Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 1196/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 117/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten.
Der Kläger betrieb in der Zeit vom 6. Februar 2003 bis zum 30. Juli 2008 in der Hstraße, B, in der Räumen der Schank- und Speisewirtschaft "C" ein Feinkostgeschäft. Er hatte einen Einzelhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Tabakwaren angemeldet.
Die 1979 geborene Beigeladene zu 5) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene) ist tschechische Staatsangehörige. Am 17. August 2006 meldete sie in F ein Gewerbe als selbständige Köchin an. In einem Fragebogen zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht des Hauptzollamt Potsdam gab sie unter dem 17. November 2006 an, für den Kläger in der "C" seit August 2006 für 6,50 EUR pro Stunde als Köchin tätig zu sein, welche sie dem Kläger in Rechnung stelle und von dem sie Umsatzsteuer abführe. Sie sei nicht für mehrere Auftraggeber tätig. Dies sei ihr auch nicht möglich. Sie habe keine Ansprüche auf Urlaub und auf Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit. Sie müsse keine regelmäßigen Arbeitszeiten einhalten, jedoch ihre Abwesenheiten mit dem Kläger im Voraus abstimmen. Bei Arbeitsunfähigkeit müsse sie den Kläger informieren und habe Anwesenheitsnachweise zu führen. Ihr würden Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) der Tätigkeit erteilt. Sie nutze zur Ausübung ihrer Tätigkeit die ihr vom Kläger kostenlos zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel. Sie stellte dem Hauptzollamt Kopien der von ihr erstellten Rechnungen zur Verfügung.
Am 1. Dezember 2008 vernahm das Hauptzollamt Potsdam den Kläger aufgrund eines Verdachts des Veruntreuens und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt/Beitragsvorenthaltung. Er gab an, die Beigeladene sporadisch/nach Bedarf beauftragt zu haben, als selbständige Köchin bei ihm zu arbeiten. Als tschechische Staatsangehörige hätte diese nicht beschäftigt werden dürfen. Als Selbständige habe er sie beauftragen können, für ihn zu kochen. Eine andere Art der Zusammenarbeit sei nicht möglich gewesen. In der Zeit, in der die Beigeladene für die Firma "C" gearbeitet habe (August 2006 – August 2007) sei der Laden von seiner Freundin M B geführt worden. Es sei kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen, sondern alles mündlich vereinbart worden. Die Absprachen hätte immer seine Freundin getroffen, weil diese auch Tschechin sei. Die Beigeladene habe auch für andere Unternehmen gearbeitet. Sie habe Vorspeisen vorbereitet für die Vitrine. Es sei in der Branche üblich, selbständige Köche zu beschäftigen. Die meisten Köche seien selbständig. Er würde schon sagen, dass tendenziell manche Berufszweige hier in Deutschland kriminalisiert würden, nur damit weitere Beiträge abkassiert werden könnten.
Am 24. Januar 2011 stellte die Staatsanwaltschaft Berlin das gegen den Kläger unter dem Aktenzeichen 246 Js 221/11 geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung mit Zustimmung des Gerichts ein.
Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 9. September 2012 dem Kläger mit, zu beabsichtigen, für die Zeit vom 16. August 2006 bis zum 31. Oktober 2007 Nachforderungen zur Sozialversicherung und Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz in Höhe von insgesamt 3.859,50 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.085,50 EUR zu erheben. Der Kläger äußerte sich dahingehend, ein Unternehmen nicht geführt zu haben.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 forderte die Beklagte einen Betrag von insgesamt 5.945,00 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.085,50 EUR gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) nach.
Der Bescheid wurde per Post am 27. Dezember 2011 übersandt. Der Kläger legte hiergegen am 23. Januar 2012 Widerspruch ein. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012 zurück (abgesandt: 20. März 2012).
Hiergegen hat der Kläger am 11. Juli 2012 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die Beigeladene zu 5) sei nie für ihn als Köchin abhängig oder selbständig beschäftigt gewesen. Er habe mit ihr nie geredet oder reden können. Das Strafverfahren gegen ihn sei mit der Begründung eingestellt worden, dass eine strafrechtliche Schuld, wenn es eine gäbe, als gering anzusehen und kein öffentliches Interesse an einer strafrechtlichen Verfolgung bestehe. Es werde Untätigkeitsklage erhoben, da er bis jetzt keinen Widerspruchsbescheid erhalten habe. Er hat ferner vorgetragen, der Kontakt zwischen ihm und der Beigeladenen sei durch deren Bekannten, Freund oder Lebensgefährten zustande gekommen. Diese sei zu diesem Zeitpunkt bereits selbständig tätig gewesen. Sie habe immer einen sehr beschäftigten Eindruck gemacht, so dass er – der Kläger – keine Zweifel gehabt habe, dass dieser Partner die Beigeladene in die Selbständigkeit geführt habe, weil dieser keine weiteren Unterhaltspflichten habe eingehen wollen. Die Beigeladene sei in das Geschäft gekommen zu den Zeiten, die ihr gepasst hätten. Er habe für seinen Laden keine Hilfsperson benötigt, weil seine Freundin für ihn den Laden geführt habe. Seine Einlassungen vor dem Hauptzollamt seien missverständlich. Er habe kein Schuldeingeständnis abgeben wollen. Er hat eine eidesstattliche Versicherung der Frau M S vom 26. Februar 2013 zur Akte gereicht.
Die Beigeladene zu 5) teilte mit, sie sei im Restaurant "C" als selbständige Köchin tätig gewesen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2013 abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Vom Einhalten der Klagefrist nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG sei auszugehen, weil sich nicht feststellen lasse, wann dem Kläger der Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012 bekanntgegeben worden sei. Der angefochtene Bescheid sei jedoch rechtmäßig. Der Kläger habe die Beigeladene im Sinne des § 7 SGB IV beschäftigt, auch wenn – möglicherweise – beide Seiten von Selbständigkeit ausgegangen seien. Unter anderen habe der Kläger angegeben, dass die Beigeladene damals kein Wort deutsch gesprochen habe. Dies rechtfertige den Schluss, dass die Bestellungen durch Frau MB, welche für den Kläger das Feinkostgeschäft geführt habe, in Form von Weisungen übermittelt habe. Die Beigeladene habe ferner kein Unternehmerrisiko getragen. Der Kläger habe zuletzt gegen die Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Säumniszuschläge, welche die Beklagte festgesetzt habe, keine Einwände erhoben.
Gegen diesen ihm am 18. März 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18. April 2013 (eingegangen am selben Tag) "Antrag auf Revision und auf Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Durchführung eines beabsichtigten Berufungsverfahrens um den Gerichtsbescheid ( ) anzufechten" erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, es sei einfach unmöglich, dass die Beigeladene gegenüber dem Hauptzollamt Potsdam angegeben haben solle, dass sie für ihn als Köchin gearbeitet habe. Die Beigeladene habe jedenfalls zur damaligen Zeit nicht deutsch gekonnt. Wenn sie – wie der Bescheid behauptet – Umsatzsteuer abgeführt habe, dann habe sie als Selbständige gearbeitet. Er rüge, dass die Beigeladene nicht persönlich angehört und Zeugen nicht vernommen worden seien. Es sei ihm schleierhaft, wie die Beklagte eine nahezu kafkaeske Situation habe produzieren können. Er empfinge die ganze Situation nur als erniedrigend. Er bitte um Rechtsgehör. Von dem Protokoll der Vernehmung des Hauptzollamtes Potsdam vom 1. Dezember 2008 distanziere er sich kategorisch. Die geforderten Beiträge seien frei erfunden und künstlich produziert.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 20. September 2013 abgelehnt. Er hat das Verfahren mit Beschluss vom 6. Dezember 2013 dem Berichterstatter zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als so genannter kleiner Senat in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entschieden werden. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Der Sachverhalt ist geklärt (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage des Prüfbescheides und der Beitragsnachforderung ist § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung in diesem Rahmen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten, § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 75 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch i. V. m. § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch. Für die Umlage U 1 für Krankheitsaufwendungen regelte in der streitgegenständlichen Zeit § 17 LFZG die Umlagenbeitragsfestsetzung.
Nach § 28 f Abs. 1 SGB IV hat jeder Arbeitgeber für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Lohnunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28 p SGB IV) folgende Kalenderjahr geordnet aufzubewahren. Dies gilt ausdrücklich auch für die Aufbewahrung der Beitragsabrechnungen und der Beitragsnachweise. Lohnunterlagen sind auch für solche Beschäftigten zu führen, für die Beiträge nicht gezahlt werden, § 28 p Abs. 1 Satz 4 SGB IV. Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen.
Die Beigeladene war in der streitgegenständlichen Zeit für ihn abhängig beschäftigt nach § 7 SGB IV. Sie war in dem Betrieb des Klägers integriert. Sie bestückte die Vitrine mit Vorspeisen, Salaten und bereitete die Speisen, welche bestellt wurden, zu. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass sie situationsbedingt (alle) Arbeiten ausführte, und insoweit alleine von den Bestellungen der Gäste und den Inhalten der Vitrine und dem Kühlschrank abhängig gewesen sei. Die Beigeladene hat zudem keine eigenen betrieblichen Einrichtungen gehabt, sie hat sich vielmehr des sächlichen und personalen Apparats des Klägers bedient. Unmaßgeblich ist, dass der Kläger mangels Verständigungsmöglichkeiten mit der Beigeladenen selbst nicht kommunizierte. Er muss sich das Verhalten seiner Freundin, welche für ihn in der fraglichen Zeit das Geschäft betrieb, zurechnen lassen. Nicht zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger keinen Zweifel gehabt hatte, dass die Beigeladene selbstständig gewesen sei.
Hat der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nach § 28 f Abs. 1 SGB IV nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (§ 28 Abs. 2 SGB IV). Im vorliegenden Fall konnte und musste die Beklagte die per Rechnung quittierten Zahlungen als Arbeitsentgelt zugrunde legen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB IV gelten diese Vergütungen als Nettoarbeitsentgelt und sind auf das für die Beitragsbemessung zugrundeliegende Bruttogehalt umzurechnen. Diese Umrechnung (Hochrechnung) ist unter Ansatz der Steuerklasse VI aufgrund § 39 c Einkommenssteuergesetz durchzuführen. Auf die Anlage zum streitgegenständlichen Bescheid wird insoweit verwiesen.
Die Beklagte konnte und musste ferner das Arbeitsentgelt für das Kalenderjahr 2006 gemäß § 28 f Abs. 2 Satz 3 SGB IV auf der Grundlage des Durchschnitts der Zahlungen des Jahres 2007 schätzen.
Zeugen sind nicht zu vernehmen. Es kann insbesondere von der Richtigkeit der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der Frau M S ausgegangen werden.
Die Beigeladene hat diesen Beteiligtenstatus, weil in dem angefochtenen Bescheid Sozialversicherungsbeiträge zu ihren Gunsten nachgefordert werden und das Verfahren sie damit zumindest gemäß § 75 Abs. 1 SGG in ihren berechtigten Interessen berührt. Ihre persönliche Anhörung ist ebenfalls nicht erforderlich.
Im Übrigen wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Gerichtsbescheid verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten.
Der Kläger betrieb in der Zeit vom 6. Februar 2003 bis zum 30. Juli 2008 in der Hstraße, B, in der Räumen der Schank- und Speisewirtschaft "C" ein Feinkostgeschäft. Er hatte einen Einzelhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Tabakwaren angemeldet.
Die 1979 geborene Beigeladene zu 5) (nachfolgend nur noch: "die Beigeladene) ist tschechische Staatsangehörige. Am 17. August 2006 meldete sie in F ein Gewerbe als selbständige Köchin an. In einem Fragebogen zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht des Hauptzollamt Potsdam gab sie unter dem 17. November 2006 an, für den Kläger in der "C" seit August 2006 für 6,50 EUR pro Stunde als Köchin tätig zu sein, welche sie dem Kläger in Rechnung stelle und von dem sie Umsatzsteuer abführe. Sie sei nicht für mehrere Auftraggeber tätig. Dies sei ihr auch nicht möglich. Sie habe keine Ansprüche auf Urlaub und auf Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit. Sie müsse keine regelmäßigen Arbeitszeiten einhalten, jedoch ihre Abwesenheiten mit dem Kläger im Voraus abstimmen. Bei Arbeitsunfähigkeit müsse sie den Kläger informieren und habe Anwesenheitsnachweise zu führen. Ihr würden Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) der Tätigkeit erteilt. Sie nutze zur Ausübung ihrer Tätigkeit die ihr vom Kläger kostenlos zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel. Sie stellte dem Hauptzollamt Kopien der von ihr erstellten Rechnungen zur Verfügung.
Am 1. Dezember 2008 vernahm das Hauptzollamt Potsdam den Kläger aufgrund eines Verdachts des Veruntreuens und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt/Beitragsvorenthaltung. Er gab an, die Beigeladene sporadisch/nach Bedarf beauftragt zu haben, als selbständige Köchin bei ihm zu arbeiten. Als tschechische Staatsangehörige hätte diese nicht beschäftigt werden dürfen. Als Selbständige habe er sie beauftragen können, für ihn zu kochen. Eine andere Art der Zusammenarbeit sei nicht möglich gewesen. In der Zeit, in der die Beigeladene für die Firma "C" gearbeitet habe (August 2006 – August 2007) sei der Laden von seiner Freundin M B geführt worden. Es sei kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen, sondern alles mündlich vereinbart worden. Die Absprachen hätte immer seine Freundin getroffen, weil diese auch Tschechin sei. Die Beigeladene habe auch für andere Unternehmen gearbeitet. Sie habe Vorspeisen vorbereitet für die Vitrine. Es sei in der Branche üblich, selbständige Köche zu beschäftigen. Die meisten Köche seien selbständig. Er würde schon sagen, dass tendenziell manche Berufszweige hier in Deutschland kriminalisiert würden, nur damit weitere Beiträge abkassiert werden könnten.
Am 24. Januar 2011 stellte die Staatsanwaltschaft Berlin das gegen den Kläger unter dem Aktenzeichen 246 Js 221/11 geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung mit Zustimmung des Gerichts ein.
Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 9. September 2012 dem Kläger mit, zu beabsichtigen, für die Zeit vom 16. August 2006 bis zum 31. Oktober 2007 Nachforderungen zur Sozialversicherung und Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz in Höhe von insgesamt 3.859,50 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.085,50 EUR zu erheben. Der Kläger äußerte sich dahingehend, ein Unternehmen nicht geführt zu haben.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 forderte die Beklagte einen Betrag von insgesamt 5.945,00 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.085,50 EUR gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV) nach.
Der Bescheid wurde per Post am 27. Dezember 2011 übersandt. Der Kläger legte hiergegen am 23. Januar 2012 Widerspruch ein. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012 zurück (abgesandt: 20. März 2012).
Hiergegen hat der Kläger am 11. Juli 2012 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die Beigeladene zu 5) sei nie für ihn als Köchin abhängig oder selbständig beschäftigt gewesen. Er habe mit ihr nie geredet oder reden können. Das Strafverfahren gegen ihn sei mit der Begründung eingestellt worden, dass eine strafrechtliche Schuld, wenn es eine gäbe, als gering anzusehen und kein öffentliches Interesse an einer strafrechtlichen Verfolgung bestehe. Es werde Untätigkeitsklage erhoben, da er bis jetzt keinen Widerspruchsbescheid erhalten habe. Er hat ferner vorgetragen, der Kontakt zwischen ihm und der Beigeladenen sei durch deren Bekannten, Freund oder Lebensgefährten zustande gekommen. Diese sei zu diesem Zeitpunkt bereits selbständig tätig gewesen. Sie habe immer einen sehr beschäftigten Eindruck gemacht, so dass er – der Kläger – keine Zweifel gehabt habe, dass dieser Partner die Beigeladene in die Selbständigkeit geführt habe, weil dieser keine weiteren Unterhaltspflichten habe eingehen wollen. Die Beigeladene sei in das Geschäft gekommen zu den Zeiten, die ihr gepasst hätten. Er habe für seinen Laden keine Hilfsperson benötigt, weil seine Freundin für ihn den Laden geführt habe. Seine Einlassungen vor dem Hauptzollamt seien missverständlich. Er habe kein Schuldeingeständnis abgeben wollen. Er hat eine eidesstattliche Versicherung der Frau M S vom 26. Februar 2013 zur Akte gereicht.
Die Beigeladene zu 5) teilte mit, sie sei im Restaurant "C" als selbständige Köchin tätig gewesen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2013 abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Vom Einhalten der Klagefrist nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG sei auszugehen, weil sich nicht feststellen lasse, wann dem Kläger der Widerspruchsbescheid vom 19. März 2012 bekanntgegeben worden sei. Der angefochtene Bescheid sei jedoch rechtmäßig. Der Kläger habe die Beigeladene im Sinne des § 7 SGB IV beschäftigt, auch wenn – möglicherweise – beide Seiten von Selbständigkeit ausgegangen seien. Unter anderen habe der Kläger angegeben, dass die Beigeladene damals kein Wort deutsch gesprochen habe. Dies rechtfertige den Schluss, dass die Bestellungen durch Frau MB, welche für den Kläger das Feinkostgeschäft geführt habe, in Form von Weisungen übermittelt habe. Die Beigeladene habe ferner kein Unternehmerrisiko getragen. Der Kläger habe zuletzt gegen die Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Säumniszuschläge, welche die Beklagte festgesetzt habe, keine Einwände erhoben.
Gegen diesen ihm am 18. März 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18. April 2013 (eingegangen am selben Tag) "Antrag auf Revision und auf Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Durchführung eines beabsichtigten Berufungsverfahrens um den Gerichtsbescheid ( ) anzufechten" erhoben. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, es sei einfach unmöglich, dass die Beigeladene gegenüber dem Hauptzollamt Potsdam angegeben haben solle, dass sie für ihn als Köchin gearbeitet habe. Die Beigeladene habe jedenfalls zur damaligen Zeit nicht deutsch gekonnt. Wenn sie – wie der Bescheid behauptet – Umsatzsteuer abgeführt habe, dann habe sie als Selbständige gearbeitet. Er rüge, dass die Beigeladene nicht persönlich angehört und Zeugen nicht vernommen worden seien. Es sei ihm schleierhaft, wie die Beklagte eine nahezu kafkaeske Situation habe produzieren können. Er empfinge die ganze Situation nur als erniedrigend. Er bitte um Rechtsgehör. Von dem Protokoll der Vernehmung des Hauptzollamtes Potsdam vom 1. Dezember 2008 distanziere er sich kategorisch. Die geforderten Beiträge seien frei erfunden und künstlich produziert.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. März 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 20. September 2013 abgelehnt. Er hat das Verfahren mit Beschluss vom 6. Dezember 2013 dem Berichterstatter zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als so genannter kleiner Senat in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entschieden werden. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Der Sachverhalt ist geklärt (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Rechtsgrundlage des Prüfbescheides und der Beitragsnachforderung ist § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung in diesem Rahmen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- sowie Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten, § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 75 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch i. V. m. § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch. Für die Umlage U 1 für Krankheitsaufwendungen regelte in der streitgegenständlichen Zeit § 17 LFZG die Umlagenbeitragsfestsetzung.
Nach § 28 f Abs. 1 SGB IV hat jeder Arbeitgeber für jeden Beschäftigten getrennt nach Kalenderjahren Lohnunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28 p SGB IV) folgende Kalenderjahr geordnet aufzubewahren. Dies gilt ausdrücklich auch für die Aufbewahrung der Beitragsabrechnungen und der Beitragsnachweise. Lohnunterlagen sind auch für solche Beschäftigten zu führen, für die Beiträge nicht gezahlt werden, § 28 p Abs. 1 Satz 4 SGB IV. Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen.
Die Beigeladene war in der streitgegenständlichen Zeit für ihn abhängig beschäftigt nach § 7 SGB IV. Sie war in dem Betrieb des Klägers integriert. Sie bestückte die Vitrine mit Vorspeisen, Salaten und bereitete die Speisen, welche bestellt wurden, zu. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass sie situationsbedingt (alle) Arbeiten ausführte, und insoweit alleine von den Bestellungen der Gäste und den Inhalten der Vitrine und dem Kühlschrank abhängig gewesen sei. Die Beigeladene hat zudem keine eigenen betrieblichen Einrichtungen gehabt, sie hat sich vielmehr des sächlichen und personalen Apparats des Klägers bedient. Unmaßgeblich ist, dass der Kläger mangels Verständigungsmöglichkeiten mit der Beigeladenen selbst nicht kommunizierte. Er muss sich das Verhalten seiner Freundin, welche für ihn in der fraglichen Zeit das Geschäft betrieb, zurechnen lassen. Nicht zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger keinen Zweifel gehabt hatte, dass die Beigeladene selbstständig gewesen sei.
Hat der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nach § 28 f Abs. 1 SGB IV nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (§ 28 Abs. 2 SGB IV). Im vorliegenden Fall konnte und musste die Beklagte die per Rechnung quittierten Zahlungen als Arbeitsentgelt zugrunde legen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB IV gelten diese Vergütungen als Nettoarbeitsentgelt und sind auf das für die Beitragsbemessung zugrundeliegende Bruttogehalt umzurechnen. Diese Umrechnung (Hochrechnung) ist unter Ansatz der Steuerklasse VI aufgrund § 39 c Einkommenssteuergesetz durchzuführen. Auf die Anlage zum streitgegenständlichen Bescheid wird insoweit verwiesen.
Die Beklagte konnte und musste ferner das Arbeitsentgelt für das Kalenderjahr 2006 gemäß § 28 f Abs. 2 Satz 3 SGB IV auf der Grundlage des Durchschnitts der Zahlungen des Jahres 2007 schätzen.
Zeugen sind nicht zu vernehmen. Es kann insbesondere von der Richtigkeit der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der Frau M S ausgegangen werden.
Die Beigeladene hat diesen Beteiligtenstatus, weil in dem angefochtenen Bescheid Sozialversicherungsbeiträge zu ihren Gunsten nachgefordert werden und das Verfahren sie damit zumindest gemäß § 75 Abs. 1 SGG in ihren berechtigten Interessen berührt. Ihre persönliche Anhörung ist ebenfalls nicht erforderlich.
Im Übrigen wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Gerichtsbescheid verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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