Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 301/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1568/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 01.04.1974 bis 31.07.1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die entsprechenden Entgelte festzustellen.
Die 1944 geborene Klägerin schloss am 19.04.1974 die Ingenieurschule für Maschinenbau Schmalkalden ab und ist gemäß § 4 Abs. 2 der Thüringer Verordnung zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen im Sinne des Art. 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages berechtigt, die Bezeichnung Diplom-Ingenieurin (FH) zu führen. Nach Abschluss der Ingenieurschule war die Klägerin bis 1985 als Konstrukteurin im VEB Rationalisierungsmittelbau G. und von 1985 bis 1991 als Konstrukteurin im Reichsbahnausbesserungswerk Meiningen tätig.
Vom 01.08.1978 bis 30.06.1990 war die Klägerin der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten und entrichtete entsprechende Beiträge. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem hatte sie bis zur Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30.06.1990 nicht erhalten.
Am 30.05.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften hinsichtlich des Zusatzversorgungssystems Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG.
Mit Bescheid vom 07.10.2004 erkannte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 AAÜG und die Zeiten vom 07.01.1985 bis 30.06.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz an und stellte die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte fest. Für die Zeit vom 01.05.1974 bis 31.12.1984 lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech nicht vor, da die Beschäftigung nicht im Geltungsbereich des Zusatzversorgungssystems - Volkseigener Produktionsbetrieb - ausgeübt worden sei.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin auch die Anerkennung der Zeit vom 01.04.1974 bis 31.12.1984 als Zeit der AVItech begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2006 zurück. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) finde die AVItech nur dann Anwendung, wenn gleichzeitig die persönlichen, sachlichen und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt seien. Die betrieblichen Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerin sei im streitigen Zeitraum im VEB Rationalisierungsmittelbau G. beschäftigt gewesen. Hierbei handele es sich jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens bzw. um einen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 24.05.1951 gleichgestellten Betrieb.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.01.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, dass sie im VEB Rationalisierungsmittelbau G. an der Entwicklung von Transportanlagen, Werkzeugen, Pressen, Vorrichtungen und Robotern beteiligt gewesen sei, die in dem Werk auch produziert worden seien. Es handele sich somit um einen Produktionsbetrieb.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.01.2010 mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei dem VEB Rationalisierungsmittelbau G. nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Dieser sei nicht einem der Industrieministerien der DDR unterstellt gewesen und ausweislich des statistischen Betriebsregisters der DDR der Wirtschaftsgruppe 15489 (Reparatur- und Montagebetriebe) zugeordnet gewesen. Auch nach den Angaben der Klägerin sei Hauptzweck des Betriebes nicht die Produktion gewesen.
Gegen das ihr am 03.03.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, am 06.04.2010 (Dienstag nach Ostermontag) Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, dass im VEB Rationalisierungsmittelbau G. zu 80 % Produktionsleistungen erfolgt seien. Davon seien etwa die Hälfte Anlagen (d.h. Produktionsstraßen) gewesen, die passend für den jeweiligen Betrieb konstruiert worden seien. Die andere Hälfte der Produktion seien Werkzeuge, Kleinteile und Maschinen gewesen. Bei den Werkzeugen habe es auch größere Bestellungen gegeben. Zudem habe auch eine Serienfertigung von Kleinteilen in dem Sinne stattgefunden, dass wenn Lücken in der Auftragslage bestanden, für andere Firmen Einzelteile gefertigt worden seien.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts den ehemaligen Betriebsdirektor des VEB Rationalisierungsmittelbau G. Günter E.r schriftlich als Zeugen einvernommen. Dieser hat unter dem 20.05.2014 mitgeteilt, dass der streitige VEB zwar zum Kombinat Landtechnische Instandsetzung Berlin gehört habe, aber im streitigen Zeitraum keine Instandsetzungsleistungen mehr durchgeführt habe. Im VEB Rationalisierungsmittelbau G. (damals noch unter dem Namen "VEB Landtechnisches Instandsetzungswerk G.") sei 1964 mit der Herstellung von Vorrichtungen, Werkzeugen und Geräten für Instandsetzungszwecke begonnen worden. Ab dem Jahr 1966 habe der VEB Rationalisierungsmittelbau G. nur noch Neuproduktion und keinerlei Instandsetzungsleistungen mehr durchgeführt. Die Aufgabe des VEB habe in der Konstruktion und Fertigung von Rationalisierungsmitteln für andere volkseigene Betriebe bestanden. Die betriebliche Tätigkeit habe ca. zu 80 % in der Produktion von Rationalisierungsmitteln bestanden, 20 % aus Konstruktionsleistungen für die produzierten Rationalisierungsmittel. Die Produktion sei ausgelegt gewesen für eine Einzel- bzw. Kleinstserienproduktion. Eine Jahresproduktion habe aus ca. 200 bis 300 Positionen verschiedenster Geräte bestanden, die zum überwiegenden Teil in der eigenen Konstruktionsabteilung - nach den Bedürfnissen einzelner Betriebe - konstruiert worden seien. Die Stückzahlen für die Einzelpositionen hätten sich auf 1 bis ca. 20 Stück belaufen, nur wenige Positionen hätten sich in gleicher Art in den Folgejahren wiederholt.
In dem am 21.05.2014 durchgeführten Erörterungstermin hat die Klägerin die Berufung für den Zeitraum 01.08.1978 bis 31.12.1984 zurückgenommen, da sie in dieser Zeit der FZR beigetreten war. Weiterhin haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2006 abzuändern und die Zeiten vom 1. April 1974 bis 31. Juli 1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Altersversorgung der technischen Intelligenz anzuerkennen und die hieraus erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasse nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell, das heißt serienmäßig wiederkehrend fertigen. Konzeptionell müsse es sich um Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodelles handeln. Diese Voraussetzungen habe der VEB Rationalisierungsmittelbau G. nicht erfüllt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung der Zugehörigkeit zur AVItech während der streitigen Zeiträume ihrer Beschäftigung beim VEB Rationalisierungsmittelbau G. vom 01.04.1974 bis 31.07.1978 und Feststellung der während dieser Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte hat.
Anspruchsgrundlage ist § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG i.V.m §§ 1, 8 Abs. 1 bis 3 AAÜG. Die Beklagte hat gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 und 3 AAÜG Zeiten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellen, diese dem zuständigen Rentenversicherungsträger mitzuteilen und der Klägerin hierüber einen Bescheid zu erteilen. § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt, dass Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG sind im streitigen Zeitraum nicht erfüllt. Allerdings scheitert die Feststellung von Pflichtbeitragszeiten nicht bereits an der Anwendbarkeit des AAÜG. Die rechtmäßige Anwendung der §§ 5 bis 8 AAÜG setzt notwendig voraus, dass das Gesetz nach den Kriterien des § 1 Abs. 1 AAÜG überhaupt einschlägig ist (BSG, Urteil vom 18.06.2003, B 4 RA 50/02 R, (juris)). Das AAÜG ist auf die Klägerin anwendbar, weil sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG erfüllt. Nach dieser Vorschrift gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IV) erworben worden sind. Nach der Rechtsprechung des BSG ist § 1 Abs. 1 AAÜG verfassungskonform ausdehnend so auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft auch bei Nichteinbezogenen in Betracht kommt, jedoch nur dann, wenn aufgrund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage ein fiktiver "Anspruch auf Versorgungszusage" rückschauend nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme bestand. Dies ist dann der Fall, wenn am 30.06.1990 eine Beschäftigung ausgeübt wurde, aufgrund welcher nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 31/01 R; Urteil vom 08.06.2004, B 4 R 56/03 R; Urteil vom 15.05.2010, B 5 RS 10/09 R, (juris)). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bestand - fiktiv - eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem. Ob dies der Fall und damit das AAÜG gegebenenfalls für einen Versicherten anwendbar ist, ist vom Versorgungsträger oder durch rechtskräftiges Urteil festzustellen - so genannte Statusfeststellung - (vgl. Urteile des BSG vom 29.10.2002, B 4 RA 27/02 R, SozR 3-2600 § 307 b Nr. 10 und vom 18.06.2003, B 4 RA 50/02 R, (juris)). Für die Klägerin liegt eine positive Statusfeststellung vor. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 07.10.2004 ausdrücklich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG anerkannt. Für die Beschäftigungszeiten 01.04.1974 bis 31.07.1978 sind dennoch keine Zugehörigkeitszeiten gemäß § 5 Abs. 1 AAÜG festzustellen. Ob eine Zugehörigkeitszeit nach § 5 Abs. 1 AAÜG vorliegt, ist ausschließlich nach objektiver Auslegung des Bundesrechts unter Beachtung des Gleichheitssatzes zu ermitteln. Es kommt mithin weder auf die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR an noch auf deren Verwaltungspraxis. Nur in faktischer Anknüpfung an die (von der DDR erlassenen) Versorgungsordnungen ist zu klären, ob in der Zeit, für die die Feststellung begehrt wird, eine nach den jeweiligen Kriterien der Versorgungsordnungen in Verbindung mit den Durchführungsbestimmungen sowie den sonstigen, diese ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regelungen eine in der Versorgungsordnung genannte Beschäftigung oder Tätigkeit individuell und konkret ausgeübt worden ist und ob die in der Versorgungsordnung als zwingende Voraussetzung für eine Einbeziehung (d. h. für die Pflicht auf Erteilung einer Versorgungszusage) genannte notwendige berufliche Qualifikation zur Ausübung dieser (konkreten) Beschäftigung bei der entsprechenden "Arbeitsstelle" vorgelegen hat (BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 25/01 R m.w.N). Für die Zeit der Beschäftigung beim VEB Rationalisierungsmittelbau G. kommt allein eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz (System Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) in Betracht. Nach den Regelungen des zuletzt genannten Versorgungssystems, nämlich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950 (Gesetzblatt der DDR 1950 I Seite 844 – im Folgenden: VO AVItech) und der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24.05.1951 (Gesetzblatt der DDR 1951 I Seite 487) – im Folgenden: 2. DB – hängt ein Anspruch auf Feststellung von Zusatzversorgungszeiten von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab, die kumulativ vorliegen müssen (BSG, Urteil vom 19.07.2011, SozR 4-8570 § 1 Nr. 18): 1. von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), 3. und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Vorliegend fehlt es an der betrieblichen Voraussetzung. Bei dem VEB Rationalisierungsmittelbau G. handelt es sich im streitgegenständlichen Zeitraum nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gibt (BSG, Urteil vom 09.05.2012( m.w.N), B 5 RS 8/11 R, (juris)). Der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der AVItech ist auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet. Er ist damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet. Dagegen kommt es nicht auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl an Gütern an, die der Betrieb insgesamt produziert oder an einzelne Kunden abgibt. In ihrem wesentlichen qualitativen Aspekt unterscheidet sich die Massenproduktion von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebs auf eine industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist. Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion im vorliegenden Zusammenhang kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung des Betriebs insofern, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens macht (BSG a.a.O, Urteil vom 09.10.2012, B 5 RS 5/11 R, (juris)). Nach Maßgabe der vorgenannten Voraussetzungen ist der VEB Rationalisierungsmittelbau G. kein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens gewesen, da Hauptzweck des Betriebes nicht die industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren war. Dies ergibt sich sowohl aus den eigenen Angaben der Klägerin als auch aus denen des Zeugen Eller. Der VEB Rationalisierungsmittelbau G. stellte Rationalisierungsmittel wie z.B. Transportvorrichtungen, Prüfstände und Werkzeuge für andere volkseigene Betriebe her. Nach den Angaben der Klägerin entfiel etwa die Hälfte der gesamten Produktion des Betriebes auf Anlagen/Produktionsstraßen. Diese wurden nach Besichtigung der örtlichen Verhältnisse speziell nach den Bedürfnissen des Kunden konstruiert und gebaut. Auch die übrige Produktion des VEB Rationalisierungsmittelbau G. war mehr durch die Anfertigung von Rationalisierungsmitteln nach individuellen Kundenwünschen als durch Serienproduktion geprägt. Nach den Angaben des Zeugen erfolgte eine Einzel- bzw. Kleinstserienproduktion. Die Stückzahlen der hergestellten Rationalisierungsmittel richteten sich nach den Anforderungen der Vertragspartner und beliefen sich in den Größenordnungen 1 bis 20 Stück. Nur relativ wenige Aufträge wiederholten sich in der gleichen Art in den Folgejahren. Der Betrieb unterhielt eine eigene Konstruktionsabteilung, in der nach Aussage des Zeugen der überwiegende Teil der produzierten Rationalisierungsmittel nach den Bedürfnissen der Betriebe konstruiert wurde. Eine Massenproduktion im dargelegten Sinne liegt unter diesen Voraussetzungen nicht vor, da dem Betrieb nicht die Serienproduktion, sondern die Anfertigung von nach individuellen Kundenwünschen konstruierten Sachgütern das Gepräge gegeben hat. Die von der Klägerin angegebene Serienproduktion von Einzelteilen in Zeiten schlechter Auftragslage erfolgte nur ergänzend, um den Betrieb auszulasten, ist aber nicht geeignet, ihm das Gepräge der industriellen Massenproduktion zu geben. Bei dem VEB Rationalisierungsmittelbau G. handelt es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne der Aufzählung von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Insbesondere war die Klägerin nicht in einem Konstruktionsbüro tätig. Denn Betriebszweck des VEB Rationalisierungsmittelbau G. war die Produktion von Rationalisierungsmitteln, die 80 % der betrieblichen Tätigkeit ausmachte, wohingegen die Konstruktion mit 20 % nur untergeordnete Bedeutung hatte. Die Konstruktionsabteilung, in der die Klägerin tätig war, war nur unselbständiger Teilbereich des Betriebes. Unselbständige Teile eines Betriebs waren als solche keine Arbeitgeber und konnten damit auch keine versorgungsrechtlich gleichgestellten Betriebe i.S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB sein (BSG, Urteil vom 07.09.2006, B 4 RA 41/05 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 11). Da die betrieblichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung der Zugehörigkeit zur AVItech während der streitigen Zeiträume ihrer Beschäftigung beim VEB Rationalisierungsmittelbau G. vom 01.04.1974 bis 31.07.1978 und Feststellung der während dieser Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 01.04.1974 bis 31.07.1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die entsprechenden Entgelte festzustellen.
Die 1944 geborene Klägerin schloss am 19.04.1974 die Ingenieurschule für Maschinenbau Schmalkalden ab und ist gemäß § 4 Abs. 2 der Thüringer Verordnung zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen im Sinne des Art. 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages berechtigt, die Bezeichnung Diplom-Ingenieurin (FH) zu führen. Nach Abschluss der Ingenieurschule war die Klägerin bis 1985 als Konstrukteurin im VEB Rationalisierungsmittelbau G. und von 1985 bis 1991 als Konstrukteurin im Reichsbahnausbesserungswerk Meiningen tätig.
Vom 01.08.1978 bis 30.06.1990 war die Klägerin der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten und entrichtete entsprechende Beiträge. Eine Versorgungszusage zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem hatte sie bis zur Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30.06.1990 nicht erhalten.
Am 30.05.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften hinsichtlich des Zusatzversorgungssystems Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG.
Mit Bescheid vom 07.10.2004 erkannte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 AAÜG und die Zeiten vom 07.01.1985 bis 30.06.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz an und stellte die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte fest. Für die Zeit vom 01.05.1974 bis 31.12.1984 lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVItech nicht vor, da die Beschäftigung nicht im Geltungsbereich des Zusatzversorgungssystems - Volkseigener Produktionsbetrieb - ausgeübt worden sei.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin auch die Anerkennung der Zeit vom 01.04.1974 bis 31.12.1984 als Zeit der AVItech begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2006 zurück. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) finde die AVItech nur dann Anwendung, wenn gleichzeitig die persönlichen, sachlichen und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt seien. Die betrieblichen Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerin sei im streitigen Zeitraum im VEB Rationalisierungsmittelbau G. beschäftigt gewesen. Hierbei handele es sich jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens bzw. um einen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 24.05.1951 gleichgestellten Betrieb.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.01.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und geltend gemacht, dass sie im VEB Rationalisierungsmittelbau G. an der Entwicklung von Transportanlagen, Werkzeugen, Pressen, Vorrichtungen und Robotern beteiligt gewesen sei, die in dem Werk auch produziert worden seien. Es handele sich somit um einen Produktionsbetrieb.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.01.2010 mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei dem VEB Rationalisierungsmittelbau G. nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Dieser sei nicht einem der Industrieministerien der DDR unterstellt gewesen und ausweislich des statistischen Betriebsregisters der DDR der Wirtschaftsgruppe 15489 (Reparatur- und Montagebetriebe) zugeordnet gewesen. Auch nach den Angaben der Klägerin sei Hauptzweck des Betriebes nicht die Produktion gewesen.
Gegen das ihr am 03.03.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, am 06.04.2010 (Dienstag nach Ostermontag) Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, dass im VEB Rationalisierungsmittelbau G. zu 80 % Produktionsleistungen erfolgt seien. Davon seien etwa die Hälfte Anlagen (d.h. Produktionsstraßen) gewesen, die passend für den jeweiligen Betrieb konstruiert worden seien. Die andere Hälfte der Produktion seien Werkzeuge, Kleinteile und Maschinen gewesen. Bei den Werkzeugen habe es auch größere Bestellungen gegeben. Zudem habe auch eine Serienfertigung von Kleinteilen in dem Sinne stattgefunden, dass wenn Lücken in der Auftragslage bestanden, für andere Firmen Einzelteile gefertigt worden seien.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts den ehemaligen Betriebsdirektor des VEB Rationalisierungsmittelbau G. Günter E.r schriftlich als Zeugen einvernommen. Dieser hat unter dem 20.05.2014 mitgeteilt, dass der streitige VEB zwar zum Kombinat Landtechnische Instandsetzung Berlin gehört habe, aber im streitigen Zeitraum keine Instandsetzungsleistungen mehr durchgeführt habe. Im VEB Rationalisierungsmittelbau G. (damals noch unter dem Namen "VEB Landtechnisches Instandsetzungswerk G.") sei 1964 mit der Herstellung von Vorrichtungen, Werkzeugen und Geräten für Instandsetzungszwecke begonnen worden. Ab dem Jahr 1966 habe der VEB Rationalisierungsmittelbau G. nur noch Neuproduktion und keinerlei Instandsetzungsleistungen mehr durchgeführt. Die Aufgabe des VEB habe in der Konstruktion und Fertigung von Rationalisierungsmitteln für andere volkseigene Betriebe bestanden. Die betriebliche Tätigkeit habe ca. zu 80 % in der Produktion von Rationalisierungsmitteln bestanden, 20 % aus Konstruktionsleistungen für die produzierten Rationalisierungsmittel. Die Produktion sei ausgelegt gewesen für eine Einzel- bzw. Kleinstserienproduktion. Eine Jahresproduktion habe aus ca. 200 bis 300 Positionen verschiedenster Geräte bestanden, die zum überwiegenden Teil in der eigenen Konstruktionsabteilung - nach den Bedürfnissen einzelner Betriebe - konstruiert worden seien. Die Stückzahlen für die Einzelpositionen hätten sich auf 1 bis ca. 20 Stück belaufen, nur wenige Positionen hätten sich in gleicher Art in den Folgejahren wiederholt.
In dem am 21.05.2014 durchgeführten Erörterungstermin hat die Klägerin die Berufung für den Zeitraum 01.08.1978 bis 31.12.1984 zurückgenommen, da sie in dieser Zeit der FZR beigetreten war. Weiterhin haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 21. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2006 abzuändern und die Zeiten vom 1. April 1974 bis 31. Juli 1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Altersversorgung der technischen Intelligenz anzuerkennen und die hieraus erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasse nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell, das heißt serienmäßig wiederkehrend fertigen. Konzeptionell müsse es sich um Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodelles handeln. Diese Voraussetzungen habe der VEB Rationalisierungsmittelbau G. nicht erfüllt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung der Zugehörigkeit zur AVItech während der streitigen Zeiträume ihrer Beschäftigung beim VEB Rationalisierungsmittelbau G. vom 01.04.1974 bis 31.07.1978 und Feststellung der während dieser Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte hat.
Anspruchsgrundlage ist § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG i.V.m §§ 1, 8 Abs. 1 bis 3 AAÜG. Die Beklagte hat gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 und 3 AAÜG Zeiten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellen, diese dem zuständigen Rentenversicherungsträger mitzuteilen und der Klägerin hierüber einen Bescheid zu erteilen. § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt, dass Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG sind im streitigen Zeitraum nicht erfüllt. Allerdings scheitert die Feststellung von Pflichtbeitragszeiten nicht bereits an der Anwendbarkeit des AAÜG. Die rechtmäßige Anwendung der §§ 5 bis 8 AAÜG setzt notwendig voraus, dass das Gesetz nach den Kriterien des § 1 Abs. 1 AAÜG überhaupt einschlägig ist (BSG, Urteil vom 18.06.2003, B 4 RA 50/02 R, (juris)). Das AAÜG ist auf die Klägerin anwendbar, weil sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG erfüllt. Nach dieser Vorschrift gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IV) erworben worden sind. Nach der Rechtsprechung des BSG ist § 1 Abs. 1 AAÜG verfassungskonform ausdehnend so auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft auch bei Nichteinbezogenen in Betracht kommt, jedoch nur dann, wenn aufgrund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage ein fiktiver "Anspruch auf Versorgungszusage" rückschauend nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme bestand. Dies ist dann der Fall, wenn am 30.06.1990 eine Beschäftigung ausgeübt wurde, aufgrund welcher nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 31/01 R; Urteil vom 08.06.2004, B 4 R 56/03 R; Urteil vom 15.05.2010, B 5 RS 10/09 R, (juris)). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bestand - fiktiv - eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem. Ob dies der Fall und damit das AAÜG gegebenenfalls für einen Versicherten anwendbar ist, ist vom Versorgungsträger oder durch rechtskräftiges Urteil festzustellen - so genannte Statusfeststellung - (vgl. Urteile des BSG vom 29.10.2002, B 4 RA 27/02 R, SozR 3-2600 § 307 b Nr. 10 und vom 18.06.2003, B 4 RA 50/02 R, (juris)). Für die Klägerin liegt eine positive Statusfeststellung vor. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 07.10.2004 ausdrücklich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG anerkannt. Für die Beschäftigungszeiten 01.04.1974 bis 31.07.1978 sind dennoch keine Zugehörigkeitszeiten gemäß § 5 Abs. 1 AAÜG festzustellen. Ob eine Zugehörigkeitszeit nach § 5 Abs. 1 AAÜG vorliegt, ist ausschließlich nach objektiver Auslegung des Bundesrechts unter Beachtung des Gleichheitssatzes zu ermitteln. Es kommt mithin weder auf die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR an noch auf deren Verwaltungspraxis. Nur in faktischer Anknüpfung an die (von der DDR erlassenen) Versorgungsordnungen ist zu klären, ob in der Zeit, für die die Feststellung begehrt wird, eine nach den jeweiligen Kriterien der Versorgungsordnungen in Verbindung mit den Durchführungsbestimmungen sowie den sonstigen, diese ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regelungen eine in der Versorgungsordnung genannte Beschäftigung oder Tätigkeit individuell und konkret ausgeübt worden ist und ob die in der Versorgungsordnung als zwingende Voraussetzung für eine Einbeziehung (d. h. für die Pflicht auf Erteilung einer Versorgungszusage) genannte notwendige berufliche Qualifikation zur Ausübung dieser (konkreten) Beschäftigung bei der entsprechenden "Arbeitsstelle" vorgelegen hat (BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 25/01 R m.w.N). Für die Zeit der Beschäftigung beim VEB Rationalisierungsmittelbau G. kommt allein eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz (System Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) in Betracht. Nach den Regelungen des zuletzt genannten Versorgungssystems, nämlich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950 (Gesetzblatt der DDR 1950 I Seite 844 – im Folgenden: VO AVItech) und der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24.05.1951 (Gesetzblatt der DDR 1951 I Seite 487) – im Folgenden: 2. DB – hängt ein Anspruch auf Feststellung von Zusatzversorgungszeiten von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab, die kumulativ vorliegen müssen (BSG, Urteil vom 19.07.2011, SozR 4-8570 § 1 Nr. 18): 1. von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), 3. und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Vorliegend fehlt es an der betrieblichen Voraussetzung. Bei dem VEB Rationalisierungsmittelbau G. handelt es sich im streitgegenständlichen Zeitraum nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gibt (BSG, Urteil vom 09.05.2012( m.w.N), B 5 RS 8/11 R, (juris)). Der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der AVItech ist auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet. Er ist damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet. Dagegen kommt es nicht auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl an Gütern an, die der Betrieb insgesamt produziert oder an einzelne Kunden abgibt. In ihrem wesentlichen qualitativen Aspekt unterscheidet sich die Massenproduktion von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebs auf eine industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist. Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion im vorliegenden Zusammenhang kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung des Betriebs insofern, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens macht (BSG a.a.O, Urteil vom 09.10.2012, B 5 RS 5/11 R, (juris)). Nach Maßgabe der vorgenannten Voraussetzungen ist der VEB Rationalisierungsmittelbau G. kein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens gewesen, da Hauptzweck des Betriebes nicht die industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren war. Dies ergibt sich sowohl aus den eigenen Angaben der Klägerin als auch aus denen des Zeugen Eller. Der VEB Rationalisierungsmittelbau G. stellte Rationalisierungsmittel wie z.B. Transportvorrichtungen, Prüfstände und Werkzeuge für andere volkseigene Betriebe her. Nach den Angaben der Klägerin entfiel etwa die Hälfte der gesamten Produktion des Betriebes auf Anlagen/Produktionsstraßen. Diese wurden nach Besichtigung der örtlichen Verhältnisse speziell nach den Bedürfnissen des Kunden konstruiert und gebaut. Auch die übrige Produktion des VEB Rationalisierungsmittelbau G. war mehr durch die Anfertigung von Rationalisierungsmitteln nach individuellen Kundenwünschen als durch Serienproduktion geprägt. Nach den Angaben des Zeugen erfolgte eine Einzel- bzw. Kleinstserienproduktion. Die Stückzahlen der hergestellten Rationalisierungsmittel richteten sich nach den Anforderungen der Vertragspartner und beliefen sich in den Größenordnungen 1 bis 20 Stück. Nur relativ wenige Aufträge wiederholten sich in der gleichen Art in den Folgejahren. Der Betrieb unterhielt eine eigene Konstruktionsabteilung, in der nach Aussage des Zeugen der überwiegende Teil der produzierten Rationalisierungsmittel nach den Bedürfnissen der Betriebe konstruiert wurde. Eine Massenproduktion im dargelegten Sinne liegt unter diesen Voraussetzungen nicht vor, da dem Betrieb nicht die Serienproduktion, sondern die Anfertigung von nach individuellen Kundenwünschen konstruierten Sachgütern das Gepräge gegeben hat. Die von der Klägerin angegebene Serienproduktion von Einzelteilen in Zeiten schlechter Auftragslage erfolgte nur ergänzend, um den Betrieb auszulasten, ist aber nicht geeignet, ihm das Gepräge der industriellen Massenproduktion zu geben. Bei dem VEB Rationalisierungsmittelbau G. handelt es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne der Aufzählung von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Insbesondere war die Klägerin nicht in einem Konstruktionsbüro tätig. Denn Betriebszweck des VEB Rationalisierungsmittelbau G. war die Produktion von Rationalisierungsmitteln, die 80 % der betrieblichen Tätigkeit ausmachte, wohingegen die Konstruktion mit 20 % nur untergeordnete Bedeutung hatte. Die Konstruktionsabteilung, in der die Klägerin tätig war, war nur unselbständiger Teilbereich des Betriebes. Unselbständige Teile eines Betriebs waren als solche keine Arbeitgeber und konnten damit auch keine versorgungsrechtlich gleichgestellten Betriebe i.S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB sein (BSG, Urteil vom 07.09.2006, B 4 RA 41/05 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 11). Da die betrieblichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung der Zugehörigkeit zur AVItech während der streitigen Zeiträume ihrer Beschäftigung beim VEB Rationalisierungsmittelbau G. vom 01.04.1974 bis 31.07.1978 und Feststellung der während dieser Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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