höhe von 338 EUR entrichtet.
Der Kläger hat beim Sozialgericht Würzburg (SG) gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010 Klage erhoben und zuletzt die die Berücksichtigung eines höheren ernährungsbedingten Mehrbedarfes sowie einer (niedrigeren) Miete von (nur) 220 EUR nebst kalten Nebenkosten iHv 60 EUR beantragt. Im Hinblick auf seine Erkrankungen benötige er viermal täglich ein Menü mit viel Gemüse, Trennkost und laktosefreien Grundlebensmitteln. Hierfür veranschlage er 1.147,90 EUR monatlich. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19.05.2011 im Hinblick auf den Warmwasserabzug bei den Heizkosten ein angenommenes Teilanerkenntnis abgegeben und anstelle von 9,67 EUR nur 6,47 EUR zum Abzug gebracht sowie eine Nachzahlung von monatlich 3,20 EUR bewilligt. Mit Urteil vom 19.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 habe kein höherer ernährungsbedingter Mehrbedarf bestanden. Die vom Kläger vorgebrachten Darlegungen seien nicht nachvollziehbar. Laktosefreie Produkte seien nicht erheblich teurer als normale. Auch hinsichtlich einer Gewichtsreduktion ergebe sich kein Mehrbedarf. Eine ausgewogene und fettreduzierte Ernährung sei ausreichend. Nicht ersichtlich seien Kosten für eine Ernährungsberatung während des streitgegenständlichen Zeitraumes. Die vom Beklagten anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht zu beanstanden. Die vom Kläger geforderte Summe, die an die Vermieterin zu zahlen sein soll, liege unter dem geleisteten Betrag, weshalb keine Beschwer gegeben sei.
Hiergegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Im Hinblick auf den ernährungsbedingten Mehrbedarf iHv mindestens 300 EUR monatlich seien höhere Leistungen zu bewilligen. Zudem gehe es ihm um die Zahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Vermieterin und die Anrechnung seiner Rente.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.05.2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010 und unter Aufhebung des Änderungsbescheides vom 17.02.2011 zu verurteilen, unter Berücksichtung eines höheren ernährungsbedingten Mehrbedarfs weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufung sei nicht begründet.
In dem vom Senat gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten kommt der Sachverständige Dr. B. zu dem Ergebnis, das aufgrund der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen notwendige medizinische Ernährungsbedürfnis führe im Vergleich zur normalen Vollkost nicht zu wesentlichen Mehrkosten. Der gewährte Mehrbedarf sei in jedem Fall ausreichend.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nur teilweise begründet. Das SG hat zu Unrecht den rechtswidrigen Bescheid vom 17.02.2011 nicht aufgehoben, ansonsten aber zutreffend die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand ist neben dem Bescheid vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010, mit dem vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 bewilligt worden ist, auch der Änderungsbescheid vom 17.02.2011 (§ 96 Abs 1 SGG), mit dem der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 abgeändert hat und noch lediglich 192,86 EUR für Unterkunft und Heizung bewilligt hat.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.12.2010 keinen Anspruch auf höhere Leistungen als mit Bescheid vom 07.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2010 vorläufig bewilligt.
Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007 (BGBl I 554) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Nach § 9 Abs 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Leistungsvoraussetzungen wurden vom Kläger dem Grunde nach erfüllt, weshalb der Beklagte auch Alg II bewilligt hat.
Die Höhe der bewilligten Leistungen ist dabei nicht zu beanstanden. Die Regelleistung betrug 359 EUR monatlich. Für den ernährungsbedingten Mehrbedarf hat der Beklagte zusätzlich 77 EUR monatlich berücksichtigt. Nach § 21 Abs 5 SGB II wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Ein insofern höherer Bedarf besteht beim Kläger nicht. Dies steht nach dem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Dr. B. zur Überzeugung des Senates fest. Unbestritten leidet der Kläger insbesondere unter einer Laktose- und Fruktoseintoleranz. Diese Nahrungsmittelunverträglichkeiten können auch grundsätzlich ein medizinisches Ernährungsbedürfnis begründen. Es aber liegt keine einen Mehrbedarf begründende konsumierende Erkrankung mit erheblichen körperlichen Auswirkungen vor, vielmehr geht der Kläger davon aus, eine Gewichtsreduktion sei bei ihm erforderlich. Auch an mehrbedarfsbegründenden Erkrankungen wie Zöliakie und Sprue leidet der Kläger nicht. In jedem Fall kann er einen etwaigen Mehrbedarf mit den diesbezüglich berücksichtigten 77 EUR monatlich bestreiten. Zweifel an der Richtigkeit des eingeholten Gutachtens ergeben sich für den Senat nicht. Soweit der Kläger nach in den Akten des Beklagten sich befindenden Aufstellungen selbst Berechnungen zur Höhe seines Mehrbedarfs anstellt, sind diese völlig abwegig. So legt er darin einen Bedarf von täglich drei Litern Heilwasser mit einem Literpreis von über einem Euro zugrunde. Eine Notwendigkeit, den Bedarf an Trinken allein mit Heilwasser decken zu können, ergibt sich jedoch in keinster Weise. Zudem wurden in die Berechnung Stromkosten, zB 5,58 EUR allein für die Zubereitung des kalten Abendessens mit einem Kännchen Tee, eingestellt. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Kochenergie als Teil der Haushaltsenergie mit der Regelleistung bereits abgegolten ist und Energiekosten von 5,58 EUR für ein Kännchen Tee fern jeder Realität sind. Bei der Berechnung der Kosten für zwei Scheiben Brot geht der Kläger davon aus, ein Brot mit 500 Gramm enthalte acht Scheiben Brot. Auch diese Berechnung ist lebensfremd. Hieraus folgt, dass zugrunde gelegte Kosten für ein Abendessen iHv durchschnittlich 10,72 EUR, für ein Frühstück iHv 11,03 EUR und für ein Mittagessen iHv 12,78 EUR in keinem Fall die Kosten sein können, die aus dem vorliegenden Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung folgen. So wird aus dem Speiseplan des Klägers auch deutlich, dass die von ihm vorgebrachte Ernährungsform weitestgehend der gesunden Vollkost unter Berücksichtigung von laktosefreien Produkten entspricht. Dies spricht ebenfalls für die Schlüssigkeit des vom Senat eingeholten Gutachtens. Auch ein Anspruch auf "Essen auf Rädern" besteht nicht. Unabhängig davon, dass das SGB II einen solchen Anspruch nicht vorsieht, ist der Kläger in der Lage, sich selbst zu versorgen und selbst zu kochen. Hieran bestehen für den Senat auch aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung keine Zweifel.
Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung hat der Kläger beim SG geltend gemacht, es sei die Miete nur iHv 220 EUR nebst kalten Nebenkosten iHv 60 EUR zu berücksichtigen. Tatsächlich hat der Beklagte hierfür insgesamt 291 EUR bewilligt. Der Beklagte hat hier höhere Leistungen erbracht, als vom Kläger beantragt. Eine Beschwer ergibt sich insofern nicht. Das ursprüngliche Begehren des Klägers, den Beklagten zur Zahlung von geringeren Leistungen für Unterkunft an die Vermieterin zu veranlassen hat sich zudem spätestens mit dem Auszug aus dieser Wohnung erledigt und wurde zuletzt auch nicht mehr geltend gemacht. Im Übrigen hat der Beklagte jedenfalls die Kosten der Unterkunft und Heizung in einem ausreichend Maß berücksichtigt. Insofern bestand ein Bedarf iHv monatlich 331,53 EUR zzgl. des Heizstroms. Nach der am 11.05.2011 eingegangenen Mietbescheinigung der Vermieterin betrug die Miete seit 01.10.2005 monatlich 220 EUR zzgl. 60 EUR Hauskosten und 58 EUR Heizkosten. Diese Kosten waren als Bedarf zu berücksichtigen. Soweit die Vermieterin vorbringt, die Hauskostenvorauszahlung "müsste" auf 85 EUR erhöht werden, da der Wasserverbrauch des Klägers sehr hoch sei, ist darin noch keine wirksame Mieterhöhung zu sehen, sondern allenfalls eine Ankündigung. Anderweitige Bescheinigungen erscheinen nicht nachvollziehbar. Offensichtlich hat die Vermieterin selbst die Einsicht gewonnen, eine zwischenzeitlich vorgebrachte Erhöhung der Kaltmiete auf 250 EUR nicht durchsetzen zu können. Unter Berücksichtigung des Abzuges für Warmwasser iHv 6,47 EUR ergibt sich eine Gesamtsumme von 331,53 EUR. Der Beklagte hat insgesamt 342,53 EUR (einschließlich der 3,20 EUR aus dem Teilanerkenntnis beim SG) für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Es verbleiben damit 11 EUR für den Heizstrom für das Bad. Dass ein solcher Betrag nicht ausreichend sein soll, ein 4,3 qm großes Bad mit Strom beheizen zu können, ist weder ersichtlich, noch nachvollziehbar. Ursprünglich hatte der Beklagte 9 EUR angesetzt, die der Kläger so zunächst nicht beanstandet hatte. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Preissteigerungen wären 11 EUR ausreichend und angemessen.
Aufzuheben war allerdings der Änderungsbescheid vom 17.02.2011. Der Beklagte hat damit zu Unrecht die Bewilligung von Alg II im Hinblick auf die Rentenbewilligung durch die DRV ab 01.11.2010 teilweise aufgehoben. Nach § 48 Abs 1 Satz1 und Satz 2 Nr 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 40 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist; die Aufhebung hat unter anderem dann mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erfolgen, sofern nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Ver-mögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs 1 Satz 3 SGB X). Der Beginn des Anrechnungszeitraumes von Einkommen im SGB II ist nach § 13 SGB II iVm § 4 Nr 1, § 2 Abs 2 und 4 Alg II-V idF vom 17.12.2007 der Beginn des Monats, in dem das Einkommen zufließt (zum Zuflussprinzip vgl die ständige Rechtsprechung des BSG zB Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 - und Urteil vom 14.02.2013 - B 4 AS 51/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 59). Damit ist vor dem 01.03.2011 - auch unter Berücksichtigung der Fiktion des § 48 Abs 1 Satz 3 SGB X (vgl dazu BSG, Beschluss vom 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B - SozR 4-4225 § 2 Nr 1; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2009 - L 1 AS 900/08 - juris) - für die hier streitgegenständlichen Monate November und Dezember 2010 keine Änderung der Verhältnisse eingetreten. Aus der Mitteilung der DRV vom 04.02.2011 ergibt sich, dass eine Auszahlung der Rente erst ab 01.03.2011 erfolgen sollte. Einkommen, das dem Anspruch auf Alg II (teilweise) hätte entgegenstehen können, ist in der Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 nicht zugeflossen. Eine Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 3 SGB X dahingehend, bereits von einem fiktiven Zufluss der Rentenzahlung ab 01.11.2010 auszugehen, etwa weil eine anderweitige Anwendung der Alg II-V nicht von der Regelung des § 13 Nr 1 SGB II gedeckt wäre und der Kläger sowohl die Rentenleistung als auch das Alg II für die selbe Zeit behalten dürfte (vgl dazu Udsching/Link, SGb 2007, 513; Eicher/Greiser in: Eicher, SGB II, 3. Aufl, § 40 Rn 77), ist nicht angezeigt, da die Rentenleistungen für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 tatsächlich an den Kläger nicht ausgezahlt worden sind. Der Beklagte hat insofern einen Erstattungsanspruch gegenüber der DRV geltend gemacht, der von dort aus auch befriedigt worden ist. Ein doppelter Bezug von Leistungen lag damit gerade nicht vor. Die Höhe des Leistungsanspruchs für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.12.2010 hat sich damit nicht geändert. Ein Änderungsbescheid durfte nicht ergehen.
Auf die Berufung des Klägers war damit die Entscheidung des SG teilweise und der Änderungsbescheid vom 17.02.2011 ganz aufzuheben. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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