L 13 R 3861/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3861/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage gegen den Bescheid vom 20. März 2014 wird, soweit diese über das Teilanerkenntnis vom 21. Oktober 2014 hinaus geht, abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Altersrente.

Der 1946 geborene Kläger studierte ab 1963 Geologie an einer Universität in Peru. Im Juni 1969 wurde ihm der Titel eines Ingenieurs für Geologie verliehen. In Deutschland studierte der Kläger nach seinen Angaben im Fragebogen für Anrechnungszeiten von Oktober 1980 bis November 1982 Mineralogie an der Universität He., wo er am 3. November 1982 die Diplomprüfung bestanden hat. Anschließend promovierte der Kläger an der Jo.-Universität in F., wo er am 10. Juni 1985 den Grad eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. phil. nat.) verliehen bekommen hat. Im Wintersemester 1985/1986 war der Kläger im Fach Mineralogie an der Jo.-Universität F. immatrikuliert (Bl. 37 der Verwaltungsakten). Von April 1986 an studierte er an der Universität M. Volkswirtschaftslehre (Bl. 35 der Verwaltungsakten der Beklagten). Im April 1987 kehrte der Kläger nach Peru zurück. Im Bundesgebiet sind Beitragszahlungen für Dezember 1984 sowie -nach seiner Wiedereinreise ins Bundesgebiet- ab Mai 1989 ausgewiesen (siehe Versicherungsverlauf des Rentenbescheids vom 20. März 2014).

Am 20. April 2011 beantragte der Kläger die Gewährung einer Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 17. November 2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab 1. Juni 2011. Hierbei berücksichtigte die Beklagte Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung für 87 Monate sowie die nachgewiesenen Beitragszeiten. Als Hochschulausbildungszeit wurde anerkannt der Zeitraum vom 19. Dezember 1963 bis 26. Dezember 1967, 1. Oktober 1980 bis 3. November 1982 sowie 1. April 1986 bis 31. März 1987. Am 15. Dezember 2011 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Es seien seine Beschäftigungszeiten in Peru zu berücksichtigen, obwohl es kein Rentenabkommen gebe. Für seine deutsche Einbürgerung habe er seine peruanische Staatsangehörigkeit aufgeben müssen, was zu nachteiligen Konsequenzen geführt habe. Nach dem Verursacherprinzip müsse die Bundesrepublik die nachteiligen Folgen ausgleichen. Schließlich müsse eine Beitragszeit von Dezember 1984 bis Juni 1985 anerkannt werden, da er einen Privatarbeitsvertrag mit Prof. Dr. v. G. abgeschlossen habe. Diesbezüglich sei nur der Dezember 1984 anerkannt worden. Er legte einen Arbeitsvertrag vom 21. Januar 1985 in Kopie vor, nachdem der Kläger für Februar 1985 unter nachstehenden Bedingungen als wissenschaftlicher Mitarbeiter für ein Vorhaben eingestellt werde. Des Weiteren legte der Kläger eine Bescheinigung der Jo.-Universität, F., vom 11. Dezember 1984 vor, nach der bescheinigt wird, dass der Kläger in einem Privatarbeitsverhältnis bei Prof. Dr. v. G. stehe und die Vergütung in Amtshilfe von der Universität gezahlt werde. Schließlich trug er vor, er habe das Studium in Peru im Januar 1966 begonnen. Es seien alle Studien und Tätigkeitszeiten in Deutschland und in Peru zu berücksichtigen. Zudem habe er einen Anspruch auf höhere Rente, um das Existenzminimum zu sichern. Nach der Mitteilung der Bundesregierung sollen noch in dieser Legislaturperiode Verbesserungen für eine Lebensleistungsrente geschaffen werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es seien keine weiteren als die zugrunde gelegten Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden. Ein Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Peru bestehe nicht. Die Tätigkeiten in Peru könnten daher nicht berücksichtigt werden. Auch seien keine weiteren Anrechnungszeiten anzuerkennen.

Mit der am 12. März 2013 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage begehrt der Kläger die Anerkennung und Integration seiner Berufstätigkeiten vom 1. Januar 1966 bis 28. Februar 1989 in Peru, die Berücksichtigung und Bewertung aller Studienzeiten in Deutschland und Peru vom 1. Januar 1966 bis 28. Februar 1989, die Anerkennung einer Pflichtbeitragszeit von Januar 1985 bis Juni 1985 sowie generell eine würdige Altersrente. Entsprechend dem Fremdrentengesetz seien seine peruanischen Berufstätigkeiten anzuerkennen. Seine Berufstätigkeit für Prof. Dr. v. G. sei gut dokumentiert durch die Bescheinigung der Universität F., dem Privatarbeitsvertrag, seiner Semesterbescheinigung Wintersemester 1985/86 der Universität F. sowie durch Verleihung seines Doktortitels; Gehaltsabrechnungen oder Kontoauszüge für diesen Zeitraum habe er allerdings leider nicht. Mit Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Zeit nach dem 26. Dezember 1967 könne nicht mehr als Anrechnungszeit anerkannt werden, da an diesem Tag die letzte Prüfung absolviert worden sei. Dass dem Kläger das Hochschulabschlusszeugnis erst im Juni 1969 verliehen worden sei, verlängere den Anrechnungstatbestand nicht. Nach dem 3. November 1982 bestehe aus den gleichen Gründen der Anrechnungstatbestand des Hochschulbesuchs nicht mehr, denn das im Oktober 1980 begonnene Studium der Mineralogie habe mit dem Abschluss des Diploms am 3. November 1982 geendet. Auch seien weitere Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass von Januar bis Juni 1985 Beiträge entrichtet worden seien. Mangels Meldung einer Beschäftigung, gelte auch nicht die Vermutung der Beitragszahlung gemäß § 199 Satz 1 SGB VI. Beschäftigung und Beitragszahlung seien auch nicht gemäß § 203 SGB VI glaubhaft gemacht worden. Ebenfalls habe der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass sein Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden sei (§ 203 Abs. 2 SGB VI). Eine Berücksichtigung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten aus Erwerbstätigkeiten des Klägers in Peru sei ausgeschlossen, da gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Beitragszeiten nur solche Zeiten seien, für die nach Bundesrecht Beiträge gezahlt worden seien. Eine Anwendung des FRG scheitere daran, dass der Kläger nicht zu den genannten Personenkreisen des § 1 FRG gehöre. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit diesen bestehe nicht, da der Umzug des Klägers aus Peru nach Deutschland nicht vergleichbar sei mit den durch den Zweiten Weltkrieg veranlassten Umsiedlungen. Soweit die Rente nicht reiche, sei er auf die Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung im Alter gemäß §§ 41 ff. SGB XII zu verweisen, die eine menschenwürdige Existenz sicherten.

Gegen den dem Kläger am 2. August 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. September 2013 Berufung eingelegt. Ausweislich des Briefumschlags hat der Kläger die Berufung mittels Einschreiben am 30. August 2013 zur Post aufgegeben. Sein Studium in Peru habe am 1. Januar 1963 begonnen. Im Übrigen hat er seine Ausführungen vertieft.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. März 2014 zusätzlich eine Anrechnungszeit ab Vollendung des 17. Lebensjahres am 25. Mai 1963 bis 18. Dezember 1963 anerkannt und den Rentenbescheid vom 20. März 2014 vorgelegt, der ab 1. Juni 2011 die Rente unter deren Berücksichtigung neu festsetzte.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheids vom 20. März 2014 zu verurteilen, ihm eine höhere Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Rentenbescheid der Beklagten vom 20. März 2014, der den Bescheid vom 17. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Februar 2013 ersetzt. Nachdem der ersetzende Bescheid im Berufungsverfahren ergangen ist, entscheidet der Senat auf Klage hin (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 96 Rdnr. 7 m.w.N.). Ob dies auch dann gilt, wenn die Berufungsfrist versäumt worden ist (zum Meinungsstreit vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O.), kann der Senat offen lassen. Denn dem Kläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dem Kläger ist der Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2013 am 2. August 2013 zugestellt worden, so dass die einmonatige Berufungsfrist (§ 151 Abs. 1 SGG) am Montag, den 2. September 2013 abläuft. Die Berufung ist jedoch erst am 3. September 2013 eingegangen, damit verspätet. Dem Kläger ist jedoch gem. § 67 Abs. 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er durfte davon ausgehen, dass das am 30. August 2013 zur Post aufgegebene Einschreiben mit der Berufung noch am Montag den 2. September 2013 eingeht (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 1. Juli 2010, L 5 KR 46/09, Juris). Ein Verschulden des Klägers liegt damit nicht vor.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ein -vom Kläger angenommenes und das Verfahren insoweit erledigendes- Teilanerkenntnis abgegeben, wonach zwei weitere Monate (1. Januar 1968 bis 29. Februar 1968) Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung anerkannt und ab Rentenbeginn berücksichtigt werden. Damit hat der Kläger die Höchstdauer von acht Jahren gem. § 58 Abs. 1 Ziff. 4 SGB VI für Zeiten einer schulischen Ausbildung ausgeschöpft. Die Beklagte hat im angefochtenen Rentenbescheid vom 20. März 2014 94 Kalendermonate mit Anrechnungszeiten wegen einer schulischen Ausbildung berücksichtigt, so dass nunmehr 96 Kalendermonate mit Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung belegt sind. Nachdem damit die maximale Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung ausgeschöpft ist, brauchte der Senat nicht darüber zu befinden, ob weitere tatbestandliche Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung vorliegen. Die Klage ist -soweit sie über das Teilanerkenntnis vom 21. Oktober 2014 hinaus geht- unbegründet. Der Kläger hat weder Anspruch darauf, dass seine Tätigkeiten in Peru bei der deutschen Rente berücksichtigt werden noch darauf, dass eine Beitragszeit von Januar bis Juni 1985 anerkannt wird oder darauf, dass die Anrechnungszeiten bewertet werden (s. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 19. April 2011, B 13 R 27/10 R, Juris, auch zur Verfassungskonformität). Der Senat verweist diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid. Ergänzend ist auszuführen, dass weder die Verleihung des Doktortitels am 10. Juni 1985 noch die Immatrikulationsbescheinigung für das Wintersemester 1985/1986 einen Anhaltspunkt für ein Beschäftigungsverhältnis von Januar bis Juni 1985 ergeben. Aus dem vorgelegten Privatarbeitsvertrag ergibt sich zwar, dass für Februar 1985 eine Beschäftigung mit 20 Stunden wöchentlich erfolgen sollte. Dass dieser Vertrag aber vollzogen worden ist, ist nicht glaubhaft gemacht, zumal die mit der Abwicklung der Vergütungszahlung beauftragte Universität zwar für Dezember 1984 einen Beitrag abgeführt hat, gerade nicht jedoch für Februar 1985 und auch nicht für Januar 1985 und März bis Juni 1985. Aus der Bescheinigung der Universität vom 11. Dezember 1984 ergibt sich auch nichts dafür, dass der Kläger auch im Jahr 1985 tatsächlich in einem Privatarbeitsverhältnis bei Prof. Dr. v. G. gestanden hat. Der angefochtene Rentenbescheid ist auch im Übrigen -über das Teilanerkenntnis vom 21. Oktober 2014 hinaus- nicht rechtswidrig; weder hat der Kläger Fehler aufgezeigt noch sind solche ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zwar hat der Kläger mit seiner Klage teilweise Erfolg, als die Beklagte weitere Kalendermonate Anrechnungszeiten anzuerkennen hat. Da die Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung aber gemäß § 263 Abs. 3 SGBVI nicht bewertet und hier nur im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung (s. BSG, Urteil vom 19. April 2011, B 13 R 27/10 R, Juris, Rdnr. 24) berücksichtigt werden, erscheint der Erfolg im Verhältnis zum Begehren unmaßgeblich.
Rechtskraft
Aus
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