Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 38 SF 4041/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 JVEG 225/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. November 2014 aufgehoben und die Vergütung für das Gutachten des Beschwerdegegners vom 2. Mai 2014 auf 753,15 Euro festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Im Klageverfahren (S 38 KR 4861/13) beauftragte die Vorsitzende der 38. Kammer des Sozialgerichts Gotha mit Beweisanordnung vom 19. März 2014 den Beschwerdegegner, Kli-nikdirektor und Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu folgenden Beweisfragen: 1. Welche Erkrankungen lagen bei dem Versicherten M. B. auf Seiten Ihres Fachgebiets vor? 2. Welche Behandlungsmaßnahmen wurden bei ihm während des stationären Auf-enthaltes vom 01.02. - 08.02.2010 vorgenommen? 3. Bestand im Fall des Versicherten eine medizinische Indikation zur Versorgung mit einem CI Implantat? Wie lauten die fachlichen Indikationskriterien zur Versorgung mit CI-Implantaten? Lagen diese bei dem Versicherten vor? 4. War im Fall des Versicherten eine alternative Versorgung mit Hörhilfen etc. möglich, die ebenso zweckmäßig, jedoch wirtschaftlicher wären? Wenn j: Welche Alternativversorgung wäre in Betracht gekommen?
Unter dem 2. Mai 2014 erstellte der Beschwerdegegner sein Aktengutachten auf insgesamt 14 Blatt (einschließlich Literaturverzeichnis). In seiner Kostenrechnung vom gleichen Tag machte er eine Vergütung von insgesamt 991,15 Euro geltend (8 Stunden Zeitaufwand (1,1 Stunden Aktenstudium, 2 Stunden Erhebung der Vorgeschichte, 2 Stunden Beurteilung, 2,8 Stunden Diktat und Korrektur) x Stundensatz 100,00 Euro, Porto 7,5 Euro, Schreibgebühren/Kopien 25,40 Euro, MWSt 158,25 Euro). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 1 des Kostenhefts verwiesen. Mit Verfügung vom 5. Juni 2014 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die Vergütung auf 753,15 Euro und legte die Honorargruppe M2 (Stundensatz 75 Euro) zugrunde.
Am 25. Juli 2014 hat sich der Beschwerdegegner gegen die Festsetzung gewandt und vorge-tragen, es habe sich nicht um eine beschreibende Begutachtung nach standardisiertem Schema sondern um einen komplexen Fall mit Darstellung der Kausalität zur Notwendigkeit einer speziellen Hörrehabilitationsform in Abgrenzung von einfacheren Hörrehabilitationsformen gehandelt.
Die Vorsitzende der 38. Kammer hat den Schriftsatz dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 7. Oktober 2014 zur Stellungnahme übersandt und mit Beschluss vom 7. November 2014 die "Entschädigung" auf "991,15 Euro inclusive Mehrwertsteuer" festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Schwierigkeitsgrad sei hoch und das Gutachten sei in die Honorargruppe M3 einzustufen.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 4. Februar 2015 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das Gutachten habe keinen hohen Schwierigkeitsgrad gehabt. Die entsprechenden Ausführungen im Beschluss vom 7. November 2014 seien nicht nachvollziehbar.
Der Beschwerdeführer beantragt,
die Vergütung für das Gutachten vom 27. November 2014 auf 753,15 Euro festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Beschwerde beinhalte keine neuen Argumente. Tatsächlich habe das Gutachten eine spezielle Zusammenhangsfrage behandelt. Gerade die Notwendigkeit einer besonderen Therapie sei Gegenstand der Begutachtung gewesen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 7. April 2015) und sie dem erkennenden Senat vorgelegt.
II.
Nachdem der Auftrag an den Beschwerdegegner nach dem 1. August 2013 von Sozialgericht erteilt worden ist, ist die Vergütung nach § 24 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz (JVEG)) in der Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (n.F.) zu berechnen.
Zuständig für Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nach § 4 JVEG ist nach dem Ge-schäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäfts-verteilungsplan des 6. Senats der Senatsvorsitzende.
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet. Zuständig ist das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG). Gegen den Beschluss können der Be-rechtigte und die Staatskasse nach § 4 Abs. 3 JVEG Beschwerde einlegen, wenn - wie hier - der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
Bei der Beschwerde- aber auch bei der Erinnerungsentscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 3. September 2012 - L 6 SF 658/12 B und 1. Dezember 2011 - L 6 SF 1617/11 E; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH), Beschluss vom 10. Oktober 2005 – 1 B 97.1352, nach juris). Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch die UdG oder den Antrag der Beteiligten gebunden; er kann nur nicht mehr festsetzen als beantragt ist.
Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG), 2. Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie 4. Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war (Satz 2 Halbs. 1).
Die erforderliche Zeit ist nach einem abstrakten Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erfor-derlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 55/07; BGH; Beschluss vom 16. Dezem-ber 2003 – X ZR 206/98, beide nach juris; Senatsbeschlüsse vom 5. März 2012 - L 6 SF 1854/11 B und 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Hartmann in Kostengesetze, 43. Aufla-ge 2013, § 8 JVEG Rdnr. 35). Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeiten der zu beantwor-teten Fragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2003 - X ZR 206/98; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007, Rdnr. 841). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind (vgl. Senatsbeschluss vom 13. August 2013 - L 6 SF 266/13 E; Hessisches LSG, Beschluss vom 11. April 2005 – L 2/9 SF 82/04, nach juris; LSG Baden-Württemberg vom 22. September 2004 – L 12 RJ 3686/04 KO-A, nach juris). Werden die üblichen Erfahrungswerte allerdings um mehr als 15 v.H. überschritten, ist eine Plausibilitätsprüfung anhand der Kostenrechnung und der Angaben des Sachverständigen durchzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Mai 2012 - L 15 SF 104/11, nach juris).
Die Aufteilung der Sachverständigenleistung erfolgt entsprechend dem Thüringer "Merkblatt über die Entschädigung von medizinischen Sachverständigen" grundsätzlich in fünf Bereichen: a) Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten, b) Erhebung der Vorgeschichte, c) notwendige Untersuchungen, d) Abfassung der Beurteilung, e) Diktat sowie Durchsicht des Gutachtens.
Für das Gutachten vom 14. Oktober 2014 war angesichts der übersandten Unterlagen und Angaben sowie unter Berücksichtigung der üblichen Erfahrungswerte ein Zeitaufwand von 7,1 Stunden, aufgerundet 7,5 Stunden erforderlich.
Gegen den beantragten Ansatz von 1,1 Stunden für die Aktendurchsicht, 2 Stunden Erhebung der Vorgeschichte und 2 Stunden Beantwortung der Beweisfragen hat sich der Beschwerdeführer nicht gewandt. Auch der Senat sieht insoweit keine Bedenken. Es ist allerdings angesichts der Schreibweise und der Tatsache, dass das Literaturverzeichnis hier überflüssig und wohl auch vorgefertigt war, unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung (vgl. Beschluss vom 5. März 2012 - Az.: L 6 SF 1854/11 B m.w.N.) zweifelhaft, ob für Diktat, Durchsicht und Korrektur tatsächlich die beantragten 2,8 Stunden zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis kann dies aber dahingestellt bleiben, weil eine Reduzierung unter den Antrag des Beschwerdeführers nicht möglich ist (Verbot der reformatio in peius)
Die Vergütung erfolgt in der Honorargruppe M2 (75,00 Euro). Sie wird wie folgt definiert: Beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, z.B. Gutachten in Verfahren nach dem SchwbG oder zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität. Die Honorargruppe M3 erfordert dagegen Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad. Als Beispiel nennt die Anlage 1 zu § 9 JVEG Begutachtungen spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differentialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilungen der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen und führt 17 Beispielsfälle auf. In den Beispielen beider Honorargruppen sind Gutachten zur Feststellung der Behandlungsmaßnahmen bei einem stationären Aufenthalt und der medizinischen Indikation mit einem Cochlea Implantat (CI) sowie Feststellung einer alternativen Versorgung mit Hörhilfen auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu finden. Deshalb muss die Zuordnung nach billigem Ermessen erfolgen (§ 9 Abs. 1 S. 3 2. Halbs. JVEG).
In der Honorargruppe M2 werden die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gut-achten mit durchschnittlicher Schwierigkeit vergütet (vgl. Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007, Rdnr. 872). Nach dem Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 22. September 2004 (L 12 RJ 3686/04 KO-A; nach juris), dem sich der Senat angeschlossen hat, erfordern Gutachten der Gruppe M3 umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen; die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 15. März 2010 - L 6 B 209/09 SF). Auch andere Gründe sind denkbar, z.B. eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben. Es genügt nicht, wenn - wie in den meisten Gutachten erforderlich - differentialdiagnostische Überlegungen angestellt werden, sie müssen einen hohen Schwierigkeitsgrad haben (vgl. Keller "Die Liquidation von Schmerzgutachten" in Egle/Kappis/Schairer/Stadtland (Hrs.), Begutachtung von Schmerzen, 1. Auflage 2014, Bl. 173, 179). Dafür besteht hier kein ausreichender Anhalt. Entgegen der Ansicht des Beschwer-degegners hatte er auch kein Zusammenhangsgutachten zu fertigen. Bei diesen ist festzustellen, ob bestimmte Ereignisse ursächlich (also kausal) für einen bestimmten Erfolg sind und nicht hinweggedacht werden können ohne dass der Erfolg entfiele (sog. conditio sine qua non). Diese Fragen stellen sich vor allem im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht, nicht aber im vorliegenden Fall. Die Prüfung der Indikation zur Versorgung des Klägers mit dem CI ist keine Kausalitätsfrage ebenfalls nicht die Beurteilung verschiedener Hörrehabilitationsformen.
Die Schreibauslagen werden nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 JVEG ersetzt.
Die Vergütung des Erinnerungsführers errechnet sich damit wie folgt: 8 Stunden (aufgerundet) x 75,00 Euro (Honorargruppe M2) 600,00 Euro Schreibauslagen 25,40 Euro Porto 7,50 Euro Aufwendungen 632,90 Euro MWSt. 120,25 Euro 753,15 Euro
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Gründe:
I.
Im Klageverfahren (S 38 KR 4861/13) beauftragte die Vorsitzende der 38. Kammer des Sozialgerichts Gotha mit Beweisanordnung vom 19. März 2014 den Beschwerdegegner, Kli-nikdirektor und Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu folgenden Beweisfragen: 1. Welche Erkrankungen lagen bei dem Versicherten M. B. auf Seiten Ihres Fachgebiets vor? 2. Welche Behandlungsmaßnahmen wurden bei ihm während des stationären Auf-enthaltes vom 01.02. - 08.02.2010 vorgenommen? 3. Bestand im Fall des Versicherten eine medizinische Indikation zur Versorgung mit einem CI Implantat? Wie lauten die fachlichen Indikationskriterien zur Versorgung mit CI-Implantaten? Lagen diese bei dem Versicherten vor? 4. War im Fall des Versicherten eine alternative Versorgung mit Hörhilfen etc. möglich, die ebenso zweckmäßig, jedoch wirtschaftlicher wären? Wenn j: Welche Alternativversorgung wäre in Betracht gekommen?
Unter dem 2. Mai 2014 erstellte der Beschwerdegegner sein Aktengutachten auf insgesamt 14 Blatt (einschließlich Literaturverzeichnis). In seiner Kostenrechnung vom gleichen Tag machte er eine Vergütung von insgesamt 991,15 Euro geltend (8 Stunden Zeitaufwand (1,1 Stunden Aktenstudium, 2 Stunden Erhebung der Vorgeschichte, 2 Stunden Beurteilung, 2,8 Stunden Diktat und Korrektur) x Stundensatz 100,00 Euro, Porto 7,5 Euro, Schreibgebühren/Kopien 25,40 Euro, MWSt 158,25 Euro). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 1 des Kostenhefts verwiesen. Mit Verfügung vom 5. Juni 2014 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die Vergütung auf 753,15 Euro und legte die Honorargruppe M2 (Stundensatz 75 Euro) zugrunde.
Am 25. Juli 2014 hat sich der Beschwerdegegner gegen die Festsetzung gewandt und vorge-tragen, es habe sich nicht um eine beschreibende Begutachtung nach standardisiertem Schema sondern um einen komplexen Fall mit Darstellung der Kausalität zur Notwendigkeit einer speziellen Hörrehabilitationsform in Abgrenzung von einfacheren Hörrehabilitationsformen gehandelt.
Die Vorsitzende der 38. Kammer hat den Schriftsatz dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 7. Oktober 2014 zur Stellungnahme übersandt und mit Beschluss vom 7. November 2014 die "Entschädigung" auf "991,15 Euro inclusive Mehrwertsteuer" festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Schwierigkeitsgrad sei hoch und das Gutachten sei in die Honorargruppe M3 einzustufen.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 4. Februar 2015 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das Gutachten habe keinen hohen Schwierigkeitsgrad gehabt. Die entsprechenden Ausführungen im Beschluss vom 7. November 2014 seien nicht nachvollziehbar.
Der Beschwerdeführer beantragt,
die Vergütung für das Gutachten vom 27. November 2014 auf 753,15 Euro festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Beschwerde beinhalte keine neuen Argumente. Tatsächlich habe das Gutachten eine spezielle Zusammenhangsfrage behandelt. Gerade die Notwendigkeit einer besonderen Therapie sei Gegenstand der Begutachtung gewesen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 7. April 2015) und sie dem erkennenden Senat vorgelegt.
II.
Nachdem der Auftrag an den Beschwerdegegner nach dem 1. August 2013 von Sozialgericht erteilt worden ist, ist die Vergütung nach § 24 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz (JVEG)) in der Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (n.F.) zu berechnen.
Zuständig für Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nach § 4 JVEG ist nach dem Ge-schäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäfts-verteilungsplan des 6. Senats der Senatsvorsitzende.
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet. Zuständig ist das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG). Gegen den Beschluss können der Be-rechtigte und die Staatskasse nach § 4 Abs. 3 JVEG Beschwerde einlegen, wenn - wie hier - der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
Bei der Beschwerde- aber auch bei der Erinnerungsentscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 3. September 2012 - L 6 SF 658/12 B und 1. Dezember 2011 - L 6 SF 1617/11 E; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH), Beschluss vom 10. Oktober 2005 – 1 B 97.1352, nach juris). Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch die UdG oder den Antrag der Beteiligten gebunden; er kann nur nicht mehr festsetzen als beantragt ist.
Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG), 2. Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie 4. Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war (Satz 2 Halbs. 1).
Die erforderliche Zeit ist nach einem abstrakten Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erfor-derlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 55/07; BGH; Beschluss vom 16. Dezem-ber 2003 – X ZR 206/98, beide nach juris; Senatsbeschlüsse vom 5. März 2012 - L 6 SF 1854/11 B und 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Hartmann in Kostengesetze, 43. Aufla-ge 2013, § 8 JVEG Rdnr. 35). Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeiten der zu beantwor-teten Fragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2003 - X ZR 206/98; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007, Rdnr. 841). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind (vgl. Senatsbeschluss vom 13. August 2013 - L 6 SF 266/13 E; Hessisches LSG, Beschluss vom 11. April 2005 – L 2/9 SF 82/04, nach juris; LSG Baden-Württemberg vom 22. September 2004 – L 12 RJ 3686/04 KO-A, nach juris). Werden die üblichen Erfahrungswerte allerdings um mehr als 15 v.H. überschritten, ist eine Plausibilitätsprüfung anhand der Kostenrechnung und der Angaben des Sachverständigen durchzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Mai 2012 - L 15 SF 104/11, nach juris).
Die Aufteilung der Sachverständigenleistung erfolgt entsprechend dem Thüringer "Merkblatt über die Entschädigung von medizinischen Sachverständigen" grundsätzlich in fünf Bereichen: a) Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten, b) Erhebung der Vorgeschichte, c) notwendige Untersuchungen, d) Abfassung der Beurteilung, e) Diktat sowie Durchsicht des Gutachtens.
Für das Gutachten vom 14. Oktober 2014 war angesichts der übersandten Unterlagen und Angaben sowie unter Berücksichtigung der üblichen Erfahrungswerte ein Zeitaufwand von 7,1 Stunden, aufgerundet 7,5 Stunden erforderlich.
Gegen den beantragten Ansatz von 1,1 Stunden für die Aktendurchsicht, 2 Stunden Erhebung der Vorgeschichte und 2 Stunden Beantwortung der Beweisfragen hat sich der Beschwerdeführer nicht gewandt. Auch der Senat sieht insoweit keine Bedenken. Es ist allerdings angesichts der Schreibweise und der Tatsache, dass das Literaturverzeichnis hier überflüssig und wohl auch vorgefertigt war, unter Berücksichtigung der Senatsrechtsprechung (vgl. Beschluss vom 5. März 2012 - Az.: L 6 SF 1854/11 B m.w.N.) zweifelhaft, ob für Diktat, Durchsicht und Korrektur tatsächlich die beantragten 2,8 Stunden zu berücksichtigen sind. Im Ergebnis kann dies aber dahingestellt bleiben, weil eine Reduzierung unter den Antrag des Beschwerdeführers nicht möglich ist (Verbot der reformatio in peius)
Die Vergütung erfolgt in der Honorargruppe M2 (75,00 Euro). Sie wird wie folgt definiert: Beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, z.B. Gutachten in Verfahren nach dem SchwbG oder zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität. Die Honorargruppe M3 erfordert dagegen Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad. Als Beispiel nennt die Anlage 1 zu § 9 JVEG Begutachtungen spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differentialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilungen der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen und führt 17 Beispielsfälle auf. In den Beispielen beider Honorargruppen sind Gutachten zur Feststellung der Behandlungsmaßnahmen bei einem stationären Aufenthalt und der medizinischen Indikation mit einem Cochlea Implantat (CI) sowie Feststellung einer alternativen Versorgung mit Hörhilfen auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu finden. Deshalb muss die Zuordnung nach billigem Ermessen erfolgen (§ 9 Abs. 1 S. 3 2. Halbs. JVEG).
In der Honorargruppe M2 werden die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gut-achten mit durchschnittlicher Schwierigkeit vergütet (vgl. Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007, Rdnr. 872). Nach dem Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 22. September 2004 (L 12 RJ 3686/04 KO-A; nach juris), dem sich der Senat angeschlossen hat, erfordern Gutachten der Gruppe M3 umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen; die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 15. März 2010 - L 6 B 209/09 SF). Auch andere Gründe sind denkbar, z.B. eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben. Es genügt nicht, wenn - wie in den meisten Gutachten erforderlich - differentialdiagnostische Überlegungen angestellt werden, sie müssen einen hohen Schwierigkeitsgrad haben (vgl. Keller "Die Liquidation von Schmerzgutachten" in Egle/Kappis/Schairer/Stadtland (Hrs.), Begutachtung von Schmerzen, 1. Auflage 2014, Bl. 173, 179). Dafür besteht hier kein ausreichender Anhalt. Entgegen der Ansicht des Beschwer-degegners hatte er auch kein Zusammenhangsgutachten zu fertigen. Bei diesen ist festzustellen, ob bestimmte Ereignisse ursächlich (also kausal) für einen bestimmten Erfolg sind und nicht hinweggedacht werden können ohne dass der Erfolg entfiele (sog. conditio sine qua non). Diese Fragen stellen sich vor allem im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht, nicht aber im vorliegenden Fall. Die Prüfung der Indikation zur Versorgung des Klägers mit dem CI ist keine Kausalitätsfrage ebenfalls nicht die Beurteilung verschiedener Hörrehabilitationsformen.
Die Schreibauslagen werden nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 JVEG ersetzt.
Die Vergütung des Erinnerungsführers errechnet sich damit wie folgt: 8 Stunden (aufgerundet) x 75,00 Euro (Honorargruppe M2) 600,00 Euro Schreibauslagen 25,40 Euro Porto 7,50 Euro Aufwendungen 632,90 Euro MWSt. 120,25 Euro 753,15 Euro
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
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