L 8 AY 15/13 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 24 AY 125/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 AY 15/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Beschwerdeverfahren noch die Verpflichtung des Antragsgegners (im Folgenden: Ag.) zur Zahlung höherer Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) streitig, soweit nicht das Sozialgericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf den Antragsteller zu 5. für den Monat Juli 2013 entsprochen hat.

Die Antragsteller und Beschwerdeführer zu 1. bis 5. (im Folgenden: Ast.) sind eine Familie mit einem volljährigen Sohn und zwei Kindern im Alter von elf Jahren. Die Ast. zu 1. und 2. geben eine Einreise nach Deutschland auf dem Landweg am 8. Januar 2010 sowie eine irakische Staatsangehörigkeit kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischer Religionszugehörigkeit an. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte die Asylanträge der Ast. zu 1. bis 4. mit am 15. Februar 2011 bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 14. September 2010 und den Asylantrag des Ast. zu 5. mit am 15. Februar 2011 bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 15. September 2010 ab. Zur Begründung der Entscheidung stellte das Bundesamt im Wesentlichen darauf ab, die Ast. hätten keine Personaldokumente vorlegen können und hierzu lediglich vorgetragen, im Irak keinerlei Papiere besessen zu haben. Die Ast. seien nicht in der Lage gewesen, einfache Fragen im Zusammenhang mit den im angeblichen Herkunftsland üblichen Personaldokumenten zu beantworten. Nach den auf der Grundlage von Sprachaufzeichnungen erstellten Gutachten vom 4./5. September 2010 betreffend die Ast. zu 1. und 2. stehe fest, dass die Ast. nicht aus dem Irak stammen könnten. Auf Grund der sprachlichen Besonderheiten des von den Ast. zu 1. und 2. gesprochenen nordkurdischen Dialektes Kurmanci gingen die Gutachten mit Sicherheit von einer sprachlichen Zuordnung zur Herkunftsregion der GUS-Staaten aus; eine geografische Zuordnung zur Herkunftsregion Irak sei ausgeschlossen worden.

Die Ast. zu 1. bis 5. verfügten zunächst bis zum 31. Oktober 2010 (nach mehrfacher Verlängerung) über eine Aufenthaltsgestattung. Seit Ende dieses Aufenthaltstitels erfolgte ihre Duldung (§§ 60a Abs. 2, 61 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)), die zuletzt für den Ast. zu 5. bis zum 31. Juli 2014 und für die Ast. zu 1. und 2. (unter Einbeziehung der Ast. zu 3. und 4.) bis zum 26. August 2014 verlängert wurde. Die Ast. wurden mit Bescheiden vom 6. April 2010 der Gemeinschaftsunterkunft der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber in der L. E. zugewiesen. Zum 1. September 2010 bezog die Familie eine Mietwohnung in der L. E. und zum 1. November 2011 eine etwas größere Wohnung in demselben Haus. Der Ast. zu 5. lebt seit dem 1. September 2013 nicht mehr in einem Haushalt mit den Ast. zu 1. bis 4.

Die Ast. bezogen ab dem 6. April 2010 Grund- und Zusatzleistungen nach § 3 Abs. 1 und 2 AsylbLG bei Übernahme der Kosten der Gemeinschaftsunterkunft (Bescheid vom 6. April 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 1. September 2010). Ab dem 1. September 2010 leistete der Ag. die Kosten für Unterkunft, Heizung, Betriebskosten und Strom an den Vermieter.

Auf die diesbezügliche Anfrage des Ag. teilte die Ausländerbehörde des Landkreises mit Antwortschreiben im Ankreuzverfahren vom 9. November 2010 mit, als von den Ast. zu vertretende Gründe, "woraufhin" aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten, liege eine gezielte Verschleierung der Identität durch falsche Angaben vor. Der Ag. hörte die Ast. zu 1. und 2. mit Schreiben vom 24. November 2010 zu einer beabsichtigten Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ab dem 1. Dezember 2010 an und lud die Ast. zu 1., 2., und 5. zu einer persönlichen Vorsprache. Mit Datum vom 19. Oktober 2010 habe die Ausländerbehörde die Aufenthaltsgestattung der Adressaten verlängert und deren Staatsangehörigkeit als "ungeklärt" eingestuft. Im Rahmen der persönlichen Anhörung des Ast. zu 1. "+ Familie" am 30. November 2010 unter Hinzuziehung eines Dolmetschers gaben die Ast. zu 1., 2. und 5. an, sie wüssten nicht, warum die Ausländerbehörde die Staatsangehörigkeit als ungeklärt eingetragen habe. Sie kämen alle aus dem Irak, würden Verbindung zur Botschaft des Irak aufnehmen und versuchen, die Sache zu klären. Im Rahmen dieser Vorsprache sind den Ast. zu 1., 2. und 5. ausweislich der Niederschrift auch die Voraussetzungen einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG bei ungeklärter Staatsangehörigkeit erläutert worden.

Ab dem 1. Dezember 2010 nahm der Ag. die angekündigte Anspruchseinschränkung mit dem Ergebnis von laufenden Leistungen nach § 1a AsylbLG ab diesem Monat in Höhe von 1.290,37 EUR vor (Bescheid vom 1. Dezember 2010 - adressiert an die Ast. zu 1. und 2.). Die Ausländerbehörde habe mitgeteilt, die Ast. kämen ihrer Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung bzw. Vorlage anderer Dokumente zur Identitätsprüfung nicht nach. Die Identität und Staatsangehörigkeit der Ast. könne somit nicht nachgewiesen werden. Diese erhielten ab dem 1. Dezember 2010 nur noch unabweisbare Leistungen, d.h. keine Taschengeldleistungen gem. § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG. Mit dem Umzug zum 1. November 2011 erhöhte der Ag. die Leistungen entsprechend auf 1.245,54 EUR ab diesem Monat (Bescheide vom 28. Oktober und 18. November 2011).

Die Ausländerbehörde forderte die "Familie" des Ast. zu 1. mit Schreiben vom 5. Januar 2011 unter Hinweis auf die Regelungen in § 3 und § 48 AufenthG auf, bei ihr bis zum 16. Februar 2011 einen anerkannten und gültigen Pass/Passersatz ihres Heimatlandes vorzulegen bzw. bei der konsularischen Vertretung ihres Heimatlandes einen Pass bzw. ein Heimreisedokument zu beantragen. Eine entsprechende Bescheinigung zur Vorlage bei der zuständigen Auslandsvertretung liege dem Schreiben vorsorglich bei. Eine schriftliche Bestätigung der Botschaft bezüglich der dortigen Vorsprache sowie der Beantragung eines Reisepasses sei bei der Behörde bis zum 16. Februar 2011 im Original vorzulegen. Weiterhin seien alle Dokumente, die zur Klärung der Identität und Staatsangehörigkeit der Ast. beitragen könnten, innerhalb der genannten Frist in der Ausländerbehörde im Original einzureichen. Die entsprechenden Nachweise zur Identität seien auch für die Kinder ("Ihre Kinder"), die Ast. zu 3., 4. und 5., zu erbringen. Sollten die Ast. der Aufforderung nicht nachkommen, liege darin ein Verstoß gegen § 48 Abs. 3 AufenthG, der nach § 98 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG mit einem Bußgeld bis zu 3.000,00 EUR geahndet werden könne. Weiterhin seien Leistungskürzungen durch den Ag. gemäß § 1a AsylbLG möglich.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 teilte der Ag. den Ast. mit, zukünftig die Konsequenzen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18. Juli 2012 (- 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -) zu berücksichtigen. Mit "vorläufigem Bescheid" vom 28. August 2012 erhöhte der Ag. auf dieser Grundlage die laufenden Leistungen nach dem AsylbLG auf 1.293,40 EUR für die Monate August und September 2012 (jeweils Unterkunft 56,09 EUR, Heizkosten 16,59 EUR, laufende Nebenkosten 15,80 EUR sowie Zusatzleistungen/Erhöhung Übergangsregelung BVerfG Ast. 1. 184,07 EUR/5,93 EUR, Ast. 2. 158,50 EUR/31,50 EUR, Ast. zu 3. und 4. jeweils 158,50 EUR/-7,50 EUR, Ast. 5. 158,50 EUR/10,50 EUR). Die Zahlungsanweisungen für Oktober 2012 und die Folgemonate erfolgten zunächst in Höhe der vorgenannten Bewilligung.

Die Ast. zu 1. bis 5. legten mit Telefaxschreiben vom 1. März 2013 Widerspruch gegen die Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ein und beantragten die weitere Gewährung ungekürzter Leistungen nach § 3 AsylbLG. Die Voraussetzungen des § 1a AsylbLG lägen nicht vor. Zwar seien sie nicht im Besitz von Reisepässen. Für die Annahme eines gegenwärtig vorwerfbaren Verhaltens sei dies indes nicht ausreichend. Da sie nicht über Ausweisdokumente des Irak verfügten, sei Ihnen eine Passbeschaffung über die Botschaft dieses Landes nicht möglich. Ein dem Schreiben der Ausländerbehörde vom 5. Januar 2011 entsprechendes Anschreiben richtete die Ausländerbehörde unter dem 7. März 2013 an den Verfahrensbevollmächtigten der Ast., nun mit einer Fristsetzung bis zum 8. April 2013. Es sei nach dem Ergebnis der Sprachgutachten davon auszugehen, dass die Ast., entgegen ihren Behauptungen, nicht irakische Staatsangehörige seien. Dazu verwiesen die Ast. auf eine besondere Ungenauigkeit der Zuordnung ihrer Herkunft zum Gebiet der "GUS-Staaten". Der von ihnen gesprochene Dialekt sei auch dem Gebiet des Irak zuzuordnen. Mit Schreiben vom 5. Juni 2013 ergänzten sie ihr Vorbringen durch Benennung eines 1983 geborenen Zeugen, der die Familie der Ast. noch aus dem Irak kenne. Nach der in Kopie beigefügten Versicherung an Eides statt vom 29. Mai 2013 hat der von den Ast. angegebene Zeuge, ohne als Dolmetscher öffentlich vereidigt oder bestellt zu sein, die Aussage eines nicht der deutschen Sprache hinreichend kundigen Dritten übersetzt, der bis zum Jahr 2011 im Irak gelebt habe und dem "Herr M. S. O." aus dieser Zeit bekannt sei. Beurkundet sind nur die Angaben aus der Übersetzung.

Das Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt half dem Widerspruch der Ast. mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2013 zunächst dahingehend ab (Verfügungssatz zu 1.), "soweit der Kürzungsbetrag des Taschengeldes eine Höhe von 86,00 EUR im Jahr 2012 und eine Höhe von 88,00 EUR im Jahr 2013 übersteigt" und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Ursächlich für die Nichtbeendigung des Aufenthalts sei die vehemente Weigerung der Ast., überhaupt wahrheitsgemäße Angaben zur Herkunft zu machen. Es sei nachgewiesen, dass die Ast. nicht aus dem Irak stammten. Die selbstverschuldete Passlosigkeit und die ungenügende Mitwirkung zur Beseitigung des selbstverschuldeten Abschiebungshindernisses Identitätsklärung/Passlosigkeit führten zu einer Leistungskürzung nach dem AsylbLG auf Grund eines fahrlässig herbeigeführten Verlängerns der Aufenthaltsdauer im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8/9 AY 1/07 R - juris, RdNr. 39). Es sei damit hier nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe nach den konkreten Umständen des Einzelfalles unabweisbar gebotene Hilfe zu gewähren wäre. Es sei davon auszugehen, dass der Umfang der Leistungen nach § 1a AsylbLG dem physischen Existenzminimum entspreche, aber keine Leistungen für das soziokulturelle Existenzminimum (sog. Taschengeld) umfasse. Insofern sei der sog. Taschengeldbetrag in Höhe von 134,00 EUR gekürzt worden. Unter Berücksichtigung des Erlasses des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt 34.11-12235/8-1.8.1.2.3 vom 18. Januar 2013 sei nach Maßgabe des § 26 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) eine Kürzung in Höhe von bis zu 25 Prozent der Gesamtleistung möglich. Im Rahmen der Abhilfe sei zu berücksichtigen gewesen, dass lediglich eine Kürzung für das Jahr 2012 in Höhe von 86,00 EUR und für das Jahr 2013 in Höhe von 88,00 EUR rechtmäßig sei. Daraus ergebe sich eine Nachzahlung in Höhe von monatlich 48,00 EUR für das Jahr 2012 und in Höhe von monatlich 49,00 EUR für das Jahr 2013. Mit Bescheid vom 18. Juni 2013 änderte die Widerspruchsbehörde den Verfügungssatz zu 1. dieses Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2013 wie folgt ab: "Dem Widerspruch vom 1. März 2013 wird dahingehend stattgegeben, dass der Kürzungsbetrag des Taschengeldes für alle Familienmitglieder höchstens eine Kürzung in Höhe von 25 % der Gesamtleistung beträgt. Im Übrigen wird der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen". Diese Änderung des Verfügungssatzes ("Tenors") ergebe sich daraus, dass es sich bei den Ast. um eine fünfköpfige Familie handele und sich somit für die jeweiligen Familienmitglieder unterschiedliche Beträge der Regelbedarfsstufen und damit unterschiedliche Kürzungsbeträge ergäben.

Die Ast. zu 1. bis 5. haben am 3. Juli 2013 Klage vor dem Sozialgericht Halle erhoben (S 24 AY 127/13) und gleichzeitig den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie begehren in der Hauptsache, den Ag. zu verurteilen, ihnen ungekürzte Leistungen nach § 3 AsylbLG, insbesondere ohne Ansatz von Kürzungen nach § 1a AsylbLG, zu gewähren und frühere Entscheidungen, insbesondere auch die Widerspruchsentscheidung vom 3. und 18. Juni 2013, aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen haben sie beantragt, den Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihnen ungekürzte Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Kürzungen nach § 1a AsylbLG zu gewähren, hilfsweise, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen bzw. festzustellen. Es fehle bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Anspruchseinschränkung, da ihnen das Fehlen der objektiv zur Ausreise erforderlichen Dokumente nicht vorzuwerfen sei. Sie stammten tatsächlich aus dem Irak. Insoweit werde auf die gegenüber der Ausländerbehörde erklärte Versicherung an Eides statt des Zeugen verwiesen. Sie verfügten indes nicht über Personenstandsdokumente, die sie bei der irakischen Botschaft vorlegen könnten, sodass es ihnen aus diesem Grund nicht möglich sei, Pässe zu beschaffen. Sie könnten sich mangels internationaler Reisedokumente auch nicht in den Irak begeben, um dort sonstige Dokumente zu erhalten. Die Ausländerbehörde weigere sich, den Ast. irgendwelche Reisedokumente auszustellen. Im Übrigen müsse auch im Rahmen einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG der unabweisbare Bedarf abgedeckt werden. Hierzu sei zunächst eine auf den Einzelfall bezogene Bedarfsanalyse durchzuführen. Eine schematisch durchgeführte Kürzung der Leistungen um 25 Prozent sei vor diesem Hintergrund als willkürlich anzusehen.

Der Ag. hat im Rahmen des Klageverfahrens auf die Leistungsfähigkeit der Ast. zu 1. und 2. verwiesen, aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auch den Schadensersatz für eine von ihrer Tochter zerstörte Tür und eine Geldstrafe zu bestreiten. Der Ast. zu 5. sei über seinen Verfahrensbevollmächtigten durch die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 13. September 2013 gesondert aufgefordert worden, bis zum 11. Oktober 2013 einen Pass/Passersatz vorzulegen sowie einen Reisepass zu beantragen.

Mit an den Ast. zu 1. und 2. einerseits sowie an den Ast. zu 5. andererseits adressierten "vorläufigen Bescheiden" vom 7. August 2013 hat der Ag. auf die durch den Auszug des Ast. zu 5. aus der elterlichen Wohnung geänderten Umständen ab dem 1. September 2013 "bis auf weiteres" reagiert.

Das Sozialgericht hat den Ag. mit Beschluss vom 3. September 2013 verpflichtet, dem Ast. zu 5. für den Monat Juli 2013 ungekürzte Leistungen nach dem AsylbLG zu gewähren, und den Antrag der Ast. zu 1. bis 5. im Übrigen abgelehnt. Streitgegenstand des Verfahrens sei ein Anspruch der Ast. auf Gewährung von Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 1. August 2012. Das Gericht könne in der Sache entscheiden, da der Widerspruch der Ast. gegen den Bescheid vom 28. August 2012 von Behördenseite nicht als verfristet behandelt worden sei, sondern mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2013 (geändert durch Bescheid vom 18. Juni 2013) in der Sache entschieden worden sei. Die Ast. zu 1. bis 4. hätten keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Anwendung der Regelung des § 1a AsylbLG sei nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage rechtmäßig und verletze die Ast. nicht in ihren Rechten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1a Nr. 2 AsylbLG seien erfüllt. Der Vollzug der Ausreise der Ast. scheitere an der fehlenden Registrierung der Ast. beim Heimatland. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen könnten allein aus von den Ast. zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden. Der Ag. habe die Ast. zu 1. und 2. erfolglos aufgefordert, sich bei der irakischen Botschaft um die Ausstellung von Pässen bzw. Passersatzdokumenten zu bemühen. Die Ast. hätten auf diese Aufforderung nicht reagiert. Dieses Verhalten werde auch den Ast. zu 3. und 4. zugerechnet. Soweit von der Rechtsprechung teilweise eine Unterschreitung der nach § 3 AsylbLG zu gewährenden Bedarfe für verfassungswidrig erachtet worden sei, überzeuge diese Rechtsauffassung vor dem Hintergrund der in anderen Sozialleistungsbereichen möglichen verhaltensbedingten Leistungskürzungen (§§ 31 ff. Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), §§ 26 und 41 SGB XII, § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I)) nicht. Insbesondere könne auf der Grundlage von § 31a SGB II eine pauschale Kürzung in Höhe von 30 Prozent des jeweiligen Regelbedarfs vorgenommen werden. Demgegenüber sei dem volljährigen Ast. zu 5. das Verhalten seiner Eltern nicht zuzurechnen. Da dieser erst nach dem gerichtlichen Hinweis im Monat Juli 2013 aufgefordert worden sei, sich um einen Pass bzw. Passersatz zu bemühen, sei die Kürzung für ihn (nur) für den Monat Juli 2013 aufzuheben gewesen. Dem Ag. stehe in Bezug auf die Höhe der Kürzung ein Ermessensspielraum zu, den dieser durch die Kürzung von 25 Prozent des Taschengeldes in nicht zu beanstandender Weise wahrgenommen habe. Dem Hilfsantrag sei nicht zu entsprechen gewesen, da bei der ursprünglichen Bewilligung gekürzter Leistungen eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier keine Besserstellung der Ast. bewirken könne.

Die Ast. zu 1. bis 5. haben am 7. Oktober 2013 Beschwerde bei dem Sozialgericht Halle gegen den ihnen am 9. September 2013 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts eingelegt, "soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist". Das Sozialgericht hat die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt weitergeleitet, wo sie am 9. Oktober 2013 eingegangen ist.

Während des laufenden Beschwerdeverfahrens hat der Ag. mit Bescheid vom 28. November 2013 die "endgültige Festsetzung von laufenden Leistungen nach dem AsylbLG" für die Ast. zu 1. bis 5. in Bezug auf den Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 31. August 2013 vorgenommen. Daraus ergebe sich eine Nachzahlung von 2.826,78 EUR, von der 501,42 EUR auf den Ast. zu 5. entfielen. Für die Ast. zu 1. bis 4. ist in dem Bescheid im Übrigen die Bewilligung von Leistungen in Bezug auf den Zeitraum ab dem 1. September 2013 erfolgt. Der Bescheid enthält für den Monat Dezember 2013 eine Bewilligung in Höhe von 1.274,36 EUR und für den Monat Januar 2014 in Höhe von 1.290,44 EUR. Im vorliegenden Fall sei unter Berücksichtigung des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Ast. zunächst eine Regelsatzkürzung um 25 Prozent der Gesamtleistung erfolgt. Dem den Monat Dezember 2013 betreffenden Berechnungsbogen für die Ast. zu 1. und 2. sind jeweils Leistungen nach § 1a AsylbLG in Höhe von 239,00 EUR mit einem Abzug "§ 3 Abs. 2 Wohnen, Wohnungsinstandhaltung" in Höhe von 3,94 EUR bzw. 3,06 EUR und für die Ast. zu 3. und 4. jeweils Leistungen nach § 1a AsylbLG in Höhe von 182,00 EUR mit einem Abzug "§ 3 Abs. 2 Wohnen, Wohnungsinstandhaltung" in Höhe von 1,52 EUR zu entnehmen. Aus dem den Monat Januar 2014 betreffenden Berechnungsbogen gehen für die Ast. zu 1. und 2. jeweils Leistungen nach § 1a AsylbLG in Höhe von 245,00 EUR mit einem Abzug "§ 3 Abs. 2 Wohnen, Wohnungsinstandhaltung" in Höhe von 4,68 EUR bzw. 3,80 EUR und für die Ast. zu 3. und 4. jeweils Leistungen nach § 1a AsylbLG in Höhe von 185,00 EUR mit einem Abzug "§ 3 Abs. 2 Wohnen, Wohnungsinstandhaltung" in Höhe von jeweils 1,74 EUR hervor. Eine genaue Zuordnung des Nachzahlungsbetrages ist den Anlagen zum Bescheid nicht zu entnehmen. Für den Ast. zu 5. ist mit Bescheid vom 28. November 2013 die "endgültige Festsetzung von laufenden Leistungen nach dem AsylbLG" für die Zeit ab dem 1. September 2013 mit einem Hinweis auf die Kürzung um 25 Prozent der Gesamtleistung erfolgt. Für den Zeitraum ab dem 1. September 2013 ergebe sich eine Nachzahlung in Höhe von 65,82 EUR. Dem Berechnungsbogen für den Monat Dezember 2013 sind diesen Ast. betreffende Leistungen nach § 1a AsylbLG in Höhe von 266,00 EUR mit einem Abzug "§ 3 Abs. 2 Wohnen, Wohnungsinstandhaltung" in Höhe von 32,06 EUR zu entnehmen. Unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 168,50 EUR ergibt sich in der Summe die Bewilligung von insgesamt 402,44 EUR. Die Erhöhung des Regelbedarfs der Regelbedarfsstufe 1 ergibt dann unter Berücksichtigung der Kürzung um 25 Prozent die Bewilligung in Höhe von insgesamt 407,70 EUR für Januar 2014. Zu der einmaligen Kürzung der Leistungen für März 2014 um 20,25 EUR auf Grund des Krankenhausaufenthaltes des Ast. zu 1. und der Erhöhung der Kosten für Unterkunft und Heizung der Ast. zu 1. bis 4. wird auf die Bescheide vom 4. Februar und 20. März 2014, Bl. 87 bis 92 und Bl. 101 bis 106 der Gerichtsakte, Bezug genommen.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels führen die Ast. im Wesentlichen aus, sie hätten Anspruch darauf, "auch weiterhin ungekürzte Leistungen nach § 1a AsylbLG" zu erhalten. Es sei daran festzuhalten, dass die Leistungssätze des § 3 AsylbLG im Regelfall nicht mehr als das durch Art. 1 Grundgesetz geschützte Existenzminimum absicherten. Eingriffe in die Menschenwürde seien auch nicht zulässig, wenn "Mitwirkungspflichten des betroffenen Ausländers verletzt worden" seien. Die Sanktionsregelungen aus anderen Sozialleistungsbereichen seien nicht übertragbar, weil dort nicht nur das soziokulturelle Existenzminimum abgesichert werde und dort andere "Selbstbehaltpositionen" bzw. Schonvermögen vorgesehen würden. Die Auswirkung einer Kürzung nach § 31a SGB II werde im Übrigen durch die gesetzlich zwingende Befristung (§ 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II) und die Härtefallregelung (§ 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II) begrenzt, die im Rahmen des § 1a AsylbLG nicht vorgesehen seien. Im Übrigen sei daran festzuhalten, dass eine Anspruchseinschränkung nur auf der Grundlage einer individuellen Bedarfsanalyse durchgeführt werden dürfe.

Der Ag. beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung des § 1a AsylbLG bestünden weder allgemein noch in Bezug auf den Einzelfall der Ast. Die Sanktion der Kürzung der Leistungen um 25 Prozent hänge nicht vom individuellen Bedarf ab. Erst im Ergebnis der Kürzung werde geprüft, ob der Leistungsempfänger durch die Sanktion eventuell unter sein Existenzminimum falle. Sollte dies der Fall sein, müsse die Sanktion abgeschwächt werden, sodass das wirtschaftliche Existenzminimum gewahrt bleibe. Die Unterschreitung des Existenzminimums sei von den Ast. bezogen auf ihre individuelle Situation hier nicht hinreichend behauptet oder dargelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus dem vorliegenden Beschwerdeverfahren und dem Hauptsacheverfahren S 24 AY 127/13 und der Verwaltungsakten des Ag. (einschließlich der Unterlagen der Ausländerbehörde), die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt unter Berücksichtigung des streitigen Betrages von 25 Prozent der Regelbedarfsstufen (ausgehend von dem Gesamtbetrag aus Grundleistungen und dem Geldbetrag zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums) für alle fünf Ast. den Schwellenwert von 750,00 EUR im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG offenkundig. Zur Verdeutlichung werden hier die maßgebenden bzw. gewährten Beträge zu den Regelbedarfen ohne Kürzung nach den maßgebenden Regelbedarfsstufen für die Jahre 2013 und 2014 wiedergeben:

( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

Für den Ast. zu 5. ergäben sich monatlich für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Dezember 2013 (ausgehend nun von der Regelbedarfsstufe 1) Grundleistungen in Höhe von 217,00 EUR und ein Geldbetrag zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums in Höhe von 137,00 EUR (insgesamt 354,00 EUR) sowie für die Zeit ab dem 1. Januar 2014 Grundleistungen in Höhe von 222,00 EUR und ein Geldbetrag zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums in Höhe von 140,00 EUR (insgesamt 362,00 EUR).

Die Beschwerde der Ast. ist auch form- und fristgerecht erhoben worden (§ 173 SGG).

Das Rechtsmittel der Ast. bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie haben keinen Anspruch auf vorläufige Zahlungen in der den Leistungen nach § 3 AsylbLG entsprechenden Höhe.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ast. vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Hier ist nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart in der Hauptsache.

Es fehlt im vorliegenden Fall bezogen auf den Gegenstand der Prüfung des Senats in der Begründetheit an einem Anordnungsanspruch der Ast. für die begehrte Regelungsanordnung. Dabei kann für die Frage des einstweiligen Rechtsschutzes offen bleiben, welche rechtlichen Auswirkungen das Ausscheiden des Ast. zu 5. ab dem 1. September 2013 aus dem Haushalt seiner Eltern in Bezug auf die Rechtmäßigkeit insbesondere des Bescheides vom 28. November 2013 und eine einheitliche Rechtsverfolgung durch sämtliche Ast. hat.

Die den Ast. bewilligten Leistungen übersteigen die vom Senat für maßgebend erachteten Regelbedarfe der Ast. für das physische Existenzminimum für den allein maßgebenden Zeitraum ab Antragseingang bei dem Sozialgericht, sodass die Frage, wie im Einzelfall eine Anspruchseinschränkung vorzunehmen ist (prozentual oder durch Addition der Bedarfe), hier nicht zu erörtern war. Soweit die Verwaltung eine Analogie zu § 31a SGB II im Wege einer Zugunstenregelung zieht, bestehen insoweit keine Bedenken des Senats (vgl. demgegenüber zu einer belastenden Regelung der prozentualen Kürzung den Beschluss des erkennenden Senats vom 19. August 2013 - L 8 AY 3/13 - juris).

Im vorliegenden Fall dürfte der Prüfungsmaßstab des Senats zu einer endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verdichtet sein (vgl. die Beschlüsse des erkennenden Senats vom Beschlüssen vom 19. August 2013 - L 8 AY 3/13 - und vom 2. September 2013 - L 8 AY 5/13 B ER -, jeweils juris).

Der Ag. ist als Landkreis zuständige Behörde für die Bewilligung von Leistungen für die der Gemeinschaftsunterkunft zugewiesenen Ast. nach dem AsylbLG (§§ 10, 10a Abs. 1 AsylbLG, § 1 Nr. 7 Allgemeine Zuständigkeitsverordnung für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung von Bundesrecht (AllgZustVO-Kom) vom 7. Mai 1994 (GVBl. LSA S. 568)).

Die Ast. zu 1. bis 5. gehören nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG zu dem nach dem AsylbLG berechtigten Personenkreis. Sie sind im Sinne dieser Vorschrift Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und eine Duldung nach § 60a AufenthG besitzen.

Den Ast. stünden hier, auch soweit die Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ab Dezember 2010 nicht greift, keine Leistungen nach § 2 AsylbLG i.V.m. den Vorschriften des SGB XII zu, da es an einem Vorbezug von insgesamt 48 Monaten von Leistungen nach § 3 AsylbLG fehlt.

Der begehrte Anspruch der Ast. lässt sich nicht aus § 3 AsylbLG ableiten, da die Ast. als Leistungsberechtigte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1a Nr. 2 AsylbLG unterfallen und die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchseinschränkung nach dieser Vorschrift erfüllt sind.

Der Senat hat keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Anwendung von § 1a AsylbLG. Nach dieser Vorschrift erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 und ihre Familienangehörigen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen (Nr. 1), oder bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können (Nr. 2), Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen des Einzelfalles geboten ist. Bedenken in Bezug auf die Zurechnung eines Fehlverhaltens der Eltern gegenüber ihren Kindern bestehen nach der ausdrücklichen Einbeziehung der "Familienangehörigen" nach dem Gesetzwortlaut hier nicht.

Das BVerfG hat bisher nicht über die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 1a AsylbLG entschieden. Die im Bundesgesetzblatt vom 20. August 2012 (BGBl. 2012, S. 1715 bis 1716) veröffentlichte Entscheidung bezieht sich (Nr. 1 der Entscheidung) auf die Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 2 und 3 und Abs. 2 Satz 3 AsylbLG. Im Übrigen wird (Nr. 2 der Entscheidung) der Gesetzgeber verpflichtet, unverzüglich für den Anwendungsbereich des AsylbLG eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Nach Auffassung des Senats lässt sich weder aus der Unvereinbarkeit der genannten Normen des AsylbLG mit dem Grundgesetz noch aus der Verpflichtung des Gesetzgebers eine Unvereinbarkeitserklärung des § 1a AsylbLG mit dem Grundgesetz durch das BVerfG ableiten. Die Gesetzeskraft der Entscheidungen des BVerfG im Rahmen der Normenkontrolle nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) beschränkt sich auf die in der Entscheidungsformel aufgeführte Feststellung der Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz in der Auslegung, die sich aus den Entscheidungsgründen des BVerfG ergibt (vgl. z.B. Bethge in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG Kommentar, § 31 RdNr. 162 m.w.N.). Auch Parallelnormen bleiben intakt (vgl. ebenda, RdNr. 165). Das BVerfG hat auch von der Befugnis, nach § 78 Satz 2 BVerfGG weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht gleichfalls für nichtig zu erklären, in Bezug auf § 1a AsylbLG keinen Gebrauch gemacht.

Die grundsätzliche Verpflichtung des Leistungsträgers, auch bei den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1a AsylbLG ungekürzte Leistungen zu erbringen, ist nicht allein im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung zu erreichen (vgl. LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 18. Februar 2014 - L 8 AY 70/13 B ER - juris; Beschlüsse des erkennenden Senats vom 19. August 2013 - L 8 AY 3/13 - und vom 2. September 2013 - L 8 AY 5/13 B ER -, jeweils juris m.w.N.; offen gelassen in BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 7 AY 7/12 R - juris; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - L 15 AY 23/13 B ER - und - L 15 AY 24/13 B ER -, jeweils juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. März 2013 - L 3 AY 2/13 B PKH - juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 6. Januar 2014 - L 4 AY 19/13 B ER - juris). Die verfassungskonforme Auslegung einer Vorschrift setzt voraus, dass von mehreren Auslegungen eine Auslegung, z.B. durch teleologische Reduktion, mit dem Grundgesetz vereinbar ist (vgl. z.B. zu § 60 Abs. 1 Konkursordnung: BVerfG, Beschluss vom 30. März 1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90 und 1 BvR 11/90 - BVerfGE 88, 145, 168).

Der Senat ist im Übrigen nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelungen in § 1a AsylbLG überzeugt, sodass ein Ausnahmefall, der den Senat berechtigen könnte, von der Anwendung der bisher nicht für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Regelung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes bis zu einer Entscheidung des BVerfG abzusehen, nicht vorliegt (vgl. zum Verhältnis von Art. 100 Grundgesetz und § 123 Verwaltungsgerichtsordnung: BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992 - 1 BvR 1028/91 - BVerfGE 86, 382, 389). Die Rechtsprechung hat den besonderen Charakter der Einzelfallregelung in § 1a AsylbLG durch hohe Anforderungen an die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchseinschränkung abgesichert. Die Verfassungswidrigkeit des § 1a AsylbLG würde im Ergebnis bedeuten, dass sämtliche den Einzelfall betreffenden Sanktionsregelungen, die ein Zurückbleiben des Gesamtleistungsanspruches hinter dem allgemeinen soziokulturellen Existenzminimum zur Folge hätten, als verfassungswidrig einzustufen wären. Eine allgemeine Privilegierung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG insbesondere gegenüber dem Adressatenkreis der Sanktionen nach dem SGB II ist nicht zu begründen. Auch für die Sanktion nach § 31a SGB II wird die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung unter Berücksichtigung des Urteils zu den Regelbedarfssätzen vom 9. Februar 2010 (- 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff.) diskutiert. Die hierzu bereits vorhandene Rechtsprechung hat sich den Argumenten für eine Verfassungswidrigkeit insoweit indes nicht angeschlossen (vgl. z.B. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - L 12 AS 2232/12 B - juris). Die von den Ast. hervorgehobene Ausgestaltung der Sanktionsregelungen insbesondere im SGB II kann kein Argument für ein sich aus der Verfassung ergebendes Verbot einer Unterschreitung des soziokulturellen Existenzminimums sein. Denn insoweit wird übersehen, dass § 1a AsylbLG der Behörde einen nicht im Einzelnen durch den Gesetzgeber beschränkten Ermessensspielraum belässt, von einer Anspruchseinschränkung insbesondere unter Härtefallgesichtspunkten keinen Gebrauch zu machen.

Bei der Regelung in § 1a AsylbLG stehen keine (allgemeinen) migrationspolitischen Erwägungen im Vordergrund, die alle Leistungsberechtigten gleichermaßen betreffen (wie hier z.B. Deibel, Sozialrechtaktuell 3/2013, 103 (110) und im Ergebnis Hohm, Kommentar zum AsylbLG, § 1a RdNr. 15). Vielmehr geht es bei der Regelung in § 1a AsylbLG um Sanktionen im Einzelfall (wie hier im Ergebnis auch LSG Thüringen, Beschluss vom 17. Januar 2013 - L 8 AY 1801/12 B ER - juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 20. März 2013 - L 8 AY 59/12 B ER - und vom 18. Februar 2014 - L 8 AY 70/13 B ER -, jeweils juris; Beschlüsse des erkennenden Senats vom 19. August 2013 - L 8 AY 3/13 - und vom 2. September 2013 - L 8 AY 5/13 B ER -, jeweils juris m.w.N.).

Der Senat hat unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Ast. keine begründeten Zweifel, dass in Bezug auf die Ast. zu 1. bis 5. die Voraussetzungen - der unter den vorgenannten Gesichtspunkten nicht von Verfassungs wegen ausgeschlossenen - Bewilligung von eingeschränkten Leistungen nach § 1a AsylbLG vorliegen. Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Personenkreis nach § 1a Nr. 2 AsylbLG ist, dass aus von ihnen zu vertretenden Gründen für einen geduldeten oder vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer oder dessen Angehörige aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Die Möglichkeit, solche Maßnahmen zu vollziehen, muss daher zumindest vorübergehend vollständig ausgeschlossen sein und aufenthaltsbeendende Maßnahmen müssen aus Gründen unmöglich sein, die allein der Leistungsberechtigte zu vertreten hat. Demzufolge darf es keine anderen Gründe geben, die die Ausreise auch dann unmöglich machen, wenn der von dem Leistungsberechtigten zu vertretende Grund hinweggedacht würde.

Die Ast. sind aufgrund der ihnen nach § 60a AufenthG erteilten Duldung Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG und seit dem Zeitpunkt der Anhörung zur Anspruchseinschränkung können aufenthaltsbeendende Maßnahmen allein aus Gründen, die sie zu vertreten haben, nicht vollzogen werden. Unter aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sind alle tatsächlichen oder rechtlichen Handlungen zu verstehen, die notwendig sind, um eine Ausreise herbeizuführen. Nicht vollzogen werden können diese Maßnahmen, wenn die von der zuständigen Ausländerbehörde beabsichtigten oder schon eingeleiteten Maßnahmen nicht vollstreckt werden können (vgl. Fasselt in Fichtner/Wenzel, Kommentar zum SGB XII - Sozialhilfe - AsylbLG, § 1a Rz. 11). Hier konnte aufgrund der unterlassenen Mitwirkung der Ast., zur Klärung ihrer Identität als Voraussetzung für die Ausstellung von Passersatzdokumenten beizutragen, keine Rückführung in den Heimatstaat der Ast. erfolgen. Diese unterlassene Mitwirkung an der Feststellung ihrer Identität und der Beschaffung von Passersatzpapieren haben die Ast. zur Überzeugung des Senats auch zu vertreten. Der Senat nimmt insoweit nach § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung. In Bezug auf die bei der Ausländerbehörde vorgelegte Versicherung an Eides statt vom 5. Juni 2013 kann bislang nicht von einem wesentlichen Beitrag zur Klärung der Identität der Ast. ausgegangen werden. Diese Erklärung hat derzeit keinen beweiskräftigen Inhalt, da nicht erkennbar ist, welche Stellung der zur Übersetzung herangezogene Erklärende in dieser Konstellation hat. Ob die Stafbewehrung, auf die sich der Beweiswert von Versicherungen an Eides statt im Wesentlichen stützt, hier greift, ist sehr fraglich. Zudem enthält die Erklärung keinen Hinweis darauf, dass es sich bei dem dort genannten M. S. O. um den Ast. zu 1. handelt.

Unter Berücksichtigung einer verfassungskonformen Auslegung des § 1a AsylbLG nach Maßgabe insbesondere der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2, 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz verbleibt ein grundsätzlicher Spielraum für eine Abwägung der Interessen der Ast., ihr Leben im Rahmen auch der soziokulturellen Teilhabe zu gestalten, und den ordnungsrechtlichen Interessen, die Voraussetzungen ihrer Ausreise zu schaffen. Die Ast. haben sich pauschal auf eine Verfassungswidrigkeit der Regelung in § 1a AsylbLG berufen, ohne konkrete Umstände vorzutragen, die einen mit den bewilligten Leistungen nicht abzudeckenden unabweisbaren Bedarf begründen können. Dem Akteninhalt sind auch im Übrigen keine Angaben zu entnehmen, die dem Senat die Möglichkeit eröffnen würden, eine besondere Härte unter Einzelfallgesichtspunkten festzustellen. Neben den vollständig von dem Ag. getragenen Kosten für Unterkunft ist für die Ast. ein Bedarf für die Lebenshaltungskosten als "unabweisbar geboten" zu berücksichtigen. Ausgangspunkt müssen - darüber besteht auch zwischen den Beteiligten Übereinstimmung - auch insoweit die Regelbedarfe zur Existenzsicherung nach Maßgabe des Urteils des BVerfG vom 18. Juli 2012 (a.a.O.) sein. Unter Berücksichtigung der Gleichbehandlung sind die mit dieser Entscheidung konformen Anwendungshinweise des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung des Runderlasses vom 18. Januar 2013 (34.11-12235/8-1.8.1.2.3) als Berechnungsgrundlage unter entsprechender Anwendung des Gesetzes zur Ermittlung des Regelbedarfs nach § 28 SGB XII heranzuziehen. Die Summe der Bedarfe zur Deckung des physischen Existenzminimums - Bedarfe der Abteilung 1 (Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke), der Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe) und der Abteilung 6 (Gesundheitspflege) - werden durch die von dem Ag. bewilligten Leistungen jedenfalls vollumfänglich abgedeckt.

Die Frage einer aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abzuleitenden notwendigen zeitlichen Einschränkung der Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG (offen gelassen: Deibel, Sozialrechtaktuell 3/2013, 103 (109) a.a.O., S. 109) führt in Bezug auf den hier im Streit stehenden Zeitraum nicht zu einem anderen Ergebnis.

Vor diesem Hintergrund bedarf die Verwendung der Nachzahlungen auf Grund Bescheide vom 28. November 2013 hier keiner näheren Erörterung.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved