L 11 R 3993/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1570/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3993/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 06.08.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2014.

Die Klägerin ist 1958 geboren. Sie hat keinen Beruf erlernt. Sie war ua als Küchenhilfe, Näherin und zuletzt als Kabelbestückerin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 01.01.2009 ist sie arbeitslos und bezieht derzeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Es ist ein Grad der Behinderung von 50 seit 28.01.2009 festgestellt.

Am 09.06.2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin, Anästhesiologie, Spezielle Schmerztherapie Dr. P. Im Gutachten vom 17.08.2011 stellte dieser folgende Diagnosen: - Coronare 1-Gefäßerkrankung, akutes Coronarsyndrom 09/2006, gefäßerweiternde Maßnahmen, gute Herzmuskelfunktion, - leichte Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfall C 6/7 rechts 1992 ohne OP-Indikation, ohne Nervenwurzelreizzeichen, ohne Nervenausfallerscheinungen, ohne Bewegungseinschränkungen, - wiederkehrende Reizerscheinungen beider Schultern, Schultergelenksarthrose rechts, keine Bewegungseinschränkung, - leichte Verschleißerscheinungen der Fingerendgelenke D II und D III beidseits ohne Destruktion bei freier Beweglichkeit, - Neigung zu depressiver Verstimmung bei belastenden Lebenssituationen. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Folgende Funktionseinschränkungen seien zu beachten: keine Tätigkeiten mit erheblichem Zeitdruck und Nachtschicht, keine Zwangshaltungen der Wirbelsäule mit häufigem Bücken und Überkopfarbeiten sowie Vermeidung von Exposition gegenüber Nässe, Kälte und Zugluft, keine erhöhten Anforderungen an die Feinmotorik beider Hände.

Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.08.2011 den Rentenantrag ab. Es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor.

Hiergegen erhob die Klägerin am 14.09.2011 Widerspruch. Sie legte ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. Z. vom 28.11.2011 vor, in welchem es heißt, dass sich die Klägerin wegen einer anhaltenden Dysthymia mit Angststörung in fachärztlicher Behandlung befinde und ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich bestehe.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei dem Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und Sozialmedizin Dr. M ... Im Gutachten vom 09.03.2012 diagnostizierte Dr. M. eine leichte depressive Episode. Die Symptomatik sei unter einer konsequenten Therapie gut behandelbar und besserungsfähig. Eine Leistungsbeeinträchtigung resultiere hieraus nicht. Aus nervenärztlicher Sicht könnten leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 04.06.2012 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen.

Die Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide entgegengetreten.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte. Der Neurologe und Psychiater Dr. Z. hat mit Schreiben vom 03.09.2012 mitgeteilt, es liege eine anhaltende Dysthymie vor im Sinne einer chronifizierten Depression mit Anhedonie, Antriebsstörungen und Ängsten, weshalb die Klägerin aus seiner Sicht leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden täglich, aber nicht mehr vollschichtig verrichten könne. Der Allgemeinmediziner Dr. Sch. hat mit Schreiben vom 26.09.2012 mitgeteilt, dass die hauptsächlichen Beschwerden auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet und auf orthopädischem Gebiet vorliegen würden. Aus seiner Sicht könne die Klägerin nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten.

Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. L. vom 08.11.2012 vorgelegt.

Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D., Krankenhaus F. Im Gutachten vom 06.04.2013 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - Dysthymia bei Arbeitslosigkeit und allgemeiner psychosozialer Gesamtproblematik, - rezidivierende, depressive Störung, wiederholt leichte Episoden, - Angst und depressive Störung gemischt, - Verdacht auf Schmerzkrankheit mit Chronifizierungstendenz, mit sowohl somatischen als auch psychischen Faktoren, - Tabakabhängigkeit mit fortgesetztem Tabakkonsum und coronarer Herzkrankheit. Aus psychiatrischer Sicht sollten dauerhaft mittelschwere sowie schwere körperliche Tätigkeiten vermieden werden. Früh- und Spätschicht seien möglich, von Nachtschicht sei abzuraten. Tätigkeiten, die unter einem sehr hohen Zeitdruck und mit besonderer geistiger Beanspruchung einhergingen, solle die Klägerin ebenfalls nicht durchführen. Die kognitive Flexibilität sei eingeschränkt. Die Klägerin sei jedoch in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Zusammenfassend liege aus psychiatrischer Sicht kein höhergradiges Krankheitsbild vor. Der Übergang von einer bloßen Befindlichkeitsstörung mit phasenweise gewisser Depressivität und Ängstlichkeit hin zu einer relevanten, wenngleich leichtgradigen psychischen Störung sei fließend. Trotz Hinweisen auf Einschränkungen und Defizite habe die Klägerin einen recht erfüllten und von Tätigkeiten und Arbeit geprägten Alltag geschildert. Die Klägerin könne Erwerbstätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachgehen. Eine Intensivierung der ambulanten psychiatrischen Behandlung bzw eine ambulante Psychotherapie werde anheimgestellt.

Die Klägerin hat eine Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. Z. vom 03.06.2013 vorgelegt, der daran festhält, dass die Klägerin nicht mehr sechs Stunden täglich arbeiten könne.

Die Klägerin hat in der Folge weitere Atteste des Orthopäden Dr. H. vom 20.06.2013, Dr. Z. vom 26.06.2013, einen Bericht des Radiologen Dr. Schw. vom 25.02.2013 und einen Bericht des Orthopäden H. vom 21.06.2013 sowie einen Bericht über ihren Tagesablauf (Bl 92 SG-Akte) vorgelegt.

Mit Urteil vom 06.08.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da sie nicht erwerbsgemindert sei. Sie könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Das SG hat sich auf die Gutachten von Dr. P. und Dr. D. gestützt.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 23.08.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 12.09.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und einen Bericht der S.-Klinik Z. über eine Kniespiegelung vom 27.09.2013 sowie einen Ambulanzbericht vom 10.10.2013 vorgelegt. Sie hat eine weitere psychiatrische Begutachtung angeregt, da Dr. D. und Dr. Z. einander widersprechende Leistungsbeurteilungen abgegeben hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 06.08.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 22.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 09.05.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2014 gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Orthopäden Dr. Bü., Bundeswehrkrankenhaus U ... Im Gutachten vom 27.01.2014 stellte der Sachverständige folgende Diagnosen: - HWS- und Lumbal-Syndrom, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfall HWK 6/7 rechts 1992 ohne OP, Fehlstatik der Wirbelsäule durch leichte Skoliose, statomyalgische Insuffizienz auf Grundlage einer Adipositas per magna, geringe Bewegungseinschränkungen, keine Nervenwurzelreizzeichen, keine neurologischen Ausfallerscheinungen, - Impingementsyndrom rechte Schulter größer als linke Schulter; der rechte Arm könne im Schultergelenk lediglich bis auf Schulterhöhe gehoben werden; links initiale Bewegungseinschränkungen, Belastungsminderung, insbesondere keine Überkopftätigkeiten; - Heberdenarthrosen D II/III beidseits mit schmerzhaften, aber sonst eher nur geringen Bewegungseinschränkungen, Minderung der groben Kraft und des Feingeschicks, - medial betonte Gonarthrose links, Belastungsschmerzen, mittelfristig Notwendigkeit zur Versorgung mit einer medialen Schlittenprothese, arthroskopische OP 09/2013, - coronare 1-Gefäßerkrankung, Coronarsyndrom mit Stenteinlage 09/2006, gute Herzmuskelfunktion, - Neigung zu depressiver Verstimmung bei belastenden Lebenssituationen, zuletzt leichte depressive Episode. Generell seien zumindest noch leichte, körperliche Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen sowie ohne die Einnahme länger währender Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule möglich. Es sollte ein Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen eingehalten werden. Nicht mehr möglich seien Überkopftätigkeiten, Klettern/Steigen, Tätigkeiten auf Leitern, Gerüsten und/oder Absturzgefahr, keine Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck oder Akkord, keine Nacht- oder Wechselschicht, keine Arbeiten an laufenden Maschinen, keine taktgebundenen Arbeiten. Ebenfalls zu vermeiden seien Arbeiten mit besonderer Anforderung an das manuelle Feingeschick, an die nervliche Belastbarkeit, an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Einschränkungen seien leichte Tätigkeiten arbeitstäglich noch über sechs Stunden möglich.

Die Klägerin hat mitgeteilt, dass sie mit dem Ablauf und dem Ergebnis der Begutachtung Dr. Bü. nicht einverstanden sei und hat einen Ambulanzbericht der S.-Klinik Z. vom 13.01.2014 und einen Arztbrief der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ba. vom 14.05.2014 vorgelegt.

Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung einer Zeugenauskunft der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ba. Dr. R. hat mit Schreiben vom 12.06.2014 mitgeteilt, dass er die Einweisungsdiagnose einer Dysthymia übernommen habe.

Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme Dr. Bu. vom 07.07.2014 vorgelegt. Dr. Bu. hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich zweieinhalb Wochen vor Erstellung des Gutachtens durch Dr. Bü. bei der S.-Klinik Z. vorgestellt habe. Im Ambulanzbericht werde eine freie Beweglichkeit des linken Kniegelenks beschrieben. Änderungen zu den Feststellungen Dr. Bü.s würden sich nicht ergeben. Bei einer Dysthymia handele es sich um eine sehr leichte depressive Störung, die auch nicht das Ausmaß einer leichten depressiven Episode annehme, eine quantitative Leistungseinschränkung ergebe sich hieraus in der Regel nicht. Dr. R. habe keine Indikation für eine tagesklinische Betreuung gesehen. Entgegen den Ausführungen der Klägerin ergebe sich aus den vorliegenden Befunden auf psychiatrischem Gebiet keine Verschlechterung oder gravierende Änderung der Befundlage. Auch Dr. D. habe im Gutachten vom 06.04.2013 eine Dysthymia diagnostiziert und eine rezidivierende depressive Störung, wiederholt leichte Episoden sowie Angst und gemischt depressive Störung beschrieben. Daher ergebe sich keine Änderung der bisherigen Leistungseinschätzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2014.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbs-minderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflicht-beiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).

Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraus-setzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.

Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Die Klägerin kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten Dr. D.s und Dr. Bü.s.

Auf nervenärztlichem Fachgebiet liegen bei der Klägerin ausweislich des Gutachtens Dr. D.s vom 06.04.2013 folgende Gesundheitsstörungen vor: - Dysthymia bei Arbeitslosigkeit und allgemeiner psychosozialer Gesamtproblematik, - rezidivierende, depressive Störung, wiederholt leichte Episoden, - Angst und depressive Störung gemischt, - Verdacht auf Schmerzkrankheit mit Chronifizierungstendenz, mit sowohl somatischen als auch psychischen Faktoren, - Tabakabhängigkeit mit fortgesetztem Tabakkonsum und coronarer Herzkrankheit. Dr. D. hat für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass aus psychiatrischer Sicht dauerhaft mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeiten sowie Nachtschicht nicht mehr möglich sind, ebenso Tätigkeiten, die unter einem sehr hohen Zeitdruck und mit besonderer geistiger Beanspruchung einhergehen, da die kognitive Flexibilität eingeschränkt ist. Ebenso nachvollziehbar hat Dr. D. ausgeführt, dass die Klägerin unter Beachtung der genannten Einschränkungen in der Lage ist, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen, da aus psychiatrischer Sicht kein höhergradiges Krankheitsbild vorliegt. Trotz Hinweisen auf Einschränkungen und Defizite hat die Klägerin einen recht erfüllten und von Tätigkeiten und Arbeit geprägten Alltag geschildert. Den Befund einer Dysthymia haben auch Dr. Z. und Dr. R. genannt, wobei die Leistungseinschätzung Dr. Z.s für den Senat nicht nachvollziehbar war. Wie Dr. Bu. in seiner Stellungnahme vom 07.07.2014 für den Senat überzeugend dargelegt hat, handelt es sich bei einer Dysthymia um eine leichte depressive Störung, die nicht das Ausmaß einer leichten depressiven Episode erreicht; eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich hieraus nicht. Auch Dr. R. hat keine Indikation für eine tagesklinische Betreuung gesehen. Eine Verschlechterung oder gravierende Änderung der Befundlage ist nach den überzeugenden Ausführungen Dr. Bu. in seiner Stellungnahme nicht ersichtlich.

Auf orthopädischem Fachgebiet liegen nach den für den Senat überzeugenden Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Bü. im Gutachten vom 27.01.2014 folgende Gesundheitsstörungen vor: - HWS- und Lumbal-Syndrom, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, Bandscheiben-vorfall HWK 6/7 rechts 1992 ohne OP, Fehlstatik der Wirbelsäule durch leichte Skoliose, statomyalgische Insuffizienz auf Grundlage einer Adipositas per magna, geringe Bewegungseinschränkungen, keine Nervenwurzelreizzeichen, keine neurologischen Ausfallerscheinungen, - Impingementsyndrom rechte Schulter größer als linke Schulter; der rechte Arm könne im Schultergelenk lediglich bis auf Schulterhöhe gehoben werden; links initiale Bewegungs-einschränkungen, Belastungsminderung, insbesondere keine Überkopftätigkeiten; - Heberdenarthrosen D II/III beidseits mit schmerzhaften, aber sonst eher nur geringen Bewegungseinschränkungen, Minderung der groben Kraft und des Feingeschicks, - medial betonte Gonarthrose links, Belastungsschmerzen, mittelfristig Notwendigkeit zur Versorgung mit einer medialen Schlittenprothese, arthroskopische OP 09/2013. Dr. Bü. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass schweres Heben und Tragen, länger währende Zwangshaltungen für den Rumpf und die Wirbelsäule, Überkopftätigkeiten, Klettern/Steigen, Tätigkeiten auf Leitern, Gerüsten und/oder Absturzgefahr, Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck oder Akkord, Nacht- oder Wechselschicht, Arbeiten an laufenden Maschinen, taktgebundene Arbeiten und Tätigkeiten mit besonderer Anforderung an das manuelle Feingeschick nicht mehr möglich sind. Dr. Bü. hat nur geringe Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule, keine Nervenwurzelreizzeichen und keine neurologischen Ausfallerscheinungen festgestellt und für den Senat überzeugend dargelegt, dass unter Beachtung der genannten Einschränkungen leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich möglich sind.

Ausweislich der vorliegenden Befunde und ärztlichen Äußerungen liegt schließlich bezüglich des Coronarsyndrom mit Stenteinlage 09/2006 eine gute Herzmuskelfunktion vor, weshalb sich keine weiteren Einschränkungen ergeben.

Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre, bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1958 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Kabelbestückerin beschäftigt, was dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist. Die Klägerin muss sich daher auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Diese Tätigkeiten kann sie, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. D. und Dr. Bü. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus und enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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