Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 5 SO 12/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 59/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vereinbarkeit der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit dem Völkerrecht
Die Überführung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger aus der Sozialhilfe in die Grundsicherung für Arbeitsuchende verstößt weder gegen Art. 22 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 (AEMR) noch gegen Art. 9 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (UN-Sozialpakt).
Die Überführung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger aus der Sozialhilfe in die Grundsicherung für Arbeitsuchende verstößt weder gegen Art. 22 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 (AEMR) noch gegen Art. 9 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (UN-Sozialpakt).
I. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten werden auch für das Berufungsverfahren nicht erstattet.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren im Wege der Feststellungsklage Klarheit darüber zu erlangen, ob der Beklagte berechtigt gewesen ist, Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu verweigern und auf den Bezug der Hilfe zum Lebensunterhalt ausschließlich nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu verweisen. Sie wollen auf die ihrer Ansicht nach mit dem System des sog. "Hartz IV" einhergehende Menschenrechtsverletzung aufmerksam machen und verbinden damit die Hoffnung, dass eine Vielzahl von Leistungsbeziehern nach dem SGB II eine derartige Klage erhebt und die Öffentlichkeit zur Kenntnis nimmt, dass das SGB II blanker Betrug sei.
Der am.1965 geborene erwerbsfähige Kläger zu 1 bezog seit dem 01.05.2006 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vom Betrieb für Grundsicherung und Arbeitsförderung, Landratsamt M. Auch aktuell steht er im Leistungsbezug nach dem SGB II. Die am.1982 geborene Klägerin zu 2 erhielt als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger zu 1 bis Ende August 2008 ebenfalls Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Im Klageverfahren bezeichnen sich die Kläger als Deutsche Staatsbürger mit unmittelbarer Reichsangehörigkeit.
Am 12.01.2009 beantragte der Kläger zu 1 bei dem Beklagten die Gewährung von Sozialhilfe. Er teilte mit, dass er im laufenden SGB II-Leistungsbezug stehe. Noch am selben Tag wies der Beklagte den Kläger zu 1 schriftlich darauf hin, dass Leistungen nach dem SGB II vorrangig vor Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren seien. Da er noch bis Ende April 2009 SGB II-Leistungen erhalte, sei er gemäß § 21 SGB XII nicht nach dem SGB XII leistungsberechtigt. Dementsprechend lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers zu 1 auf SGB XII-Leistungen mit Bescheid vom 23.02.2009 ab. Den dagegen am 26.03.2009 erhobenen Widerspruch des Klägers zu 1 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2010 zurück. Da der Kläger zu 1 erwerbsfähig sei, habe er gemäß § 21 SGB XII keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Daraufhin hat der Kläger zu 1 zunächst am 14.05.2010 beim Sozialgericht Leipzig (SG) im Wege der Leistungsklage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 12.300,00 EUR nebst Zinsen als ihm seiner Ansicht nach zustehende Sozialhilfe seit dem Jahr 2007 begehrt (S 13 SO 53/10). Diese Klage ist vom Kläger zu 1 mit Schreiben vom 07.06.2011 zurückgenommen worden. Er hat die Rücknahme damit begründet, dass das SG nicht die Bedingungen für ein ordentliches Verfahren erfülle.
Bereits am 21.01.2011 haben die Kläger beim SG die vorliegende Feststellungsklage erhoben. Unter Bezugnahme auf Art. 22 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10.12.1948 (AEMR) haben sie mit verschiedenen Feststellungsanträgen sinngemäß Klarheit darüber begehrt, ob ihnen der Beklagte Leistungen nach dem SGB XII unter Verweis auf den Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vorenthalten dürfe. Insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolgenbelehrungen (im Rahmen des Sanktionsrechts des SGB II) haben die Kläger die Feststellung von deren Rechtswidrigkeit beantragt. Sie haben von vornherein das Fehlen des gesetzlichen Richters am SG gerügt und einen Nachweis über dessen ordentliche Besetzung durch Vorlage eines sog. "Amtsausweises" gefordert.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Feststellungsklage sei bereits unzulässig. Bezogen auf den Feststellungsantrag im Hinblick auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 12.01.2009 ergebe sich dies aus dem Subsidiaritätsgrundsatz. Danach hätte der Kläger zu 1 eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 23.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 erheben müssen, die vorrangig gegenüber der hier gewählten Feststellungsklage zu erheben sei. Die Klägerin zu 2 sei nicht klagebefugt, da sie nicht an dem Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen sei und kein eigenes subjektiv öffentliches Recht geltend mache. Die weiteren Feststellungsanträge seien mangels berechtigten Interesses der Kläger an der Feststellung unzulässig. Der Gerichtsbescheid ist den Klägern jeweils am 28.03.2012 zugestellt worden.
Hiergegen richten sich die Kläger mit ihrer am Montag, dem 30.04.2012 eingelegten Berufung. In dem mit "Nichtigkeitsrüge" überschriebenen Schriftsatz rügen sie erneut das Fehlen des gesetzlichen Richters und den Erlass eines Gerichtsbescheids an Stelle eines ordentlich erstellten Urteils. Die Klägerin zu 2 habe seit dem 02.07.2009 einen Antrag nach SGB XII gestellt, den sie jedoch auf Grund der fehlenden Feststellung über die Rechtswirksamkeit dieses Antrags noch nicht bei dem Beklagten abgegeben habe. Daher sei sie aktivlegitimiert. Auf die Anfrage des Senats vom 12.12.2012 haben die Kläger mit Schriftsatz vom 09.01.2013 klargestellt, dass sie die Durchführung eines Berufungsverfahrens wünschen. Sie sind jedoch der Ansicht, dass dem erkennenden Gericht die Unabhängigkeit und der tatsächliche Bezug zum deutschen Recht fehlten.
Die Kläger haben keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Nichterscheinens der ordnungsgemäß geladenen Kläger verhandeln und entscheiden, da sie mit der Terminbestimmung und Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist unbegründet.
1. Der mit der Berufung angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht unter Verstoß gegen Verfahrensrecht zustande gekommen.
Der Gerichtsbescheid wurde durch den gesetzlichen Richter erlassen. Die gegenteilige Behauptung der Kläger gründet auf deren Auffassung, im gesamten Bundesgebiet fehle der gesetzliche Richter, weil es keine Bundesrepublik Deutschland, sondern nur eine Bundesrepublik in Deutschland gebe und dort deshalb für deutsche Staatsbürger ein Stillstand der Rechtspflege herrsche. Diese Auffassung ist so offenkundig unzutreffend, dass sie die Kläger – die sich nicht als Bundesbürger, sondern als deutsche Staatsbürger mit unmittelbarer Reichsangehörigkeit ansehen – nicht davon abgehalten hat, mit ihrem Begehren das SG Leipzig als Gericht eines Landes der Bundesrepublik Deutschland anzurufen.
Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Entscheidung der ersten Instanz, durch Gerichtsbescheid zu erkennen, ist nur auf Ermessensfehler zu überprüfen (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 105 RdNr. 25). Im hier zu beurteilenden Fall sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG gegeben – es liegen keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art vor und der Sachverhalt ist geklärt. Ausgehend hiervon hat sich der Kammervorsitzende ermessensfehlerfrei, insbesondere ohne Zugrundelegung sachfremder Erwägungen oder grober Fehleinschätzungen, für den Erlass eines Gerichtsbescheids entschieden.
2. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
a) Die Klage, mit der die Kläger sinngemäß die Feststellung begehren, dass ihnen der Beklagte Leistungen nach dem SGB XII nicht unter Verweis auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vorenthalten darf, ist unzulässig.
Der Zulässigkeit steht der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen. Nach diesem Grundsatz, der auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 02.07.2013 – B 4 AS 74/12 R – juris RdNr. 24), ist die Feststellungsklage nur zulässig, soweit das Begehren nicht mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage sachgerechter verfolgt werden kann. Dies dient der Vermeidung überflüssiger Klagen, da Feststellungsurteile nicht vollstreckbar sind und andere Klagearten in der Regel einen effektiveren Rechtsschutz bewirken (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 55 RdNr. 19). Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten in Fällen, in denen die Feststellungklage einen weitergehenden Rechtsschutz ermöglicht, insbesondere wenn ohne sie eine abschließende Streitbeilegung nicht möglich oder die Erhebung der Leistungsklage unzumutbar ist (Keller a.a.O., § 55 RdNr. 19b).
Ausgehend hiervon ist die im vorliegenden Fall erhobene Feststellungsklage unzulässig. Denn die Kläger können ihr Rechtsschutzziel, Leistungen nach dem SGB XII statt nach dem SGB II zu beziehen, sachgerechter mit einer gegen den zuständigen Sozialhilfeträger gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen. Zu den im Rahmen einer solchen Klage zu klärenden Vorfragen gehört auch die von den Klägern aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis der Leistungen nach dem SGB XII zu denjenigen nach dem SGB II. Neben der Klärung dieser Frage kann mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gleichzeitig die Verurteilung zur Leistungsgewährung erreichten werden. Der durch eine solche Klage gewährleistete Rechtsschutz ist also weitergehender als derjenige, der durch die stattdessen von den Klägern erhobene Feststellungsklage erreicht werden kann.
Die Erhebung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wäre den Klägern auch zumutbar gewesen. So hätte der Kläger zu 1 nur mit einer solchen Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 vorzugehen brauchen. Eine Umdeutung der von ihm – zusammen mit der Klägerin zu 2, für die keine entsprechende Verwaltungsentscheidung ergangen ist – erhobenen Feststellungsklage in die richtigerweise zu erhebende kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage scheidet aus, da bei Erhebung der Feststellungsklage am 21.01.2011 die Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 (§ 87 Abs. 1 und Abs. 2 SGG) bereits abgelaufen war und die damals sinngemäß gegen diesen Bescheid anhängige Leistungsklage (Az. S 13 SO 53/10) vom Kläger zu 1 später zurückgenommen wurde.
b) Da die Feststellungsklage unzulässig ist, braucht nicht entschieden zu werden, ob sie begründet gewesen wäre. Allerdings weist der Senat erläuternd darauf hin, dass die Feststellungsklage keinen Erfolg gehabt hätte.
§ 21 Satz 1 SGB XII schreibt ausdrücklich vor, dass Personen, die – wie die Kläger – nach dem SGB II als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für die Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten. Diese dem Begehren der Kläger entgegenstehende Vorschrift steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Sie verletzt insbesondere – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht Art. 22 AEMR. Dabei ist zunächst im Auge zu behalten, dass die AEMR keine verbindliche Rechtsquelle des Völkerrechts ist, sondern nur empfehlenden Charakter hat (vgl. Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 31.08.2007 – AN 4 K 07.00590 – juris RdNr. 25). Denn bei der AEMR handelt es sich um eine Resolution die Generalversammlung der Vereinten Nationen; die Generalversammlung gibt aber nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Charta der Vereinten Nationen lediglich Empfehlungen ab, um zur Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beizutragen. Dementsprechend wird die AEMR in ihrer Präambel nur als "das von allen Völkern und Nationen zu erreichende Ideal" bezeichnet. Art. 22 AEMR hat sich auch nicht zu Völkergewohnheitsrecht entwickelt und dadurch Rechtsverbindlichkeit erlangt, sondern lediglich teilweise über den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (UN-Sozialpakt) für die Bundesrepublik Deutschland den Rang eines bindenden internationalen Abkommens erhalten. Art. 22 AEMR formuliert den Programmsatz, dass jeder als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf hat, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind. Dieser Programmsatz wird von Art. 9 UN-Sozialpakt insoweit aufgenommen, als darin die Vertragsstaaten – zu denen auch die Bunderepublik Deutschland gehört – das Recht eines jeden auf soziale Sicherheit einschließlich der Sozialversicherung anerkennen. Weder in Art. 22 AEMR noch in Art. 9 UN-Sozialpakt wird dem einzelnen Staat vorgeschrieben, wie er seine Systeme der sozialen Sicherheit zu organisieren hat. Vielmehr bleibt es danach der Bundesrepublik Deutschland unbenommen, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen aus dem Leistungssystem des SGB XII in das Leistungssystem des SGB II zu überführen, selbst wenn dies – wie die Kläger bemängeln – zu schärferen Kontrollen und Sanktionen geführt haben sollte. Nichts anderes folgt aus dem den Art. 30 AEMR wiederholenden Art. 5 Abs. 1 UN-Sozialpakt, wonach keine Bestimmung dieses Paktes dahingehend ausgelegt werden darf, dass sie für einen Staat das Recht begründet, eine Handlung zu begehen, welche auf die Abschaffung oder Beschränkung der in diesem Pakt anerkannten Rechte und Freiheiten hinzielt. Denn ein Recht auf eine bestimmte organisatorische Ausgestaltung der Systeme der sozialen Sicherheit wird dem einzelnen weder durch den UN-Sozialpakt noch durch die AEMR eingeräumt.
3. Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass der Senat nur im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend um das erste derartige von den Klägern angestrengte Verfahren gehandelt hat, von der Möglichkeit der Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG keinen Gebrauch gemacht hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Dr. Wahl zugleich für die urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehinderten Richter Salomo und Voigt
II. Außergerichtliche Kosten werden auch für das Berufungsverfahren nicht erstattet.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren im Wege der Feststellungsklage Klarheit darüber zu erlangen, ob der Beklagte berechtigt gewesen ist, Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu verweigern und auf den Bezug der Hilfe zum Lebensunterhalt ausschließlich nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu verweisen. Sie wollen auf die ihrer Ansicht nach mit dem System des sog. "Hartz IV" einhergehende Menschenrechtsverletzung aufmerksam machen und verbinden damit die Hoffnung, dass eine Vielzahl von Leistungsbeziehern nach dem SGB II eine derartige Klage erhebt und die Öffentlichkeit zur Kenntnis nimmt, dass das SGB II blanker Betrug sei.
Der am.1965 geborene erwerbsfähige Kläger zu 1 bezog seit dem 01.05.2006 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vom Betrieb für Grundsicherung und Arbeitsförderung, Landratsamt M. Auch aktuell steht er im Leistungsbezug nach dem SGB II. Die am.1982 geborene Klägerin zu 2 erhielt als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Kläger zu 1 bis Ende August 2008 ebenfalls Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Im Klageverfahren bezeichnen sich die Kläger als Deutsche Staatsbürger mit unmittelbarer Reichsangehörigkeit.
Am 12.01.2009 beantragte der Kläger zu 1 bei dem Beklagten die Gewährung von Sozialhilfe. Er teilte mit, dass er im laufenden SGB II-Leistungsbezug stehe. Noch am selben Tag wies der Beklagte den Kläger zu 1 schriftlich darauf hin, dass Leistungen nach dem SGB II vorrangig vor Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren seien. Da er noch bis Ende April 2009 SGB II-Leistungen erhalte, sei er gemäß § 21 SGB XII nicht nach dem SGB XII leistungsberechtigt. Dementsprechend lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers zu 1 auf SGB XII-Leistungen mit Bescheid vom 23.02.2009 ab. Den dagegen am 26.03.2009 erhobenen Widerspruch des Klägers zu 1 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2010 zurück. Da der Kläger zu 1 erwerbsfähig sei, habe er gemäß § 21 SGB XII keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Daraufhin hat der Kläger zu 1 zunächst am 14.05.2010 beim Sozialgericht Leipzig (SG) im Wege der Leistungsklage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 12.300,00 EUR nebst Zinsen als ihm seiner Ansicht nach zustehende Sozialhilfe seit dem Jahr 2007 begehrt (S 13 SO 53/10). Diese Klage ist vom Kläger zu 1 mit Schreiben vom 07.06.2011 zurückgenommen worden. Er hat die Rücknahme damit begründet, dass das SG nicht die Bedingungen für ein ordentliches Verfahren erfülle.
Bereits am 21.01.2011 haben die Kläger beim SG die vorliegende Feststellungsklage erhoben. Unter Bezugnahme auf Art. 22 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10.12.1948 (AEMR) haben sie mit verschiedenen Feststellungsanträgen sinngemäß Klarheit darüber begehrt, ob ihnen der Beklagte Leistungen nach dem SGB XII unter Verweis auf den Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vorenthalten dürfe. Insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolgenbelehrungen (im Rahmen des Sanktionsrechts des SGB II) haben die Kläger die Feststellung von deren Rechtswidrigkeit beantragt. Sie haben von vornherein das Fehlen des gesetzlichen Richters am SG gerügt und einen Nachweis über dessen ordentliche Besetzung durch Vorlage eines sog. "Amtsausweises" gefordert.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Feststellungsklage sei bereits unzulässig. Bezogen auf den Feststellungsantrag im Hinblick auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 12.01.2009 ergebe sich dies aus dem Subsidiaritätsgrundsatz. Danach hätte der Kläger zu 1 eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 23.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 erheben müssen, die vorrangig gegenüber der hier gewählten Feststellungsklage zu erheben sei. Die Klägerin zu 2 sei nicht klagebefugt, da sie nicht an dem Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen sei und kein eigenes subjektiv öffentliches Recht geltend mache. Die weiteren Feststellungsanträge seien mangels berechtigten Interesses der Kläger an der Feststellung unzulässig. Der Gerichtsbescheid ist den Klägern jeweils am 28.03.2012 zugestellt worden.
Hiergegen richten sich die Kläger mit ihrer am Montag, dem 30.04.2012 eingelegten Berufung. In dem mit "Nichtigkeitsrüge" überschriebenen Schriftsatz rügen sie erneut das Fehlen des gesetzlichen Richters und den Erlass eines Gerichtsbescheids an Stelle eines ordentlich erstellten Urteils. Die Klägerin zu 2 habe seit dem 02.07.2009 einen Antrag nach SGB XII gestellt, den sie jedoch auf Grund der fehlenden Feststellung über die Rechtswirksamkeit dieses Antrags noch nicht bei dem Beklagten abgegeben habe. Daher sei sie aktivlegitimiert. Auf die Anfrage des Senats vom 12.12.2012 haben die Kläger mit Schriftsatz vom 09.01.2013 klargestellt, dass sie die Durchführung eines Berufungsverfahrens wünschen. Sie sind jedoch der Ansicht, dass dem erkennenden Gericht die Unabhängigkeit und der tatsächliche Bezug zum deutschen Recht fehlten.
Die Kläger haben keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Nichterscheinens der ordnungsgemäß geladenen Kläger verhandeln und entscheiden, da sie mit der Terminbestimmung und Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 Satz 2, § 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist unbegründet.
1. Der mit der Berufung angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht unter Verstoß gegen Verfahrensrecht zustande gekommen.
Der Gerichtsbescheid wurde durch den gesetzlichen Richter erlassen. Die gegenteilige Behauptung der Kläger gründet auf deren Auffassung, im gesamten Bundesgebiet fehle der gesetzliche Richter, weil es keine Bundesrepublik Deutschland, sondern nur eine Bundesrepublik in Deutschland gebe und dort deshalb für deutsche Staatsbürger ein Stillstand der Rechtspflege herrsche. Diese Auffassung ist so offenkundig unzutreffend, dass sie die Kläger – die sich nicht als Bundesbürger, sondern als deutsche Staatsbürger mit unmittelbarer Reichsangehörigkeit ansehen – nicht davon abgehalten hat, mit ihrem Begehren das SG Leipzig als Gericht eines Landes der Bundesrepublik Deutschland anzurufen.
Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Entscheidung der ersten Instanz, durch Gerichtsbescheid zu erkennen, ist nur auf Ermessensfehler zu überprüfen (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 105 RdNr. 25). Im hier zu beurteilenden Fall sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG gegeben – es liegen keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art vor und der Sachverhalt ist geklärt. Ausgehend hiervon hat sich der Kammervorsitzende ermessensfehlerfrei, insbesondere ohne Zugrundelegung sachfremder Erwägungen oder grober Fehleinschätzungen, für den Erlass eines Gerichtsbescheids entschieden.
2. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
a) Die Klage, mit der die Kläger sinngemäß die Feststellung begehren, dass ihnen der Beklagte Leistungen nach dem SGB XII nicht unter Verweis auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vorenthalten darf, ist unzulässig.
Der Zulässigkeit steht der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen. Nach diesem Grundsatz, der auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 02.07.2013 – B 4 AS 74/12 R – juris RdNr. 24), ist die Feststellungsklage nur zulässig, soweit das Begehren nicht mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage sachgerechter verfolgt werden kann. Dies dient der Vermeidung überflüssiger Klagen, da Feststellungsurteile nicht vollstreckbar sind und andere Klagearten in der Regel einen effektiveren Rechtsschutz bewirken (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 55 RdNr. 19). Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten in Fällen, in denen die Feststellungklage einen weitergehenden Rechtsschutz ermöglicht, insbesondere wenn ohne sie eine abschließende Streitbeilegung nicht möglich oder die Erhebung der Leistungsklage unzumutbar ist (Keller a.a.O., § 55 RdNr. 19b).
Ausgehend hiervon ist die im vorliegenden Fall erhobene Feststellungsklage unzulässig. Denn die Kläger können ihr Rechtsschutzziel, Leistungen nach dem SGB XII statt nach dem SGB II zu beziehen, sachgerechter mit einer gegen den zuständigen Sozialhilfeträger gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen. Zu den im Rahmen einer solchen Klage zu klärenden Vorfragen gehört auch die von den Klägern aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis der Leistungen nach dem SGB XII zu denjenigen nach dem SGB II. Neben der Klärung dieser Frage kann mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gleichzeitig die Verurteilung zur Leistungsgewährung erreichten werden. Der durch eine solche Klage gewährleistete Rechtsschutz ist also weitergehender als derjenige, der durch die stattdessen von den Klägern erhobene Feststellungsklage erreicht werden kann.
Die Erhebung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage wäre den Klägern auch zumutbar gewesen. So hätte der Kläger zu 1 nur mit einer solchen Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 23.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.04.2010 vorzugehen brauchen. Eine Umdeutung der von ihm – zusammen mit der Klägerin zu 2, für die keine entsprechende Verwaltungsentscheidung ergangen ist – erhobenen Feststellungsklage in die richtigerweise zu erhebende kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage scheidet aus, da bei Erhebung der Feststellungsklage am 21.01.2011 die Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 (§ 87 Abs. 1 und Abs. 2 SGG) bereits abgelaufen war und die damals sinngemäß gegen diesen Bescheid anhängige Leistungsklage (Az. S 13 SO 53/10) vom Kläger zu 1 später zurückgenommen wurde.
b) Da die Feststellungsklage unzulässig ist, braucht nicht entschieden zu werden, ob sie begründet gewesen wäre. Allerdings weist der Senat erläuternd darauf hin, dass die Feststellungsklage keinen Erfolg gehabt hätte.
§ 21 Satz 1 SGB XII schreibt ausdrücklich vor, dass Personen, die – wie die Kläger – nach dem SGB II als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für die Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten. Diese dem Begehren der Kläger entgegenstehende Vorschrift steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Sie verletzt insbesondere – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht Art. 22 AEMR. Dabei ist zunächst im Auge zu behalten, dass die AEMR keine verbindliche Rechtsquelle des Völkerrechts ist, sondern nur empfehlenden Charakter hat (vgl. Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 31.08.2007 – AN 4 K 07.00590 – juris RdNr. 25). Denn bei der AEMR handelt es sich um eine Resolution die Generalversammlung der Vereinten Nationen; die Generalversammlung gibt aber nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Charta der Vereinten Nationen lediglich Empfehlungen ab, um zur Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beizutragen. Dementsprechend wird die AEMR in ihrer Präambel nur als "das von allen Völkern und Nationen zu erreichende Ideal" bezeichnet. Art. 22 AEMR hat sich auch nicht zu Völkergewohnheitsrecht entwickelt und dadurch Rechtsverbindlichkeit erlangt, sondern lediglich teilweise über den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (UN-Sozialpakt) für die Bundesrepublik Deutschland den Rang eines bindenden internationalen Abkommens erhalten. Art. 22 AEMR formuliert den Programmsatz, dass jeder als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf hat, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind. Dieser Programmsatz wird von Art. 9 UN-Sozialpakt insoweit aufgenommen, als darin die Vertragsstaaten – zu denen auch die Bunderepublik Deutschland gehört – das Recht eines jeden auf soziale Sicherheit einschließlich der Sozialversicherung anerkennen. Weder in Art. 22 AEMR noch in Art. 9 UN-Sozialpakt wird dem einzelnen Staat vorgeschrieben, wie er seine Systeme der sozialen Sicherheit zu organisieren hat. Vielmehr bleibt es danach der Bundesrepublik Deutschland unbenommen, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen aus dem Leistungssystem des SGB XII in das Leistungssystem des SGB II zu überführen, selbst wenn dies – wie die Kläger bemängeln – zu schärferen Kontrollen und Sanktionen geführt haben sollte. Nichts anderes folgt aus dem den Art. 30 AEMR wiederholenden Art. 5 Abs. 1 UN-Sozialpakt, wonach keine Bestimmung dieses Paktes dahingehend ausgelegt werden darf, dass sie für einen Staat das Recht begründet, eine Handlung zu begehen, welche auf die Abschaffung oder Beschränkung der in diesem Pakt anerkannten Rechte und Freiheiten hinzielt. Denn ein Recht auf eine bestimmte organisatorische Ausgestaltung der Systeme der sozialen Sicherheit wird dem einzelnen weder durch den UN-Sozialpakt noch durch die AEMR eingeräumt.
3. Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass der Senat nur im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend um das erste derartige von den Klägern angestrengte Verfahren gehandelt hat, von der Möglichkeit der Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG keinen Gebrauch gemacht hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Dr. Wahl zugleich für die urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehinderten Richter Salomo und Voigt
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved