Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 2246/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 26/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. November 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt ihre Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen
Die am 15.03.1971 geborene Klägerin ist als Gymnasiallehrerin tätig. Bei ihr wurde mit Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 27.05.2008 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 ab dem 08.08.2007 wegen einer "Totalendoprothese des rechten oberen Sprunggelenks" festgestellt.
Nachdem die Klägerin bereits am 09.06.2008 erstmals - erfolglos - die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen beantragt hatte (ablehnender Bescheid vom 25.09.2008, Widerspruchsbescheid vom 03.03.2009) und ein anschließendes Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG - S 3 AL 1217/09 -) im Wege einer Klagerücknahme endete, beantragte sie am 20.11.2009 abermals die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Sie führte begründend an, ab dem 01.10.2009 vollzeitig und unbefristet als Gymnasiallehrerin im Arbeitnehmerverhältnis am Johann-Vanotti-Gymnasium, Ehingen/Donau, tätig zu sein. Ihr Arbeitsverhältnis sei wegen ihrer Behinderungen gefährdet. Sie könne ihre Tätigkeit mit behinderungsbedingten Einschränkungen zwar noch ausüben, die Behinderungen führten jedoch zu einer verminderten Arbeitsleistung, zu einer verminderten Belastbarkeit und langen Korrekturzeiten. Ferner sei sie bei Landschulheimaufenthalten nur eingeschränkt einsetzbar. Nennenswerte, behinderungsbedingte Fehlzeiten seien in den letzten Jahren zwar nicht aufgetreten, auch sei ihr noch nicht mit einer Kündigung gedroht worden, sie bedürfe der Gleichstellung jedoch für einen von ihr hauptsächlich aus privaten Gründen gestellten Versetzungsantrag in den Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Stuttgart.
Mit Bescheid vom 03.02.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Begründend führte sie an, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der derzeitige Arbeitsplatz ungeeignet wäre. Das Versetzungsbegehren sei nicht aus behinderungsbedingten, sondern aus privaten Gründen gestellt worden.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung die Klägerin vorbrachte, nach ihrer Ansicht erfülle sie die Kriterien einer Gleichstellung, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, im Falle der Klägerin sei eine Gleichstellung - zur Erhaltung eines geeigneten Arbeitsplatzes - nicht erforderlich. Bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst oblägen dem Arbeitgeber besondere Fürsorgepflichten. Nur in Fällen, in denen besondere Gründe vorlägen, käme eine Gleichstellung in Betracht. Dies sei bspw. anzunehmen, wenn eine außerordentliche Kündigung oder eine Änderungskündigung drohe. Die Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes aus behinderungsbedingten Gründen sei jedoch nicht ersichtlich. Zwar sei die Klägerin trotz zweimaliger Verlängerung der Probezeit wegen der anerkannten Behinderung und Adipositas nicht zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt worden, jedoch sei sie in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis übernommen worden. Ein Verlust dieses Arbeitsplatzes drohe der Klägerin daher nicht. Trotz der Behinderung könne sie ihre Tätigkeit bewältigen. Das Versetzungsbegehren könne die Gleichstellung nicht rechtfertigen, da diese nicht dazu diene, einen Nachteil in Bewerbungssituationen auszugleichen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.06.2010 Klage zum SG erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie zwischenzeitlich - seit dem Schuljahr 2010/2011 - als Gymnasiallehrerin mit einem vollen Lehrauftrag an das A.-Gymnasium, B., versetzt worden sei. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.02.2013 (- 4 S 244/12 -) sei sie zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt worden. Aufgrund ihrer Behinderung erfahre sie in ihrem Schulalltag jedoch weiterhin Nachteile, weshalb sie weiterhin der Gleichstellung bedürfe. Ihr drohe aufgrund eines Überhangs an Lehrern mit ihrer Fächerkombination (Englisch, Deutsch und Geschichte) eine (teilweise) Abordnung an eine andere Schule. Die hiermit verbundenen Unannehmlichkeiten wie längere Fahrtstrecken und eine Doppelbelastung würden ihre Kräfte übersteigen. Eine solche Abordnung bzw. Versetzung drohe jedes Jahr erneut, daher sei es unerheblich, dass ihr gegenüber eine solche bislang noch nicht konkret ausgesprochen worden sei. Ferner bringe ihr die Gleichstellung den Vorteil, dass ihre körperlichen Beeinträchtigungen (Sprunggelenksendoprothese, Übergewicht, Depression) dann auch in ihrer dienstlichen Beurteilung sowie bei der Beurteilung ihrer Einsatzmöglichkeiten Berücksichtigung fänden.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat hierzu (zuletzt) vorgetragen, die Klägerin habe bereits nicht geltend gemacht, dass die anerkannte Funktionsbeeinträchtigung des Sprunggelenks der Anlass für eine Versetzung sei. Weder eine Überversorgung an Lehren mit gleicher Fächerkombination noch eine Deputatsaufteilung könnten die Gleichstellung rechtfertigen. Darüber hinaus seien bei Beamten auf Lebenszeit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) besonders strenge Anforderungen an die Gleichstellung zu stellen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. C., Notfallmediziner, hat unter dem 31.04.2011 mitgeteilt, dass bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung bestehe, die auch durch Sorgen um einen evtl. Verlust des Arbeitsplatzes entstünden. Weiterhin leide die Klägerin an Ekzemschüben im Sinne einer Psoriasis. Auch nach der Implantation einer OSG-Prothese bestünden bei der Klägerin ausgeprägte Beschwerden. Durch das Beschwerdebild sei die Tätigkeit der Klägerin als Lehrerin eingeschränkt. Dr. D., Neurologin und Psychiaterin, teilte unter dem 26.04.2011 mit, dass die Klägerin nur einmal bei ihr vorstellig geworden sei, so dass Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit von ihr nicht beantwortet werden könnten.
Mit Urteil vom 13.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Da die Klägerin einen Arbeitsplatz innehalte, komme eine Gleichstellung nur dann in Betracht, wenn die Gleichstellung zur Erhaltung des Arbeitsplatzes erforderlich sei. Dies sei bei Beamten auf Lebenszeit nur in Ausnahmesituationen der Fall, bspw. wenn die Behörde aufgelöst werde, die Umsetzung auf einen neuen, schlechter entlohnten Arbeitsplatz drohe, der Dienstherr ein Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand einleiten (wolle) oder dieser bestimmte Fürsorgeleistungen (Arbeitsplatzausstattung, Hilfsmittel) nicht erbringe, die er für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Personen an sich erbringen müsse. Derartige Umstände lägen bei der Klägerin nicht vor. Eine (Teil-) Abordnung wäre für die Klägerin zwar mit Unannehmlichkeiten verbunden, es träten jedoch keine Änderungen des Tätigkeitsbildes oder der Besoldung ein. Auch eine deutliche Unter- oder Überforderung oder ein Ansehensverlust ginge mit einer Abordnung nicht einher. Im Übrigen sei, so das SG weiter, zu beachten, dass sich die Gefahr der Abordnung/Versetzung bislang nicht realisiert habe, weswegen eine solche nicht konkret drohe. Schließlich stehe die vermeintlich drohende Versetzung/Abordnung in keinerlei Zusammenhang mit der Behinderung der Klägerin. Sie beruhe bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin einzig auf einem Überschuss an Lehrern in den auch von ihr unterrichteten Fächern. Von dem Personalüberschuss seien hiernach nicht behinderte Menschen gleichermaßen betroffen wie behinderte.
Gegen das am 03.12.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.01.2014 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, eine Unterscheidung zwischen Arbeits- und Dienstverhältnis sehe das Gesetz bei der Frage der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nicht vor. Eine Auslegung der gesetzlichen Voraussetzungen in dem vom SG angenommenen Weg sei daher nicht zu rechtfertigen. Die Klägerin sei als behinderter Mensch nicht in der Lage, einen geeigneten Arbeitsplatz zu behalten. Die von der Klägerin unterrichteten Fächer unterlägen einer Überversorgung, so dass eine Abordnung an eine andere Schule erfolgen werde. Der Klägerin sei es behinderungsbedingt verwehrt, sich gegen die Abordnung zur Wehr zu setzen. Das vom SG angeführte Erfordernis eines Zusammenhangs der Arbeitsplatzgefährdung mit der Behinderung widerspreche dem Sinn der Gleichstellung. Zuletzt hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie am 28.03.2014 eine Tochter geboren und sich bis zum 07.06.2014 in Mutterschutz befunden habe. Danach sei sie bis zum 27.08.2014 mit einem vollen Deputat, sodann in Teilzeit (7 Deputatsstunden) neben der Elternzeit, die bis zum 27.05.2015 beantragt worden sei, tätig. Sie werde das Schuljahr 2014/2015 in diesem Umfang arbeiten. Eine Versetzung, gegen die sie sich nicht wehren könne, stehe unverändert im Raum.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. November 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie mit schwerbehinderten Menschen gleichzustellen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf den aus ihrer Sicht zutreffenden Inhalt des angefochtenen Urteils. Sie führt ferner aus, dass nicht behinderungsbedingte Umstände eine Gleichstellung nicht begründen könnten, da diese nicht dazu diene, behinderungsbedingte Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Da die vom BSG benannten Ausnahmen, bei denen eine Gleichstellung auch bei Beamten auf Lebenszeit möglich ist, nicht vorlägen, könne weiterhin eine Gleichstellung nicht beansprucht werden.
Nachdem der Senat bereits mit Schreiben vom 05.03.2014 ausführlich darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin die begehrte Gleichstellung nicht beanspruchen könne, wurden die Beteiligten unter Bezugnahme hierauf mit Schreiben vom 29.08.2014 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für die Klägerin geführten Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, führt jedoch für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Das SG hat die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R - veröffentlicht in juris) zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 03.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 68 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 (§ 2 SGB IX) vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden (gleichgestellte behinderte Menschen).
Zwar erfüllt die Klägerin die persönlichen Voraussetzung eines anerkannten GdB von 30 und des Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland, die Gleichstellung erfordert darüber hinaus, dass der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Gleichstellungsvoraussetzungen ist wegen der Rückwirkung auf den Antragszeitpunkt (vgl. § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX) und des Charakters als Prognoseentscheidung in erster Linie der Zeitpunkt der Antragstellung. Jedoch müssen aufgrund der Schutzrichtung und des Zweckes der Regelung neben dem Sach- und Streitstand bei Antragstellung alle wesentlichen Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur letzten mündlichen Verhandlung Berücksichtigung finden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 09.11.2011 - L 3 AL 1949/11 -; Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 19.06.2013 - L 6 AL 116/12 - jew. veröffentlicht in juris), weswegen vorliegend maßgeblich ist, dass die Klägerin (zwischenzeitlich) in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit steht.
Grundsätzlich muss die Behinderung, wie aus der Gesetzesformulierung "infolge der Behinderung " deutlich wird, eine Ursache für die Notwendigkeit der Gleichstellung sein. Maßgeblich ist, ob bei wertender Betrachtung in der Behinderung, also gerade in ihrer Art und Schwere, die Schwierigkeit der Erhaltung des Arbeitsplatzes liegt (BSG, Urteil vom 02.03.2000, a.a.O., Rn. 17 der juris- Veröffentlichung). Ob die Behinderung ihrer Art und Schwere nach eine wesentliche Ursache ist oder ob die Behinderung im Sinne einer "überholenden Kausalität" durch andere allgemeine Arbeitsplatzrisiken so überlagert wird, dass die Behinderung im Vergleich dazu nicht mehr als wesentliche Ursache angesehen werden kann, ist anhand der Verhältnisse des Einzelfalls zu bewerten. Ausreichend ist insofern, wenn plausibel gemacht werden kann, dass die Behinderung wegen befürchteter Minderleistungen eine wesentliche Mitursache für die Arbeitsmarktprobleme des die Gleichstellung Begehrenden ist. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Behinderung nur als Teilursache für die Gleichstellung angesehen werden kann. Vielmehr muss die Behinderung, da die Gleichstellung nicht bezweckt, vor allen denkbaren Risiken des Arbeitslebens zu schützen, sonstige Gründe der Arbeitsplatzgefährdung oder mangelnder Konkurrenzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Ursache überwiegen (vgl. Luthe in: jurisPK-SGB IX, § 2 SGB IX, Rn. 96). Eine derartige behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes besteht vorliegend nicht. Soweit klägerseits geltend gemacht wird, sie werde möglicherweise zukünftig (teilweise) von ihrem bisherigen Dienstort in B. an eine andere Schule abgeordnet bzw. versetzt, gründet das hierin von der Klägerin gesehene Arbeitsplatzrisiko nicht in ihrer Behinderung, sondern bereits nach dem eigenen Vortrag darin, dass an ihrem aktuellen Dienstort ein Überhang an Lehrern mit der auch von der Klägerin unterrichteten Fächerkombination (Englisch, Deutsch und Geschichte) besteht. Überdies hat die Klägerin auch zuletzt noch vorgetragen, dass sie das laufende Schuljahr in Teilzeit an ihrem aktuellen Dienstort unterrichten werde und eine Versetzungsverfügung nicht ergangen sei, weswegen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keine konkrete Arbeitsplatzgefährung besteht. Der weitere Vortrag, eine Versetzung, gegen die sie sich nicht wehren könne, stehe weiterhin unverändert im Raum, ist gleichfalls nicht geeignet, eine konkrete Arbeitsplatzgefährdung annehmen zu können, da die Gleichstellung nicht vorbeugend zuerkannt werden kann (LSG für das Land Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 04.06.2008, - L 12 AL 64/07 - veröffentlicht in juris).
Zwar soll die Gleichstellung auch einen Beitrag zur verbesserten Konkurrenzfähigkeit leisten und einen drohenden sozialen Abstieg verhindern, weswegen auch soziale Kontextbedingungen des Beschäftigten im Betrieb zu berücksichtigen sind, indes wäre eine tatsächliche Versetzung der Klägerin an eine andere Schule weder mit einem sozialen Abstieg noch finanziellen Einbußen verbunden, weswegen auch insofern eine Gleichstellung ausscheidet. Andere Tatsachen, die eine konkrete behinderungsbedingte Arbeitsplatzgefährdung belegen, wurden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Status eines Beamten auf Lebenszeit hat. Dieser steht einer Gleichstellung (zum Erhalt des Arbeitsplatzes) nicht generell entgegen; auch bei der Personengruppe der Beamten können die allgemeinen Voraussetzungen der Gleichstellung wegen Arbeitsplatzgefährdung vorliegen. Es bedarf indes aber einer besonderen Begründung, warum trotz Kündigungsschutz der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nichtbehinderten Kollegen (BSG, Urteil vom 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 13). Dies ist bei einem Beamten der Fall, wenn behinderungsbedingt die Versetzung in den Ruhestand, die behinderungsbedingte Versetzung oder Umsetzung auf einen anderen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz droht oder wenn die Behörde aufgelöst wird (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.2002 - L 9 AL 241/01 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.11.1995 - L 6 AR 159/94 -; Luthe in jurisPK SGB IX, 2010, § 2 Rn. 102). Eine derartige Situation liegt in der Person der Klägerin nicht vor, so dass auch deswegen die begehrte Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen ausscheidet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 03.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2010 ist rechtmäßig; die Berufung der Klägers gegen das Urteil des SG ist zurückzuweisen.
Auch dem Hilfsantrag der Klägerin ist nicht stattzugeben, da eine Ermessensentscheidung der Beklagten angesichts der Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nicht erforderlich war.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt ihre Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen
Die am 15.03.1971 geborene Klägerin ist als Gymnasiallehrerin tätig. Bei ihr wurde mit Bescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 27.05.2008 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 ab dem 08.08.2007 wegen einer "Totalendoprothese des rechten oberen Sprunggelenks" festgestellt.
Nachdem die Klägerin bereits am 09.06.2008 erstmals - erfolglos - die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen beantragt hatte (ablehnender Bescheid vom 25.09.2008, Widerspruchsbescheid vom 03.03.2009) und ein anschließendes Gerichtsverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG - S 3 AL 1217/09 -) im Wege einer Klagerücknahme endete, beantragte sie am 20.11.2009 abermals die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Sie führte begründend an, ab dem 01.10.2009 vollzeitig und unbefristet als Gymnasiallehrerin im Arbeitnehmerverhältnis am Johann-Vanotti-Gymnasium, Ehingen/Donau, tätig zu sein. Ihr Arbeitsverhältnis sei wegen ihrer Behinderungen gefährdet. Sie könne ihre Tätigkeit mit behinderungsbedingten Einschränkungen zwar noch ausüben, die Behinderungen führten jedoch zu einer verminderten Arbeitsleistung, zu einer verminderten Belastbarkeit und langen Korrekturzeiten. Ferner sei sie bei Landschulheimaufenthalten nur eingeschränkt einsetzbar. Nennenswerte, behinderungsbedingte Fehlzeiten seien in den letzten Jahren zwar nicht aufgetreten, auch sei ihr noch nicht mit einer Kündigung gedroht worden, sie bedürfe der Gleichstellung jedoch für einen von ihr hauptsächlich aus privaten Gründen gestellten Versetzungsantrag in den Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Stuttgart.
Mit Bescheid vom 03.02.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Begründend führte sie an, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der derzeitige Arbeitsplatz ungeeignet wäre. Das Versetzungsbegehren sei nicht aus behinderungsbedingten, sondern aus privaten Gründen gestellt worden.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung die Klägerin vorbrachte, nach ihrer Ansicht erfülle sie die Kriterien einer Gleichstellung, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, im Falle der Klägerin sei eine Gleichstellung - zur Erhaltung eines geeigneten Arbeitsplatzes - nicht erforderlich. Bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst oblägen dem Arbeitgeber besondere Fürsorgepflichten. Nur in Fällen, in denen besondere Gründe vorlägen, käme eine Gleichstellung in Betracht. Dies sei bspw. anzunehmen, wenn eine außerordentliche Kündigung oder eine Änderungskündigung drohe. Die Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes aus behinderungsbedingten Gründen sei jedoch nicht ersichtlich. Zwar sei die Klägerin trotz zweimaliger Verlängerung der Probezeit wegen der anerkannten Behinderung und Adipositas nicht zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt worden, jedoch sei sie in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis übernommen worden. Ein Verlust dieses Arbeitsplatzes drohe der Klägerin daher nicht. Trotz der Behinderung könne sie ihre Tätigkeit bewältigen. Das Versetzungsbegehren könne die Gleichstellung nicht rechtfertigen, da diese nicht dazu diene, einen Nachteil in Bewerbungssituationen auszugleichen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.06.2010 Klage zum SG erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie zwischenzeitlich - seit dem Schuljahr 2010/2011 - als Gymnasiallehrerin mit einem vollen Lehrauftrag an das A.-Gymnasium, B., versetzt worden sei. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 05.02.2013 (- 4 S 244/12 -) sei sie zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt worden. Aufgrund ihrer Behinderung erfahre sie in ihrem Schulalltag jedoch weiterhin Nachteile, weshalb sie weiterhin der Gleichstellung bedürfe. Ihr drohe aufgrund eines Überhangs an Lehrern mit ihrer Fächerkombination (Englisch, Deutsch und Geschichte) eine (teilweise) Abordnung an eine andere Schule. Die hiermit verbundenen Unannehmlichkeiten wie längere Fahrtstrecken und eine Doppelbelastung würden ihre Kräfte übersteigen. Eine solche Abordnung bzw. Versetzung drohe jedes Jahr erneut, daher sei es unerheblich, dass ihr gegenüber eine solche bislang noch nicht konkret ausgesprochen worden sei. Ferner bringe ihr die Gleichstellung den Vorteil, dass ihre körperlichen Beeinträchtigungen (Sprunggelenksendoprothese, Übergewicht, Depression) dann auch in ihrer dienstlichen Beurteilung sowie bei der Beurteilung ihrer Einsatzmöglichkeiten Berücksichtigung fänden.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat hierzu (zuletzt) vorgetragen, die Klägerin habe bereits nicht geltend gemacht, dass die anerkannte Funktionsbeeinträchtigung des Sprunggelenks der Anlass für eine Versetzung sei. Weder eine Überversorgung an Lehren mit gleicher Fächerkombination noch eine Deputatsaufteilung könnten die Gleichstellung rechtfertigen. Darüber hinaus seien bei Beamten auf Lebenszeit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) besonders strenge Anforderungen an die Gleichstellung zu stellen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. C., Notfallmediziner, hat unter dem 31.04.2011 mitgeteilt, dass bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung bestehe, die auch durch Sorgen um einen evtl. Verlust des Arbeitsplatzes entstünden. Weiterhin leide die Klägerin an Ekzemschüben im Sinne einer Psoriasis. Auch nach der Implantation einer OSG-Prothese bestünden bei der Klägerin ausgeprägte Beschwerden. Durch das Beschwerdebild sei die Tätigkeit der Klägerin als Lehrerin eingeschränkt. Dr. D., Neurologin und Psychiaterin, teilte unter dem 26.04.2011 mit, dass die Klägerin nur einmal bei ihr vorstellig geworden sei, so dass Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit von ihr nicht beantwortet werden könnten.
Mit Urteil vom 13.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Da die Klägerin einen Arbeitsplatz innehalte, komme eine Gleichstellung nur dann in Betracht, wenn die Gleichstellung zur Erhaltung des Arbeitsplatzes erforderlich sei. Dies sei bei Beamten auf Lebenszeit nur in Ausnahmesituationen der Fall, bspw. wenn die Behörde aufgelöst werde, die Umsetzung auf einen neuen, schlechter entlohnten Arbeitsplatz drohe, der Dienstherr ein Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand einleiten (wolle) oder dieser bestimmte Fürsorgeleistungen (Arbeitsplatzausstattung, Hilfsmittel) nicht erbringe, die er für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Personen an sich erbringen müsse. Derartige Umstände lägen bei der Klägerin nicht vor. Eine (Teil-) Abordnung wäre für die Klägerin zwar mit Unannehmlichkeiten verbunden, es träten jedoch keine Änderungen des Tätigkeitsbildes oder der Besoldung ein. Auch eine deutliche Unter- oder Überforderung oder ein Ansehensverlust ginge mit einer Abordnung nicht einher. Im Übrigen sei, so das SG weiter, zu beachten, dass sich die Gefahr der Abordnung/Versetzung bislang nicht realisiert habe, weswegen eine solche nicht konkret drohe. Schließlich stehe die vermeintlich drohende Versetzung/Abordnung in keinerlei Zusammenhang mit der Behinderung der Klägerin. Sie beruhe bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin einzig auf einem Überschuss an Lehrern in den auch von ihr unterrichteten Fächern. Von dem Personalüberschuss seien hiernach nicht behinderte Menschen gleichermaßen betroffen wie behinderte.
Gegen das am 03.12.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.01.2014 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, eine Unterscheidung zwischen Arbeits- und Dienstverhältnis sehe das Gesetz bei der Frage der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nicht vor. Eine Auslegung der gesetzlichen Voraussetzungen in dem vom SG angenommenen Weg sei daher nicht zu rechtfertigen. Die Klägerin sei als behinderter Mensch nicht in der Lage, einen geeigneten Arbeitsplatz zu behalten. Die von der Klägerin unterrichteten Fächer unterlägen einer Überversorgung, so dass eine Abordnung an eine andere Schule erfolgen werde. Der Klägerin sei es behinderungsbedingt verwehrt, sich gegen die Abordnung zur Wehr zu setzen. Das vom SG angeführte Erfordernis eines Zusammenhangs der Arbeitsplatzgefährdung mit der Behinderung widerspreche dem Sinn der Gleichstellung. Zuletzt hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie am 28.03.2014 eine Tochter geboren und sich bis zum 07.06.2014 in Mutterschutz befunden habe. Danach sei sie bis zum 27.08.2014 mit einem vollen Deputat, sodann in Teilzeit (7 Deputatsstunden) neben der Elternzeit, die bis zum 27.05.2015 beantragt worden sei, tätig. Sie werde das Schuljahr 2014/2015 in diesem Umfang arbeiten. Eine Versetzung, gegen die sie sich nicht wehren könne, stehe unverändert im Raum.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. November 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie mit schwerbehinderten Menschen gleichzustellen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf den aus ihrer Sicht zutreffenden Inhalt des angefochtenen Urteils. Sie führt ferner aus, dass nicht behinderungsbedingte Umstände eine Gleichstellung nicht begründen könnten, da diese nicht dazu diene, behinderungsbedingte Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Da die vom BSG benannten Ausnahmen, bei denen eine Gleichstellung auch bei Beamten auf Lebenszeit möglich ist, nicht vorlägen, könne weiterhin eine Gleichstellung nicht beansprucht werden.
Nachdem der Senat bereits mit Schreiben vom 05.03.2014 ausführlich darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin die begehrte Gleichstellung nicht beanspruchen könne, wurden die Beteiligten unter Bezugnahme hierauf mit Schreiben vom 29.08.2014 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für die Klägerin geführten Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, führt jedoch für die Klägerin nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte die Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Das SG hat die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 02.03.2000 - B 7 AL 46/99 R - veröffentlicht in juris) zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 03.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 68 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 (§ 2 SGB IX) vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden (gleichgestellte behinderte Menschen).
Zwar erfüllt die Klägerin die persönlichen Voraussetzung eines anerkannten GdB von 30 und des Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland, die Gleichstellung erfordert darüber hinaus, dass der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Gleichstellungsvoraussetzungen ist wegen der Rückwirkung auf den Antragszeitpunkt (vgl. § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX) und des Charakters als Prognoseentscheidung in erster Linie der Zeitpunkt der Antragstellung. Jedoch müssen aufgrund der Schutzrichtung und des Zweckes der Regelung neben dem Sach- und Streitstand bei Antragstellung alle wesentlichen Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur letzten mündlichen Verhandlung Berücksichtigung finden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 09.11.2011 - L 3 AL 1949/11 -; Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 19.06.2013 - L 6 AL 116/12 - jew. veröffentlicht in juris), weswegen vorliegend maßgeblich ist, dass die Klägerin (zwischenzeitlich) in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit steht.
Grundsätzlich muss die Behinderung, wie aus der Gesetzesformulierung "infolge der Behinderung " deutlich wird, eine Ursache für die Notwendigkeit der Gleichstellung sein. Maßgeblich ist, ob bei wertender Betrachtung in der Behinderung, also gerade in ihrer Art und Schwere, die Schwierigkeit der Erhaltung des Arbeitsplatzes liegt (BSG, Urteil vom 02.03.2000, a.a.O., Rn. 17 der juris- Veröffentlichung). Ob die Behinderung ihrer Art und Schwere nach eine wesentliche Ursache ist oder ob die Behinderung im Sinne einer "überholenden Kausalität" durch andere allgemeine Arbeitsplatzrisiken so überlagert wird, dass die Behinderung im Vergleich dazu nicht mehr als wesentliche Ursache angesehen werden kann, ist anhand der Verhältnisse des Einzelfalls zu bewerten. Ausreichend ist insofern, wenn plausibel gemacht werden kann, dass die Behinderung wegen befürchteter Minderleistungen eine wesentliche Mitursache für die Arbeitsmarktprobleme des die Gleichstellung Begehrenden ist. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Behinderung nur als Teilursache für die Gleichstellung angesehen werden kann. Vielmehr muss die Behinderung, da die Gleichstellung nicht bezweckt, vor allen denkbaren Risiken des Arbeitslebens zu schützen, sonstige Gründe der Arbeitsplatzgefährdung oder mangelnder Konkurrenzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Ursache überwiegen (vgl. Luthe in: jurisPK-SGB IX, § 2 SGB IX, Rn. 96). Eine derartige behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes besteht vorliegend nicht. Soweit klägerseits geltend gemacht wird, sie werde möglicherweise zukünftig (teilweise) von ihrem bisherigen Dienstort in B. an eine andere Schule abgeordnet bzw. versetzt, gründet das hierin von der Klägerin gesehene Arbeitsplatzrisiko nicht in ihrer Behinderung, sondern bereits nach dem eigenen Vortrag darin, dass an ihrem aktuellen Dienstort ein Überhang an Lehrern mit der auch von der Klägerin unterrichteten Fächerkombination (Englisch, Deutsch und Geschichte) besteht. Überdies hat die Klägerin auch zuletzt noch vorgetragen, dass sie das laufende Schuljahr in Teilzeit an ihrem aktuellen Dienstort unterrichten werde und eine Versetzungsverfügung nicht ergangen sei, weswegen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats keine konkrete Arbeitsplatzgefährung besteht. Der weitere Vortrag, eine Versetzung, gegen die sie sich nicht wehren könne, stehe weiterhin unverändert im Raum, ist gleichfalls nicht geeignet, eine konkrete Arbeitsplatzgefährdung annehmen zu können, da die Gleichstellung nicht vorbeugend zuerkannt werden kann (LSG für das Land Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 04.06.2008, - L 12 AL 64/07 - veröffentlicht in juris).
Zwar soll die Gleichstellung auch einen Beitrag zur verbesserten Konkurrenzfähigkeit leisten und einen drohenden sozialen Abstieg verhindern, weswegen auch soziale Kontextbedingungen des Beschäftigten im Betrieb zu berücksichtigen sind, indes wäre eine tatsächliche Versetzung der Klägerin an eine andere Schule weder mit einem sozialen Abstieg noch finanziellen Einbußen verbunden, weswegen auch insofern eine Gleichstellung ausscheidet. Andere Tatsachen, die eine konkrete behinderungsbedingte Arbeitsplatzgefährdung belegen, wurden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Status eines Beamten auf Lebenszeit hat. Dieser steht einer Gleichstellung (zum Erhalt des Arbeitsplatzes) nicht generell entgegen; auch bei der Personengruppe der Beamten können die allgemeinen Voraussetzungen der Gleichstellung wegen Arbeitsplatzgefährdung vorliegen. Es bedarf indes aber einer besonderen Begründung, warum trotz Kündigungsschutz der Arbeitsplatz nachvollziehbar unsicherer ist als bei einem nichtbehinderten Kollegen (BSG, Urteil vom 01.03.2011 - B 7 AL 6/10 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 13). Dies ist bei einem Beamten der Fall, wenn behinderungsbedingt die Versetzung in den Ruhestand, die behinderungsbedingte Versetzung oder Umsetzung auf einen anderen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz droht oder wenn die Behörde aufgelöst wird (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.2002 - L 9 AL 241/01 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.11.1995 - L 6 AR 159/94 -; Luthe in jurisPK SGB IX, 2010, § 2 Rn. 102). Eine derartige Situation liegt in der Person der Klägerin nicht vor, so dass auch deswegen die begehrte Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen ausscheidet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 03.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2010 ist rechtmäßig; die Berufung der Klägers gegen das Urteil des SG ist zurückzuweisen.
Auch dem Hilfsantrag der Klägerin ist nicht stattzugeben, da eine Ermessensentscheidung der Beklagten angesichts der Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nicht erforderlich war.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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