Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 16 KR 444/14 ER P
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 KR 85/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer richtet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für seinen Antrag vor dem Sozialgericht, ihm im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Zusage für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Drogentherapie zu erteilen.
Der Beschwerdeführer ist im August 2014 volljährig geworden. Er ist seit Jahren von verschiedenen Drogen abhängig (Polytoxikomanie), hat die Schulausbildung abgebrochen und keinen Beruf. Behandlungsangebote wegen seiner Drogensucht nahm er unregelmäßig wahr oder unterzog sich ihnen unfreiwillig.
Am 22. Juli 2014 beging er unter Drogeneinfluss einen bewaffneten Raubüberfall auf eine Tankstelle und befand sich seither in Untersuchungshaft. Mittlerweile ist er durch Urteil des Amtsgerichts Weißenfels vom 9. Dezember 2014 zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden, die durch Unterbringung im Maßregelvollzug nach § 64 StGB vollstreckt werden soll und auf die die Untersuchungshaft angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer stellte am 4. September 2014 bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, den diese im Hinblick auf die unumstrittene Einschätzung des Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 SGB IX an die Beschwerdegegnerin weiter leitete, wo er am 12. September 2014 einging. Der Beschwerdeführer ist bei der Beschwerdegegnerin familienversichert.
Die Beschwerdegegnerin wertete ein Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. Dipl.-Psych. G. von 6. Oktober 2014 aus, das dieser im Strafverfahren erstattet hat. Darin führt er (auf 60 Seiten) aus, der Beschwerdeführer leide in psychiatrischer Hinsicht neben der Suchtmittelerkrankung unter keiner anderen psychischen Erkrankung. Die Persönlichkeit zeige einige dissoziale Züge, wobei die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung schon im Hinblick auf das jugendliche Alter nicht zu stellen sei. Seit Mai 2014 befinde er sich erstmals in einer Partnerbeziehung. Wegen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hat Dr. G. im Hinblick auf die Voraussetzung einer hinreichend konkreten Aussicht auf Heilung oder Rückfallvermeidung (S. 2 der Vorschrift) ausgeführt, die Erfolgsaussichten seien trotz Bedenken und Zweifeln hinreichend konkret, um eine entsprechende Empfehlung auszusprechen.
Mit Bescheid vom 28. November 2014 lehnte die Beschwerdegegnerin die Übernahme einer stationären Entwöhnungsbehandlung ab. Sie führte unter Wiedergabe einer stichwortartigen Einschätzung des MDK aus, in Kenntnis des Gutachtens liege beim Beschwerdeführer keine ausreichende Eigenmotivation vor. Der Entzug im April 2014 sei teilweise gegen dessen Willen erfolgt. Weder bestehe eine regelhafte Anbindung an eine Suchtberatungsstelle oder Selbsthilfegruppe noch erfolge eine Behandlung bei einem Suchtspezialisten.
Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2014 Widerspruch und beantragte die Kostenzusage für die Entwöhnungsbehandlung in einer konkret bezeichneten Therapieeinrichtung: Eine dauerhafte Entgiftung sei bereits durch die Untersuchungshaft eingetreten. Er habe sich in der Haft von der Sucht- und Drogenberatung beim Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes beraten lassen, auf deren Auskunft er sich auch beziehe. Dort habe man ihn auf die Therapieeinrichtung hingewiesen, mit der er sich in Verbindung gesetzt habe. Er wolle die Möglichkeit des Konzepts einer Therapie statt Strafe nach § 35 BtMG nutzen. Er legte auszugsweise ein Schreiben der Beratungsstelle an die Jugendgerichtshilfe vor, wonach es sinnvoll sei, über eine stationäre Drogentherapie anstelle des Maßregelvollzugs nachzudenken. Der Beschwerdeführer sei labil, was im Setting des Maßregelvollzuges nicht angemessen berücksichtigt werden könne. Im Rahmen des Therapiekonzeptes der vorgeschlagenen Einrichtung könne an der Stabilisierung und Reifung des Beschwerdeführers intensiver gearbeitet werden. Weiterhin fügte der Beschwerdeführer ein Schreiben der Therapieeinrichtung bei, in dem diese die grundsätzliche Bereitschaft zur Aufnahme des Beschwerdeführers erklärt.
Der Beschwerdeführer hat eine "Motivationserklärung" vom 4. Dezember 2014 nachgereicht, in der er erklärt, er wolle an einer stationären Drogentherapie teilnehmen. Er habe sich in der Haft überlegt, dass er künftig nur ein straffreies Leben führen könne, wenn er ohne Drogen leben könne. Er hoffe, dass ihm in der Therapie Verhaltensalternativen für die Situationen aufgezeigt würden, in denen er bisher zur Bewältigung zu Drogen gegriffen habe. Er halte es im Hinblick auf seine berufliche Zukunft für besser, die Therapie nicht unter Gefängnisbedingungen nach § 64 StGB, sondern in der benannten Einrichtung auf freiwilliger Basis mit der Möglichkeit einer Berufsausbildung durchzuführen. Er habe sich schon selbst mit der Einrichtung in Verbindung gesetzt und benötige noch die Kostenübernahmeerklärung.
Der Beschwerdeführer hat am 4. Dezember 2014 beim Sozialgericht Halle den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Erteilung einer Zusage für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Drogentherapie beantragt. Er hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend ausführen lassen, er zeige die für eine günstige Prognose notwendige positive Einstellung. Gerade bei Entwöhnungsbehandlungen dürften die Anforderungen aber auch nicht übertrieben werden. Die Hauptverhandlung finde am 9. Dezember 2014 statt. Die Richterin habe informell mitgeteilt, der Weg nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) komme nur in Betracht, wenn zuvor eine Kostenzusage für die Therapiemaßnahme vorliege.
Für das Verfahren hat er mit gleichem Schreiben Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 5. Dezember 2014 hat das Sozialgericht den Antrag unter Bezugnahme auf den parallel ergangenen Beschluss in der Eilsache abgelehnt: Der Eilantrag sei nach § 86b Abs. 2 SGG schon unzulässig, weil es am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die angestrebte medizinische Rehabilitation sei schon aufgrund einer Maßnahme nach § 64 StGB sichergestellt, die gegenüber der angestrebten Therapie als vorrangig anzusehen sei. Nach dem Gutachten von Dr. G. könne der Drogenentzug durch Unterbringung in einer Entziehungsanstalt absolviert werden. Dagegen überzeugten die Argumente der Drogenberatungsstelle nicht. Vielmehr halte das Gericht die Wahrscheinlichkeit der Überwindung der Drogensucht in der Maßnahme für wahrscheinlicher, weil der Beschwerdeführer diese nicht vorzeitig abbrechen könne. Der Beschwerdeführer sei mehrfach als labile Persönlichkeit beschrieben worden. Seine schulische und berufliche Entwicklung könne er auch im Maßregelvollzug vorantreiben. § 35 BtMG sei hier nicht anwendbar, da der Beschwerdeführer noch nicht verurteilt sei.
Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer am 8. Dezember 2014 Beschwerde erhoben. Er führt aus, die Ablehnung durch Bezugnahme auf die Sachentscheidung sei unzulässig. Es genüge, wenn der Vortrag schlüssig sei, die rechtliche Schlussfolgerung trage und eine weitere Sachverhaltsermittlung erfolge.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 5. Dezember 2014 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Halle unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu gewähren.
II.
Die gem. § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Beschwerdeführer hat gem. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht. Bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens vor dem Sozialgericht lagen hinreichende Erfolgsaussichten für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor.
Es bestand kein Anordnungsgrund im Sinne von § 86b Abs. 2 SGG, weil ein wirksamer Strafausspruch nicht erfolgt war. Eine Kostenzusage für aufschiebend durch Zurückstellung der Strafvollstreckung bedingte Rehabilitation, wie sie hier allein als Gegenstand einer Anordnung in Betracht kam, ist erst dann im einstweiligen Rechtsschutz nötig, wenn die Voraussetzung eines wirksamen Strafausspruchs in geeigneter Höhe vorliegt. Dies war hier erst mit Verkündung des Strafurteils vom 9. Dezember 2014 nach Beendigung des Verfahrens vor dem Sozialgericht der Fall.
Der vom Beschwerdeführer bei der Prüfung des Anordnungsgrundes zu befürchtende Nachteil bestand darin, dass er ohne eine Zusage zur Kostenübernahme für eine angestrebte Therapie entgegen der Möglichkeit einer Zurückstellung einer Strafe oder Maßregel nach § 35 Abs. 1 S. 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) im Vollzug der Untersuchungshaft bzw. der Maßregel verbleiben muss. Dieser Nachteil entsteht erst dann, wenn eine Sanktion dieser Art ausgesprochen ist und die noch zu vollstreckende Freiheitsstrafe bzw. deren Rest das Maß des § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG von höchstens zwei Jahren erreicht.
Für Kostenzusagen im Eilverfahren im Hinblick auf nur drohende Strafen fehlt eine Grundlage. So kann etwa die Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit als Teil der Erforderlichkeit im Sinne von § 26 Abs. 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) durch Zeitablauf gegenstandslos werden, wenn eine wesentlich längere Freiheitsstrafe verhängt wird und der Strafrest von zwei Jahren, der die Zurückstellung der Strafvollziehung oder Maßregel ermöglicht, erst nach Jahren beginnt.
Ob eine entsprechende Beschränkung auch dann gilt, wenn der Antragsgegnerin des Eilverfahrens Erwägungen zu einem Vorgehen nach § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG durch Mitteilungen der Staatsanwaltschaft bzw. des Strafgerichts selbst bekannt werden, ist hier mangels eines solchen Sachverhalts nicht zu klären. Jedenfalls kann eine Äußerung dazu durch das Sozialgericht nicht erwirkt werden, da die Vorgehensweise im Rahmen des § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG im Ermessen der allein zuständigen Straforgane liegt, dessen Betätigung sie vom Vorliegen einer Kostenzusage eines Rehabilitationsträgers abhängig machen dürfen.
Der Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer richtet sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für seinen Antrag vor dem Sozialgericht, ihm im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Zusage für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Drogentherapie zu erteilen.
Der Beschwerdeführer ist im August 2014 volljährig geworden. Er ist seit Jahren von verschiedenen Drogen abhängig (Polytoxikomanie), hat die Schulausbildung abgebrochen und keinen Beruf. Behandlungsangebote wegen seiner Drogensucht nahm er unregelmäßig wahr oder unterzog sich ihnen unfreiwillig.
Am 22. Juli 2014 beging er unter Drogeneinfluss einen bewaffneten Raubüberfall auf eine Tankstelle und befand sich seither in Untersuchungshaft. Mittlerweile ist er durch Urteil des Amtsgerichts Weißenfels vom 9. Dezember 2014 zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden, die durch Unterbringung im Maßregelvollzug nach § 64 StGB vollstreckt werden soll und auf die die Untersuchungshaft angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer stellte am 4. September 2014 bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, den diese im Hinblick auf die unumstrittene Einschätzung des Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 SGB IX an die Beschwerdegegnerin weiter leitete, wo er am 12. September 2014 einging. Der Beschwerdeführer ist bei der Beschwerdegegnerin familienversichert.
Die Beschwerdegegnerin wertete ein Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. Dipl.-Psych. G. von 6. Oktober 2014 aus, das dieser im Strafverfahren erstattet hat. Darin führt er (auf 60 Seiten) aus, der Beschwerdeführer leide in psychiatrischer Hinsicht neben der Suchtmittelerkrankung unter keiner anderen psychischen Erkrankung. Die Persönlichkeit zeige einige dissoziale Züge, wobei die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung schon im Hinblick auf das jugendliche Alter nicht zu stellen sei. Seit Mai 2014 befinde er sich erstmals in einer Partnerbeziehung. Wegen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hat Dr. G. im Hinblick auf die Voraussetzung einer hinreichend konkreten Aussicht auf Heilung oder Rückfallvermeidung (S. 2 der Vorschrift) ausgeführt, die Erfolgsaussichten seien trotz Bedenken und Zweifeln hinreichend konkret, um eine entsprechende Empfehlung auszusprechen.
Mit Bescheid vom 28. November 2014 lehnte die Beschwerdegegnerin die Übernahme einer stationären Entwöhnungsbehandlung ab. Sie führte unter Wiedergabe einer stichwortartigen Einschätzung des MDK aus, in Kenntnis des Gutachtens liege beim Beschwerdeführer keine ausreichende Eigenmotivation vor. Der Entzug im April 2014 sei teilweise gegen dessen Willen erfolgt. Weder bestehe eine regelhafte Anbindung an eine Suchtberatungsstelle oder Selbsthilfegruppe noch erfolge eine Behandlung bei einem Suchtspezialisten.
Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2014 Widerspruch und beantragte die Kostenzusage für die Entwöhnungsbehandlung in einer konkret bezeichneten Therapieeinrichtung: Eine dauerhafte Entgiftung sei bereits durch die Untersuchungshaft eingetreten. Er habe sich in der Haft von der Sucht- und Drogenberatung beim Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes beraten lassen, auf deren Auskunft er sich auch beziehe. Dort habe man ihn auf die Therapieeinrichtung hingewiesen, mit der er sich in Verbindung gesetzt habe. Er wolle die Möglichkeit des Konzepts einer Therapie statt Strafe nach § 35 BtMG nutzen. Er legte auszugsweise ein Schreiben der Beratungsstelle an die Jugendgerichtshilfe vor, wonach es sinnvoll sei, über eine stationäre Drogentherapie anstelle des Maßregelvollzugs nachzudenken. Der Beschwerdeführer sei labil, was im Setting des Maßregelvollzuges nicht angemessen berücksichtigt werden könne. Im Rahmen des Therapiekonzeptes der vorgeschlagenen Einrichtung könne an der Stabilisierung und Reifung des Beschwerdeführers intensiver gearbeitet werden. Weiterhin fügte der Beschwerdeführer ein Schreiben der Therapieeinrichtung bei, in dem diese die grundsätzliche Bereitschaft zur Aufnahme des Beschwerdeführers erklärt.
Der Beschwerdeführer hat eine "Motivationserklärung" vom 4. Dezember 2014 nachgereicht, in der er erklärt, er wolle an einer stationären Drogentherapie teilnehmen. Er habe sich in der Haft überlegt, dass er künftig nur ein straffreies Leben führen könne, wenn er ohne Drogen leben könne. Er hoffe, dass ihm in der Therapie Verhaltensalternativen für die Situationen aufgezeigt würden, in denen er bisher zur Bewältigung zu Drogen gegriffen habe. Er halte es im Hinblick auf seine berufliche Zukunft für besser, die Therapie nicht unter Gefängnisbedingungen nach § 64 StGB, sondern in der benannten Einrichtung auf freiwilliger Basis mit der Möglichkeit einer Berufsausbildung durchzuführen. Er habe sich schon selbst mit der Einrichtung in Verbindung gesetzt und benötige noch die Kostenübernahmeerklärung.
Der Beschwerdeführer hat am 4. Dezember 2014 beim Sozialgericht Halle den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Erteilung einer Zusage für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Drogentherapie beantragt. Er hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend ausführen lassen, er zeige die für eine günstige Prognose notwendige positive Einstellung. Gerade bei Entwöhnungsbehandlungen dürften die Anforderungen aber auch nicht übertrieben werden. Die Hauptverhandlung finde am 9. Dezember 2014 statt. Die Richterin habe informell mitgeteilt, der Weg nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) komme nur in Betracht, wenn zuvor eine Kostenzusage für die Therapiemaßnahme vorliege.
Für das Verfahren hat er mit gleichem Schreiben Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 5. Dezember 2014 hat das Sozialgericht den Antrag unter Bezugnahme auf den parallel ergangenen Beschluss in der Eilsache abgelehnt: Der Eilantrag sei nach § 86b Abs. 2 SGG schon unzulässig, weil es am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die angestrebte medizinische Rehabilitation sei schon aufgrund einer Maßnahme nach § 64 StGB sichergestellt, die gegenüber der angestrebten Therapie als vorrangig anzusehen sei. Nach dem Gutachten von Dr. G. könne der Drogenentzug durch Unterbringung in einer Entziehungsanstalt absolviert werden. Dagegen überzeugten die Argumente der Drogenberatungsstelle nicht. Vielmehr halte das Gericht die Wahrscheinlichkeit der Überwindung der Drogensucht in der Maßnahme für wahrscheinlicher, weil der Beschwerdeführer diese nicht vorzeitig abbrechen könne. Der Beschwerdeführer sei mehrfach als labile Persönlichkeit beschrieben worden. Seine schulische und berufliche Entwicklung könne er auch im Maßregelvollzug vorantreiben. § 35 BtMG sei hier nicht anwendbar, da der Beschwerdeführer noch nicht verurteilt sei.
Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer am 8. Dezember 2014 Beschwerde erhoben. Er führt aus, die Ablehnung durch Bezugnahme auf die Sachentscheidung sei unzulässig. Es genüge, wenn der Vortrag schlüssig sei, die rechtliche Schlussfolgerung trage und eine weitere Sachverhaltsermittlung erfolge.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 5. Dezember 2014 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Halle unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu gewähren.
II.
Die gem. § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Beschwerdeführer hat gem. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht. Bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens vor dem Sozialgericht lagen hinreichende Erfolgsaussichten für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor.
Es bestand kein Anordnungsgrund im Sinne von § 86b Abs. 2 SGG, weil ein wirksamer Strafausspruch nicht erfolgt war. Eine Kostenzusage für aufschiebend durch Zurückstellung der Strafvollstreckung bedingte Rehabilitation, wie sie hier allein als Gegenstand einer Anordnung in Betracht kam, ist erst dann im einstweiligen Rechtsschutz nötig, wenn die Voraussetzung eines wirksamen Strafausspruchs in geeigneter Höhe vorliegt. Dies war hier erst mit Verkündung des Strafurteils vom 9. Dezember 2014 nach Beendigung des Verfahrens vor dem Sozialgericht der Fall.
Der vom Beschwerdeführer bei der Prüfung des Anordnungsgrundes zu befürchtende Nachteil bestand darin, dass er ohne eine Zusage zur Kostenübernahme für eine angestrebte Therapie entgegen der Möglichkeit einer Zurückstellung einer Strafe oder Maßregel nach § 35 Abs. 1 S. 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) im Vollzug der Untersuchungshaft bzw. der Maßregel verbleiben muss. Dieser Nachteil entsteht erst dann, wenn eine Sanktion dieser Art ausgesprochen ist und die noch zu vollstreckende Freiheitsstrafe bzw. deren Rest das Maß des § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG von höchstens zwei Jahren erreicht.
Für Kostenzusagen im Eilverfahren im Hinblick auf nur drohende Strafen fehlt eine Grundlage. So kann etwa die Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit als Teil der Erforderlichkeit im Sinne von § 26 Abs. 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) durch Zeitablauf gegenstandslos werden, wenn eine wesentlich längere Freiheitsstrafe verhängt wird und der Strafrest von zwei Jahren, der die Zurückstellung der Strafvollziehung oder Maßregel ermöglicht, erst nach Jahren beginnt.
Ob eine entsprechende Beschränkung auch dann gilt, wenn der Antragsgegnerin des Eilverfahrens Erwägungen zu einem Vorgehen nach § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG durch Mitteilungen der Staatsanwaltschaft bzw. des Strafgerichts selbst bekannt werden, ist hier mangels eines solchen Sachverhalts nicht zu klären. Jedenfalls kann eine Äußerung dazu durch das Sozialgericht nicht erwirkt werden, da die Vorgehensweise im Rahmen des § 35 Abs. 1 S. 1 BtMG im Ermessen der allein zuständigen Straforgane liegt, dessen Betätigung sie vom Vorliegen einer Kostenzusage eines Rehabilitationsträgers abhängig machen dürfen.
Der Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.
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