L 11 R 4481/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 668/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4481/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.09.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf (wiederholte) Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 01.01.2011 geltend.

Die Klägerin ist am 11.07.1955 in Kroatien geboren; sie lebt seit 1974 in Deutschland. Eine Berufsausbildung absolvierte sie nicht. Von Oktober 1974 bis Juli 1975 war sie als Wäschereiarbeiterin, anschließend bis 1979 als Metallarbeiterin tätig. Ab 1981 war sie als Arbeiterin in der Endkontrolle an einer Maschine am Band versicherungspflichtig beschäftigt. Seit März 2003 übt sie keine Erwerbstätigkeit mehr aus. Sie bezog zunächst Krankengeld und später Arbeitslosengeld.

Am 21.04.2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und begründete dies mit folgenden Gesundheitsstörungen: Kniegelenksarthrose, Herzleiden, Lungenblähung, Schulter-Arm-Syndrom, Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenks und Knorpelschaden. Gestützt auf ein Gutachten ihres Beratungsarztes H.-L. vom 06.06.2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 21.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2005 zunächst ab. Im anschließenden Klageverfahren (S 11 R 4318/05) vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) holte das SG sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte ein und ließ die Klägerin dreimal begutachten (psychiatrisches Gutachten Dr. D. vom 10.11.2006, chirurgisch-orthopädisches Gutachten Dr. R. vom 26.02.2007 und orthopädisches Gutachten Dr. G. vom 04.04.2008). Dr. G. gelangte zu der Einschätzung, die Klägerin könne nicht mehr eine Gehstrecke von 500 m viermal täglich in einer zumutbaren Zeit von weniger als jeweils 20 Minuten zurücklegen. Hierauf schlossen die Klägerin und die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25.11.2008 im Verfahren einen Vergleich. Die Beklagte gewährte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 04.04.2008 für die Zeit vom 01.11.2008 bis zum 31.10.2011.

Am 21.06.2011 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente über den 31.10.2011 hinaus. Sie legte ihren Schwerbehindertenausweis vom 14.01.2011 vor. Es ist ein Grad der Behinderung von 70 und das Merkzeichen "G" festgestellt. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei dem Orthopäden Dr. U ... Im Gutachten vom 03.08.2011 (Bl 239 Verwaltungsakte) führte Dr. U. als Diagnosen auf: - demonstrierte Minderbelastbarkeit und Minderbeweglichkeit des linken Beins im Kniegelenk bei radiologisch nachgewiesener Gonarthrose links, - demonstrierte schmerzhafte Minderbelastbarkeit und Minderbeweglichkeit der Wirbelsäule bei leicht bis mäßiggradigen degenerativen Veränderungen der unteren LWS, - demonstrierte schmerzhafte Minderbeweglichkeit des rechten Arms im Schultergelenk bei insbesondere passiver Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, - angegebene bewegungsabhängige Missempfindung sowie sich verstärkende Schmerzsymptomatik bei maximaler Ellenbogenbeugung, - angegebene schmerzhafte Minderbelastbarkeit des rechten Großzehengrundgelenks und - arterielle Hypertonie. Die Klägerin sei von ihm auf dem Weg zum Untersuchungszimmer vor der Untersuchung im zügigen, wechselschrittigen Gangbild unter Zuhilfenahme zweier Unterarmgehstöcke angetroffen worden. Sie habe berichtet, das Auto etwa 250 bis 300 m vor der Klinik geparkt zu haben. Hierbei habe der vor der Klinik befindliche Anstieg überwunden werden müssen. Dieser Anstieg sei aufgrund der Lage der Klinik auch für gehgesunde Patienten mühsam und bedürfe einiger Anstrengung. Im Rahmen der klinischen Untersuchung habe die Klägerin das Gangbild sehr mühsam und ausgeprägt links hinkend demonstriert. Beim Entkleiden bzw Ankleiden sei das linke Kniegelenk streckenweise vollständig gestreckt und etwa 100° gebeugt gewesen, während hingegen bei der aktiven Untersuchung des linken Kniegelenks lediglich ein Bewegungsausmaß von 0-10-30° zugelassen worden sei. Die gemessenen Umfangsmaße der unteren Extremitäten hätten ein nahezu seitengleiches Muskelrelief gezeigt, sodass von einer ausgeprägten Minderbelastbarkeit des linken Beines nicht auszugehen sei. Das Röntgenbild des linken Kniegelenkes zeige einen normalen Mineralsalzgehalt, eine unauffällige Knochenstruktur, einen gut erhaltenen medialen Gelenksspalt. Leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen, könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Eine Einschränkung der Gehstrecke in rentenberechtigendem Maß liege nicht vor. Tätigkeiten, die mit regelmäßigem Gehen oder Stehen verbunden seien, mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, in Armvorhaltung oder über Kopf seien nicht leidensgerecht. Mit Bescheid vom 12.08.2011 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Rente ab, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege.

Hiergegen erhob die Klägerin am 05.09.2011 Widerspruch. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H ... Im Gutachten vom 17.01.2012 (Bl 343 Verwaltungsakte) diagnostizierte Dr. H. eine Migräne ohne Aura (gewöhnliche Migräne); Spannungskopfschmerz; Syndrom der unruhigen Beine (Restless-legs-Syndrom); pseudoradikuläres Schmerzsyndrom. Die Klägerin sei bewusstseinsklar, in sämtlichen Qualitäten orientiert, im Verhalten situationsgerecht, kontaktfähig, schwingungsfähig, kritikfähig gewesen. Aufmerksamkeit und Gedächtnis seien ungestört gewesen; es hätten keine Denk-, Sprach- oder Wahrnehmungsstörungen vorgelegen. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei sie vollschichtig leistungsfähig, dies gelte auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit am Band. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2012 (Bl 363 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 06.03.2012 hat die Klägerin Klage zum SG erhoben. Die Gesundheitsstörungen hätten sich im Vergleich zum Jahr 2008 nicht verbessert. Nach wie vor sei ihre Wegefähigkeit nicht gegeben. Sie habe ständige Schmerzen im linken Kniegelenk, es liege fortgeschrittene Gonarthrose beidseits vor, eine Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke, ein Schulter-Arm-Syndrom, ein LWS-Leiden mit Ausstrahlungsschmerzen in die Oberschenkelseite rechts sowie eine Restless-legs-Syndrom. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. K. in seinem Schreiben vom 14.06.2012 die Auffassung vertreten, dass die Klägerin nicht mehr einer regelmäßigen Arbeitstätigkeit nachgehen könne. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. hat mit Schreiben vom 02.07.2012 ausgeführt, er habe Bedenken, ob die Klägerin leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Auch sei das viermalige Zurücklegen einer Wegstrecke von 550 m täglich in jeweils höchstens 20 Minuten nicht möglich. Der Chirurg Dr. S. hat im Schreiben vom 18.07.2012 mitgeteilt, aus seiner Sicht bestünden erhebliche Bedenken sowohl an der Arbeits- als auch Wegefähigkeit.

Das SG hat daraufhin Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. D., F ... Im Gutachten vom 18.03.2013 (Bl 44 SG-Akte) hat der Sachverständige eine chronische Schmerzkrankheit mit dominierenden körperlichen und seelischen Faktoren, einen gemischten Kopfschmerz (gewöhnliche Migräne und Verdacht auf Spannungskopfschmerz und Verdacht auf Analgetika-induzierten Kopfschmerz); Syndrom der unruhigen Beine; Anpassungsstörung mit Depressivität nach Tod des Vaters und bei Rentenstreit diagnostiziert. Der Bewegungsablauf der Klägerin sei sehr auffallend gewesen. Sie sei sehr langsam, zum Teil auch betont langsam gegangen und habe eine erhebliche Einschränkung des Gehens signalisiert. Die Darstellung des eigenen Leidens sei zumindest punktuell so ausgeprägt gewesen, dass von einer zumindest leichten Aggravation auszugehen sei. Allerdings würde er keine Simulation unterstellen. Aus psychiatrischer Sicht könne die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich ausüben. Es liege sicher keine hochgradige psychische Störung vor. Die Haupterkrankung bestehe auf orthopädischem Fachgebiet.

Ferner hat das SG ein Gutachten bei dem Orthopäden Dr. L., Bad D., eingeholt. Im Gutachten vom 18.04.2013 (Bl 87 SG-Akte) hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - mittelgradig ausgeprägte, ca drittgradige mediale Gonarthrose linkes Kniegelenk mit schmerzhafter Funktionseinschränkung, - degeneratives Lumbalsyndrom ohne Wurzelreizsymptomatik, - Kraftminderung beider Hände bei Folgen eines operierten schnellenden Daumens rechts sowie Operation eine schnellenden Fingers IV links, - radiale Epicondylitis, links mehr als rechts, - Fersensporn beidseits, ohne röntgenologische Hinweise für plantaren Fersensporn und - Spreizfuß mit Hallux valgus beidseits. Es seien nur noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne regelmäßiges Heben und Tragen sowie von Bewegen von Lasten über 5 kg, überwiegend im Sitzen, mit gelegentlichem Gehen und Stehen möglich. Diese Tätigkeiten könne die Klägerin an 5 Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht rentenrelevantem Maße eingeschränkt. Die objektive Beurteilung der verbliebenen Gehleistung sei aufgrund eines deutlichen Rentenbegehrens mit Aggravation der Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenkes nicht einfach. Ausgehend vom röntgenologischen Befund des linken Kniegelenks sei durchaus eine Gehleistung von 500 m zum Erreichen des Arbeitsplatzes oder eines öffentlichen Verkehrsmittels in angemessener Zeit zumutbar. Das Röntgenbild des linken Kniegelenkes in zwei Ebenen und Patella axial habe eine Verschmälerung des medialen Gelenkspalts mit osteophytärem Anbau im medialen Tibiakantenbereich bei insgesamt noch ordentlichen Gelenkspaltverhältnissen gezeigt.

Die Klägerin hat eine Stellungnahme des Chirurgen Dr. S. vom 21.05.2013 vorgelegt, der ausführt, dass die Problematik auf psychiatrischem Gebiet die vorhandenen funktionellen Beeinträchtigungen am Bewegungsapparat richtunggebend verstärke, weshalb die Wegefähigkeit sowie eine ausreichende Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.09.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Die Klägerin habe über den 31.10.2011 hinaus keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Das SG hat sich auf die Ergebnisse der sachverständigen Gutachten von Dr. U., Dr. H., Dr. D. und Dr. L. gestützt.

Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 04.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 15.10.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie auf das im vorangegangenen sozialgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten bei Dr. G. hingewiesen. Dieser habe insbesondere auf verminderte Umfangsmaße am linken Bein der Klägerin hingewiesen und dementsprechend eine Minderbelastbarkeit des linken Beins angenommen. Die Umfangsmaße an beiden Beinen hätten sich seit dem Jahr 2008 weiter vermindert. Im Jahr 2008 habe Dr. G. außerdem eine volle Streckfähigkeit des linken Knies festgestellt, was nun nicht mehr gegeben sei. Die vorliegende Streckbehinderung habe erhebliche Auswirkungen auf die Gehfähigkeit.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.09.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 12.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung über den 31.10.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte bei dem Allgemeinmediziner Dr. Köhler, der im Schreiben vom 27.03.2014 ausgeführt hat, es hätten sich im Laufe des Jahres 2013 keine Verbesserungen im Gesundheitszustand ergeben und überdies sei die Wegefähigkeit der Klägerin nicht gegeben. Die psychologische Psychotherapeutin Seyfang hat im Schreiben vom 09.04.2014 über die verhaltenstherapeutische Psychotherapie berichtet. Der Chirurg Dr. Sieber hat mit Schreiben vom 30.04.2014 mitgeteilt, dass wesentliche Veränderungen im Gesundheitszustand seit Juli 2012 nicht eingetreten seien.

Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines interdisziplinären Gutachtens bei dem Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie/spezielle Schmerztherapie ua Dr. S., L ... Im Gutachten vom 18.06.2014 (Bl 44 Senatsakte) hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt: - medialseitig betonte Gonarthrose linksseitig, radiologisch mittelkräftig ausgeprägt mit bestehender Funktionseinschränkung und leichter Schonungsatrophie, - rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose L 5/S 1 betont ohne Hinweis für eine Wurzelreizsymptomatik oder radikuläre Ausfallserscheinungen, - rezidivierendes Zervikalsyndrom bei initialen degenerativen Veränderungen und erheblicher muskulärer Dysbalance - Epicondylitis radialis humeri beidseitig, rechts deutlicher ausgeprägt wie linksseitig, ohne röntgenologisch nachweisbare Veränderungen im Bereich der Ellenbogengelenke beidseitig, - Zustand nach Ringbandspaltung an den Daumen beidseitig und am 4. Finger linksseitig ohne Hinweis für eine klinische Funktionseinschränkung oder röntgenologische Veränderungen im Bereich der Hand- und Fingergelenke, - Leichte Senk-Spreizfußbildung mit initialem Hallux valgus, rechtsseitig deutlicher ausgeprägt wie linksseitig bei Insertionstendopathie der Plantaraponeurose beidseitig, - schwere somatoforme Schmerzstörung im Rahmen einer Anpassungsstörung mit depressiven Komponenten, - Migräne mit Verdacht auf Spannungskopfschmerz und auf analgetikainduzierten Kopfschmerz, - Arterielle Hypertonie, - Adipositas und - Restless-legs-Syndrom. Aufgrund der Untersuchung könne sicher davon ausgegangen werden, dass im Bereich der Wirbelsäule keine gravierenden und wesentlich über die Altersnorm hinausgehenden Einschränkungen funktionell vorliegen. Weder an den oberen noch an den unteren Extremitäten habe ein Hinweis für eine motorische oder sensible Ausfallserscheinung im Sinne einer radikulären Symptomatik oder einer Nervenwurzelthematik gefunden werden können. Weder im Bereich der Schultergelenke noch im Bereich der Ellenbogengelenke, der Hand- und Fingergelenke lägen gravierende funktionelle Defizite vor. Auffällig sei zwar überall eine massive Schmerzhaftigkeit, welche nahezu an eine Berührungsschmerzhaftigkeit grenze, dem könne aber keine erkennbare Funktionseinschränkung oder ein nachweisbares Funktionsdefizit zugeordnet werden. Im linken Kniegelenk könne weder eine Ergussbildung noch ein gravierender Reizzustand noch eine Überwärmung erkannt werden. Es liege eine sehr gering ausgeprägte Synovitis vor. In den Kniegelenken habe keine Bandinstabilität nachgewiesen werden können. Es habe sich eine endgradige Einschränkung der Funktionsfähigkeit linksseitig im Sinne der Beugebehinderung ab 90 Grad gegenüber rechtsseitig gezeigt. Röntgenologisch habe sich im linken Kniegelenk eine gewisse Verschmälerung des medialseitigen Gelenkspaltes mit diskreten arthrotischen Veränderungen gezeigt. Aber es hätten keine gravierenden oder schwerwiegenden exophitären Ausziehungen und degenerative Veränderungen im Bereich des linken Kniegelenks gefunden werden können, welche die angegebene massive Beschwerdesymptomatik ausreichend und suffizient hätten erklären können. Die in einigen Gutachten angeführte Schonungsatrophie des linken Beines könne nicht überzeugend erkannt werden. 2008 sei im Rahmen einer fachorthopädischen Untersuchung eine Umfangsminderung im Oberschenkelbereich von 2 cm festgestellt worden, im Jahr 2013 eine Umfangsminderung von 1 cm und bei der heutigen gutachterlichen Untersuchung im Oberschenkel- und Unterschenkelbereich linksseitig gegenüber rechtsseitig eine Muskelumfangsminderung zwischen 1,0 und 1,5 cm vor. Diese Werte ergäben keine gravierende Differenz, denn 0,5 cm müssten bei der relativ kräftigen Patientin ohnehin als Messspielraum gesehen werden. Gravierend auffällig sei, dass innerhalb von über 10 Jahren angegebener Schonungshaltung nur eine Muskelumfangsminderung im Umfang von ca 1 bis 1,5 cm auftrete. Es sei vollkommen unverständlich, dass es in diesem langen Zeitraum nicht zu gravierenden Muskelatrophien im Bereich der Oberschenkelstreckmuskulatur bei einer derartigen angegebenen Schonung gekommen sei. Bei einer über 10 Jahre dauernden Schonung hätten auch typische röntgenologische Zeichen im Sinne einer Schonungsatrophie (diskrete Entkalkung oder Rarifizierung der Knochenbällchenstruktur) vorliegen müssen, aber auch diese röntgenologischen Veränderungen seien nicht vorhanden. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten durchzuführen. Diese müssten ausschließlich in sitzender Position verrichtet werden. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten mit monoton fixierenden Körperhaltungen. Die Klägerin könne keine Tätigkeiten mehr durchführen, die das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg erforderlich machten, ebenso das Besteigen auf Leitern oder Gerüsten. Sie könne auch keine stehenden Tätigkeiten durchführen, da sie auf den Gebrauch von zwei Unterarmgehstützen angewiesen sei, Tätigkeiten, die eine grobe Kraftanstrengung der Arme und Hände erforderlich machten, seien nicht mehr möglich, auch nicht Arbeiten unter Kälte-, Nässe- und Zugexposition. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung bestehe auch eine gewisse eingeschränkte psychische Leistungsfähigkeit, Tätigkeiten mit erhöhtem Verantwortungsgefühl oder erhöhter Konzentrationsfähigkeit oder Arbeiten mit komplizierten Denkprozessen oder mit Publikumsverkehr seien daher nicht mehr möglich. Unter Berücksichtigung des Gesamtbildes sei die Klägerin in der Lage, in fast ausschließlich sitzender Tätigkeit sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu arbeiten. Die Klägerin könne unter zumutbaren Anstrengungen viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m in 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und sie sei durchaus in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.10.2011 hinaus.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbs-minderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflicht-beiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Nach § 102 Abs 2 Satz 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn (§ 102 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Sie kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn (§ 102 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Nach § 102 Abs 2 Satz 4 SGB VI erfolgen Verlängerungen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist.

Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraus-setzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Die Klägerin kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. D., Dr. L. und Dr. S ...

Bei der Klägerin besteht eine chronische Schmerzkrankheit mit dominierenden körperlichen und seelischen Faktoren, eine Migräne mit Verdacht auf Spannungskopfschmerz und Verdacht auf Analgetika-induzierten Kopfschmerz, ein Restless-legs-Syndrom, eine Anpassungsstörung mit Depressivität nach Tod des Vaters und bei Rentenstreit. Eine schwerwiegende, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in stärkerem Maße beeinträchtigende psychische Störung liegt jedoch nicht vor. Dies folgt aus den Befunden, die Dr. D. bei der Untersuchung der Klägerin erhoben hat und die er in seinem Gutachten vom 18.03.2013 dargelegt hat. Der Sachverständige hat aus diesen Befunden und den sich daraus ergebenden Einschränkungen körperlicher und geistiger Funktionen nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass die Klägerin trotz der genannten Störungen körperlich leichte Tätigkeiten in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich ausüben kann. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an.

Auf orthopädischem Fachgebiet sind folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen vorhanden: - medialseitig betonte Gonarthrose linksseitig, radiologisch mittelkräftig ausgeprägt mit bestehender Funktionseinschränkung und leichter Schonungsatrophie, - rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose L 5/S 1 betont ohne Hinweis für eine Wurzelreizsymptomatik oder radikuläre Ausfallserscheinungen, - rezidivierendes Zervikalsyndrom bei initialen degenerativen Veränderungen und erheblicher muskulärer Dysbalance, - Epicondylitis radialis humeri beidseitig, rechts deutlicher ausgeprägt wie linksseitig, ohne röntgenologisch nachweisbare Veränderungen im Bereich der Ellenbogengelenke beidseitig, - Zustand nach Ringbandspaltung an den Daumen beidseitig und am 4. Finger linksseitig ohne Hinweis für eine klinische Funktionseinschränkung oder röntgenologische Veränderungen im Bereich der Hand- und Fingergelenke, - Leichte Senk-Spreizfußbildung mit initialem Hallux valgus, rechtsseitig deutlicher aus-geprägt wie linksseitig bei Insertionstendopathie der Plantaraponeurose beidseitig.

Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. S. vom 28.06.2014. Dr. S. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass bei der Klägerin an der Wirbelsäule keine gravierenden und wesentlich über die Altersnorm hinausgehenden Einschränkungen vorliegen. An den Armen und Beinen fand er keinen Hinweis für eine motorische oder sensible Ausfallserscheinung aufgrund einer radikulären Symptomatik oder einer Entzündung der Nervenwurzeln. Die Schultergelenke, Ellenbogengelenke, Hand- und Fingergelenke wiesen keine gravierenden funktionellen Defizite auf. Die Klägerin ist nach den plausiblen Darlegungen Dr. S. noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in sitzender Position durchzuführen. Nicht mehr zumutbar sind Tätigkeiten mit monoton fixierenden Körperhaltungen. Die Klägerin kann keine Tätigkeiten mehr durchführen, die das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg erforderlich machen, ebenso ist das Besteigen auf Leitern oder Gerüsten nicht möglich. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin aus medizinischen Gründen auch nicht auf den Gebrauch von Unterarmgehstützen angewiesen ist. Funktionelle Defizite, die Unterarmgehstützen notwendig machen, konnte keiner der Sachverständigen feststellen. Arbeiten unter Kälte-, Nässe- und Zugexposition sind der Klägerin nicht zumutbar. Ob aufgrund der Schmerzerkrankung keine Tätigkeiten mit erhöhtem Verantwortungsgefühl oder erhöhter Konzentrationsfähigkeit oder Arbeiten mit komplizierten Denkprozessen oder mit Publikumsverkehr mehr verrichtet werden können, wie dies Dr. S. meint, braucht nicht entschieden zu werden. Derartige Einschränkungen stünden einem Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohnedies nicht entgegen. Unter Berücksichtigung des Gesamtbildes ist die Klägerin nach den überzeugenden Darlegungen Dr. S. imstande, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben.

Dr. S. hat für den Senat auch überzeugend dargelegt, dass die Wegefähigkeit nicht in rentenrelevantem Ausmaß eingeschränkt ist. Die Klägerin kann unter zumutbaren Anstrengungen viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m in 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und ist in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Im linken Kniegelenk fand Dr. S. bei seiner Untersuchung der Klägerin weder eine Ergussbildung noch einen gravierender Reizzustand. Auch war eine Überwärmung des Kniegelenks nicht festzustellen, ebenso wenig keine Bandinstabilität. Es lag lediglich eine sehr gering ausgeprägte Synovitis vor. Dr. S. stellte auch nur eine endgradige Einschränkung der Funktionsfähigkeit des linken Knies im Sinne der Beugebehinderung ab 90 Grad gegenüber rechts fest. Röntgenologisch zeigte sich im linken Kniegelenk eine gewisse Verschmälerung des medialseitigen Gelenkspaltes mit diskreten arthrotischen Veränderungen. Aber es konnten keine gravierenden exophitären Ausziehungen und degenerative Veränderungen im linken Kniegefunden werden, welche die angegebene bzw demonstrierte massive Beschwerdesymptomatik ausreichend und suffizient hätten erklären können. Die in früheren Gutachten behauptete Schonungsatrophie des linken Beines konnte Dr. S. nicht feststellen. Er wies darauf hin, dass es unverständlich sei, wenn bei der von der Klägerin behaupteten Schonung des linken Knies innerhalb von über 10 Jahren nur eine Muskelumfangsminderung im Umfang von ca 1 bis 1,5 cm auftrete. In einem derart langen Zeitraum hätte es bei den von der Klägerin geschilderten Beschwerden zu gravierenden Muskelatrophien in der Oberschenkelstreckmuskulatur kommen müssen und es hätten typische röntgenologische Zeichen im Sinne einer Schonungsatrophie (diskrete Entkalkung oder Rarifizierung der Knochenbällchenstruktur) vorliegen müssen (vgl S 57 des Gutachtens, Bl 100 Senatsakte), was nicht der Fall ist. Mit den festgestellten medizinischen Befunden lässt sich der Gebrauch von Unterarmgehstützen nicht erklären.

Diese Schlussfolgerungen Dr. S. werden bestätigt durch die Ausführungen Dr. L. im Gutachten vom 18.04.2013, der ebenfalls für den Senat nachvollziehbar und plausibel zum Ergebnis gekommen ist, dass leichte körperliche Tätigkeiten ohne regelmäßiges Heben und Tragen sowie von Bewegen von Lasten über 5 kg, überwiegend im Sitzen, mit gelegentlichem Gehen und Stehen an 5 Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden können. Auch Dr. L. ist zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass die Wegefähigkeit nicht rentenrelevantem Maße eingeschränkt ist. Die objektive Beurteilung der verbliebenen Gehleistung war aufgrund eines deutlichen Rentenbegehrens mit Aggravation der Schmerzen im linken Knie ohnedies nicht einfach. Bereits Dr. D. hat im Gutachten vom 18.03.2013 beschrieben, dass der Bewegungsablauf der Klägerin sehr auffallend gewesen sei. Sie sei sehr langsam, zum Teil auch betont langsam gegangen und habe eine erhebliche Einschränkung des Gehens signalisiert. Die Darstellung des eigenen Leidens sei zumindest punktuell so ausgeprägt gewesen, dass von einer zumindest leichten Aggravation auszugehen sei. Dies sich hieraus ergebenden Zweifel an einer eingeschränkten Gehfähigkeit gehen zu Lasten der Klägerin. Ausgehend vom röntgenologischen Befund des linken Kniegelenks ist nach den überzeugenden Darlegungen Dr. L. jedenfalls eine Gehleistung von 500 m zum Erreichen des Arbeitsplatzes oder eines öffentlichen Verkehrsmittels in angemessener Zeit zumutbar. Das Röntgenbild des linken Kniegelenkes in zwei Ebenen und Patella axial hat eine Verschmälerung des medialen Gelenkspalts mit osteophytärem Anbau im medialen Tibiakantenbereich bei insgesamt noch ordentlichen Gelenkspaltverhältnissen gezeigt.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person der Klägerin eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit der Klägerin noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Die Klägerin ist 1955 und damit vor dem Stichtag geboren, sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN). Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Arbeiterin in der Endkontrolle tätig, was dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist; ebenso stand sie während des Bezugs von Arbeitslosengeld dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Die Klägerin muss sich daher auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Diese Tätigkeiten kann sie, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. D., Dr. L. und Dr. S. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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