S 18 AL 29/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AL 29/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zuerstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Anzeige eines Anspruchsüberganges gem. § 115 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) an ihren früheren Arbeitgeber durch die Beklagte.

Die Klägerin meldete sich zum 01.07.2013 bei der Beklagten arbeitslos. Zuvor befand sich die Klägerin in einem Ausbildungsverhältnis. Das Ausbildungsverhältnis endete aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 26.06.2013 zum 30.06.2013. Mit Bescheid vom 07.11.2013 erfolgte die Arbeitslosengeldbewilligung ab dem 01.07.2013 unter Berücksichtigung einer Sperrzeit von 2 Wochen wegen unzureichenden Eigenbemühungen und der Anrechnung von Nebeneinkommen ab Oktober 2013.

Mit Schreiben vom 06.11.2013 informierte die Beklagte den früheren Arbeitgeber der Klägerin darüber, dass ab dem 01.07.2013 Arbeitslosengeld gezahlt werde und das An-sprüche der Klägerin auf Arbeitsentgelt in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes auf die Beklagte nach § 115 SGB X übergegangen seien. Hierin bat die Beklagte um Mitteilung über Art, Höhe und Zahlungszeitraum von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis. Weiterhin enthielt es den Hinweis, dass, wenn nach einem arbeitsgerichtlichen Vergleich keine Ansprüche mehr bestünden, die Angelegenheit erledigt sei. Eine Durchschrift des Schreibens wurde an die Klägerin übersandt.

Hiergegen erhob die Klägerin am 04.12.2013 Widerspruch. Dies begründet sie damit, dass es sich bei dem Schreiben vom 06.11.2013 um einen Widerspruch handele. Es würden zwei Regelungen getroffen, eine Überleitung und ein Verfügungsverbot. Da die Beschäftigung nur bis zum 30.06.2013 gedauert habe und Arbeitslosengeld erst ab dem 01.07.2013 geleistet worden sei, wäre keine Sozialleistung anstelle von Arbeitsentgelt erbracht worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2013 verwarf die Beklagte den Widerspruch als un-zulässig. Dies begründete sie damit, dass der Widerspruch nicht zulässig gewesen sei, da das Schreiben vom 06.11.2013 kein Verwaltungsakt gewesen sei. Ein Widerspruch sei nur gegen Verwaltungsakte zulässig. Das Schreiben begründe keine Rechte der Klägerin noch seien Rechte geändert, entzogen oder festgestellt worden. Eine Entscheidung über einen Rechtsanspruch sei nicht getroffen worden. Es habe lediglich der Information über einen etwaigen Eintritt des gesetzlichen Anspruchsüberganges und dessen Wirkungen gedient. Am 16.01.2014 hat die die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Bescheides vom 06.11.2013 begehrt und die Rückgängigmachung des Anspruchsüberganges. Zugleich hat sie Prozesskostenhilfe beantragt. Den Prozesskostenhilfeantrag lehnte das Gericht mit Beschluss vom 31.03.2014 ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ein Verwaltungsakt vorliege, der rechtswidrig sei. Hierzu wiederholt sie ihre Ausführungen aus ihrem Widerspruch.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Bescheid vom 06.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den geltend gemachten Anspruchsübergang rückgängig zu machen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist hierzu auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Das Gericht hat die Beteiligten mit richterlicher Verfügung vom 08.05.2014 zu einer beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte und die zum Verfahren S 18 AL 12/14 beigezogene Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.

Die Klage ist unzulässig. Gem. § 54 Abs. 1 SGG ist Gegenstand einer Anfechtungsklage ein Verwaltungsakt durch den der Kläger beschwert ist. Hieran fehlt es vorliegend. Für eine zulässige Anfechtungsklage ist erforderlich, dass ein Verwaltungsakt tatsächlich vorliegt, das Behaupten, es liege ein Verwaltungsakt vor, reicht nicht aus (BSG SozR 2200 § 628 Nr. 1 m.w.N.).

Die Beklagte hat den Widerspruch vom 04.12.2013 zu Recht als unzulässig verworfen.

Es fehlte bereits am notwendigen Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X, gegen den sich der Widerspruch vom 04.12.2013 in zulässiger Weise hätte richten könne. Der Widerspruch setzt gem. § 83 SGG das Vorverfahren im Sinn von § 78 SGG in Gang. Das Vorverfahren ist die nochmalige Prüfung eines Verwaltungsaktes in einem besonderen Verwaltungsverfahren (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. A. 2012, § 78 Rn. 2). Ein Widerspruch ist nur zulässig, wenn es sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, der Verwaltungsakt muss im Zeitpunkt des Widerspruches ergangen sein. Einwände des Betroffenen, die sich gegen eine schriftliche Mitteilung richten, die kein Verwaltungsakt sind, werden auch nicht dadurch zum statthaften Widerspruch, dass die Behörde sie als Widerspruch ansieht.

Die Übersendung einer Durchschrift des an den ehemaligen Arbeitgeber gerichteten Schreibens vom 06.11.2013 an die Klägerin stellt keinen Verwaltungsakt im Sinn von § 31 SGB X dar.

Gem. § 31 Satz SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Das an den früheren Arbeitgeber der Klägerin gerichtet Schreiben vom 06.11.2013 hinsichtlich eines Anspruchsüberganges nach § 115 SGB X ist mangels Regelungswirkung kein Verwaltungsakt. Eine Regelung liegt vor, wenn die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, d.h. durch die Maßnahme ohne weitere Umsetzungsakte Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder entsprechendes abgelehnt hat (von Wulffen, SGB X, 7. A. 2010, § 31 Rn. 24). Hier hat die Beklagte durch das Schreiben keine Rechte eigenständig begründet bzw. festgestellt. Das Schreiben vom 06.11.2013 enthielt für den ehemaligen Arbeitgeber den Hinweis auf die Regelung des § 115 SGB X. Dieser bewirkt einen gesetzlichen Forderungsübergang von Ansprüchen eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber auf einen Sozialleistungsträger, wenn der Sozialleistungsträger wegen nicht erfüllter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis Sozialleistungen erbringt. Hierbei handelt es sich um einen kraft Gesetz eintretenden Übergang, der keiner Regelung durch Verwaltungsakt bedarf. Die Rechtsfolge des Anspruchsüberganges tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen automatisch ein. Einer Regelung durch Verwaltungsakt bedarf es hierzu nicht, eine solche Regelung wäre auch nicht zulässig (BSG Soz-R 3-4100 § 117 Nr. 11). Entsprechend scheidet auch eine Pflicht der Beklagten zur Rückgängigmachung eines Anspruchsüberganges aus, da dieser kraft Gesetz eintritt, soweit dessen Voraussetzungen vorliegen. Entsprechend hängt sein Bestehen nicht von einer Entscheidung der Beklagten ab.

Da die Beklagte dem Schreiben vom 06.11.2013 auch keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt oder es mit der Bezeichnung "Bescheid" oder "Verwaltungsakt" versehen hatte, liegt auch kein sogenannter "formeller Verwaltungsakt" vor, gegen den ein Widerspruch zulässig wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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