L 2 AL 65/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 44/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 65/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 wegen einer Entlassungsentschädigung geruht hat.

Der am xxxxx 1957 geborene Kläger war zunächst bis zum 31. Januar 2010 bei der Firma U. beschäftigt. Anlässlich des Verkaufs des Geschäftsbereichs "Special Transport" der Firma U. an die Firma V. schlossen diese beiden Firmen und der Kläger im Januar 2010 eine Überleitungsvereinbarung. In Ziffer 2 dieser Vereinbarung hieß es, der Kläger werde, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Jahren ab dem Betriebsübergang aufgrund einer Insolvenz der Firma V. aus betriebsbedingten Gründen ende, eine Abfindung erhalten, die der Abfindung entspreche, die er nach den Bestimmungen des (am 21. Dezember 2009 zwischen der Firma U. und deren Betriebsrat vereinbarten) Sozialplans erhalten hätte, wenn sein Arbeitsverhältnis im Februar 2010 betriebsbedingt gekündigt worden wäre. Mit Beschluss des Amtsgerichts Landshut vom 28. November 2011 (Az.: IN 840/11) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma V. eröffnet.

Am selben Tage schlossen der Kläger und die Firma V. – diese vertreten durch den Insolvenzverwalter – einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. November 2011 sein Ende finden sollte (§ 1 des Vertrages). In § 4 des Vertrages hieß es, der Kläger habe Anspruch auf eine "Abfindung aus dem Sozialplan" vom 21. Dezember 2009. Ausweislich § 7 des Vertrages wurde der Kläger ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Ruhenszeit wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist hingewiesen. Die Firma U. ging ausweislich ihres Schreibens vom 23. Dezember 2011 davon aus, dass dem Kläger ein "Abfindungsanspruch gemäß Überleitungsvereinbarung / Sozialplan" in Höhe von 40.210,94 Euro brutto zustehe.

Am 18. November 2011 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Beklagte holte eine Arbeitgeberauskunft der Firma V. ein, wonach das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag geendet habe, andernfalls sei eine Kündigung zum 29. Februar 2012 beabsichtigt gewesen.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2011 stellte die Beklagte unter Hinweis auf die Entlassungsentschädigung ein Ruhen des Anspruchs auf Alg in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 fest. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2011 bewilligte sie Alg für die Zeit vom 1. März 2012 bis zum 30. Dezember 2012 unter Zugrundelegung eines monatlichen Zahlbetrages von 915.- Euro. Weiter hieß es in dem Bescheid, es bestehe in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 kein Leistungsanspruch angesichts einer Entlassungsentschädigung, weiter bestehe in der Zeit vom 16. bis zum 20. Dezember 2011 auch wegen Ortsabwesenheit kein Anspruch.

Zur Begründung seines am 4. Januar 2012 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, er habe die "Abfindung" nicht von seinem letzten Arbeitgeber erhalten, sondern von der Firma U ... Weiterhin habe er die Frist zur ordentlichen Kündigung nicht einhalten können, da es die Firma nicht mehr gebe. Ein Ruhen des Leistungsanspruchs trete auch deshalb nicht ein, weil er für eine Kündigung einen wichtigen Grund gehabt habe (Nichtzahlung des Gehalts). Zur Frage des Ruhens seien im Übrigen auch unterschiedliche Entscheidungen der Beklagten ergangen, was mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2012 zurück: Die Zahlung der Firma U. sei als Entlassungsentschädigung zu berücksichtigen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlägen und ein Betriebsübergang nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorausgegangen sei. Auf die Gründe, aus denen das Arbeitsverhältnis beendet worden sei, komme es nicht an.

Am 27. Januar 2012 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, es habe sich bei der Zahlung nicht um eine Entlassungsentschädigung gehandelt, sondern um einen der Karenzentschädigung vergleichbaren Anspruch, den der Kläger aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit bei der Firma U. erworben habe. Die Zahlung habe daher nicht die Gegenleistung für eine Verkürzung der Kündigungsfrist dargestellt. Zur vorzeitigen Auflösung seines Arbeitsvertrages mit der Firma V. sei der Kläger hingegen gezwungen gewesen, denn der Betrieb sei zum 1. Dezember 2011 vollständig eingestellt worden, und eine Entgeltzahlung während der Kündigungsfrist sei nicht zu erwarten gewesen. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes komme § 143a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht zur Anwendung. Jedenfalls liege in dieser Konstellation ein Härtefall vor. Der Kläger dürfe nicht schlechter gestellt werden als im Rahmen eines Sperrzeittatbestandes. Außerdem habe die Beklagte früheren Arbeitskollegen des Klägers in parallel gelagerten Fällen Alg auch ohne Ruhen gewährt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Schließlich habe der Kläger sich auf eine Auskunft der Arbeitsagentur Darmstadt verlassen dürfen, wonach der Alg-Anspruch nicht zum Ruhen kommen solle.

Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben und hat ergänzend ausgeführt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründe kein außerordentliches Kündigungsrecht.

Durch Urteil vom 13. November 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat nach § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und ergänzend darauf hingewiesen, der Charakter der Zahlung als Entlassungsentschädigung habe sich nicht dadurch verändert, dass die Zahlung von einem Dritten (hier dem früheren Arbeitgeber) geleistet worden sei. Dies ergebe sich aus der Überleitungsvereinbarung aus Januar 2010, die eindeutig die Zahlung einer Abfindung von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma V. infolge Insolvenz abhängig gemacht habe. Weiter habe die Beklagte auch jedenfalls keine wirksame Zusicherung erteilt, wonach die Zahlung kein Ruhen des Alg-Anspruchs auslösen solle. Schließlich gebe es auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen früheren Arbeitnehmern der Firma V ...

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 21. November 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. Dezember 2013 Berufung eingelegt.

Er führt aus, es sei bereits im August 2011 das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma V. eröffnet worden. In den Monaten September bis einschließlich November 2011 sei dann bereits Insolvengeld gezahlt worden. Anschließend sei er bis Ende Januar 2012 mittellos gewesen. Bei einem Gespräch zwischen einem Mitarbeiter der Leistungsstelle der Agentur für Arbeit Darmstadt und einem nicht näher bezeichneten Rechtsanwalt am 16. November 2011 sei von Seiten der Beklagten dann mitgeteilt worden, dass die "Härtefallregelungen nach den §§ 142-146 SGB III" zum Tragen kommen sollten. In den Aufhebungsverträgen geregelte Abfindungen sollten nicht angerechnet werden, da sie von der Firma U. gezahlt würden. In dieser Situation habe die – allein aufgrund der Betriebszugehörigkeit zur Firma U. berechnete – Zahlung den Alg-Anspruch nicht zum Ruhen gebracht, denn sie habe nicht etwa Ansprüche auf Arbeitsentgelt abgelten sollen, sondern allein den Verlust des sozialen Besitzstandes bei der Firma U ...

Weiterhin habe in Gestalt der Zahlungsunfähigkeit der Firma V. ein wichtiger Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages vorgelegen, der ein Ruhen des Alg-Anspruchs ausschließe. Ein Arbeitsloser dürfe im Rahmen des Ruhens wegen Entlassungsentschädigung nicht schlechter gestellt werden als bei der Prüfung einer Sperrzeit. Ein Ruhen des Alg-Anspruchs sei auch deswegen unverhältnismäßig, weil der Kläger bereits im Fall einer anlässlich des Betriebsübergangs erfolgten Kündigung Anspruch auf eine Zahlung in derselben Höhe gehabt hätte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Dezember 2011 und unter Abänderung des Bescheides vom 28. Dezember 2011, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012, zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 29. Februar 2012 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Das Gericht hat am 29. Oktober 2014 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Alg-Anspruch des Klägers hat im streitigen Zeitraum geruht.

Einschlägig ist – da die Arbeitslosigkeit zum 1. Dezember 2011 eingetreten ist – die noch bis zum 31. März 2012 in Kraft befindliche Vorschrift in § 143a SGB III (alte Fassung, a.F.): Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt nach § 143a Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F. mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Voraussetzungen der Vorschrift sind erfüllt.

Die Zahlung, die der Kläger von der Firma U. zu beanspruchen hatte, stellte rechtlich eine Entlassungsentschädigung im Sinne der Klammerdefinition in § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III dar und wurde auch – wie im Gesetz vorausgesetzt – wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt. Der Begriff der Entlassungsentschädigung ist hierbei denkbar weit und erfasst auch Ansprüche, die ihre Grundlage in einem Sozialplan haben (vgl. Schmitz in: jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 158 SGB Rn. 15). Auch setzt die Vorschrift nicht voraus, dass die Zahlung durch den Arbeitgeber erfolgt (Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB III K § 158, Rn. 31 m.w.N.). Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass nach einem Betriebsübergang auch eine Zahlung des neuen Arbeitgebers als Entlassungsentschädigung zum Ruhen des Anspruchs führen kann (BSG, Urteil vom 29. August 1991 – 7 RAr 68/90, SozR 3-4100 § 117 Nr. 5). Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum dies nicht auch für Zahlungen des früheren Arbeitgebers gelten sollte.

Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird eine Abfindung oder vergleichbare Leistung gezahlt, wenn die Beendigung nicht nur Anlass der Zahlung ist (Düe, in: Brand, SGB III, 6. Aufl., 2012, § 158 Rn. 12). Die von § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorausgesetzte ursächliche Beziehung zwischen dem Anspruch auf Entlassungsentschädigung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht immer dann, wenn der Arbeitnehmer ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Entlassungsentschädigung nicht erhalten hätte (Valgoglio, a.a.O., Rn. 42). Auch dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen: Aus der im Januar 2010 geschlossenen Überleitungsvereinbarung zwischen dem Kläger, der Firma U. und der Firma V. und aus dem Aufhebungsvertrag zwischen dem Kläger und der Firma V. (vom 28. November 2011) ergibt sich, dass der Kläger die Zahlung nur deswegen erhalten hat, weil sein Arbeitsverhältnis zur Firma V. innerhalb von zwei Jahren ab dem Betriebsübergang aufgrund Insolvenz das Arbeitgebers geendet hat. Eine Kausalität zwischen dem Anspruch auf Entlassungsentschädigung und einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im Übrigen nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95, SozR 3-4100 § 117 Nr. 12).

Durch diese Kausalbeziehung unterscheidet sich die im vorliegenden Fall gezahlte Entschädigung auch von der Karenzentschädigung, mit der der Kläger die erhaltene Zahlung gleichgesetzt wissen möchte. Nach § 74 Abs. 1 und 2 des Handelsgesetzbuches (ggf. i.V.m. § 110 der Gewerbeordnung) ist eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbverbot), nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Diese sog. Karenzentschädigung ist mithin der Ausgleich für ein bestimmtes Verhalten des ehemaligen Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Der Arbeitnehmer erhält sie als Ausgleich für die Einschränkung seiner Möglichkeiten zur Berufsausübung (vgl. Oetker, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Auflage 2014, § 74 HGB Rn. 1). Für die gebotene begriffliche Unterscheidung zwischen Karenzentschädigung und Abfindung (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 606/92, AP HGB § 74 Nr. 65) kann daher nur darauf abgestellt werden, ob der Entschädigungsanspruch mit dem in § 74 Abs. 1 HBG beschriebenen Verhalten verknüpft ist. Im vorliegenden Fall fehlte es an genau dieser Verknüpfung.

Dass das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, wird nicht bestritten und ist nach Lage der Dinge (zwischen dem Abschluss des Aufhebungsvertrages und dem Ende des Arbeitsverhältnisses lagen zwei Tage) auch nicht zu bezweifeln.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm habe bei Abschluss des Auflösungsvertrags ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts zur Seite gestanden. Weder Wortlaut noch Systematik noch Zweck des Gesetzes bieten einen Anhaltspunkt für die Berücksichtigung eines wichtigen Grundes im Rahmen von § 143a SGB III a.F.

Der Gesetzeswortlaut spricht klar gegen die Berücksichtigung eines wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitregelung. Systematisch und auch teleologisch ergibt sich im Gegenschluss aus der (den Arbeitslosen privilegierenden) Ausnahmevorschrift in § 143a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III a.F. (wonach der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht über den Tag hinaus ruht, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können), dass es im Rahmen von § 143a Abs. 1 SGB III a.F. nicht auf mögliche wichtige Gründe seitens des Arbeitnehmers ankommt (Valgoglio, a.a.O., Rn. 51 m.w.N.; Hessisches LSG, Urteil vom 22. Mai 2013 – L 6 AL 5/10): Die Ausnahmevorschrift in § 143a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III a.F. erfasst bereits von vornherein nicht diejenigen Fälle, in denen der Arbeitnehmer das Recht zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung hat (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 13. März 1990 – 11 RAr 69/89, juris, Rn. 28). Sie macht deswegen eine Ausnahme von Grundsatz des § 143a Abs. 1 SGB III a.F., weil der parallele Bezug von Arbeitsentgelt und Alg, den Absatz 1 der Vorschrift vermeiden will, dann nicht droht, wenn der – zur fristlosen Kündigung berechtigte Arbeitgeber – kein weiteres Arbeitsentgelt zahlen muss. Diese Konstellation ist hingegen mit der des vorliegenden Falles nicht vergleichbar. Denn anders als bei einem Arbeitnehmer, der nach arbeitgeberseitiger fristloser Kündigung nicht durch einen Entgeltfortzahlungsanspruch während einer Kündigungsfrist abgesichert gewesen wäre, ist der Arbeitnehmer, der selbst zur fristlosen Kündigung berechtigt ist, durch einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber hinreichend geschützt (dazu BSG, Urteil vom 29. August 1991 – 7 RAr 130/90, SozR 3-4100 § 117 Nr. 6). Der – wie dargelegt als Entlassungsentschädigung zu qualifizierende – Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Firma U. hatte den Zweck, den Arbeitnehmer in genau dem Fall abzusichern, dass eine Entgeltfortzahlung während der Kündigungsfrist aufgrund der Insolvenz der Firma V. faktisch nicht erfolgte.

Auch die übrigen Erwägungen des Klägers, die weitgehend den Bereich der Billigkeit betreffen, verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg. Soweit er die Auffassung vertritt, er dürfe im Rahmen des Ruhens wegen Entlassungsentschädigung nicht schlechter gestellt werden als bei der Prüfung einer Sperrzeit (§ 144 SGB III a.F., jetzt § 159 SGB III), verkennt er den unterschiedlichen Charakter der beiden Regelungen. Er übersieht insbesondere, dass die Anwendung der Ruhensvorschrift des § 143a SGB III a.F., anders als dies bei einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe der Fall wäre, nicht zu einer Minderung des Leistungsanspruchs gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) geführt hat, sondern die Anspruchsdauer unverändert geblieben und der Leistungsanspruch im Anschluss an das Ende des Ruhenszeitraums voll erfüllt worden ist. Auch dies zeigt, dass es sich bei § 143a SGB III a.F. um eine eigenständige Ruhensregelung handelt hat, die an mit der Sperrzeitregelung des § 144 SGB III a.F. in keiner Weise vergleichbare Sachverhalte anknüpft und deshalb keinen Raum für eine Prüfung lässt, ob der Arbeitslose für die vorzeitige Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses einen wichtigen Grund hatte oder ob und bei Anwendung welcher Regelung er vergleichsweise besser oder schlechter gestellt wäre. Das Ruhen des Alg-Anspruchs ist auch nicht etwa deswegen unverhältnismäßig, weil der Kläger – wie er vorträgt – bereits im Fall einer anlässlich des Betriebsübergangs erfolgten Kündigung Anspruch auf eine Zahlung in derselben Höhe gehabt hätte. Hypothetische Überlegungen dieser Art haben im Arbeitsförderungsrecht keinen Platz. Im Übrigen wäre auch bei einem früheren Ausscheiden des Klägers gegen Abfindung die Ruhensregelung des § 143a SGB III a.F. zum Tragen gekommen, wenn dabei die Frist für eine ordentliche Kündigung nicht beachtet worden wäre.

Schließlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf angebliche Auskünfte der Beklagten berufen, wonach der Anspruch nicht zum Ruhen komme solle. Der klägerische Vortrag ist rechtlich dahingehend zu würdigen, dass die Beklagte rechtsverbindlich erklärt habe, sie werde kein Ruhen des Alg-Anspruchs feststellen. Somit hätte es sich um eine Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung) gehandelt, wie sie nach § 34 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form bedarf. Der Kläger hat nicht einmal behauptet, dass dieses Formerfordernis eingehalten worden wäre.

Die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten sind auch auf der Rechtsfolgenseite nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Beklagte bei der Feststellung der Dauer des Ruhens der Ausnahmevorschrift in § 143a Abs. 2 SGB III a.F. Rechnung getragen. Eine Verkürzung des Ruhenszeitraums käme nur in Betracht, wenn die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers in Wahrheit kürzer gewesen wäre. Hierfür fehlen allerdings Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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