L 12 KA 122/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 21 KA 288/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 122/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Vertretergenehmigung nach § 32 Abs. 2 Ärzte ZV kann nicht rückwirkend zuerkannt werden. Die Kassenärztliche Vereinigung ist insoweit nicht an eine rückwirkend erteilte Vertretergenehmigung nach § 6 Abs. 4 BÄO gebunden.
2. Abschlagszahlungen nach § 7 des HMV (in der im Quartal 3/01 geltenden und ggf. zurückzuzahlende Vorschüsse).
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.04.2012, S 21 KA 288/09, aufgehoben, soweit der Klage stattgegeben wurde und die Klage auch insoweit abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Abschlagszahlungen für das Quartal in Höhe von 36.966,25 EUR wegen der ausschließlichen Leistungserbringung durch Vertreter ohne Vertretungsgenehmigung.
Der 2004 verstorbene Ehemann der Klägerin, Dr. A., nahm vom 01.02.1983 bis 18.12.2001 als praktischer Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt teil. Die Staatsanwaltschaft A-Stadt erhob im Januar 2001 gegen Dr. A. Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Betrugs, worauf die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 18.05.2001, bekannt gegeben am 28.05.2001, das sofortige Ruhen der Approbation anordnete. In dem Bescheid wies die Regierung von Oberbayern auf § 6 Abs. 4 Bundesärzteordnung hin, wonach bei Erfüllung der Voraussetzungen die Möglichkeit besteht, die Praxis durch einen anderen Arzt weiterzuführen. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 05.12.2001 (zugestellt 18.12.2001) wurde Dr. A. die Zulassung als Vertragsarzt mit sofortiger Wirkung entzogen. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
In dem Zeitraum vom 05.02.2001 bis 19.12.2001 beschäftigte Dr. A. drei Vertreter wie folgt:
1. Dr. Q. 05.02.2001 bis 28.02.2001 und 24.05.2001 bis 08.06.2001
2. Dr. M. 18.06.2001 bis 22.06.2001
3. Dr. L. 25.06.2001 bis 19.12.2001

Am 19. Dezember 2001 wurde die Praxis wegen des Entzuges der Zulassung geschlossen und ab 01.01.2002 an den Nachfolger Herrn Dr. S. verkauft. Mit (rechtskräftigem) Urteil vom 03.01.2002 verurteilte das Amtsgericht A-Stadt Dr. A. unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Betrug zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten auf Bewährung und sprach zudem ein vierjähriges Berufsverbot als Arzt aus.
Mit Bescheid vom 06.11.2002 setzte die Beklagte das Honorar des Dr. A. für das Quartal auf 0,- EUR fest und forderte die bereits geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 36.966,25 EUR zurück. Der Sofortvollzug wurde angeordnet. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger jedenfalls seit dem 29.05.2001 mangels Approbation kein Recht mehr zu Leistungserbringung als Vertragsarzt gehabt habe und für die vom Vertreter erbrachten Leistungen keine Genehmigung nach § 32 Abs. 2 Zulassungsverordnung-Ärzte (Ärzte-ZV) vorgelegen habe. Die Abschlagszahlungen dürften als Überzahlungen nach § 7 Abs. 8 HVM zum unverzüglichen Ausgleich zurückgefordert werden.
Hiergegen legte Dr. A. am 02.12.2002 durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Er sei der Auffassung gewesen, der Hinweis der Regierung von Oberbayern auf § 6 Abs. 4 BÄO und somit auf die Möglichkeit, die Praxis auch nach dem Ruhen der Approbation durch einen anderen Arzt weiterführen zu lassen, beinhalte bereits die erforderliche behördliche Zulassung zur Beschäftigung eines Vertreters und berechtige ihn auch, sich vertragsärztlich vertreten zu lassen. Dass es hierfür einer vorherigen schriftlichen Genehmigung bedürfe, sei ihm nicht bewusst gewesen, zumal die Beklagte von der Vertretertätigkeit durch diverse Telefonate der Vertreter sowie ihm selbst Kenntnis gehabt habe. Zudem seien die Abrechnungen für die Quartale 2/01 und durch den Vertreter Dr. L. unterschrieben worden. Auch sei im Rahmen des Praxisübergabeverfahrens die Vertretung offen thematisiert worden.
Mit Bescheid vom 03.02.2003 gestattete die Regierung von Oberbayern Herrn Dr. A. rückwirkend nach § 6 Abs. 4 BÄO die Weiterführung der Praxis in den oben genannten Zeiträumen durch die eingesetzten Vertreter Drs. Q., M. und L ... Zur Begründung für die nachträgliche Zulassung verwies die Regierung von Oberbayern darauf, dass entscheidend aus ihrer Sicht die materielle Rechtslage sei, wonach die Einsetzung und Beschäftigung der genannten Vertreter zulässig gewesen wäre.
Den Antrag auf rückwirkende Genehmigung der Vertretertätigkeit nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV lehnte die Beklagte ab. Die hiergegen zum Sozialgericht München eingelegte Klage wurde am 11.05.2007 zurückgenommen (S 39 KA 878/04), nachdem das Gericht auf die ständige Rechtsprechung zu Vertretergenehmigungen als Statusentscheidungen, die nicht rückwirkend erfolgen könnten, hingewiesen hatte.
Die Klägerin hielt als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes den Widerspruch gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid aufrecht und verwies zudem auf ihre schwierige finanzielle Lage. Zwischenzeitlich hätten sich Rückforderungsanspüche u.a. auch der Krankenkassen auf eine Gesamtsumme von über 180.000 EUR summiert. Sie besäße keine eigenen Einkünfte und keine nennenswerte Alterssicherung, sondern lediglich das schuldenfreie Eigenheim mit einem geschätzten Wert von 290.000 EUR. Zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts sei sie auf die Vermietung des Obergeschosses ihres Hauses angewiesen. Die Klägerin sei nicht in der Lage, die Rückzahlung vorzunehmen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2009 zurück. Die Rückforderung der Abschlagszahlungen sei rechtmäßig, da durch das Ruhen der Approbation die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung durch Dr. A. nicht mehr habe erfüllt werden können. Eine nachträgliche Genehmigung der Vertretertätigkeit nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV sei bestandskräftig abgelehnt worden. Damit habe Herr Dr. A. über keine Vertretergenehmigung verfügt mit der Folge, dass die Leistungen der verschiedenen tätig geworden Ärzte von der Vergütung über die Beklagte ausgeschlossen seien, weshalb für dieses Quartal kein Honorar zu zahlen sei. Abschlagszahlungen hätten lediglich den Charakter von Vorschüssen auf den künftig festzusetzenden Honoraranspruch (BayLSG, Beschluss vom 05.03.1998, L 12 B 384/97). Das Wesen der Abschlagszahlungen als jederzeit aufrechenbarer und gegebenenfalls zurückzuzahlender Vorschuss sei nicht zu beanstanden (BayLSG, Urteil vom 21.11.2001, L 12 KA 85/00). Das überzahlte Honorar sei deshalb gemäß § 7 Abs. 8 HVM (in der bis 31.3.2005 geltenden Fassung) zurückzufordern. Zwar habe Dr. A. für das Quartal eine Abrechnung eingereicht, ein Honorarbescheid sei aber nicht ergangen. Abschlagszahlungen stellten lediglich Vorschüsse auf eine zu erwartende Honorarabrechnung dar. Somit stünden Vertrauensschutzaspekte einer Rückforderung der Abschlagszahlungen nicht entgegen.
In der hiergegen zum Sozialgericht München eingelegten Klage werden die bisher vorgetragenen Argumente wiederholt und vertieft. Zweck des Genehmigungserfordernisses sei es, der zuständigen Behörde eine präventive Kontrolle zu ermöglichen. Diese sei vorliegend jedoch auch ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung möglich gewesen, da die Beklagte zu jeder Zeit von der Vertretung gewusst habe und jederzeit hätte einschreiten können. Die genannten Vertreter seien aus einer von der Beklagten vorgeschlagenen Liste ausgewählt worden und ordnungsgemäß approbierte und vertragsärztlich zugelassene Ärzte. Man könne daher von einer konkludenten Genehmigung der Vertretung reden. Zudem hätte die Beklagte Herrn Dr. A. auf seine Verpflichtung aus § 32 Ärzte-ZV - Einholung einer schriftlichen Genehmigung - hinweisen müssen. Die Beklagte treffe außerdem ein Mitverschulden, da sie durch ihr Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Zudem sei Herr Dr. A. - wie sich aus dem Strafurteil ergebe - aufgrund seiner schweren Erkrankung nur sehr eingeschränkt in der Lage gewesen, sich um seine beruflichen Belange zu kümmern und insoweit auf die ordnungsgemäße Beratung und Mithilfe durch die Beklagte in besonderer Form angewiesen gewesen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 25.04.2012 den Bescheid der Beklagten im Hinblick auf den zu erstattenden Betrag teilweise aufgehoben und bei Klageabweisung im Übrigen den Erstattungsbetrag auf 13.370,27 EUR festgesetzt. Der streitgegenständliche Rückforderungsbescheid sei wegen fehlender Vertretergenehmigung bei ruhender Approbation rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe entsprechend den anzuwendenden Vorschriften gehandelt. Da der Vertragsarzt 2004 verstorben sei, sei im sozialgerichtlichen Verfahren nur zu klären, ob und inwieweit die Erbin für die Verbindlichkeit ihres verstorbenen Ehemannes einzustehen habe. Das Gericht habe bei seiner Entscheidung insbesondere den Umstand berücksichtigt, dass die Patienten ordnungsgemäß versorgt wurden und der Vertreter hätte entlohnt werden müssen. Zudem sei der Vertreter der Beklagten bekannt gewesen. Da an den Vertreter im Quartal 20.000 DM gezahlt worden seien, sei der Rückforderungsbetrag um diese Summe zu reduzieren, vom restlichen Betrag seien noch die tatsächlich entstandenen Praxiskosten abzuziehen. Jedes andere Ergebnis würde dem Gerechtigkeitsgedanken nicht entsprechen.

Hiergegen legte die Beklagte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht ein. Angesichts der Gesamtumstände sei es im angefochtenen Bescheid zu einer Honorarfestsetzung auf 0 EUR und der Rückforderung der Abschlagszahlungen gekommen. Eine (frühere) Honorarabrechnung sei zwar erstellt, Herrn Dr. A. aber nicht zugesandt worden. Die Abrechnung von Leistungen, die von einem Vertreter ohne Genehmigung gebracht worden seien, widerspräche dem Gebot der persönlichen Leistungserbringung (Hinweis auf Urteil des BSG vom 10.05.1995 - 6 RKa 30/94). Hierfür habe Herr Dr. A. keinen Vergütungsanspruch erworben. Bei den Abschlagszahlungen handle es sich um Vorschüsse auf die zu erwartende quartalsbezogene Vergütung. Mit einer Vorschusszahlung werde regelmäßig die vorweggenommene Erfüllung einer Forderung bezweckt. Stelle sich - wie vorliegend - heraus, dass eine Honorarforderung nicht entstanden sei, zeige sich damit gleichzeitig, dass der mit der Vorschusszahlung verfolgte Zweck - vorweggenommene Erfüllung der Honorarforderung - nicht erreicht werden könne und die Abschlagszahlung zu Unrecht geleistet worden sei. Da Dr. A. seit 1983 vertragsärztlich tätig gewesen sei, habe er den Vorläufigkeitscharakter von Abschlagszahlungen gekannt beziehungsweise diesen kennen müssen, so dass er sich von vornherein nicht auf ein etwaiges schutzwürdiges Vertrauen berufen könne. Die Besonderheit, dass sich der hier infrage stehende Erstattungsanspruch der Beklagten auf Abschlagszahlungen beziehe, sei vom Erstgericht vollkommen außer Acht gelassen worden. Abschlagszahlungen an Vertragsärzte erfolgten nur insoweit zu Recht, als damit die vorweggenommene Erfüllung eines Honoraranspruchs erreicht werde. Die Klägerin trete als Alleinerbin ihres Mannes in dessen Verbindlichkeiten ein.

Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.04.2012 - S 21 KA 288/09 insoweit aufzuheben, als der Klage stattgegeben worden ist und die Klage auch insoweit abzuweisen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend und vertieft insoweit ihre bereits vorgetragenen Argumente. Sie verweist insbesondere auf den Gesundheitszustand des Dr. A. im maßgeblichen Zeitraum, der ein grob fahrlässiges Nichteinholen der Genehmigung ausschließe. Dies sei auch im Strafverfahren bestätigt worden. Es könne allenfalls von leichter Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Im Zusammenhang mit dem Schutzzweck der Norm sei hier eine Rückforderung unverhältnismäßig.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 1) verweist darauf, dass Statuserteilungen im Vertragsarztrecht nur ex nunc und nicht ex tunc wirkten. Vertragsärztliche Leistungen hätten deshalb nur ab dem Zeitpunkt erbracht werden können, ab dem eine Vertretergenehmigung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV vorgelegen habe. Die Beachtung der Einhaltung dieser Vorschriften gehöre zum Sicherstellungsauftrag der Beklagten nach § 75 SGB V und diene den Interessen der GKV-Versicherten.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Abschlagszahlungen ist § 7 Abs. 8 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM auf Grundlage des Beschlusses der Vertreterversammlung der KVB vom 12.12.1998 bzw. 24./25.03.2000, zuletzt geändert am 25.11.2000 in der ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung). Danach kann bei Überzahlungen, Rückforderungen und Schadensersatzansprüchen die KVB den festgestellten Betrag sofort mit Ansprüchen des Arztes verrechnen oder zum unverzüglichen Ausgleich zurückverlangen. Gemäß § 7 Abs.1 des HVM der Beklagten werden auf das für den einzelnen Vertragsarzt zu erwartende Vierteljahreshonorar durch die zuständige KVB-Bezirksstelle monatliche Abschlagszahlungen geleistet. Die Höhe und die Termine der Abschlagszahlungen richten sich nach den Beschlüssen des Vorstandes der KVB. Gemäß § 7 Abs.7 des HVM wird die Honoraranforderung des Vertragsarztes unbeschadet der geleisteten Abschlagszahlungen sowie der Restzahlung erst fällig, wenn die in den Verträgen geregelten Antragsfristen der Krankenkassen für die Überprüfung der Abrechnung abgelaufen sind und/oder eventuell erforderliche Berichtigungs- und Prüfverfahren für die Beteiligten bindend abgeschlossen sind. Bis dahin sind alle Zahlungen der KVB an die Vertragsärzte jederzeit aufrechnungsfähige und gegebenenfalls vom Arzt zurückzuzahlende Vorschüsse. Auch ein erteilter Honorarbescheid steht unter dem Vorbehalt eines vollständigen oder teilweisen Widerrufs und der Neufestsetzung des Honorars (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. November 2001 - L 12 KA 84/00 -, juris). Das im Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten beschriebene Wesen der Abschlagszahlung als jederzeit aufrechenbarer und gegebenenfalls zurückzuzahlender Vorschuss ist nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat mangels Vertretergenehmigung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV im Quartal den Honoraranspruch des Dr. A. zutreffend auf 0,- EUR festgesetzt. Denn bei den in diesem Quartal abgerechneten Leistungen handelt es sich nicht um abrechnungsfähige Leistungen. Solche sind nach § 3 Abs. 1 S. 1 des im Quartal geltenden HVM nur solche Leistungen, die zur vertragsärztlichen Versorgung gehören und auf der Grundlage der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Bestimmungen erbracht worden sind. Hiernach hat der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV). Dieser Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, wird nach Maßgabe des § 32 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 Ärzte-ZV durchbrochen. Ein Vertretungsfall nach § 32 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Ärzte-ZV (Krankheit, Urlaub, Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder Wehrübung, unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit einer Entbindung) liegt im Quartal nicht vor. Wegen des Ruhens der Approbation des Dr. A. ab dem 29.05.2001 handelt es sich auch im streitgegenständlichen Quartal vielmehr um einen Vertretungsfall nach § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV (Vertretung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung). Für die Tätigkeit eines Vertreters nach dieser Vorschrift bedarf es aber einer vorherigen Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V, § 32 Abs. 2 S. 4 Ärzte-ZV). Eine rückwirkende Genehmigung ist bereits nach dem Wortlaut ausgeschlossen. Die Beklagte war auch nicht gehalten, wegen der rückwirkend erteilten Genehmigung nach § 6 Abs. 4 BÄO vom 03.02.2003 ihrerseits eine rückwirkende Vertretergenehmigung nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV auszusprechen. In ständiger Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass die Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht rückwirkend zuerkannt werden kann (vgl. BSG, Urteil v. 28.03.2007 - B 6 KA 30/06 R - juris Rn. 11 ff., BSG, Beschluss vom 03.02.2010, B 6 KA 20/09 B mwN). Das gilt sowohl für die Zulassung von Vertragsärzten als auch für die Ermächtigung von Krankenhausärzten wie für die Genehmigung zur Anstellung von Ärzten. Auch weitere - nicht auf der Ebene des Status angesiedelte - Genehmigungen, die zB an persönliche Qualifikationen anknüpfen und damit einhergehend zur Erbringung bestimmter Leistungen berechtigen, können nicht rückwirkend erteilt werden (vgl BSG SozR 3-1500 § 97 Nr. 3 S 5 f).

Die Genehmigung nach § 32 Ärzte-ZV ist durch den Vertragsarzt zu beantragen. Dabei hat der Vertragsarzt die Person des Vertreters namentlich zu benennen, da es sich um eine personengebundene Genehmigung handelt (Bäune, Komm. zur Ärzte-ZV, § 32 Rdnr. 29 unter Verweis auf LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.1997, L 5 KA 41/96). Die Genehmigung ist zudem nach § 32 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV zu befristen. Werden Leistungen durch einen nicht genehmigten Vertreter erbracht, steht dem Vertragsarzt insoweit kein Vergütungsanspruch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu (BSG, Urteil vom 10.05.1995, 6 RKa 30/94). Verschuldensgesichtspunkte spielen hierbei keine Rolle.
Eine solche Genehmigung kann mangels Bestimmtheit dementsprechend auch nicht konkludent erteilt werden, denn sie würde vorliegend dem Befristungserfordernis des § 32 Abs. 2 S. 5 Ärzte-ZV nicht genügen und insbesondere nicht deutlich machen, auf welche Person des Vertreters sie sich für welchen Zeitraum bezieht. Sofern die Klägerin geltend macht, eine konkludente Genehmigung sei darin zu sehen, dass die Beklagte die Abrechnungen von Herrn Dr. A., unterschrieben durch Dr. L., nicht beanstandet habe, würde dies wiederum eine unzulässige rückwirkende Genehmigung bedeuten. Der Zweck und die Zielrichtung eines Genehmigungserfordernisses im Verwaltungsrecht bestehen aber darin, der zuständigen Behörde eine präventive Kontrolle zu ermöglichen. Sinn des präventiven Erlaubnisvorbehalts ist es gerade, der Behörde vor Durchführung potentiell unerwünschter oder gefährlicher Tätigkeiten die Möglichkeit zur Prüfung und erforderlichenfalls zum Eingreifen zu geben.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte Dr. A. generell oder aufgrund dessen Gesundheitszustandes über das Erfordernis der vorherigen Erteilung einer Vertretergenehmigung hätte aufklären müssen. Die vom Bundessozialgericht zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entwickelte Betreuungspflicht, deren Verletzung die Voraussetzung für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist, gilt nur in so genannten Sozialrechtsverhältnissen, das heißt im Sozialleistungsrecht (vergleiche BSG a.a.O.; Reinhardt in: Krahmer/Trenk-Hinterberger, Sozialgesetzbuch I, 3. Aufl. 2014, § 14 Rn. 19; Schlegel in: juris PK-SGB V § 1 Rn. 90), nicht jedoch im Vertragsarztrecht. Eine "allgemeine" Betreuungspflicht jenseits des Leistungsrechtes ist weder richterrechtlich anerkannt noch gesetzlich vorgesehen. Insbesondere findet § 25 VwVfG im SGB X keine Entsprechung, weil spezielle Auskunfts- und Beratungspflichten in den §§ 13 bis 15 SGB I geregelt sind. §§ 13 bis 15 SGB I sind jedoch im Vertragsarztrecht nicht anwendbar, da die Beklagte, die Kassenärztliche Vereinigung, kein Leistungsträger im Sinne von § 12 SGB I ist (BayLSG, Urteil vom 20.11.2013, Az.: L 12 KA 66/12). Vertragsärzte sind nicht in gleicher Weise schutzbedürftig wie ein Großteil der Sozialleistungsempfänger. Von
einem Vertragsarzt muss daher erwartet werden, dass er sich selbst rechtzeitig um die Vertretung seiner vertragsärztlichen Praxis bemüht und sich eigenverantwortlich um die Einhaltung der hierfür erforderlichen gesetzlichen Bestimmungen kümmert.

Ein mangels Vertretergenehmigung dem Grunde nach nicht bestehender Honoraranspruch entsteht auch nicht dadurch, dass der Vertragsarzt bzw. die Klägerin als seine Erbin eigene Aufwendungen in Form von Praxiskosten und Vertreterhonoraren erbracht hat. Für die ohne Rechtsgrund geleisteten Abschlagszahlungen der Beklagten besteht grundsätzlich ein Rückforderungsanspruch. Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung der Abschlagszahlungen in Höhe von 36.966,25 EUR ist auch nicht teilweise erloschen. Bereicherungsrechtliche Grundsätze sind im Vertragsarztrecht bei Bezahlung vorschriftswidrig erbrachter und deshalb nicht vergütungsfähiger Leistungen nicht anwendbar (BSG, Urteil vom 10.05.1995, 6 RKa 30/94, juris Rn. 16), zumal es sich vorliegend sogar nur um Vorschusszahlungen handelte. Denn dadurch würde die Zweckbestimmung öffentlich-rechtlicher Vorschriften unterlaufen. Ein "Gegenrechnen" - wie vom SG vorgenommen - mit den Praxiskosten des Dr. A. und den Kosten für die Vertreter ist daher nicht zulässig. Auch spielt der Gesundheitszustand von Dr. A. im streitgegenständlichen Zeitraum keine Rolle, da die Rückforderung der Abschlagszahlungen verschuldensunabhängig ist.

Die Höhe der Rückforderung ist nicht zu beanstanden, da bei einer Honorarfestsetzung auf 0,- EUR die gesamten Abschlagszahlungen zurückgefordert werden können. Dafür, dass die Höhe der Abschlagszahlungen nicht korrekt ist, gibt es keine Anhaltspunkte und wird auch nichts vorgetragen. Verschuldensgesichtspunkte spielen hierbei keine Rolle. Auch ein Vertrauensschutz von Herrn Dr. A. kann nicht anerkannt werden, zumal für das Quartal vor dem streitgegenständlichen Bescheid keine Honorarfestsetzung erging, die Vertrauensschutztatbestände hätte auslösen können.

Die Klägerin haftet als Alleinerbin von Dr. A. nach § 1967 Abs. 1 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten. Hierunter fallen auch öffentlich-rechtlich Erstattungsansprüche. Die Klägerin tritt als Alleinerbin voll in die Stellung ihres Rechtsvorgängers in verfahrensrechtlicher materieller Hinsicht ein.

Die Berufung hat daher Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 HS 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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