L 8 U 254/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 3760/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 254/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Auszahlungsbetrags der dem Kläger rückwirkend gewährten Verletztenrente sowie die Höhe des dem Kläger gewährten Zinsbetrags streitig.

Wegen des Versicherungsfalls einer Berufskrankheit nach Nr. 1315 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 12.10.2010 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. ab 18.06.1997 bis 28.02.2002 und nach einer MdE um 50 v.H. ab 01.03.2002 bis auf weiteres. Der Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum vom 18.06.1997 bis 30.11.2010, der sich auf 139.324,66 EUR belaufe, wurde nach Mitteilung der Beklagten vorläufig einbehalten, bis die Höhe des etwaigen Erstattungsanspruchs wegen der dem Kläger seit März 1996 von der Knappschaft Bahn See bezahlten Rente feststehe.

Unter dem 05.11.2010 meldete die Knappschaft Bahn See bei der Beklagten einen Erstattungsbetrag in Höhe von 10.702,61 EUR für den Zeitraum vom 01.12.2000 bis 31.07.2003 an. Mit Bescheid vom 11.11.2010 setzte die Beklagte den Auszahlungsbetrag der nachzuzahlenden Verletztenrente auf 128.622,05 EUR fest. Mit jeweils gesondertem Bescheid vom 15.12.2010 gewährte sie dem Kläger Zinsen für den Zeitraum vom 01.07.1998 bis 30.06.2002 i.H.v. 3902,00 EUR und für den Zeitraum vom 01.07.2002 bis 31.10.2010 i.H.v. 26.605,90 EUR. Der Gesamtbetrag in Höhe von 30507,90 EUR wurde dem Kläger ausbezahlt.

Über seinen Prozessbevollmächtigten legte der Kläger jeweils Widerspruch gegen die Bescheide vom 12.10.2010, 11.11.2010 und 15.12.2010 ein. In der Verletztenrente sei ein Schmerzensgeldanteil enthalten, der zu 100 % mit dem abstrakten Erwerbsschaden im Sinne der MdE konkurriere, insoweit sei die Kongruenz der Leistungen von Berufsgenossenschaft und Rentenversicherer aufgehoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2011 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

Der Kläger erhob am 26.05.2011 vor dem Sozialgericht Duisburg Klage, das mit Beschluss vom 07.10.2011 den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Mannheim (SG) verwies. Der Kläger hielt an seinem Begehren unter Vertiefung der bisherigen Begründung fest. Der Beklagte hätte erkennen müssen, dass die Regelung des § 93 Abs. 5 SGB VI rechtsdogmatisch bzw. rechtssystematisch verfehlt sei. Mit Gerichtsbescheid vom 13.12.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab.

Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 18.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 20.01.2014 Berufung eingelegt und zur Begründung wiederholt ausgeführt, die Verletztenrente der Beklagten enthalte wesentliche Schmerzensgeldanteile, die nach seiner Auffassung voll mit der MdE bei der Verletztenrente konkurriere. Die Kongruenz der Leistungen bestehe nicht, weil die Rentenversicherungsleistung keine Schmerzensgeldgewährung kenne.

Der Kläger beantragt – sinngemäß gefasst –, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13.12.2013 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 12.10.2010, vom 11.11.2010 und vom 15.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.04. 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag von 139.324,66 EUR in voller Höhe auszuzahlen und hieraus weitere Zinsen ab 01.07.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich zur Begründung auf die für zutreffend erachteten Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 06.06.2014, Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 11.06.2014).

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akte des SG beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft, denn Berufungsausschlussgründe stehen nicht entgegen. Sie ist auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Darin ist zutreffend erkannt, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen.

Der Senat verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid, denen er sich anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Das wiederholende Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass zu einer anderen Entscheidung.

Die gesetzliche Regelung in § 93 SGB VI für das Zusammentreffen von gesetzlicher Rente aus der Rentenversicherung und Leistungen aus der Unfallversicherung sieht vor, dass Rente nach SGB VI insoweit nicht geleistet wird, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor der Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Eine rechnerische Fehlerhaftigkeit des vom Rentenversicherungsträger hierauf gestützten Erstattungsbetrag i.H.v.10.702,61 EUR wird vom Kläger nicht gerügt. Eine fehlerhafte Berechnung des zwischen den Beteiligten insoweit unstreitigen Betrages hat der Senat auch nicht zu erkennen vermocht.

Aus dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift des § 93 SGB VI ergibt sich, dass die Rente unter Anrechnung der Verletztenrente aus der Unfallversicherung, soweit die in den Abs. 2 und 3 beschriebenen Grenzbeträge überschritten werden, nicht zu leisten ist. Die Ausschluss-tatbestände für die Anrechnung in § 93 Abs. 5 SGB VI liegen nicht vor. Danach sind die Absätze 1 bis 4 u.a. nicht anzuwenden, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat. Vorliegend wurde mit Bescheid vom 12.10.2010 der für den Versicherungsfall der Berufskrankheit maßgebende Zeitpunkt auf den 09.02.1996 festgesetzt, Beginn der Rente der Knappschaft Bahn See ist der 01.03.1996. Andere als die in Abs. 5 genannten Ausschlusstatbestände sieht das Gesetz nicht vor. Damit ist die Anwendung des § 93 SGB VII auf das Zusammentreffen der Rente der Knappschaft Bahn See und der Verletztenrente der Beklagten rechtmäßig. Die Einbehaltung des Erstattungsbetrags nach § 103 SGB X durch die Beklagte ist damit wegen der Erfüllungsfiktion nach § 107 SGB X rechtens.

Die Regelung des § 93 SGB VI verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Weder ist aus den vom Kläger genannten Gründen eine verfassungskonforme Auslegung des § 93 SGB VI geboten noch besteht Anlass zur Aussetzung des Verfahrens zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Eine Verletzung grundrechtlich geschützter Rechte ist nicht ersichtlich. Ein solcher Verstoß ist auch nicht vorgetragen. Abgesehen davon ergibt sich aus § 93 Abs. 2 SGB VI dass ein die dort genannten Grenzbeträge nicht übersteigender Betrag bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge unberücksichtigt bleibt und damit für den Versicherten geschützt ist. Damit wäre jedenfalls der vom Klägerbevollmächtigten behaupteten fehlenden Kongruenz zwischen Rente und Verletztenrente hinreichend Rechnung getragen.

Es besteht deshalb ebenso wenig ein höherer Zinsanspruch, da der in seiner rechnerischen Richtigkeit nicht zu beanstandende Zinsbetrag, der vom Kläger insoweit auch nicht gerügt worden ist, zutreffend aus dem um die Erstattungssumme gekürzten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 128.622,05EUR errechnet worden ist. Der Gesamt-Zinsbetrag von 30.507,90 EUR ist rechtens.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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