L 13 AS 320/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 2633/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 320/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 18. Februar 2010 bis 31. Juli 2010, was der Beklagte wegen der Berücksichtigung eines Miteigentumsanteils an einem Einfamilienhaus abgelehnt hat.

Der 1978 geborene Kläger beantragte am 18. Februar 2010 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Er war Miteigentümer zu einem Viertel an einem Einfamilienhaus in K., D.-Str. xx, das er zusammen mit den anderen Miteigentümern (seine Mutter zur Hälfte und seinem Bruder zu einem Viertel) bewohnte. Das Eigentum war nicht mit Verbindlichkeiten belastet. Die Eigentümer beauftragten den Makler R. E. (R.E.) den Verkauf zu vermitteln, was dieser mit Schreiben vom 9. März 2010 bestätigte. In der aktenkundigen Expertise war die Wohnfläche mit 145 qm angegeben. Verhandlungsbasis für den Kaufpreis war mit 299.000 EUR angegeben. Der Zeuge R. N. (R.N.) hat zusammen mit seiner Ehefrau unter dem 10. Juni 2010 eine Reservierungsvereinbarung geschlossen und ca. 1 Monat vorher mitgeteilt, dass er das Haus kaufen möchte (s. die Niederschrift über die Zeugenvernehmung vom 9. April 2014). Am 18. Juni 2010 verkauften der Kläger zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder das bebaute Grundstück an den Zeugen und dessen Ehefrau. Der Kaufpreis betrug 218.000 EUR. Nach der vom Zeugen vorgelegten Expertise war Verhandlungsbasis jedoch nur 229 000 EUR. Der Kläger erhielt seinen Anteil am Kaufpreis in Höhe von 54.500 EUR am 2. August 2010 auf seinem Konto gutgeschrieben.

In einem Erhebungsbogen gab der Kläger an, dass das Grundstück 560 qm und die Wohnfläche 145 qm betrage. Mit Schreiben vom 12. April 2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, den beigefügten Darlehensvertrag zu unterschreiben und eine Grundschuld in Höhe von 2.285,63 EUR für sie einzutragen. Nachdem der Kläger dem nicht nachgekommen ist, hat der Beklagte mit Bescheid vom 3. Mai 2010 Leistungen versagt. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass bei einem selbst genutzten Hausgrundstück es nur auf die Größe und nicht auf den Wert ankomme. Hierbei sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) von der Wohnfläche auszugehen. Diese betrage aber nur rund 130 qm. Der Kläger bewohne zusammen mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder die gesamten Wohnräume im Erdgeschoss, die zusammen eine Wohnfläche von rund 110 qm ergäben. Das Dachgeschoss sei zum größeren Teil noch nicht ausgebaut. Als Wohnfläche stehe nur 1 Raum mit einer Größe von rund 15 qm zur Verfügung. Nach der Rechtsprechung des BSG sei der Richtwert von 110 qm bei 3 Personen nicht bindend; die Angemessenheit müsse im Einzelfall geprüft werden. Ganz entscheidend sei, dass der Kläger nur über ein Miteigentumsanteil von einem Viertel verfüge und deshalb nur auf diesen abzustellen sei, was rund 31 qm ergäbe. Diese Größe liege sogar unter den Richtwerten im Mietbereich für Alleinstehende. Dies habe zur Folge, dass der Miteigentumsanteil geschützt sei. Darüber hinaus sei mitzuteilen, dass das Anwesen mittlerweile verkauft worden sei. Der Kläger werde im August 2010 den auf ihn entfallenden Anteil der Kaufpreissumme erhalten und ab diesem Zeitpunkt natürlich nicht mehr hilfebedürftig sein. Beigefügt war ein Berechnungsbogen vom 15. November 1978, nach welchem die Wohnfläche für das Erdgeschoss nach DIN 283 108,80 qm betrage. Mit Bescheid vom 22. November 2010 hob die Beklagte den Bescheid vom 3. Mai 2010 auf und lehnte mit weiterem Bescheid vom 22. November 2010 den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 18. Februar 2010 ab. Der Kläger verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 99.666,67 EUR, das die Vermögensfreibeträge in Höhe von 5.400 EUR übersteige, weshalb er nicht hilfebedürftig sei. Am 30. November 2010 erhob der Kläger auch hiergegen Widerspruch und bezog sich auf die Ausführungen im vorangegangenen Widerspruchsverfahren. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Entsprechend der Angaben des Widerspruchsführers bei der Antragstellung und entsprechend der Expertise sei eine Wohnfläche von 145 qm zu berücksichtigen, da die gesamte Wohnfläche ins Verhältnis zur Anzahl der Personen zu setzen sei. Entgegen des Ausgangsbescheides sei das zu berücksichtigende Vermögen jedoch auf 74.750 EUR festzusetzen, da der Kläger lediglich zu einem Viertel Miteigentümer sei.

Am 17. Juni 2011 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und in der Folge damit begründet, dass der realistische Wert der Immobilie 218.000 EUR betrage, da das Haus im August 2010 zu diesem Preis verkauft worden sei. Der Kläger habe zum Verkauf der Immobilie die Zustimmung der anderen Miteigentümer benötigt. Dass diese Zustimmung im August 2010 gegeben würde, sei im Februar 2010 nicht sicher zu erwarten gewesen. Nach der Rechtsprechung des BSG seien aber Vermögensgegenstände nur dann verwertbar, wenn sie in einem Zeitraum von 6 Monaten sicher verwertet werden können. Dass die Immobilie bereits im August verkauft werden konnte, sei nicht zu prognostizieren gewesen. Insofern wäre eine darlehensweise Gewährung von Leistungen nach dem SGB II erforderlich gewesen. Mit Schriftsatz vom 2. November 2011 hat der Kläger vorgetragen, das Eltern- und Kinderzimmer seien von seiner Mutter bzw. seinem Bruder als Schlafraum genutzt worden. Die gemeinsam im Erdgeschoss vorhandene Wohnfläche betrage rund 77 qm, was entsprechend der Kopfzahl verteilt 26 qm für den Kläger ergebe. Die 15 qm für das Zimmer im Obergeschoss hinzugerechnet, ergebe eine Wohnfläche von etwas mehr als 40 qm. Die so ermittelte Wohnfläche liege weit unter den Werten für Alleinstehende für eine Mietwohnung und noch viel mehr unter den Werten für eine Eigentumswohnung.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe vom 18. Februar 2010 bis zum 31. Juli 2010 zu bewilligen. Mit Urteil vom 15. Dezember 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei einem von 3 Personen bewohnten Hausgrundstück sei eine Wohnfläche von 110 qm angemessen (Hinweis auf Urteil des BSG vom 15. April 2008, B 14/7b AS 34/06 R, Rdnr. 26 und Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 54/07 R, Rdnr. 27, jeweils nach Juris). Dies gelte auch bei einem Miteigentumsanteil, wenn der Antragsteller das gesamte Objekt bewohne. Auf den ideellen Miteigentumsanteil sei nur dann abzustellen, wenn sich die wohnliche Nutzung auf den Miteigentumsanteil beschränke, was beim Kläger nicht der Fall gewesen sei. Eine gemeinsame Nutzung habe der Kläger auch nicht in Abrede gestellt. Die Wohnfläche von mindestens 125 qm sei unangemessen groß, so dass das Hausgrundstück verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 18. Februar 2010 bis zum 31. Juli 2010 als Zuschuss.

Gegen das dem Kläger am 2. Januar 2012 zugestellte Urteil hat er am 13. Januar 2012 Berufung eingelegt und sich auf die bisherigen Ausführungen gestützt. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 30. November 2012 hat der Kläger erklärt, dass er normalerweise das elterliche Schlafzimmer, das Wohnzimmer, die Garderobe und das WC, den Essraum, das Schlafzimmer seines Bruders und die ausgebaute Terrasse nicht genutzt habe. Er habe die Küche, den Essraum sowie die Terrasse aber nur zum durchlaufen genutzt. Auf Frage hat der Kläger angegeben, dass er die Zimmer hätte nutzen dürfen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll verwiesen (Blatt 36 - 38 der Gerichtsakten des Landessozialgerichts Baden-Württemberg).

Unter Vorlage einer Erklärung des R.E. vom 23. Januar 2013 hat der Kläger vorgetragen, dass der vom Kläger genutzte Raum im Dachgeschoss eigentlich nicht zum Wohnen geeignet gewesen sei, so dass diese Fläche nicht herangezogen werden dürfe. Die Wohnfläche im Erdgeschoss mit etwa 110 qm sei angemessen. Werde ein Miteigentümer, wie im vorliegenden Fall, durch andere Miteigentümer gehindert, das ganze Hausgrundstück zu bewohnen, sei bei der Prüfung der Angemessenheit auf die vom Leistungsempfänger tatsächlich bewohnte Fläche abzustellen. Zudem habe die Verwertung mehr als 6 Monate gedauert, beginnend im Januar 2009.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2011 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 18. Februar 2010 bis zum 31. Juli 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die behaupteten Nutzungseinschränkungen seien größtenteils als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Das Dachgeschoss sei auch bewohnbar gewesen, zumal in Zimmer 2 ein Teppichboden verlegt werden könne. Es sei selbst bei Mietern nicht unüblich, dass sie sich einen Teppichboden verlegen. Es sei auch nicht erkennbar, ob die Terrassenfläche im Erdgeschoss überhaupt berücksichtigt worden sei. Soweit sich der Kläger auf eine mögliche Blockade durch die Miteigentümer berufe, sei auch dies eine Schutzbehauptung. Im Gegenteil zeugten die gemeinsamen Verkaufsbemühungen und die frühe Beauftragung eines Maklers für die Einigkeit über die Verwertung des Hausgrundstücks.

Im Termin am 9. April 2014 hat der Senat durch den Berichterstatter den Zeugen R.N. vernommen. Dieser hat ausgesagt, dass das Zimmer 2 im Dachgeschoss nur mit einem Estrich-Fußboden versehen gewesen sei, wie auch der dritte, große Raum im Dachgeschoss. Bei der Besichtigung seien in Zimmer 2 im Dachgeschoss Schränke gestanden. In Zimmer 1 das Bett und ein Fernseher. Die Decke des Zimmer 2 sei mit Holz verkleidet gewesen, die Decke des dritten großen Raumes im Dachgeschoss sei aber nicht ausgebaut gewesen. Zwischen Zimmer 1 und Zimmer 2 sei eine Trennmauer eingezogen gewesen, jedoch ohne Tür, d.h. mit offenem Durchgang. Zimmer 1 und Zimmer 2 seien tapeziert gewesen. Der Zeuge hat den Reservierungsvertrag und ein Exposé vorgelegt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 9. April 2014 (Bl. 87 bis 90 der Gerichtsakten des Landessozialgerichts Baden-Württemberg) verwiesen. Wegen den Räumlichkeiten des Einfamilienhauses wird auf die vom Zeugen vorgelegte Expertise verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat für den Zeitraum vom 18. Februar 2010 bis zum 31. Juli 2010 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, da er nicht bedürftig ist.

Streitgegenstand ist der den Antrag vom 18. Februar 2010 ablehnende Bescheid der Beklagten vom 22. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2011. Der Kläger hat seinen Klageantrag auf den Zeitraum vom 18. Februar bis 31. Juli 2010 begrenzt. In dieser Zeit hat er keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Nach § 9 Abs. 4 SGB II ist hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde; dann sind Leistungen gem. § 23 Abs. 5 Satz 1 SGB II als Darlehen zu erbringen.

Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht zu berücksichtigen angemessener Hausrat (Nr. 1), ein angemessenes Kraftfahrzeug (Nr. 2), vom Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (Nr. 3), ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (Nr. 4), Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde (Nr. 5), Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (Nr. 6). Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Gem. § 12 Abs. 4 SGB II ist das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.

Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht marktgängig sind oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet sind (BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 99/11 R, m.w.N., Juris). Zur Abgrenzung der Bewilligung von Leistungen als Zuschuss gegenüber der nur darlehensweisen Gewährung hat das BSG im Anschluss an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung entschieden, dass für eine lediglich darlehensweise Gewährung von Leistungen nicht ausreicht, dass dem Hilfesuchenden Vermögen zusteht, wenn bis auf Weiteres nicht absehbar ist, ob er einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögen wird ziehen können. Vielmehr liegt eine generelle Nichtverwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt (BSG, Urteil vom 6. Dezember 2007, B 14/7b AS 46/06 R, Juris). Maßgebend für die Prognose, ob ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Für diesen Bewilligungszeitraum muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Eine Festlegung für darüberhinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraumes ist bei fortlaufendem Leistungsbezug erneut und ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu überprüfen, wie für einen weiteren Bewilligungszeitraum die Verwertungsmöglichkeiten zu beurteilen sind (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, B 14 AS 42/07 R).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im streitgegenständlichen Zeitraum der Miteigentumsanteil des Klägers am Einfamilienhaus zu berücksichtigen. Zunächst liegt ein Verwertungshindernis nicht vor. Zwar stand das Eigentum dem Kläger nicht alleine zu, doch haben alle Miteigentümer den Verkauf zeitnah zur Antragstellung des Klägers betrieben, was sich aus der Bestätigung des Maklers vom 9. März 2010 ergibt. Nach dem Schriftsatz vom 11. März 2013 haben die Verwertungsbemühungen bereits im Januar 2009 begonnen. Die Behauptung des Klägers, die Miteigentümer hätten eine Zustimmung möglicherweise nicht erteilt, ist spekulativ und durch nichts belegt. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Eigentümer innerhalb eines normalen Bewilligungszeitraums von 6 Monaten in der Lage waren, das Einfamilienhaus zu veräußern. Angesichts der starken Nachfrage nach Immobilien, zeitgleich mit günstigen Kreditzinsen ist der Senat davon überzeugt, dass das Einfamilienhaus innerhalb weniger Monate zu verkaufen war. Die Richtigkeit dieser Prognose wird auch dadurch bestätigt, dass die Eigentümer innerhalb von 4 Monaten nach der Antragstellung einen notariellen Kaufvertrag geschlossen haben. Die Immobilie ist auch nicht belastet, so dass das Einfamilienhaus auch tatsächlich verwertbar war.

Die Immobilie ist auch nicht gem. § 12 Abs. 3 SGB II unberücksichtigt zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, gibt es nicht. Es handelte sich auch nicht um ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe gem. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II. Bei einem von 4 Personen bewohnten Hausgrundstück ist eine Fläche von 130 qm angemessen (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 37/06 R, Juris). Der Kläger wohnte im streitigen Zeitraum zusammen mit Mutter und Bruder -also nur zu dritt- in einem Einfamilienhaus, das diese Grenze überschreitet. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die in den beiden Exposés ausgewiesene Wohnfläche von 145 qm zutreffend und bei der Angemessenheitsprüfung zugrunde zu legen ist. Soweit der Kläger geltend macht, das Erdgeschoss habe eine Wohnfläche von rund 110 qm und sich hierzu auf einen Berechnungsbogen vom 15. November 1978 beruft, kann dem nicht gefolgt werden, da die Berechnung zu einem Bauvorhaben im Jahre 1978 erfolgte und nicht das im Jahre 2010 bestehende Haus betraf. Die Wohnfläche von 145 qm ist auch nicht deshalb zu reduzieren, weil die beiden ausgebauten Zimmer im Dachgeschoss "eigentlich nicht zum wohnen geeignet gewesen seien", wie der Kläger behauptet. Denn die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen R.N. hat ergeben, dass beide Zimmer tapeziert und mit einer Holzdecke verkleidet waren. In dem einen Zimmer lag ein Teppichboden, Zimmer 2 war mit einem Estrichboden versehen. Damit waren beide Räume bewohnbar und auch tatsächlich vom Kläger bewohnt. R.N. hat ausgesagt, dass auch in Zimmer 2 Möbel standen. Aus der vorgelegten Erklärung des R.E folgt nichts anderes. Ob eine Vermietung möglich gewesen wäre, ist irrelevant. Zudem ist nicht überzeugend, dass Zimmer 1 nicht vermietbar sein soll, weil eine Tür zu Zimmer 2 fehlt und daher Schmutz eindringe. Schließlich ist die Wohnfläche auch nicht deshalb zu reduzieren, weil der Kläger Teile des Erdgeschosses "normalerweise" nicht benutzt haben will, wie er im Termin am 30. November 2012 angegeben hat. Bei einem Miteigentumsanteil ist nur auf den vom Leistungsempfänger als Wohnung genutzten Teil des gesamten Hausgrundstücks abzustellen, wenn das Wohneigentum des Miteigentümers durch die ihren Anteilen entsprechende Nutzung der anderen Miteigentümer auf einem seinen ideellen Miteigentumsanteil entsprechenden realen Grundstücks- und Gebäudeteil beschränkt ist (BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 99/11 R, Juris). Die Nutzung des Klägers war aber nicht beschränkt. Zum einen hat der Kläger auf Frage des Gerichts eingeräumt, dass er berechtigt war, alle Zimmer zu betreten. Zum anderen ist es ganz normal, dass in einer Familie die Zimmer zu verschiedenen Zwecken eingerichtet werden und von den jeweiligen Personen dementsprechend unterschiedlich genutzt werden. Dass der Kläger im Schlafzimmer seiner Mutter und seines Bruders normalerweise nichts zu suchen hat, ist normal und nicht einer rechtlichen Nutzungsbeschränkung gleich zu erachten. Die im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung, er habe das Erdgeschoss nur teilweise genutzt, widerspricht auch seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2010 hat der Kläger vorgetragen, dass er mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder die gesamten Wohnräume im Erdgeschoss bewohne (Bl. 55 der Verwaltungsakten der Beklagten).

Das bewohnte Einfamilienhaus ist auch nicht aufgrund anderer Umstände des Einzelfalls als angemessen zu beurteilen. Außergewöhnliche Bedarfslagen im Einzelfall hat der Kläger weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Angesichts dessen, dass sogar die Grenze für 4 Personen selbst mit einem 10-prozentigen Toleranzzuschlag (vgl. Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage, § 12 SGB II Rdnr. 92) überschritten wird, kann von einem angemessenen Hausgrundstück nicht ausgegangen werden. Da bereits die Wohnfläche des Hauses die zulässige Höchstgrenze überschreitet, bedarf es vorliegend keiner weiteren Erörterung, ob und inwieweit auch die Grundstücksgröße (560 qm) in die Angemessenheitsprüfung einzubeziehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, B 11b AS 37/06 R, Juris).

Die Verwertung der Immobilie ist auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich oder für den Betroffenen eine besondere Härte. Angesichts der starken Nachfrage nach Immobilien, zeitgleich mit günstigen Kreditzinsen ist nicht erkennbar, dass die Verwertung der 1978 erstellten Immobilie mit einer Wohnfläche von 145 qm offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Kläger eine besondere Härte bedeuten würde. Der Kläger hat solches auch nicht behauptet oder dargetan. Der Verlust einer Immobilie als solches kann niemals eine besondere Härte darstellen. Der 1978 geborene Kläger hat auch noch lange Zeit, seine Altersvorsorge zu bilden.

Der Wert der Immobilie beträgt 218.000 EUR. Zwar hat die erste Expertise noch als Verhandlungsbasis 299.000 EUR ausgewiesen; diese Verhandlungsbasis wurde aber durch die bereits vom Zeugen vorgelegten Expertise deutlich nach unten auf 229.000 EUR reduziert. Da erfahrungsgemäß auch eine Verhandlungsbasis nach unten korrigiert wird, ist der Senat der Überzeugung, dass der tatsächlich realisierte Preis von 218.000 EUR den tatsächlichen Wert des Einfamilienhauses auch zum Zeitpunkt der Antragstellung darstellt, wie auch der Kläger selbst geltend gemacht hat. Da der Kläger lediglich einen Miteigentumsanteil von einem Viertel hatte, ist ihm ein Vermögenswert von 54.500 EUR zuzuweisen. Diesen Betrag hat der Kläger auch am 2. August 2010 - nach dem hier streitigen Zeitraum - erhalten. Dieser Vermögenswert übersteigt den Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750 EUR und den Freibetrag gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II pro vollendetem Lebensjahr in Höhe von 150 EUR bei weitem, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes als Zuschuss hat.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung eines Darlehens gem. § 24 Abs. 5 SGB II, denn ein solcher Anspruch kommt nur bis zu der tatsächlich stattfindenden Verwertung des Vermögens in Betracht (Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage, § 24 Rdnr. 143). Da der Kläger sein Vermögen mittlerweile aber verwertet hat, kann er ein Darlehen nicht mehr beanspruchen. Zudem hat der Beklagte unter der Bedingung einer Grundschuldeintragung ein Darlehen angeboten (s. Schreiben vom 12. April 2010), was der Kläger nicht in Anspruch nehmen wollte (s. hierzu auch BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 4 AS 99/11 R, Juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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