Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 205/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 418/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für den Besuch einer privaten Bildungseinrichtung für behinderte Menschen in C in Niedersachsen.
Die am 00.00.2003 geborene Klägerin leidet unter dem "Pallister-Killian-Syndrom", einer chromosomalen Störung, die sich in körperlichen Fehlbildungen, ausgeprägter Muskelschwäche und einer geistigen Behinderung äußert. Seit dem 01.08.2008 hat die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten des Vereins für heilpädagogische Hilfe C1 e.V. in C besucht. Die Kosten wurden von der Beklagten getragen. Mit Bescheid vom 25.03.2009 stellte das Schulamt für den Kreis H für die Klägerin einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung fest und stellte die Klägerin für das Schuljahr 2009/2010 vom Schulbesuch zurück. Nächstgelegene Schule mit entsprechendem Förderschwerpunkt sei die N-Schule in H.
Mit Schreiben vom 17.11.2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die Beschulung der Klägerin in der "T-Schule" in C in Niedersachsen. Bei dieser Einrichtung handelt es sich um eine Tagesbildungsstätte. Geographisch ist sie näher zum Wohnort der Klägerin gelegen als die Schule in H (Die Schule in C ist ausweislich google-maps 13 km vom Wohnsitz entfernt. Die Schule in H 27 km). Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Es gelte der Grundsatz, dass im Land NRW alle Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den jeweiligen Gebieten innerhalb der eigenen Landesgrenzen auch angemessen und unentgeltlich beschult werden können. Gemäß § 92 SchulG NRW trage die Schulbehörde auch bei Kindern mit Behinderung von den Schulkosten alle Sachkosten und die übrigen Personalkosten. Die Beurteilung, an welcher Schule ein Schüler angemessen beschult werden könne, obliege in erster Linie dem zuständigen Schulamt. Das Schulamt habe die N-Schule in H benannt. Gegen den Bescheid des Beklagten erhob die Klägerin Widerspruch. Die Schule in H sei im Hinblick auf die im Einzelnen näher dargelegten Leiden der Klägerin nicht geeignet. Die schulärztliche Stellungnahme vom 27.05.2010 habe sich für eine ortsnahe Beschulung ausgesprochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestehe in NRW ein differenziertes Sonder- und Förderschulwesen. Die Beschulung eines jeden Schülers könne daher aus Landesmitteln erfolgen. Das Schulamt habe mit Bescheid vom 25.03.2009 einen Förderbedarf mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung festgestellt und als geeignete Schule die N-Schule in H benannt.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Gewährung der beantragten Eingliederungshilfe. Das Schulamt habe lediglich die N-Schule als nächstgelegene Schule in NRW benannt. Aus dem Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises H vom 27.05.2010 ergebe sich, dass aus kinderärztlicher, amtsärztlicher Sicht eine angemessene Beschulung der Klägerin in der N-Schule in H nicht möglich sei. Geeignet sei hingegen die T-Schule in C. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW könne nicht geschlossen werden, dass die Klägerin ihre Schulpflicht durch den Besuch der T-Schule nicht erfüllen könne. Da diese Schule durch das niedersächsische Schulgesetz quasi einer Schule gleichgestellt werde, müsse es nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 34 SchulG NRW analog ebenfalls als deutsche Schule gelten. Darüber hinaus lasse § 34 Abs. 5 S.2 SchulG NRW eine Ausnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu. Ein solcher wichtiger Grund bestehe, da eine Förderung der Klägerin an der N-Schule in H auf Grund der Entfernung und der bereits vorgetragenen Umstände nicht adäquat möglich sei. Die Alternative wäre, dass die Schulpflicht der Klägerin ruhen würde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verbleibe bei der Auffassung des Beklagten, dass der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Besuch der Tagesbildungsstätte "T-Schule" in C auch entgegen der vorläufigen Ansicht des LSG NRW in seinem Beschluss vom 06.09.2010 zum Aktenzeichen L 20 SO 450/10 nicht zustehe. Das zuständige Schulamt habe mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 die N-Schule in H als nächstgelegene Förderschule bestimmt und diese damit implizit auch für eine angemessene Beschulung der Klägerin als geeignet befunden. Die Eignung der Schule habe das Schulamt noch einmal mit seinem Schriftsatz vom 30.08.2010 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bekräftigt. Eine Nachfrage beim Leiter der N-Schule habe ergeben, dass dort eine Reihe von Kindern und Jugendlichen mit Autismus bzw. autistischen Zügen angemessen beschult würden. Man habe keinen eigenen ausgebildeten Autismus-Therapeuten, arbeite aber mit dem Westfälischen Institut für Entwicklungsförderung in C und dem Autismus-Therapie-Zentrum in H zusammen. Die Therapeuten arbeiteten mit den Schülern in der Regel in den Räumlichkeiten der Schule. Einige Therapeuten nutzten auch die eigenen Räumlichkeiten im N1. Sie würden dorthin gebracht und auch wieder abgeholt bzw. im Nachmittagsbereich anschließend direkt nach Hause gebracht. Im Übrigen genüge die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in C nicht ihrer Schulpflicht aus § 34 Abs. 5 S.1 SchulG NRW, wie sich aus einer Nachfrage beim nordrhein-westfälischen Ministerium für Schule und Weiterbildung ergeben habe. Deshalb sei die Einrichtung nicht geeignet im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglHVO. In NRW Schulpflichtige könnten die Schulpflicht nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Für Förderschüler lege zudem § 20 Abs. 1 SchulG NRW die Orte der sonderpädagogischen Förderung abschließend fest (Allgemeine Schule, Förderschule, Förderklasse am allgemeinen Berufskolleg oder Schule für Kranke. Es handle sich somit im engeren Sinne um einen Schulpflichtverstoß. Es könne auch nicht argumentiert werden, dass die Kinder nach niedersächsischen Vorschriften durch den Besuch der Tagesbildungsstätte dort ihre Schulpflicht erfüllen könnten, weil das niedersächsische Landesrecht dies so ermögliche. Denn in diesem Fall würde man zur Beantwortung der Frage, ob die Kinder ihre Schulpflicht erfüllen quasi eine Anleihe bei den niedersächsischen schulrechtlichen Vorschriften nehmen, also ins niedersächsische Schulrecht "hinübergreifen". Da die Kinder aber ihren Wohnsitz in NRW haben und unstreitig nordrhein-westfälische Vorschriften Anwendung fänden, richte sich die Erfüllung der Schulpflicht ausschließlich nach § 34 Abs. 5 S.1 SchulG NRW. Dort werde eine Tagesbildungsstätte nicht genannt. Die Tagesbildungsstätte sei vielmehr eine niedersächsische Besonderheit.
Mit Beschluss vom 06.09.2010 hat das LSG NRW den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten, die der Klägerin für den Besuch der T-Schule in C im Schuljahr 2010/2011 entstehen, zu übernehmen.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen auf die Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist nicht im Sinne von § 54 Absatz 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2010 ist rechtmäßig und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGB XII für den Besuch der "T-Schule" in C liegt nicht vor. Personen, die durch eine Behinderung ( ...) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind ( ...) erhalten gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Leistungen der Eingliederungshilfe sind ( ...) gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt. Grundsätzlich käme die Übernahme der Kosten für eine teilstationäre Unterbringung an einer bestimmten Schule als Eingliederungshilfe zwar in Betracht. Das setzt jedoch voraus, dass der Besuch genau dieser Schule angemessen ist. Das scheitert hier bereits daran, dass die Klägerin ihre Schulpflicht zum Besuch einer Grundschule nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht in einer privaten Tagesbildungsstätte in Niedersachsen erfüllen kann und es demgegenüber mindestens eine geeignete Schule in NRW gibt.
Das örtlich zuständige Schulamt hat in seinem Bescheid vom 25.03.2009 die Form der Beschulung festgelegt und darin die N-Schule in H als geeignete, nächste gelegene Schule benannt. Die Nennung der N-Schule im Bescheid des Schulamtes ist zwar nicht dergestalt bindend, dass die Klägerin zum Besuch genau dieser Schule verpflichtet wäre. Gleichwohl wird durch den Bescheid festgestellt, dass es abstrakt (mindestens) eine geeignete Schule in NRW für die Klägerin gibt. Andernfalls würde man dem Schulamt unterstellen, es benenne Schulen willkürlich oder ohne sachliche Prüfung. Das Schulamt ist jedoch an Recht und Gesetz gebunden. Wäre die N-Schule schon abstrakt nicht geeignet, dürfte sie im Schulbescheid nicht genannt werden. Die N-Schule wäre nur dann ungeeignet, wenn die Schule über die aus schulischer Sicht bejahte abstrakte Eignung hinaus für die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen schlichtweg ungeeignet, nämlich aufgrund der räumlichen Entfernung unerreichbar wäre. Das ist hier nicht der Fall. Dass die Schule in C für die Eltern etwas schneller zu erreichen ist als die Schule in H, ist ohne Bedeutung. Die Schule in C ist 13 km vom Wohnsitz entfernt. Die Schule in H 27 km (vgl. google-maps). Die Schule in H ist damit nur unwesentlich weiter vom Wohnsitz der Klägerin entfernt als die Schule in C, wenn man sich vor Augen führt, dass die Klägerin ohnehin mit einem Kraftfahrzeug dorthin befördert werden muss und es insoweit auch einen Fahrdienst gibt. Dass sich aufgrund der Art der Behinderung der Klägerin insbesondere lebensbedrohliche oder gehäuft akut behandlungsbedürftige Situationen für die Klägerin ergeben könnten, in denen die Eltern zumindest psychologisch begleitend sofort anwesend sein müssten, ist zur Überzeugung der Kammer aufgrund des Krankheitsbildes insbesondere unter Würdigung des Gutachtens der Schulärztin Frau Dr. T1 vom 23.02.2009 nicht ersichtlich, wie es bei anderen Erkrankungen, beispielsweise häufigen Zuckerstoffwechselentgleisungen oder häufigen epileptischen Anfällen mit Grand-mal-Situationen der Fall sei kann. Solche Situationen sind hier nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus den umfangreichen Untersuchungen und Besprechungen, die im Rahmen des förmlichen "Verfahrens gemäß der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke" seitens des Schulamtes durchgeführt und in der beigezogenen Akte des Schulamts dokumentiert sind. Insbesondere aus dem amtsärztlichen Gutachten der Schulärztin Frau Dr. T1 ergibt sich, dass die Zurückstellung vom Unterricht für ein Jahr ihren Grund darin hatte, dass die Klägerin in ihrer Entwicklung aufgrund der vielen, umfangreichen medizinischen Eingriffe, denen sie sich in ihrem ganz jungen Alter schon stellen musste anstatt regelmäßig den Kindergarten besuchen zu können, zurückgeblieben war, so dass es konsequent war, ihr nach den überstandenen Operationen erst einmal Zeit zu geben, sich körperlich und geistig zu entwickeln. Wörtlich heißt es im Gutachten vom 23.02.2009: "Zur Zeit besucht sie den Kindergarten für 4 Stunden vormittags, ein längerer Besuch ist kräftemäßig noch nicht möglich. Eine Beschulung im Ganztagsbetrieb ist daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorstellbar. Durch ein weiteres Jahr im Kindergarten kann sich die Belastbarkeit des Kindes weiter steigern, so dass 2010 ein Schulbesuch im Sinne einer adäquaten Beschulung möglich wird." Ferner zeigt die Tatsache, dass die Klägerin seit einem Jahr nun die Tageseinrichtung als "Schule" besucht, dass sie sich in der prognostizierten Art auch tatsächlich entwickelt hat. Und im Hinblick auf die autistische Krankheitskomponente bietet auch die N-Schule ein Therapieangebot vor Ort durch die Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Institut für Entwicklungsförderung und das Autismus-Therapie-Zentrum H an.
Demgegenüber ist die Tagesbildungsstätte des Vereins für heilpädagogische Hilfe in C1 e.V., die unter dem Namen "T-Schule" auftritt, keine Einrichtung, in der nach nordrhein-westfälischem Schulrecht die Schulpflicht erfüllt werden kann. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten, die bereits im Tatbestand dargestellt wurden, Bezug genommen. Das nordrhein-westfälische Schulrecht kennt in der einschlägigen Vorschrift des § 34 SchulG NRW keine Tagesbildungsstätte. Diese kann auch nicht im Wege der Auslegung unter den Begriff der Schule oder Ersatzschule subsumiert werden. Dagegen spricht schon der qualifizierte Vorbehalt der staatlichen Grundschulen. Schulpflichtig (nach nordrhein-westfälischem Recht) ist gemäß § 34 Abs. 1 SchulG NRW, wer in NRW seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat. Die Schulpflicht ist gemäß § 34 Abs. 5 SchulG NRW grundsätzlich durch den Besuch einer deutschen Schule zu erfüllen. Eine Ausnahme ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, insbesondere dann, wenn die Schülerin oder der Schüler sich nur vorübergehend in Deutschland aufhält oder eine ausländische oder internationale Ergänzungsschule besucht, deren Eignung zur Erfüllung der Schulpflicht das Ministerium nach § 118 Abs. 3 SchulG NRW festgestellt hat. Die Schulpflicht beginnt gemäß § 35 Abs. 1 SchulG NRW für Kinder, die bis zum 31. Dezember das sechste Lebensjahr vollenden, am 01. August desselben Kalenderjahres. Schulpflichtige Kinder können gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 SchulG NRW aus erheblichen gesundheitlichen Gründen für ein Jahr von der Schulpflicht zurückgestellt werden. Ferner ruht gemäß § 40 Abs. 2 SchulG NRW die Schulpflicht für Kinder und Jugendliche, die auch in einer Förderschule nach Ausschöpfen aller Fördermöglichkeiten nicht gefördert werden können. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass Kinder im Grundschulalter grundsätzlich verpflichtet sind, eine Schule zu besuchen. Gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 SchulG NRW wird die schulische Bildung durch öffentliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft wahrgenommen. Schulen in freier Trägerschaft ergänzen und bereichern gemäß § 100 Abs. 1 S. 2 SchulG NRW im Rahmen des Art. 7 Abs. 4 und 5 des Grundgesetzes und des Artikels 8 Abs. 4 der Landesverfassung das öffentliche Schulwesen. Schulen in freier Trägerschaft sind Ersatzschulen, wenn sie in ihren Bildungs- und Erziehungszielen im Wesentlichen Bildungsgängen und Abschlüssen entsprechen, die nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes vorhanden oder vorgesehen sind. Eine private Volksschule ist gemäß Art. 7 Abs. 5 Grundgesetz nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkannt, oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigen, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in dieser Gemeinde nicht besteht. In jedem Fall ist die Grundschule Volksschule im Sinne des Art. 7 Abs. 5 GG (dazu Maunz-Dürig-Herzog - Badura, zu Art. 7 GG, Rdnr 122). Eine Anerkennung einer privaten Volksschule kommt nur in Betracht, wenn das pädagogische Interesse an der privaten Grundschule überwiegt (Badura, zu Art. 7 GG, Rdnr. 123). Der Antragsteller muss das von ihm entwickelte Konzept auf das konkrete Vorhaben bezogen so substantiiert darlegen, dass der Unterrichtsverwaltung ein Vergleich mit bestehenden pädagogischen Konzepten und eine prognostische Beurteilung seiner Erfolgschancen möglich ist (Badura, a.a.O. Rdnr. 123). Wegen des grundsätzlichen Vorrangs der öffentlichen Grundschule darf dem Begriff des "besonderen" pädagogischen Interesses kein Verständnis zugrunde gelegt werden, das eine flächendeckende Zulassung von privaten Grundschulen mit Alternativkonzept erlaubt (Badura, a.a.O., Rdnr. 124). Private Volksschulen sind nach ihrem Bildungsauftrag und ihren Lehrzielen Ersatzschulen und werden vom Genehmigungsvorbehalt des Art. 7 Abs. 4 S. 2 - 4 GG erfasst. Ihre Zulassung ist im Hinblick auf die maßgebliche Rolle der Volksschule im schulischen Erziehungssystem von zusätzlichen Genehmigungsvoraussetzungen (Art. 7 Abs. 5 GG) abhängig. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass es nach der staatsstrukturrechtlichen Wertsetzung des Grundgesetzes regelmäßig keine privaten Grundschulen geben darf, während weiterführende Schulen in privater Trägerschaft bei Einhaltung der näher formulierten schulrechtlichen Standards weitgehend möglich sind. Offensichtlich hat der Verein für heilpädagogische Hilfe in C1 e.V. für seine Einrichtung nicht den Status einer privaten Grundschule erlangt bzw. angestrebt, den zu erlangen im Hinblick auf die eben dargestellte Rechtslage jedenfalls sehr schwierig und aufwändig wäre. Wenn das niedersächsische Schulrecht durch die Schaffung der Begrifflichkeit des "Tagesbildungsstätte" neben der Schule und der Ersatzschule sich gleichsam eine experimentelle Öffnungsklausel geschaffen hat, über deren Rechtmäßigkeit die hiesige Kammer nicht näher zu befinden hat, so strahlt dies nicht in die Schulgesetze der anderen Bundesländer aus. Gerade die Kultushoheit ist ein wesentlicher Ausdrucksbereich der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten der verschiedenen Bundesländer, dessen Sinn sicherlich immer wieder ebenso in die öffentliche Diskussion gerät, wie beispielsweise in Frankreich die gegenteilige Frage, ob alles zentralistisch geregelt werden müsse. Jedenfalls ist die Kultushoheit der Bundesländer geltende Rechtslage und die Bundesländer sind Ausdruck des Föderalismus in der Bundesrepublik. Wenn die Klägerin sich den Anwendungsbereich des niedersächsischen Schulrechts eröffnen will, muss sie sich letztlich in den räumlichen und sachlichen Geltungsbereich der niedersächsischen Landesgesetze begeben. Selbst wenn die in NRW wohnende Klägerin den Besuch der Tagesbildungsstätte in C selbst finanzieren würde, wäre der Besuch jedenfalls nach nordrhein-westfälischem Recht ein Verstoß gegen die Pflicht zum Besuch einer staatlichen Grundschule. Deshalb können für den Besuch dieser Einrichtung auch nicht die Kosten im Wege der Eingliederungshilfe übernommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht Detmold, Richthofenstraße 3, 32756 Detmold, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Detmold schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für den Besuch einer privaten Bildungseinrichtung für behinderte Menschen in C in Niedersachsen.
Die am 00.00.2003 geborene Klägerin leidet unter dem "Pallister-Killian-Syndrom", einer chromosomalen Störung, die sich in körperlichen Fehlbildungen, ausgeprägter Muskelschwäche und einer geistigen Behinderung äußert. Seit dem 01.08.2008 hat die Klägerin den heilpädagogischen Kindergarten des Vereins für heilpädagogische Hilfe C1 e.V. in C besucht. Die Kosten wurden von der Beklagten getragen. Mit Bescheid vom 25.03.2009 stellte das Schulamt für den Kreis H für die Klägerin einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung fest und stellte die Klägerin für das Schuljahr 2009/2010 vom Schulbesuch zurück. Nächstgelegene Schule mit entsprechendem Förderschwerpunkt sei die N-Schule in H.
Mit Schreiben vom 17.11.2009 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die Beschulung der Klägerin in der "T-Schule" in C in Niedersachsen. Bei dieser Einrichtung handelt es sich um eine Tagesbildungsstätte. Geographisch ist sie näher zum Wohnort der Klägerin gelegen als die Schule in H (Die Schule in C ist ausweislich google-maps 13 km vom Wohnsitz entfernt. Die Schule in H 27 km). Mit Bescheid vom 01.04.2010 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Es gelte der Grundsatz, dass im Land NRW alle Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den jeweiligen Gebieten innerhalb der eigenen Landesgrenzen auch angemessen und unentgeltlich beschult werden können. Gemäß § 92 SchulG NRW trage die Schulbehörde auch bei Kindern mit Behinderung von den Schulkosten alle Sachkosten und die übrigen Personalkosten. Die Beurteilung, an welcher Schule ein Schüler angemessen beschult werden könne, obliege in erster Linie dem zuständigen Schulamt. Das Schulamt habe die N-Schule in H benannt. Gegen den Bescheid des Beklagten erhob die Klägerin Widerspruch. Die Schule in H sei im Hinblick auf die im Einzelnen näher dargelegten Leiden der Klägerin nicht geeignet. Die schulärztliche Stellungnahme vom 27.05.2010 habe sich für eine ortsnahe Beschulung ausgesprochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestehe in NRW ein differenziertes Sonder- und Förderschulwesen. Die Beschulung eines jeden Schülers könne daher aus Landesmitteln erfolgen. Das Schulamt habe mit Bescheid vom 25.03.2009 einen Förderbedarf mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung festgestellt und als geeignete Schule die N-Schule in H benannt.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Gewährung der beantragten Eingliederungshilfe. Das Schulamt habe lediglich die N-Schule als nächstgelegene Schule in NRW benannt. Aus dem Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises H vom 27.05.2010 ergebe sich, dass aus kinderärztlicher, amtsärztlicher Sicht eine angemessene Beschulung der Klägerin in der N-Schule in H nicht möglich sei. Geeignet sei hingegen die T-Schule in C. Allein aus der Formulierung in § 34 Abs. 5 SchulG NRW könne nicht geschlossen werden, dass die Klägerin ihre Schulpflicht durch den Besuch der T-Schule nicht erfüllen könne. Da diese Schule durch das niedersächsische Schulgesetz quasi einer Schule gleichgestellt werde, müsse es nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 34 SchulG NRW analog ebenfalls als deutsche Schule gelten. Darüber hinaus lasse § 34 Abs. 5 S.2 SchulG NRW eine Ausnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu. Ein solcher wichtiger Grund bestehe, da eine Förderung der Klägerin an der N-Schule in H auf Grund der Entfernung und der bereits vorgetragenen Umstände nicht adäquat möglich sei. Die Alternative wäre, dass die Schulpflicht der Klägerin ruhen würde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2010 zu verpflichten, die Kosten des Besuchs der T-Schule in C durch die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2010 zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verbleibe bei der Auffassung des Beklagten, dass der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Besuch der Tagesbildungsstätte "T-Schule" in C auch entgegen der vorläufigen Ansicht des LSG NRW in seinem Beschluss vom 06.09.2010 zum Aktenzeichen L 20 SO 450/10 nicht zustehe. Das zuständige Schulamt habe mit seinem Bescheid vom 25.03.2009 die N-Schule in H als nächstgelegene Förderschule bestimmt und diese damit implizit auch für eine angemessene Beschulung der Klägerin als geeignet befunden. Die Eignung der Schule habe das Schulamt noch einmal mit seinem Schriftsatz vom 30.08.2010 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bekräftigt. Eine Nachfrage beim Leiter der N-Schule habe ergeben, dass dort eine Reihe von Kindern und Jugendlichen mit Autismus bzw. autistischen Zügen angemessen beschult würden. Man habe keinen eigenen ausgebildeten Autismus-Therapeuten, arbeite aber mit dem Westfälischen Institut für Entwicklungsförderung in C und dem Autismus-Therapie-Zentrum in H zusammen. Die Therapeuten arbeiteten mit den Schülern in der Regel in den Räumlichkeiten der Schule. Einige Therapeuten nutzten auch die eigenen Räumlichkeiten im N1. Sie würden dorthin gebracht und auch wieder abgeholt bzw. im Nachmittagsbereich anschließend direkt nach Hause gebracht. Im Übrigen genüge die Klägerin durch den Besuch der Tagesbildungsstätte in C nicht ihrer Schulpflicht aus § 34 Abs. 5 S.1 SchulG NRW, wie sich aus einer Nachfrage beim nordrhein-westfälischen Ministerium für Schule und Weiterbildung ergeben habe. Deshalb sei die Einrichtung nicht geeignet im Sinne des § 12 Nr. 2 EinglHVO. In NRW Schulpflichtige könnten die Schulpflicht nur an öffentlichen Schulen, Ersatzschulen oder an nach § 118 Abs. 2 SchulG anerkannten Ergänzungsschulen erfüllen. Für Förderschüler lege zudem § 20 Abs. 1 SchulG NRW die Orte der sonderpädagogischen Förderung abschließend fest (Allgemeine Schule, Förderschule, Förderklasse am allgemeinen Berufskolleg oder Schule für Kranke. Es handle sich somit im engeren Sinne um einen Schulpflichtverstoß. Es könne auch nicht argumentiert werden, dass die Kinder nach niedersächsischen Vorschriften durch den Besuch der Tagesbildungsstätte dort ihre Schulpflicht erfüllen könnten, weil das niedersächsische Landesrecht dies so ermögliche. Denn in diesem Fall würde man zur Beantwortung der Frage, ob die Kinder ihre Schulpflicht erfüllen quasi eine Anleihe bei den niedersächsischen schulrechtlichen Vorschriften nehmen, also ins niedersächsische Schulrecht "hinübergreifen". Da die Kinder aber ihren Wohnsitz in NRW haben und unstreitig nordrhein-westfälische Vorschriften Anwendung fänden, richte sich die Erfüllung der Schulpflicht ausschließlich nach § 34 Abs. 5 S.1 SchulG NRW. Dort werde eine Tagesbildungsstätte nicht genannt. Die Tagesbildungsstätte sei vielmehr eine niedersächsische Besonderheit.
Mit Beschluss vom 06.09.2010 hat das LSG NRW den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten, die der Klägerin für den Besuch der T-Schule in C im Schuljahr 2010/2011 entstehen, zu übernehmen.
Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen auf die Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist nicht im Sinne von § 54 Absatz 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2010 ist rechtmäßig und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 S.1 Nr. 1 SGB XII für den Besuch der "T-Schule" in C liegt nicht vor. Personen, die durch eine Behinderung ( ...) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind ( ...) erhalten gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Leistungen der Eingliederungshilfe sind ( ...) gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt. Grundsätzlich käme die Übernahme der Kosten für eine teilstationäre Unterbringung an einer bestimmten Schule als Eingliederungshilfe zwar in Betracht. Das setzt jedoch voraus, dass der Besuch genau dieser Schule angemessen ist. Das scheitert hier bereits daran, dass die Klägerin ihre Schulpflicht zum Besuch einer Grundschule nach nordrhein-westfälischem Schulrecht nicht in einer privaten Tagesbildungsstätte in Niedersachsen erfüllen kann und es demgegenüber mindestens eine geeignete Schule in NRW gibt.
Das örtlich zuständige Schulamt hat in seinem Bescheid vom 25.03.2009 die Form der Beschulung festgelegt und darin die N-Schule in H als geeignete, nächste gelegene Schule benannt. Die Nennung der N-Schule im Bescheid des Schulamtes ist zwar nicht dergestalt bindend, dass die Klägerin zum Besuch genau dieser Schule verpflichtet wäre. Gleichwohl wird durch den Bescheid festgestellt, dass es abstrakt (mindestens) eine geeignete Schule in NRW für die Klägerin gibt. Andernfalls würde man dem Schulamt unterstellen, es benenne Schulen willkürlich oder ohne sachliche Prüfung. Das Schulamt ist jedoch an Recht und Gesetz gebunden. Wäre die N-Schule schon abstrakt nicht geeignet, dürfte sie im Schulbescheid nicht genannt werden. Die N-Schule wäre nur dann ungeeignet, wenn die Schule über die aus schulischer Sicht bejahte abstrakte Eignung hinaus für die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen schlichtweg ungeeignet, nämlich aufgrund der räumlichen Entfernung unerreichbar wäre. Das ist hier nicht der Fall. Dass die Schule in C für die Eltern etwas schneller zu erreichen ist als die Schule in H, ist ohne Bedeutung. Die Schule in C ist 13 km vom Wohnsitz entfernt. Die Schule in H 27 km (vgl. google-maps). Die Schule in H ist damit nur unwesentlich weiter vom Wohnsitz der Klägerin entfernt als die Schule in C, wenn man sich vor Augen führt, dass die Klägerin ohnehin mit einem Kraftfahrzeug dorthin befördert werden muss und es insoweit auch einen Fahrdienst gibt. Dass sich aufgrund der Art der Behinderung der Klägerin insbesondere lebensbedrohliche oder gehäuft akut behandlungsbedürftige Situationen für die Klägerin ergeben könnten, in denen die Eltern zumindest psychologisch begleitend sofort anwesend sein müssten, ist zur Überzeugung der Kammer aufgrund des Krankheitsbildes insbesondere unter Würdigung des Gutachtens der Schulärztin Frau Dr. T1 vom 23.02.2009 nicht ersichtlich, wie es bei anderen Erkrankungen, beispielsweise häufigen Zuckerstoffwechselentgleisungen oder häufigen epileptischen Anfällen mit Grand-mal-Situationen der Fall sei kann. Solche Situationen sind hier nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus den umfangreichen Untersuchungen und Besprechungen, die im Rahmen des förmlichen "Verfahrens gemäß der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke" seitens des Schulamtes durchgeführt und in der beigezogenen Akte des Schulamts dokumentiert sind. Insbesondere aus dem amtsärztlichen Gutachten der Schulärztin Frau Dr. T1 ergibt sich, dass die Zurückstellung vom Unterricht für ein Jahr ihren Grund darin hatte, dass die Klägerin in ihrer Entwicklung aufgrund der vielen, umfangreichen medizinischen Eingriffe, denen sie sich in ihrem ganz jungen Alter schon stellen musste anstatt regelmäßig den Kindergarten besuchen zu können, zurückgeblieben war, so dass es konsequent war, ihr nach den überstandenen Operationen erst einmal Zeit zu geben, sich körperlich und geistig zu entwickeln. Wörtlich heißt es im Gutachten vom 23.02.2009: "Zur Zeit besucht sie den Kindergarten für 4 Stunden vormittags, ein längerer Besuch ist kräftemäßig noch nicht möglich. Eine Beschulung im Ganztagsbetrieb ist daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorstellbar. Durch ein weiteres Jahr im Kindergarten kann sich die Belastbarkeit des Kindes weiter steigern, so dass 2010 ein Schulbesuch im Sinne einer adäquaten Beschulung möglich wird." Ferner zeigt die Tatsache, dass die Klägerin seit einem Jahr nun die Tageseinrichtung als "Schule" besucht, dass sie sich in der prognostizierten Art auch tatsächlich entwickelt hat. Und im Hinblick auf die autistische Krankheitskomponente bietet auch die N-Schule ein Therapieangebot vor Ort durch die Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Institut für Entwicklungsförderung und das Autismus-Therapie-Zentrum H an.
Demgegenüber ist die Tagesbildungsstätte des Vereins für heilpädagogische Hilfe in C1 e.V., die unter dem Namen "T-Schule" auftritt, keine Einrichtung, in der nach nordrhein-westfälischem Schulrecht die Schulpflicht erfüllt werden kann. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten, die bereits im Tatbestand dargestellt wurden, Bezug genommen. Das nordrhein-westfälische Schulrecht kennt in der einschlägigen Vorschrift des § 34 SchulG NRW keine Tagesbildungsstätte. Diese kann auch nicht im Wege der Auslegung unter den Begriff der Schule oder Ersatzschule subsumiert werden. Dagegen spricht schon der qualifizierte Vorbehalt der staatlichen Grundschulen. Schulpflichtig (nach nordrhein-westfälischem Recht) ist gemäß § 34 Abs. 1 SchulG NRW, wer in NRW seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat. Die Schulpflicht ist gemäß § 34 Abs. 5 SchulG NRW grundsätzlich durch den Besuch einer deutschen Schule zu erfüllen. Eine Ausnahme ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, insbesondere dann, wenn die Schülerin oder der Schüler sich nur vorübergehend in Deutschland aufhält oder eine ausländische oder internationale Ergänzungsschule besucht, deren Eignung zur Erfüllung der Schulpflicht das Ministerium nach § 118 Abs. 3 SchulG NRW festgestellt hat. Die Schulpflicht beginnt gemäß § 35 Abs. 1 SchulG NRW für Kinder, die bis zum 31. Dezember das sechste Lebensjahr vollenden, am 01. August desselben Kalenderjahres. Schulpflichtige Kinder können gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 SchulG NRW aus erheblichen gesundheitlichen Gründen für ein Jahr von der Schulpflicht zurückgestellt werden. Ferner ruht gemäß § 40 Abs. 2 SchulG NRW die Schulpflicht für Kinder und Jugendliche, die auch in einer Förderschule nach Ausschöpfen aller Fördermöglichkeiten nicht gefördert werden können. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass Kinder im Grundschulalter grundsätzlich verpflichtet sind, eine Schule zu besuchen. Gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 SchulG NRW wird die schulische Bildung durch öffentliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft wahrgenommen. Schulen in freier Trägerschaft ergänzen und bereichern gemäß § 100 Abs. 1 S. 2 SchulG NRW im Rahmen des Art. 7 Abs. 4 und 5 des Grundgesetzes und des Artikels 8 Abs. 4 der Landesverfassung das öffentliche Schulwesen. Schulen in freier Trägerschaft sind Ersatzschulen, wenn sie in ihren Bildungs- und Erziehungszielen im Wesentlichen Bildungsgängen und Abschlüssen entsprechen, die nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes vorhanden oder vorgesehen sind. Eine private Volksschule ist gemäß Art. 7 Abs. 5 Grundgesetz nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkannt, oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigen, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in dieser Gemeinde nicht besteht. In jedem Fall ist die Grundschule Volksschule im Sinne des Art. 7 Abs. 5 GG (dazu Maunz-Dürig-Herzog - Badura, zu Art. 7 GG, Rdnr 122). Eine Anerkennung einer privaten Volksschule kommt nur in Betracht, wenn das pädagogische Interesse an der privaten Grundschule überwiegt (Badura, zu Art. 7 GG, Rdnr. 123). Der Antragsteller muss das von ihm entwickelte Konzept auf das konkrete Vorhaben bezogen so substantiiert darlegen, dass der Unterrichtsverwaltung ein Vergleich mit bestehenden pädagogischen Konzepten und eine prognostische Beurteilung seiner Erfolgschancen möglich ist (Badura, a.a.O. Rdnr. 123). Wegen des grundsätzlichen Vorrangs der öffentlichen Grundschule darf dem Begriff des "besonderen" pädagogischen Interesses kein Verständnis zugrunde gelegt werden, das eine flächendeckende Zulassung von privaten Grundschulen mit Alternativkonzept erlaubt (Badura, a.a.O., Rdnr. 124). Private Volksschulen sind nach ihrem Bildungsauftrag und ihren Lehrzielen Ersatzschulen und werden vom Genehmigungsvorbehalt des Art. 7 Abs. 4 S. 2 - 4 GG erfasst. Ihre Zulassung ist im Hinblick auf die maßgebliche Rolle der Volksschule im schulischen Erziehungssystem von zusätzlichen Genehmigungsvoraussetzungen (Art. 7 Abs. 5 GG) abhängig. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass es nach der staatsstrukturrechtlichen Wertsetzung des Grundgesetzes regelmäßig keine privaten Grundschulen geben darf, während weiterführende Schulen in privater Trägerschaft bei Einhaltung der näher formulierten schulrechtlichen Standards weitgehend möglich sind. Offensichtlich hat der Verein für heilpädagogische Hilfe in C1 e.V. für seine Einrichtung nicht den Status einer privaten Grundschule erlangt bzw. angestrebt, den zu erlangen im Hinblick auf die eben dargestellte Rechtslage jedenfalls sehr schwierig und aufwändig wäre. Wenn das niedersächsische Schulrecht durch die Schaffung der Begrifflichkeit des "Tagesbildungsstätte" neben der Schule und der Ersatzschule sich gleichsam eine experimentelle Öffnungsklausel geschaffen hat, über deren Rechtmäßigkeit die hiesige Kammer nicht näher zu befinden hat, so strahlt dies nicht in die Schulgesetze der anderen Bundesländer aus. Gerade die Kultushoheit ist ein wesentlicher Ausdrucksbereich der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten der verschiedenen Bundesländer, dessen Sinn sicherlich immer wieder ebenso in die öffentliche Diskussion gerät, wie beispielsweise in Frankreich die gegenteilige Frage, ob alles zentralistisch geregelt werden müsse. Jedenfalls ist die Kultushoheit der Bundesländer geltende Rechtslage und die Bundesländer sind Ausdruck des Föderalismus in der Bundesrepublik. Wenn die Klägerin sich den Anwendungsbereich des niedersächsischen Schulrechts eröffnen will, muss sie sich letztlich in den räumlichen und sachlichen Geltungsbereich der niedersächsischen Landesgesetze begeben. Selbst wenn die in NRW wohnende Klägerin den Besuch der Tagesbildungsstätte in C selbst finanzieren würde, wäre der Besuch jedenfalls nach nordrhein-westfälischem Recht ein Verstoß gegen die Pflicht zum Besuch einer staatlichen Grundschule. Deshalb können für den Besuch dieser Einrichtung auch nicht die Kosten im Wege der Eingliederungshilfe übernommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht Detmold, Richthofenstraße 3, 32756 Detmold, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Detmold schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
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