S 11 AS 359/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AS 359/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für die im Rahmen des § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II zu treffende Prognoseentscheidung ist auf den Tag der Antragstellung der Leistungen nach dem SGB II und der dann voraussichtlichen Verweildauer abzustellen.
I. Der Bescheid vom 11. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2013 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 28. März 2013 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch in Höhe von monatlich 382 EUR zu gewähren.
III. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger im Zeitraum 01.01.2013 bis 28.03.2013 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen.

Der 1983 geborene Kläger beantragte erstmals am 18.01.2013 Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Dabei gab er an, dass er sich vom 24.10.2012 bis 23.04.2013 in der stationären Therapieeinrichtung " K." befinden würde. Auf einem Zusatzblatt zum Antrag auf Arbeitslosengeld II findet sich auch ein handschriftlicher Vermerk eines Sachbearbeiters des Beklagten, dass der Kläger nach Therapieende im U. bleiben wolle.

Mit Schreiben vom 20.01.2013 bestätigte die K. Drogenhilfe GmbH dem Beklagten, dass der Kläger am 24.10.2012 in die stationäre Rehabilitationseinrichtung " K." aufgenommen wurde und die Regelverweildauer bis zu 26 Wochen betrage.

In der Anlage EK zum Antrag vom 18.01.2013 gab der Kläger an, dass er bei der Deutschen Rentenversicherung für die Zeit vom 24.10.2012 bis 24.04.2013 Übergangsgeld beantragt habe, welches jedoch abgelehnt worden sei. Hierzu wurde der entsprechende Ablehnungsbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 08.11.2012 vorgelegt.

Mit Schreiben vom 07.02.2013 gab die K. Drogenhilfe GmbH gegenüber dem Beklagten an, dass der Kläger sich regulär vom 24.10.2012 bis zum 24.04.2013 in der Einrichtung befinden würde, was genau 182 Tage und damit weniger als sechs Monate seien. Aus therapeutischer Sicht könne derzeit nicht sicher mitgeteilt werden, ob bzw. wann eine Verkürzung des Therapieaufenthalts eintritt.

Am 07.02.2013 wurde auch der Bewilligungsbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd vom 10.07.2012 vorgelegt. Darin wird der K. Drogenhilfe GmbH mitgeteilt, dass eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für sechs Monate bewilligt worden sei.

Mit Bescheid vom 11.02.2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II ab, da der Kläger sich seit 24.10.2012 für die Gesamtdauer von mindestens sechs Monaten in einer stationären Einrichtung befinde und daher der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 4 SGB II vorliegen würde. Es finde keine taggenaue Berechnung der Sechsmonatsfrist statt, sondern im SGB II seien alle Monate mit 30 Tagen zu zählen. Maßgeblich für eine entsprechende Prognose sei der Therapiebeginn am 24.10.2012.

Gegen diesen Ablehnungsbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 15.02.2013, eingegangen beim Beklagten am 21.02.2013, Widerspruch ein. Er trug vor, dass er sich, da der erste und der letzte Therapietag allenfalls halbe Tage seien, maximal 180 Tage in Therapie befinden würde.

Mit Schreiben vom 21.02.2013 teilte die K. Drogenhilfe GmbH dem Beklagten mit, dass der Kläger zum 28.03.2013 die Behandlung beenden und eine Weiterbehandlung der Adaption in A-Stadt anstreben werde.

Bei der Arbeitsvermittlung hat der Kläger in einem Gespräch am 03.01.2013 angegeben, dass er noch bis Februar in der Therapieeinrichtung untergebracht sei, dann sei die Therapie abgeschlossen. Er wurde darauf hingewiesen, dass er eine entsprechende Bestätigung des Therapiezentrums vorlegen müsse. In einem weiteren Gespräch bei der Arbeitsvermittlung am 22.01.2013 teilte der Kläger mit, dass er wahrscheinlich am 24.02.2013 oder am 24.03.2013 die Einrichtung verlassen könne.

Mit Bescheid vom 06.03.2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Beklagte verwies darauf, dass der Kläger die Leistungsvoraussetzungen des § 7 SGB II nicht erfülle, da er in einer stationären Einrichtung untergebracht gewesen sei, der Aufenthalt sei zum Zeitpunkt der Prognoseentscheidung des Beklagten für sechs Monate geplant gewesen.

Am 28.03.2013 zeigte die K. Drogenhilfe GmbH dem Beklagten an, dass der Kläger am 28.03.2013 regulär aus der Einrichtung entlassen wurde.

Gegen die Ablehnung hat der Klägerbevollmächtigte am 05.04.2013, Eingang bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben.

Zur Begründung hat er vorgetragen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung der Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung gewesen sei, und schon deshalb kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II vorliegen würde. Zudem sei jedenfalls von einem Aufenthalt von weniger als sechs Monaten auszugehen, da für die Berechnung dieser Frist gemäß § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anzuwenden seien und danach die Sechsmonatsfrist am 25.10.2012 begonnen habe und erst mit Ablauf des 24.04.2013, 24 Uhr, erfüllt gewesen wäre.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 11.02.2013 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.03.2013 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 28.03.2013 zu gewähren.

Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass die Deutsche Rentenversicherung mit Bescheid vom 10.07.2012 dem Kläger eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für sechs Monate bewilligt habe und diese Bewilligung maßgeblich für die Prognoseentscheidung gewesen sei. Die vom Kläger vorgetragene mögliche Maßnahmenverkürzung wurde bis zum Zeitpunkt der Prognoseentscheidung nicht nachgewiesen. Auch die zwischenzeitlich tatsächlich eingetretene Verkürzung ändere nichts an dieser Auffassung. Zwischenzeitlich habe der Kläger die Einrichtung zum 28.03.2013 verlassen. Mit Bescheid vom 08.04.2013 seien ihm Alg-II-Leistungen ab 01.04.2013 bis 26.06.2013 gewährt worden. Zudem habe der Bezirk Oberbayern für den Zeitraum 09.01.2013 bis 28.03.2013 dem Kläger entsprechende Sozialhilfeleistungen bewilligt. So dass schon aus diesem Grund eine Gewährung von SGB-II-Leistungen ausscheide. Zudem bestünden Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten, da der Kläger vor der Therapie in W. gewohnt habe.

Eine gerichtlich erholte Meldeauskunft hat ergeben, dass der Kläger ab Beginn der Therapie keinen Wohnsitz mehr in W. hatte.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zudem bestätigt, dass die Adaption nicht bereits bei Beginn der Maßnahme im K. geplant gewesen war.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte des Beklagten und die Akte des Sozialgerichts verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Ablehnungsbescheid ist aufzuheben und dem Kläger sind für den streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Streitgegenstand ist der Ablehnungsbescheid vom 11.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.03.2013 und die damit verbundene Frage, ob dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 28.03.2013 Leistungen nach dem SGB II zustehen.

Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat im Zeitraum von 01.01.2013 bis 28.03.2013 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 382 Euro.

Der Beklagte war für die Entscheidung über den Antrag und ist für die Gewährung von Leistungen zuständig gemäß § 36 S. 1 SGB II.

Danach ist für die Leistungsgewährung diejenige Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung kann ein gewöhnlicher Aufenthalt am Ort der Einrichtung begründet werden, wenn subjektive und objektive Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der bisherige gewöhnliche Aufenthalt aufgegeben worden ist (vgl. Eicher, SGB II, 3. Auflage, 2013, § 36, Rn. 40). So ist es hier. Der Kläger hat keinen Wohnsitz mehr an seinem bisherigen Wohnort, sondern hat sich am Ort der Maßnahmeeinrichtung gemeldet. Zudem hat der Kläger bei Antragstellung angegeben, dass er nach Abschluss der Maßnahme im U. bleiben möchte. Dass sich dies dann anders ergeben hat, war nicht absehbar und spielt daher keine Rolle.

Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das Rentenalter noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Der 1983 geborene Kläger erfüllt die altersmäßigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II. Der Kläger hat zudem, wie von § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II gefordert, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger ist auch gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II hilfebedürftig, da er seinen Lebensunterhalt nicht aus zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, bekommen kann. Das gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 SGB II vorrangige Übergangsgeld gemäß § 45 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 20 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wurde von der Deutschen Rentenversicherung mit Bescheid vom 08.11.2012 abgelehnt. Die Leistungen des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) sind demgegenüber gemäß § 5 Abs. 2 S.1 SGB II nachrangig, so dass der Beklagte sich nicht darauf berufen kann, dass der Kläger diese bereits erhalten hat. Ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge verfügt der Kläger auch nicht über sonstiges Vermögen oder laufende Einnahmen. Die Verpflegung in der Einrichtung stellt gemäß § 1 Nr. 11 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-VO) kein Einkommen dar.

Im Hinblick auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist auch nicht der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II, wonach Leistungen u.a. dann nicht erbracht werden, wenn jemand in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, einschlägig. Der Kläger war nämlich gemäß § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 SGB II voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus untergebracht.

Der K. stellt eine Einrichtung im Sinn des § 107 Abs. 2 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) dar. Denn hierunter fallen Rehabilitationseinrichtungen, die der stationären Behandlung der Patienten dienen. Der K. erfüllt nach Ansicht der Beteiligten unstreitig diese Voraussetzung, entgegenstehende Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Der Verweis in § 7 Abs. 4 S.3 Nr. 1 SGB II erfasst auch den gesamten § 107 SGB V (vgl. Eicher, SGB II, 3. Auflage, 2013, § 7 Rn. 129).

Die Unterbringung in der Einrichtung war voraussichtlich für weniger als sechs Monate geplant.

Die Frage, welcher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung maßgeblich ist, ist umstritten und bisher nicht höchstrichterlich geklärt, kann hier jedoch dahinstehen, da unter Zugrundelegung beider Auffassungen von einem Aufenthalt von weniger als sechs Monaten auszugehen war.

Nach einer Auffassung ist für die Prognoseentscheidung der Beginn der Aufnahme in die Einrichtung maßgeblich (vgl. Hauck/Noftz, SGB II, § 7, Rn. 245, Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/1410 S. 20). Zum Zeitpunkt des Therapiebeginns war nach Mitteilung der Einrichtung von einem Aufenthalt des Klägers vom 24.10.2012 bis 24.04.2013 auszugehen. Die Verkürzung war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt und nach Mitteilung der Einrichtung auch nicht absehbar, so dass sie nicht berücksichtigt werden kann.

Für die Berechnung von Fristen sind im SGB II gemäß § 40 Abs. 1 SGB II, § 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Regelungen der §§ 187 bis 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anwendbar. Gemäß § 187 Abs. 1 BGB wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, wenn für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist. Vorliegend ist der Beginn der Maßnahme als ein Ereignis maßgeblich für die Frage, ob diese sechs Monate dauert. Gemäß § 188 Abs. 2 BGB endet eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum bestimmt ist, im Falle des § 187 Abs. 1 BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht. Sechs Monate umfassen daher den Zeitraum vom 25.10.2012 bis 24.04.2013, 24:00 Uhr. Es wäre also nur dann davon auszugehen, dass der Kläger sechs Monate in der Einrichtung verbleiben sollte, wenn eine Entlassung am 25.04.2013 angestrebt gewesen wäre.

Die Regelung, dass für einen Monat jeweils 30 Tage zu zählen sind, ist hier nicht anwendbar. Gemäß §§ 40 Abs. 1 SGB II, 26 Abs. 1 SGB X, § 191 BGB ist für Monatsfristen die Berechnung mit 30 Tagen nur heranzuziehen, wenn ein Zeitraum nach Monaten oder nach Jahren in dem Sinne bestimmt ist, dass er nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Regelung des § 41 Abs. 1 S. 2 SGB II, wonach der Monat mit 30 Tagen berechnet wird, ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sowie deren Regelungszusammenhang nur für die Berechnung der Leistungen anwendbar.

Nach anderer, aus Sicht der Kammer vorzugswürdiger, Auffassung ist für die zu treffende Prognoseentscheidung auf die voraussichtliche Verweildauer in der Einrichtung auf den Tag der erstmaligen Antragstellung abzustellen (vgl. Eicher, SGB II, 3. Auflage, 2013, § 7 Rn. 130, SG Köln, Beschluss vom 30.02.2010, S 32 AS 290/10 ER, Rn. 21 - juris). Das Bundessozialgericht hat zudem in seinem Urteil vom 06.09.2007 (B 14/7b AS 60/06 R, Rn. 15 - juris) zu der vor dem 20.07.2006 geltenden Fassung des § 7 Abs. 4 SGB II angedeutet, dass für den Zeitpunkt der Prognoseentscheidung wegen der Intention des Gesetzgebers, jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit zu integrieren sowie wegen des Aktualitätsprinzips des SGB II, die besseren Gründe für das Abstellen auf den Tag der erstmaligen Antragstellung sprechen. Diese Auffassung ist auf die aktuelle Gesetzeslage übertragbar. Da auch nach der geltenden Fassung des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II eine Prognoseentscheidung über die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts in einem Krankenhaus oder einer sonstigen Therapieeinrichtung zu treffen ist. Die Gesetzesbegründung (a.a.O.) enthält kein zwingendes Argument gegen diese Auffassung, da sie sich mit dem Fall, dass erst nach Beginn der Maßnahme ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt wird, nicht auseinandersetzt. Die häufig gegen diese Auffassung vorgebrachte Manipulierbarkeit des Prognosezeitpunkts ist nach Auffassung der Kammer kein wirksames Argument. Denn nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 7 Abs. 4 SGB II sollen diejenigen Personen keine Leistungen bekommen, die dem Arbeitsmarkt für sechs Monate oder länger nicht zur Verfügung stehen. Hier kann jedoch nur der Zeitpunkt maßgeblich sein, zu dem erstmals Leistungen beantragt werden. Wenn in diesem Zeitpunkt mit einer Erwerbsfähigkeit innerhalb von sechs Monaten zu rechnen ist, ist die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nach dem Gesetzeszweck auch sinnvoll. Ob jemand vor dem erstmaligen Leistungsbezug nicht erwerbsfähig war, kann hier keine Rolle spielen.

Nach dieser Auffassung ist der Zeitpunkt, zu welchem der Kläger den Antrag gestellt hat, vorliegend also der 18.01.2013, für die Prognoseentscheidung maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt war von einem Aufenthalt im K. von weniger als sechs Monaten, nämlich bis maximal 24.04.2013, auszugehen. Die Dauer mehrerer Maßnahmen ist zwar grundsätzlich zu addieren, soweit diese im Zeitpunkt der Prognose beabsichtigt waren (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1410, S. 20, Eicher, a. a. O., Rn. 131). Die Adaption wurde jedoch nach Mitteilung des Klägers erst zu einem späteren Zeitpunkt als weitere Maßnahme geplant und ist daher nicht zu berücksichtigten.

Der Zeitpunkt der Antragstellung ist nicht gemäß § 40 Abs. 5 SGB II i.V.m. § 28 S. 1 SGB X auf den Zeitpunkt der Antragstellung für das Übergangsgeld vorzuverlagern, da der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II nicht unverzüglich im Folgemonat gestellt worden ist. Wiedereinsetzungsgründe wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Denn das Übergangsgeld als Sozialleistung gemäß § 45 SGB IX i.V.m. § 20 SGB VI wurde bereits mit Bescheid vom 08.11.2012 abgelehnt.

Auch eine geänderte Tatsachenlage im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung kann für die Prognoseentscheidung nicht maßgeblich sein. Da ein sich im Laufe des Verwaltungsverfahrens ändernder Prognosezeitpunkt nicht mit dem Wesen einer Prognoseentscheidung vereinbar ist.

Ebenso wenig kann es auf die Formulierung "sechs Monate" im Genehmigungsbescheid der Rentenversicherung ankommen. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass bei derart standardisierten Bescheiden eine genaue Berechnung der Maßnahmedauer erfolgt und dann eine Maßnahme mit beispielsweise "fünf Monaten drei Wochen und zwei Tagen" genehmigt werden wird. Da von einer taggenauen Formulierung des Rehabescheids also nicht auszugehen ist, kann für die Berechnung von Fristen, bei denen es auf jeden einzelnen Tag ankommt, nicht auf diese Formulierung abgestellt werden.

Bezüglich der Erwerbsfähigkeit bestehen im Übrigen keine Bedenken. Solche wurden weder vom Beklagten noch vom Kläger vorgetragen und waren für das Gericht auch nicht ersichtlich.

Kosten der Unterkunft hat der Kläger nicht geltend gemacht und solche sind für ihn auf Grund der Unterbringung in der Einrichtung auf Kosten des Rentenversicherungsträgers auch nicht angefallen.

Mangels anderweitigem Einkommen steht dem Kläger monatlich der Regelbedarf in Höhe von 382 Euro zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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