Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 9 SF 5602/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 145/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen einer Klage gegen die Ablehnung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und die Höhe der Geschäftsgebühren für einen Widerspruch gegen einen Mahnbescheid ist nicht durchschnittlich schwierig.
2. Ein Teilanerkenntnis begründet ebenso wie ein Vergleich keine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV-RVG (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 29.07.2009 - L 6 B 15/09 SF und 26.11.2008 - L 6 B 130/08; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9.09.2014 - L 8 AS 1192/12 B KO).
2. Ein Teilanerkenntnis begründet ebenso wie ein Vergleich keine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV-RVG (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 29.07.2009 - L 6 B 15/09 SF und 26.11.2008 - L 6 B 130/08; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9.09.2014 - L 8 AS 1192/12 B KO).
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 19. Dezember 2014 abgeändert und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für das Verfahren S 9 AL 3553/13 auf 124,95 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gotha (S 9 AL 3553/13) streitig. Die vom Beschwerdeführer vertretene Klägerin hatte sich mit ihrem Widerspruch gegen Mahngebühren der Beklagten in Höhe von 0,80 Euro gewandt. Daraufhin hatte diese ihren Bescheid aufgehoben und entschieden, dass die Hinzuziehung des Beschwerdeführers nicht notwendig sei. Auf den weiteren Widerspruch erkannte sie die Hinzuziehung als notwendig an. Die Kostenrechnung des Beschwerdeführers (309,40 Euro) kürzte sie dann auf 57,12 Euro. Im Klageverfahren begehrte die Klägerin für die beiden Widerspruchsverfahren Geschäftsgebühren von 240,00 bzw. 120,00 Euro. Unter dem 2. September 2013 erklärte sich die Beklagte bereit, für beide Widerspruchsverfahren jeweils 114,24 Euro zu zahlen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren zu 30 v.H. zu übernehmen. Mit Beschluss vom 12. Mai 2014 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdeführer bei. Dieser nahm mit Schriftsatz vom 15. Mai 2014 das "Teilanerkenntnis" der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Nach dem Beschluss vom 16. Oktober 2014 hat die Beklagte der Klägerin ¼ der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Unter dem 3. Juni 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 480,00 Euro Umsatzsteuer 91,20 Euro Gesamtbetrag 571,20 Euro
Nach Einholung einer Stellungnahme der Beklagten, die die Festsetzung der Mindestgebühren beantragte, setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Beschluss vom 20. Oktober 2014 die Vergütung auf 57,12 Euro fest und berücksichtigte für Verfahrens- und Terminsgebühr jeweils die Mindestgebühr. Die Gebühr Nr. 1006 VV-RVG komme mangels besonderem Bemühen des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Die Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 als unbegründet zurückgewiesen und sich im Ergebnis der Berechnung der UdG angeschlossen.
Gegen den am 19. Januar 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 11. Februar 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen. Es müsse der gesamte mit der Klage verbundene Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. Die Bedeutung für die Klägerin sei angesichts der Höhe der Anwaltskosten leicht überdurchschnittlich gewesen. Bei der Bemessung der Terminsgebühr sei zu berücksichtigen, dass er das Anerkenntnis der Beklagten prüfen musste.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 19. Dezember 2014 aufzuheben und die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 170,00 Euro sowie die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 Euro festzusetzen und die Umsatzsteuer anzupassen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach seiner Ansicht ist eine fiktive Terminsgebühr ebenso wenig entstanden wie eine Eini-gungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV-RVG. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Streitgegenständlich seien nicht Grundsicherungsleistungen, sondern die Höhe der Kosten für zwei Widerspruchsverfahren gewesen. Damit sei die doppelte Mindestgebühr in Höhe von 40,00 Euro angemessen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 6. März 2015) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Mit Beschluss vom 7. April 2015 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat übertragen.
II.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N.) und zulässig. Der Wert des Be-schwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro und die Beschwerde ist nicht verfristet. Die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss vom 23. Mai 2014 war fehlerhaft (Beschwerdefrist ein Monat); dann gilt die Jahresfrist. Zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass - entgegen der Rechtsmittelbelehrung - nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG die Einlegung der Beschwerde beim Thüringer Landessozialgericht die Frist nicht wahrt (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2013 - L 6 SF 840/13 B).
Die Beschwerde ist nur im tenorierten Umfang begründet.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Beitragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das Sozialgericht hatte der Klägerin mit Beschluss vom 12. Mai 2014 PKH gewährt; sie war auch kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013 (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG). Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auf-traggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung ein Spielraum (Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurtei-lungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe der halben Mittelgebühr (= 85,00 Euro). Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin war unterdurchschnittlich. Dabei ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Klagegegenstand war nicht eine Leistung, die das soziokulturelle Existenzminimum der Klägerin sicherte, sondern die Höhe der Rechtsanwaltskosten für beide Widerspruchsverfahren. Ebenso unterdurchschnittlich war der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Klageverfahren. Abgestellt wird auf den zeitlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris; Senatsbeschluss vom 18. März 2011 - L 6 SF 1418/10 B; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 14 Rdnr 15). Der Beschwerdeführer fertigte drei Schriftsätze, von denen zwei sehr kurz waren. Die Klagebegründung ist dem Senat in Teilen aus anderen Verfahren bekannt. Der daraus resultierende Synergieeffekt ist zu berücksichtigen und mindert den Aufwand im Verfahren erheblich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juni 2013 - L 6 SF 654/13 B m.w.N.). Der Vortrag des Beschwerdeführers zu einem höheren Aufwand ist nicht ausreichend konkretisiert, um ihn begründen zu können. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit (Subsumierung unter die Vorschriften des RVG) und die Einkommensverhältnisse der Klägerin waren unterdurchschnittlich. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar.
Eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG ist nicht anzusetzen. Dies hätte vorausgesetzt, dass das Klageverfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endete. Das Angebot der Beklagten im Schriftsatz vom 2. September 2013 war kein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift, denn es hätte ein im Wege einseitiger Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis erfordert, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 191 Rdnr. 20). Es handelte sich um ein Teilanerkenntnis, das der Beschwerdeführer dann angenommen hat. Dieses begründet ebenso wie ein Vergleich im schriftlichen Verfahren keine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. Juli 2009 - L 6 B 15/09 SF und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9. September 2014 - L 8 AS 1192/12 B KO, nach juris).
Nachdem der Beschwerdeführer die von der Vorinstanz zu Unrecht abgelehnte Erledigungs-gebühr Nr. 1006 VV-RVG (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 27. Januar 2015 - L 6 SF 1533/14 B und 24. November 2014 - L 6 SF 1078/14 B) im Beschwerdeverfahren nicht geltend macht, hat die entsprechende Festsetzung zu unterbleiben.
Die Vergütung des Beschwerdeführers errechnet sich damit wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 105,00 Euro Umsatzsteuer 19,95 Euro Gesamtbetrag 124,95 Euro
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gotha (S 9 AL 3553/13) streitig. Die vom Beschwerdeführer vertretene Klägerin hatte sich mit ihrem Widerspruch gegen Mahngebühren der Beklagten in Höhe von 0,80 Euro gewandt. Daraufhin hatte diese ihren Bescheid aufgehoben und entschieden, dass die Hinzuziehung des Beschwerdeführers nicht notwendig sei. Auf den weiteren Widerspruch erkannte sie die Hinzuziehung als notwendig an. Die Kostenrechnung des Beschwerdeführers (309,40 Euro) kürzte sie dann auf 57,12 Euro. Im Klageverfahren begehrte die Klägerin für die beiden Widerspruchsverfahren Geschäftsgebühren von 240,00 bzw. 120,00 Euro. Unter dem 2. September 2013 erklärte sich die Beklagte bereit, für beide Widerspruchsverfahren jeweils 114,24 Euro zu zahlen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren zu 30 v.H. zu übernehmen. Mit Beschluss vom 12. Mai 2014 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdeführer bei. Dieser nahm mit Schriftsatz vom 15. Mai 2014 das "Teilanerkenntnis" der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Nach dem Beschluss vom 16. Oktober 2014 hat die Beklagte der Klägerin ¼ der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Unter dem 3. Juni 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 480,00 Euro Umsatzsteuer 91,20 Euro Gesamtbetrag 571,20 Euro
Nach Einholung einer Stellungnahme der Beklagten, die die Festsetzung der Mindestgebühren beantragte, setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Beschluss vom 20. Oktober 2014 die Vergütung auf 57,12 Euro fest und berücksichtigte für Verfahrens- und Terminsgebühr jeweils die Mindestgebühr. Die Gebühr Nr. 1006 VV-RVG komme mangels besonderem Bemühen des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Die Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 als unbegründet zurückgewiesen und sich im Ergebnis der Berechnung der UdG angeschlossen.
Gegen den am 19. Januar 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 11. Februar 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen. Es müsse der gesamte mit der Klage verbundene Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. Die Bedeutung für die Klägerin sei angesichts der Höhe der Anwaltskosten leicht überdurchschnittlich gewesen. Bei der Bemessung der Terminsgebühr sei zu berücksichtigen, dass er das Anerkenntnis der Beklagten prüfen musste.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 19. Dezember 2014 aufzuheben und die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 170,00 Euro sowie die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 Euro festzusetzen und die Umsatzsteuer anzupassen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach seiner Ansicht ist eine fiktive Terminsgebühr ebenso wenig entstanden wie eine Eini-gungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV-RVG. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Streitgegenständlich seien nicht Grundsicherungsleistungen, sondern die Höhe der Kosten für zwei Widerspruchsverfahren gewesen. Damit sei die doppelte Mindestgebühr in Höhe von 40,00 Euro angemessen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 6. März 2015) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Mit Beschluss vom 7. April 2015 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat übertragen.
II.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N.) und zulässig. Der Wert des Be-schwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro und die Beschwerde ist nicht verfristet. Die Rechtsmittelbelehrung im Beschluss vom 23. Mai 2014 war fehlerhaft (Beschwerdefrist ein Monat); dann gilt die Jahresfrist. Zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass - entgegen der Rechtsmittelbelehrung - nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG die Einlegung der Beschwerde beim Thüringer Landessozialgericht die Frist nicht wahrt (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2013 - L 6 SF 840/13 B).
Die Beschwerde ist nur im tenorierten Umfang begründet.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Beitragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das Sozialgericht hatte der Klägerin mit Beschluss vom 12. Mai 2014 PKH gewährt; sie war auch kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013 (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG). Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auf-traggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung ein Spielraum (Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurtei-lungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe der halben Mittelgebühr (= 85,00 Euro). Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin war unterdurchschnittlich. Dabei ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Klagegegenstand war nicht eine Leistung, die das soziokulturelle Existenzminimum der Klägerin sicherte, sondern die Höhe der Rechtsanwaltskosten für beide Widerspruchsverfahren. Ebenso unterdurchschnittlich war der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Klageverfahren. Abgestellt wird auf den zeitlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris; Senatsbeschluss vom 18. März 2011 - L 6 SF 1418/10 B; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 14 Rdnr 15). Der Beschwerdeführer fertigte drei Schriftsätze, von denen zwei sehr kurz waren. Die Klagebegründung ist dem Senat in Teilen aus anderen Verfahren bekannt. Der daraus resultierende Synergieeffekt ist zu berücksichtigen und mindert den Aufwand im Verfahren erheblich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juni 2013 - L 6 SF 654/13 B m.w.N.). Der Vortrag des Beschwerdeführers zu einem höheren Aufwand ist nicht ausreichend konkretisiert, um ihn begründen zu können. Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit (Subsumierung unter die Vorschriften des RVG) und die Einkommensverhältnisse der Klägerin waren unterdurchschnittlich. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar.
Eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG ist nicht anzusetzen. Dies hätte vorausgesetzt, dass das Klageverfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endete. Das Angebot der Beklagten im Schriftsatz vom 2. September 2013 war kein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift, denn es hätte ein im Wege einseitiger Erklärung gegebenes uneingeschränktes Zugeständnis erfordert, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 191 Rdnr. 20). Es handelte sich um ein Teilanerkenntnis, das der Beschwerdeführer dann angenommen hat. Dieses begründet ebenso wie ein Vergleich im schriftlichen Verfahren keine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. Juli 2009 - L 6 B 15/09 SF und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF; Sächsisches LSG, Beschluss vom 9. September 2014 - L 8 AS 1192/12 B KO, nach juris).
Nachdem der Beschwerdeführer die von der Vorinstanz zu Unrecht abgelehnte Erledigungs-gebühr Nr. 1006 VV-RVG (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 27. Januar 2015 - L 6 SF 1533/14 B und 24. November 2014 - L 6 SF 1078/14 B) im Beschwerdeverfahren nicht geltend macht, hat die entsprechende Festsetzung zu unterbleiben.
Die Vergütung des Beschwerdeführers errechnet sich damit wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 Euro Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 105,00 Euro Umsatzsteuer 19,95 Euro Gesamtbetrag 124,95 Euro
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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