L 11 R 3856/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 2223/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3856/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24.07.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten.

Die Klägerin ist 1955 geboren. Sie hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Reinigungskraft in Teilzeit versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Oktober 2010 ist sie arbeitsunfähig und bezieht seit dem 13.07.2010 Grundsicherungsleistungen.

Einen ersten Rentenantrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte nach Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens von Dr. Sch. vom 26.11.2009 (Diagnosen: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, wiederholte Ohnmachtsanfälle, Zustand nach Herzschrittmacherimplantation 1999, ausgeglichene Hormonsituation bei Struma nodosa; Leistungsbeurteilung: leichte Tätigkeiten vollschichtig) mit Bescheid vom 02.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 ab. Im hiergegen beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klageverfahren (S 3 R 2097/10) wurde ein orthopädisches Sachverständigengutachten bei Dr. B., U., eingeholt.

Im Gutachten vom 05.04.2011 beschrieb Dr. B. folgende Gesundheitsstörung/Diagnosen: - chronisch rezidivierende Lumboischialgien bei Bandscheibenvorfall LWK 3/4 und LWK 4/5, Fehlstatik durch Flachrücken, hier nur mäßige aber schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, deutliche muskuläre Reizerscheinungen, anamnestisch wiederkehrender Nervenwurzelreiz L4 links, keine Hinweise auf sensomotorische Defizite; - Restbeschwerden nach Reizung des Ellenbogengelenkes rechts, aktuell ohne Bewegungseinschränkungen; - Hüftgelenksschmerzen bei freier Beweglichkeit beider Hüftgelenke, Hinweise auf Schleimbeutelentzündung am linken großen Rollhügel; - Synkopen unklarer Genese mit Ausschluss einer vaso-vagalen und einer rhythmogenen Ursache, Schrittmacherimplantation nach Ablation eines akzessorischen Bündels auf Höhe des AV Knotens bei Tachycardien, seit letztem Aggregatwechsel keine Rhythmusstörungen mehr, unklare Belastungsdyspnoe, teils auch nächtliche Atemnot; - depressives Syndrom, Belastungsintoleranz unklarer Genese, aktuell eher leichter Ausprägung und ohne Hinweise auf Einschränkungen der persönlichen Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit. Leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Klettern und Steigen, ohne Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, ohne Akkord, ohne Nacht- oder Wechselschicht, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit seien zumutbar. Diese Tätigkeiten könne sie arbeitstäglich noch 6 Stunden und mehr verrichten. Die Klägerin nahm die Klage hierauf zurück.

Vom 03.08. bis 24.08.2011 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der A.klinik I.-N. Im Entlassungsbericht vom 30.08.2011 sind folgende Diagnosen aufgeführt: - Bewegungs- und Belastungsdefizit der LWS bei Bandscheibenvorfall L 3/4, L 4/5, - Therapieresistente Schmerzen, - leichte depressive Episode. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft könne nur noch unter 3 Stunden, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten 6 Stunden und mehr täglich verrichtet werden.

Am 23.02.2012 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. M. vom 04.05.2012, der ausführte, die Leistungsbeurteilung der Reha-Klinik I. sei noch aktuell, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 19.04.2012 und Widerspruchsbescheid vom 22.06.2012 ab. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne.

Hiergegen hat die Klägerin am 12.07.2012 Klage zum SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, an massiven degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, mehreren Bandscheibenvorfällen mit erheblichen Beschwerden und muskulären Defiziten, einer massiven Hüftarthrose, Herzrhythmusstörungen und Herzbeschwerden sowie einer massiven Depression zu leiden. Durch die Gesamtheit der Erkrankungen sei sie erwerbsgemindert.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Der Orthopäde Dr. C. hat mit Schreiben vom 17.09.2012 mitgeteilt, dass aus seiner Sicht leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich möglich seien und die Gehfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt sei. Auch der Kardiologe Dr. K. hat mit Schreiben vom 17.09.2012 ausgeführt, aus seiner Sicht seien leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich möglich. Aufgrund des Herzschrittmachers seien Tätigkeiten mit starker Beanspruchung des Armes sowie solche Tätigkeiten zu meiden, die mit einer Exposition gegenüber Magnetfeldern einhergingen. Der Internist Dr. Pf. hat keine Leistungsbeurteilung abgegeben. Der Orthopäde Dr. N. hat die Auffassung vertreten, dass leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ohne schwere Hebe- und Tragebelastungen leidensgerecht seien. Zwangshaltungen der Wirbelsäule, überwiegendes bzw vermehrtes Bücken und Beugen des Rumpfes, kniende Tätigkeiten, Überkopfarbeiten und Arbeiten in Kälte, Zugluft auf Leitern sollten vermieden werden.

Mit Urteil vom 24.07.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzten. Sie habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, da sie noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Auch ein Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht. Die Klägerin sei als sogenannte einfache Angelernte auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Diese Tätigkeiten könne sie noch ausüben.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 01.08.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 02.09.2013 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, es habe sich eine schwere chronische Schmerzstörung nach Gerbershagen Grad 2-3 entwickelt. Sie hat ein Attest der Allgemeinmedizinerin Dr. E.-Schi. vom 25.10.2013 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 24.07.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 19.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01.03.2012 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und auf die Ausführungen im Urteil des SG Bezug.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Die Allgemeinmedizinerin Dr. E.-Schi. hat mit Schreiben vom 28.11.2013 mitgeteilt, dass seit Dezember 2012 keine wesentliche Verschlechterung eingetreten sei. Es liege ein chronisches Schmerzsyndrom Gerbershagen II, chronische Radikulopathie im Lumbalbereich links, lumbale Spinalkanalstenose, Zustand nach Schrittmacherimplantation 9/99 und Zustand nach Hochfrequenzkatheterablation 1997 vor. Es bestünden Schmerzen im Bereich der LWS, vor allem beim Bücken und Strecken. Bei einer beruflichen Tätigkeit der Klägerin als Reinigungskraft würden sich die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen nachteilig auswirken. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin 3 bis 6 Stunden täglich verrichten. Der Neurochirurg Dr. Ke. hat mit Schreiben vom 13.03.2014 dargelegt, Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in Zwangshaltung wie auch einseitiger Belastung würden sich nachteilig auswirken.

Die Klägerin hat einen Bericht des Radiologen Dr. R. vom 18.12.2013 und einen Bericht des Neurologen Dr. Re. vom 07.05.2014 vorgelegt. Dr. Re. nennt als Diagnose eine Radikulopathie L4 und L5 links ohne Anhalt für akute Progredienz. Die Klägerin sei voll orientiert, bewusstseinsklar, situationsadäquat gewesen; die Hirnnerven seien intakt; die Muskeleigenreflexe an den Armen und Beinen seien seitengleich auslösbar gewesen; keine Paresen, keine anderweitigen Bewegungsstörungen. Stand- und Gangproben ohne pathologische Auffälligkeiten. Taubheit und Schmerz Dermatom L4 Oberschenkel links, L5 am Unterschenkel links, mäßige hypertrophe Arthrosen der Facettengelenke L4-S1 linksseitig akzentuierter als rechts, kombinierte relative bis deutliche neuroforaminale Enge L4/L5 links, weniger L3/L4 und L5/S1 links nachweisbar. Es liege eine sensible Radikulopathie L4 und L5 links fehlenden Paresen vor. Eine pathologische spontane Aktivität sei nicht zu verzeichnen.

Die Beklagte hat zwei sozialmedizinische Stellungnahmen der Allgemein- und Sozialmedizinerin Dr. Kl. vom 27.05. und 14.07.2014 vorgelegt. Diese hat ausgeführt, dem letzten Computertomogramm vom 16.12.2013 sei zu entnehmen, dass sich keine wesentliche Veränderung im Vergleich zur Voruntersuchung vom 19.12.2012 ergeben habe, welche damals ebenfalls keine Befundänderung im Vergleich zur Untersuchung vom 10.10.2011 ergeben habe. Dem Entlassungsbericht eines kurzzeitigen Aufenthalts in der Ar.-Klinik (20. bis 23.01.2014) sei zu entnehmen, dass es zu einer deutlichen Abnahme der Beschwerdesymptomatik gekommen sei. Auffallend sei, dass die beiden behandelnden Orthopäden Dr. C. und Dr. N. keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hätten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogene Akte des Sozialgerichts Ulm im Verfahren S 3 R 2097/10 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbs-minderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraus-setzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Die Klägerin kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat aus dem nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. B., dessen Feststellungen unverändert Gültigkeit haben.

Ausweislich des Gutachtens Dr. B.s vom 05.04.2011 liegen auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörung vor: - chronisch rezidivierende Lumboischialgien bei Bandscheibenvorfall LWK 3/4 und LWK 4/5, Fehlstatik durch Flachrücken, hier nur mäßige aber schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, deutliche muskuläre Reizerscheinungen, anamnestisch wiederkehrender Nervenwurzelreiz L4 links, keine Hinweise auf sensomotorische Defizite; - Restbeschwerden nach Reizung des Ellenbogengelenkes rechts, aktuell ohne Bewegungs-einschränkungen; - Hüftgelenksschmerzen bei freier Beweglichkeit beider Hüftgelenke, Hinweise auf Schleimbeutelentzündung am linken großen Rollhügel; - Synkopen unklarer Genese mit Ausschluss einer vaso-vagalen und einer rhythmogenen Ursache, Schrittmacherimplantation nach Ablation eines akzessorischen Bündels auf Höhe des AV Knotens bei Tachycardien, seit letztem Aggregatwechsel keine Rhythmusstörungen mehr, unklare Belastungsdyspnoe, teils auch nächtliche Atemnot; - depressives Syndrom, Belastungsintoleranz unklarer Genese, aktuell eher leichter Ausprägung und ohne Hinweise auf Einschränkungen der persönlichen Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit.

Dr. B. hat überzeugend dargelegt, dass leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Klettern und Steigen, ohne Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, ohne Akkord, ohne Nacht- oder Wechselschicht, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit zumutbar sind. Diese Tätigkeiten kann die Klägerin arbeitstäglich noch 6 Stunden und mehr verrichten. Wesentliche Veränderungen haben sich seit August 2011 nicht ergeben.

Dr. Kl. hat in zwei sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 27.05. und 14.07.2014 für den Senat überzeugend dargelegt, dass sich ausweislich des letzten Computertomogramms vom 16.12.2013 keine wesentliche Veränderung im Vergleich zur Voruntersuchung vom 19.12.2012 ergeben hat, welche wiederum damals keine Befundänderung im Vergleich zur Untersuchung vom 10.10.2011 festgestellt hat. Im Entlassungsbericht der A.klinik I.-N. vom 30.08.2011 ist für den Senat ebenfalls nachvollziehbar dargelegt, dass leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden und mehr täglich verrichtet werden können. Dem Entlassungsbericht eines kurzzeitigen Aufenthalts in der Ar.-Klinik (20. bis 23.01.2014) ist sogar zu entnehmen, dass es zu einer deutlichen Abnahme der Beschwerdesymptomatik gekommen ist, worauf Dr. Kl. hingewiesen hat.

Auch die behandelnden Ärzte der Klägerin, der Orthopäde Dr. C. und der Kardiologe Dr. K. haben mitgeteilt, dass leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich möglich sind. Der Orthopäde Dr. N. hat die von Dr. B. mitgeteilten quantitativen Leistungseinschränkungen bestätigt und ebenfalls mitgeteilt, dass leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, ohne schwere Hebe- und Tragebelastungen leidensgerecht seien. Die behandelnden Orthopäden haben keine AU-Bescheinigungen ausgestellt. Schließlich hat der Neurologe Dr. Re. im Mai 2014 eine Radikulopathie L4 und L5 links ohne Anhalt für akute Progredienz beschrieben; Muskeleigenreflexe an den Armen seitgengleich auslösbar; Muskeleigenreflexe an den Beinen seitengleich auslösbar; keine Paresen, keine anderweitigen Bewegungsstörungen. Stand- und Gangproben ohne pathologische Auffälligkeiten. Vor diesem Hintergrund konnte der Einschätzung der Allgemeinmedizinerin Dr. E.-Schi., wonach aufgrund der Schmerzen im Bereich der LWS nur noch ein drei bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen vorliege, nicht gefolgt werden. Angesichts der entgegenstehenden übereinstimmenden Einschätzung der behandelnden Orthopäden und der neurologischen Befunde war auch eine weitere Beweiserhebung nicht erforderlich.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1955 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Reinigungskraft tätig, was dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist. Die Klägerin muss sich daher auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Diese Tätigkeiten kann sie, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Das vorliegende Gutachten von Dr. B., die Auskünfte der behandelnden Ärzte und die sozialmedizinischen Stellungnahmen Dr. Kl.s haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Das Gutachten und die sozialmedizinischen Stellungnahmen gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus und enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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