L 7 AS 1195/14 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 29 AS 5391/14 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 1195/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Steht fest, dass der Antragsteller über weitere als die angegebenen finanziellen Mittel verfügt (bisher verschwiegenes Vermögen bzw. nicht angegebene Betriebseinnahmen) und kommt er der Aufforderung des Gerichts zur vollständigen Einnahmen- und Vermögensaufstellung nicht nach, erfolgt eine Entscheidung aufgrund der materiellen Beweislast. Diese geht zu Lasten des Antragstellers, der die materielle Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 SGB II i.V.m. § 7 ff. SGB II trägt.
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 17. September 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.09.2014 bis 28.02.2015.

Der 1955 geborene Antragsteller meldete zum 30.06.2006 ein Gewerbe an. Seine Tätigkeit umfasste den Handel mit Zeitschriften, Tabak, Süßwaren, Imbiss, Postdienstleistung, Ko-pierservice, Internetdienstleistungen, TV-Sportangebote und Lebensmittel.

Zum 01.02.2008 mietete der Antragsteller 21 m² im Untergeschoss (einen Raum) im Haus A in D zum Betrieb von Kiosk und Bierbar für eine Gesamtmiete von monatlich 309,90 EUR an. Zum 01.08.2012 nahm der Antragsteller die Anmietung von 30 m² im Keller-bereich des Hauses A in D zum Betrieb eines Bierbar-Clubs für eine Gesamtmiete von monatlich 300,00 EUR vor. Für die Zeit vom 01.05.2008 bis 30.04.2009 mietete er im selben Haus zwei Zimmer ohne Küche, einen Korridor, Badbenutzung und Toilette zu einer Ge-samtmiete von monatlich 270,00 EUR bzw. vom 01.05.2009 bis 31.12.2012 zu einer monatlichen Gesamtmiete von 280,00 EUR an. Für die Zeit ab 01.01.2013 nahm er die Anmie-tung von zwei Zimmern ohne Küche, Korridor, Badbenutzung und Toilette zu einer monat-lichen Gesamtmiete von 300,00 EUR vor. Beginnend ab 01.08.2014 schloss der Antragsteller mit der Vermieterin K L (K.L.) einen Mietvertrag über einen Raum von 30 m² zum Mietpreis von 300,00 EUR ab. K.L. kündigte mit Schreiben vom 05.11.2014 das Mietverhält-nis für die Wohnräume in der A. in D , weil der Antragsteller mit der Mietzahlung seit September 2014 in Rückstand sei.

In seinem Leistungsantrag vom Juli 2013 gab der Antragsteller zu seinem voraussichtlichen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum von September 2013 bis Februar 2014 voraussichtliche Betriebseinnahmen i.H.v. 5.100,00 EUR und voraussichtliche Betriebsausgaben von 5.910,00 EUR an. Der Antragsgegner bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 04.09.2013 vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2013 bis 28.02.2014 i.H.v. monatlich 682,00 EUR.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 30.01.2014 bewilligte der An-tragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 24.03.2014 vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 01.03.2014 bis 31.08.2014 i.H.v. monatlich 85,66 EUR. Einen am 07.04.2014 zum Sozialgericht Dresden (SG) eingereichten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das SG mit Beschluss vom 16.04.2014 (S 29 AS 2280/14 ER) ab. Die dagegen ein-gelegte Beschwerde wies das Sächsische Landessozialgericht mit Beschluss vom 01.10.2014 (L 7 AS 606/14 B ER) zurück.

Am 12.08.2014 stellte der Antragsteller einen Weiterbewilligungsantrag beim Antragsgeg-ner.

Am 04.09.2014 hat der Antragsteller beim SG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 01.09.2014 beantragt. Der Antragsteller behauptet, er habe sein Gewerbe "steuerlich ruhend gestellt". Nach einer fristlosen Kündigung der Wohnräume wegen Mietschulden sei die angekündig-te Räumung nur durch einen Privatkredit verhindert worden.

Der Antragsgegner hat die Bewilligung von Leistungen mit Bescheid vom 16.10.2014 ab-gelehnt.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 17.09.2014 abgelehnt. Ein Anspruch des An-tragstellers auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung sei nicht gegeben. Der An-tragsteller erfülle zwar die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2 und 4 SGB II, denn er habe das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, sei erwerbsfähig und habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Sein Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts ein-schließlich der Kosten für Unterkunft betrage monatlich 691,00 EUR. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass er seinen Bedarf nicht aus eigenem Vermögen oder Ein-kommen decken könne und daher bedürftig i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II sei. Hierfür trage er die Feststellungslast, da er derjenige sei, der die Ansprüche geltend mache. Zum einen habe der Antragsteller bereits unzutreffend vorgetragen, dass er bis Au-gust 2014 keine Leistungen nach dem SGB II erhalten habe. Tatsächlich habe er für den Zeitraum März bis August 2014 monatlich 85,66 EUR erhalten. Eine verlässliche Vermögens-aufstellung habe der Antragsteller auch im erneuten Eilverfahren nicht eingereicht. Die Angaben, die der Antragsteller in der Vergangenheit zu dem Einkommen aus seiner selb-ständigen Tätigkeit, speziell zu seinen Betriebseinnahmen gemacht habe, seien nicht glaubhaft. Der Antragsteller verfüge über mindestens zwei Konten bei der O Sparkasse mit den Kontonummern (Geschäftskonto) und. In seiner abschließenden EKS für den Zeitraum September 2012 bis Februar 2013 habe der Antragsteller angegeben, er habe Betriebseinnahmen i.H.v. insgesamt 4.876,71 EUR erzielt. In dem Zeitraum vom 31.08.2012 bis 28.02.2013 habe der Antragsteller jedoch Bareinzahlungen auf das Geschäftskonto bei der O Sparkasse D , Kontonummer , i.H.v. insgesamt 7.525,00 EUR getätigt und auf das Girokonto i.H.v. 190,00 EUR, d.h. insgesamt Bareinzahlungen i.H.v. 7.715,00 EUR vorge-nommen. Allein die im Zeitraum von September 2012 bis Februar 2013 bar eingezahlten Beträge überstiegen die vom Antragsteller angegebenen Betriebseinnahmen um 2.838,29 EUR. Im Zeitraum vom 02.06.2014 bis 05.09.2014 habe der Antragsteller auf sein Geschäftskon-to Bareinzahlungen von insgesamt 1.925,00 EUR getätigt und auf sein Girokonto i.H.v. weite-ren 1.120,00 EUR, so dass die Konten stets ausgeglichen gewesen seien. Da sich die Angaben des Antragstellers zu den Betriebseinnahmen mit den im selben Zeitraum getätigten Bareinzahlungen nicht in Einklang bringen ließen, bleibe die Herkunft der Bareinlagen und damit die Frage, ob der Antragsteller über weitere finanzielle Mittel (verschwiegenes Ver-mögen/nicht angegebene Betriebseinnahmen) verfüge, letztlich nicht aufklärbar. Nach dem im vorausgegangenen gerichtlichen Eilverfahren S 29 AS 2280/14 ER vorgeleg-ten Kontoauszügen habe der Antragsteller im letzten Bewilligungszeitraum von September 2013 bis Februar 2014 Bareinzahlungen auf das Geschäftskonto bei der O Sparkasse D i.H.v. insgesamt 7.160,00 EUR getätigt und auf das Girokonto i.H.v. 520,00 EUR, d.h. insgesamt Bareinlagen i.H.v. 7.680,00 EUR, die sich auch durch die erhaltenen SGB II-Leistungen, die gerade das Existenzminimum deckten, nicht erklären ließen. Diese erhebli-chen Bareinlagen, die in etwa den im Zeitraum September 2012 bis Februar 2013 getätigten Bareinlagen entsprachen, ließen sich mit der Einkommensprognose des Antragstellers für den vergangenen wie für den laufenden Bewilligungsabschnitt nicht in Einklang bringen. Hinzukomme, dass der Antragsteller sein Betriebsergebnis seit Erstantragstellung bis heute stets mit einem Verlust plane, was nicht plausibel sei. Nehme man die Angaben des Antragstellers ernst, hätte er mit seinem Gewerbe im Jahr 2008 einen Verlust von 13.730,00 EUR gemacht, im Zeitraum September 2009 bis Februar 2013 weitere Verluste i.H.v. insgesamt 6.682,99 EUR und im Zeitraum vom März 2013 bis Februar 2014 Verluste von weiteren 1.890,00 EUR. Auch für die kommenden sechs Monate plane der Antragsteller einen Verlust von 1.700,00 EUR. Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass die Konten des Antragstellers stets ausgeglichen gewesen seien, auch in dem von dem letzten Eilverfahren betroffenen Zeitraum von März bis August 2014. Es sei schlicht nicht zu erklären, woher der Antragsteller die Mittel genommen habe, die Verluste auszugleichen, wenn er nicht über verschwiegenes Vermögen oder verschwiegene Einnahmen verfüge.

Gegen den dem Antragsteller am 18.09.2014 zugestellten Beschluss hat er am 29.09.2014 beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) Beschwerde eingelegt. Das SG vermi-sche ebenso wie der Antragsgegner die Begriffe des zu berücksichtigenden Einkommens mit Betriebseinnahmen Selbständiger. Zudem entscheide das SG auf der Grundlage von Vermutungen.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 17.09.2014 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller für den Zeitraum vom 01.09.2014 bis 28.02.2015 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewäh-ren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er erachtet den erstinstanzlichen Beschluss für zutreffend. Im Übrigen verweist er auf den Beschluss des SächsLSG vom 01.10.2014 – L 7 AS 606/14 B ER. Es sei nicht nachvoll-ziehbar, woher die Geldmittel für die Bareinzahlungen stammten. Das SG habe in seinem Beschluss festgestellt, dass es sich bei diesen Mitteln nicht um Rücklagen aus Gewinnen aus selbständiger Tätigkeit handeln könne, da diese geringer gewesen seien als die Barein-zahlungen. Auch hätten die Leistungen des Antragsgegners in der Summe nicht den Wert der Einzahlungen, so dass es sich auch nicht um Umschichtungen von Vermögen handeln könne.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners vor.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Beschluss vom 17.09.2014 den Antrag des Antragstellers abgelehnt.

1. Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeit-raum vom 01.09.2014 bis 28.02.2015.

2. Der Antragsteller hat für den zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung in der Vergan-genheit liegenden streitigen Zeitraum keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte auf Antrag, der gemäß § 86 b Abs. 3 SGG bereits vor Klageerhebung zulässig ist, zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anord-nungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung ergehen und dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache gesichert werden soll (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Gem. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG ist § 929 ZPO entsprechend anzu-wenden.

Ein Anordnungsgrund besteht, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können oder gegenwärtige schwere, unzumutbare, irreparable rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile erlitte. Die individuelle Interessenlage des Betroffenen, unter Umständen auch unter Be-rücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar be-troffener Dritter muss es unzumutbar erscheinen lassen, den bzw. die Betroffenen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (SächsLSG, Beschluss vom 14.04.2014 – L 7 AS 239/14 B ER, RdNr. 60; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013 – L 7 AS 964/12 B ER, RdNr. 63, beide juris).

In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines solchen Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den An-trag entscheidet. Im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentschei-dung (Berlit, info also 2005, S. 3, 10; SächsLSG, Beschluss vom 14.04.2014, a.a.O., RdNr. 61).

Soweit Leistungen für einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufenen Zeitraum bean-sprucht werden, ist ein Anordnungsgrund in der Regel gegeben (SächsLSG, Beschluss vom 14.04.2014, a.a.O., RdNr. 62; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNr. 64). Sofern Leistungen für einen zu diesem Zeitpunkt in der Vergangenheit liegenden Zeitraum geltend gemacht werden, ist ein Anordnungsgrund dann zu bejahen, wenn noch ein gegenwärtiger schwerer unzumutbarer Nachteil besteht, der glaubhaft gemacht wird (SächsLSG, Beschluss vom 14.04.2014, a.a.O., RdNr. 63; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNr. 65).

Einen fortbestehenden schweren unzumutbaren Nachteil aus der Nichtgewährung der Leis-tungen für den zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Vergangenheit liegenden Zeitraum hat der Antragsteller vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Ein solcher ist gegeben, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistun-gen in der Vergangenheit auch in Zukunft fortwirkt und eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet (SächsLSG, Beschluss vom 14.04.2014, a.a.O., RdNr. 64; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNr. 66; Phillip, NVWZ 1984, S.489; Knorr, DÖV 1981, Seite 79; Sächsisches OVG (SächsOVG), Beschluss vom 19.08.1993 – 2 S 183/93, SächsVBl. 1994, Seiten 114, 115; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.1980 – 8 B 1376/79, DÖV 1981, Seite 302). Dies kann gegeben sein, wenn der Antragsteller zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts Verbindlichkeiten eingegangen ist, deren Tilgung unmittelbar bevorsteht (SächsLSG, Beschluss vom 14.04.2014, a.a.O., RdNr. 64; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNr. 66; SächsOVG, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Phil-lip, a.a.O.; Knorr, a.a.O.). Es ist ferner denkbar, dass vorangegangene Einsparungen nach-wirken (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; SächsOVG, a.a.O.), beispielsweise wenn die Verweigerung der (darlehnsweisen) Bewilligung von Schülerbeförderung für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zum gegenwärtigen Ausschluss des betroffenen Kindes von der Schülerbeförderung führt (SächsLSG, Beschluss vom 14.04.2014, a.a.O., RdNr. 64; SächsLSG, Beschluss vom 31.01.2013, a.a.O., RdNr. 66).

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat der Antragsteller einen fortbestehenden schweren unzumutbaren Nachteil trotz ausdrücklicher Nachfrage des Senats nicht glaub-haft gemacht. Die Tatsache, dass er seit September 2014 keine Leistungen erhalten hat und – wie er vorträgt – keinen Krankenversicherungsschutz genießt, reicht nicht.

3. Soweit Leistungen für einen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch nicht abge-laufenen Zeitraum beansprucht werden, wäre zwar ein Anordnungsgrund gegeben (Sächs-LSG, Beschlüsse vom 08.11.2012, a.a.O., und vom 17.09.2007 – L 2 B 291/07 AS-ER), weil laufende existenzsichernde Leistungen begehrt werden.

Ein Anordnungsanspruch ist hingegen nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat ins-besondere seine bestehende Hilfebedürftigkeit nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf Gewährung vorläufiger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts steht ihm deshalb nicht zu.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Die genannten Voraussetzungen sind – bis auf die Hilfebedürftigkeit – vorliegend unstreitig gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtbe-rücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit von den Be-triebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Ge-werbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungs-zeitraum tatsächlich zufließen. Nach § 3 Abs. 2 Alg II-V sind zur Berechnung des Ein-kommens von den Betriebseinnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Gemäß § 3 Abs. 3 Alg II-V sollen tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende entsprechen. Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Ausgaben sind ferner nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem SGB II erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden sind. Nach § 3 Abs. 4 Alg II-V ist für jeden Tag der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.

Der Antragsteller hat trotz Aufforderung des Senats einen Anordnungsanspruch nicht hin-reichend glaubhaft gemacht. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den zutreffenden Ausführungen des SG im Beschluss vom 17.09.2014 an.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Antragsteller über weitere finanzielle Mit-tel (bisher verschwiegenes Vermögen bzw. über nicht angegebene Betriebseinnahmen) verfügt (SächsLSG, Beschluss vom 01.10.2014 – L 7 AS 606/14 B ER). Der Aufforderung zur vollständigen Einnahmen- bzw. Vermögensaufstellung ist der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht nachgekommen. Folglich kann gegenwärtig nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe der Antragsteller tatsächlich zu berücksichtigende Ein-nahmen bzw. zu berücksichtigendes Vermögen i.S.d. §§ 11, 12 SGB II hat. Ohne die voll-ständige Mitwirkung des Antragstellers ist eine Ermittlung oder auch nur Schätzung der zu berücksichtigenden Einnahmen bzw. des zu berücksichtigenden Vermögens von Amts we-gen nicht möglich. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 01.10.2014 – L 7 AS 606/14 B ER zu dem den vor dem hier streitigen Bewilligungsabschnitt liegenden Bewilligungsab-schnitt betreffenden Verfahren ausgeführt:

"Zudem ergibt sich entgegen der Auffassung des Antragsstellers die Differenz auf dem Geschäftskon-to nicht dadurch, dass der Antragssteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auf sein Privatkonto erhält und diese Leistungen bei Bedarf abhebt und auf das Geschäftskonto einzahlt. So erhielt den Zeitraum vom 01.09.2012 bis 28.02.2013 der Antragssteller von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts laut der vorliegenden Kontoauszüge in Höhe von insgesamt 1.962,60 EUR. Betriebseinnahmen in diesem Zeitraum lagen nach der eingereichten Anlage EKS für den Zeitraum September 2012 bis Februar 2013 in Höhe von 4.706,00 EUR vor. Demnach konnte der Antragssteller über finanzielle Mittel in Höhe von 6.668,60 EUR verfügen. Der Antragssteller nahm aber Bareinzahlungen in Höhe von 7.525,00 EUR auf das Geschäftskonto und in Höhe von 210,00 EUR auf das Girokonto in diesem Zeitraum vor. Demnach ergibt sich für diesen Zeitraum eine weiterhin unerklärliche Differenz von 1.066,40 EUR. Zumal der Antragssteller die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zur Deckung seiner Kosten für Unterkunft und Heizung und für Nahrungsmittel verwenden sollte, so dass ihm keinesfalls der volle Betrag zur Übertragung auf das Geschäftskonto zur Verfügung gestanden haben dürfte. Es ist auch insgesamt unplausibel, dass der Antragssteller seine gesamten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Ausgaben des Betriebes einsetzt, denn in diesem Fall würde sich die Frage stellen, wovon der Antragsteller seine Lebenshaltungskosten bestreitet. Ferner hat der Antragssteller nach seinen Angaben in den letzten Geschäftsjahren keinen Gewinn erwirtschaftet, so dass er auch kein Betriebsvermögen aufgebaut haben kann. Woher der Antragssteller die finanziellen Mittel aufbringt, lässt sich somit nicht aufklären.

Dass der Antragssteller über weitere finanzielle Mittel verfügt, ist auch aus den im Beschwerdeverfah-ren eingereichten Kontoauszügen für den Zeitraum 31.03.2014 bis 30.05.2014 ersichtlich. Der An-tragssteller hat danach Bareinzahlungen auf das Geschäftskonto in Höhe von 1.120,00 EUR und auf das Girokonto in Höhe von 985,00 EUR vorgenommen. Von dem Antragsgegner erhielt er in diesem Zeitraum nur Leistungen in Höhe von 171,32 EUR. Mithin stehen hier Bareinzahlungen in Höhe von 2.105,00 EUR den "Einnahmen" durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 171,32 EUR gegenüber. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts reichen nach Angaben des Antragsstellers aber schon nicht aus um seinen Lebensunterhalts zu bestreiten. Woher die anderen fi-nanziellen Mittel stammen, hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht erklärt.

Sind infolge der unzureichenden Mitwirkung des Antragsstellers die möglichen Ermittlungsmaßnah-men zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschöpft, kann nur eine Entscheidung auf der Grundlage der materiellen Beweislast (Feststellungslast) erfolgen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.08.2013 – L 9 SO 307/13 B ER, juris, RdNr. 20). Diese geht vorliegend zu Lasten des Antragsstel-lers, der die materielle Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 19 SGB II i.V.m. §§ 7 ff. SGB II zu tragen hat. Es ist deshalb vorliegend davon auszugehen, dass im Fall der Antragssteller über genügend finanzielle Mittel verfügt um seine Bedarfe sichern zu können."

Übertragen auf das vorliegende Verfahren bedeutet dies: Der Antragsteller hat im streiti-gen Zeitraum ab 01.09.2014 vom Antragsgegner keine Leistungen zur Sicherung des Le-bensunterhalts erhalten. Er kann folglich derartige Leistungen nicht von seinem Privatkonto abheben und auf sein Geschäftskonto einzahlen. Die prognostizierten Betriebseinnahmen lagen laut den Angaben des Antragstellers zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, die er im Zusammenhang mit der Antragstellung am 12.08.2014 vorgenommen hat, für diesen Zeitraum bei 1.000,00 EUR.

Der Antragsteller nahm nach den eingereichten Kontoauszügen im Zeitraum vom 01.09.2014 bis 02.01.2015 Bareinzahlungen i.H.v. 2.515,00 EUR auf das Geschäftskonto und auf das Girokonto i.H.v. 2.530,00 EUR vor. Demnach ergibt sich für diesen Zeitraum eine Summe i.H.v. 5.045,00 EUR, zu deren Herkunft und Ursprung der Antragsteller keine Angaben macht. Zu berücksichtigen ist, dass der Antragsteller auch in diesem Zeitraum Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhalts verbraucht haben dürfte. Da der Antragsteller in den letzten Geschäftsjahren nach seinen Angaben keinen Gewinn erwirtschaftet und auch kein Betriebsvermögen aufgebaut hat, lässt sich auch weiterhin nicht aufklären, woher der Antragsteller die finanziellen Mittel nimmt. Es ist auch sonst nicht erklärbar oder ersichtlich, woher diese Summe stammt.

Sind infolge der unzureichenden Mitwirkung des Antragstellers die möglichen Ermitt-lungsmaßnahmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschöpft, ergeht eine Entscheidung auf der Grundlage der materiellen Beweislast (SächsLSG, Beschluss vom 01.10.2014 – L 7 AS 606/14 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.08.2013 – L 9 SO 307/13 B ER, juris, RdNr. 20). Diese geht zu Lasten des Antragstellers, der die materielle Beweis-last für die Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 SGB II i.V.m. § 7 ff. SGB II zu tragen hat. Der Senat geht daher auch weiterhin davon aus, dass der Antragsteller über genügend finanzielle Mittel verfügt, um seinen Bedarf zu sichern.

Die mit Schreiben vom 05.11.2014 von der Vermieterin des Antragstellers K.L. ausge-sprochene fristlose Kündigung für die "Wohnräume" in der A in D. rechtfertigt keine andere Bewertung, weil der Antragsteller neben Wohnraum zahlreiche weitere Räume von K.L. angemietet hat. Ausweislich des Vermerks über den Hausbesuch von Mitarbeitern des Antragsgegners am 14.08.2008 wohnte der Antragsteller damals ohnehin in den Gewerbe-räumen.

Nach alledem ist die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.

4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.

Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

Weinholtz Wagner Dr. Anders
Rechtskraft
Aus
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