Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 19 AL 388/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 12/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Regelungen in § 130 Abs. 3, § 132 Abs. 1 SGB III (n der bis 31. März 2012 geltenden Fassung) über die Zugrundelegung eines fiktives Arbeitsentgeltes als Bemessungsentgelt sind mit dem Grundgesetz und dem EU-Recht vereinbar.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht auf der Grundlage fiktiven Arbeitsentgelts, hilfsweise jedenfalls unter Berücksichtigung einer höheren Qualifizierungsstufe, zu bewilligen.
Die am 1970 geborene Klägerin ist gelernte Feinmechanikerin und Zahntechnikerin. Ab dem 1. April 2006 war sie bei der Firma D D GmbH tätig. Vom 22. April 2009 bis zum 4. August 2009 befand sie sich im gesetzlichen Mutterschutz. Vom 5. August 2009 bis zum 30. Dezember 2010 nahm sie Elternzeit in Anspruch. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis der zuletzt als "Kaufmännische Angestellte (Außendienst)" beschäftigten Klägerin mit Schreiben vom 31. Dezember 2010 zum 31. März 2011.
Am 25. Februar 2011 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum 1. April 2011. Mit Bescheid vom 11. Mai 2011 entsprach die Beklagte dem Begehren und bewilligte Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1. April 2011 bis zum 30. März 2012 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 27,50 EUR. Der Berechnung legte sie ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde. Die Klägerin habe in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt, so dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes nach § 132 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen sei. Dieses richte sich nach der Beschäftigung, für die die Klägerin in erster Linie geeignet sei, und der dazugehörigen Qualifikationsstufe. Die Klägerin sei für eine Tätigkeit als Zahntechniker geeignet. Dafür sei eine Ausbildung erforderlich, so dass die Qualifikationsstufe 3 (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 SGB III) einschlägig sei.
Dagegen legte die Klägerin am 12. Mai 2011 Widerspruch ein. Die Einordnung in die Qualifikationsstufe 3 entspreche nicht ihren seit 2002 ausgeübten Tätigkeiten und dem Qualifikationsstand. Ohnehin sei ihr Arbeitslosengeld anhand des tatsächlich zuletzt erzielten durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgeltes und nicht fiktiv zu berechnen.
Mit Änderungsbescheid vom 26. Mai 2011 setzte die Beklagte den Leistungssatz für die Zeit ab dem 1. Juni 2011 auf 24,63 EUR fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Innerhalb des im Falle der Klägerin nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens, der sich vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 erstrecke, könne ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden. Es sei daher nach § 132 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zulegen. Für die für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeit als Außendienstmitarbeiterin beziehungsweise Technische Beraterin im Dentalbereich sei eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erforderlich, die die Klägerin auch nachweisen könne. Hingegen lägen Nachweise für die Zuordnung in eine höhere Qualifikationsgruppe nicht vor. Die von der Klägerin vorgelegten Zertifikate und Lehrgangsbescheinigungen dokumentierten keine Ausbildung oder Weiterqualifikation, die eine Einstufung in die Qualifikationsstufe 2 rechtfertigten. Es ergebe sich ein tägliches Arbeitslosengeld in Höhe von 27,50 EUR.
Mit dem weiteren Änderungsbescheid vom 14. Juli 2011 setzte die Beklagte den Leistungssatz für die Zeit ab dem 1. Juni 2011 auf 27,50 EUR fest.
Die Klage vom 18. Juli 2011 hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2012 abgewiesen. Die Klägerin habe im zutreffend zugrunde gelegten erweiterten Bemessungsrahmen vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 unstreitig keinen Bemessungszeitraum mit einem Anspruch auf Arbeitsentgelt vom mindestens 150 Tagen. Weder beim bezogenen Mutterschaftsgeld noch beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld handele es sich um Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Die Beklagte habe daher nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt heranziehen müssen. Weiter hat das Sozialgericht ausgeführt:
"Die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten – oder Mutterschutzzeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitslosengeld enthält, verstößt entgegen der Ansicht der Klägerin nach Ansicht des Gerichts nicht gegen Verfassungsrecht (vgl. zuletzt Bundessozialgericht, Urteile vom 25. August 2011, Az.: B 11 AL 19/10, B 11 AL 34/10, B 11 AL 32/10 unter Bestätigung von Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Mai 2008, Az.: B IIa AL 23/07, jeweils zitiert nach JURIS).
Das Gericht folgt insoweit nach eigener Prüfung der Begründung in den genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts.
Es besteht keine Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art. 6 Abs. 1 GG bei Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Arbeitslosengeld nicht nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts. Denn aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt nicht, dass der Staat jegliche, die Familie betreffende Belastung ausgleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange fördern muss (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011, Az.: B 11 AL 19/10, zitiert nach JURIS).
Auch ist der Gesetzgeber nicht auf Grund von Art. 6 Abs. 4 GG gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BSG, aaO unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. März 2011, Az.: 1 BvL 13/07, beide zitiert nach JURIS). Die Klägerin hat insoweit nicht plausibel gemacht, warum es auf Grund von Art. 6 Abs. 4 GG geboten sein sollte, den von ihr geltend gemachten sozialrechtlichen Nachteil auszugleichen, den sie selbst durch den Verzicht auf die freiwillige Inanspruchnahme von Elternzeit hätte vermeiden können. Das Gericht geht davon aus, dass hier eine mit der Mutterschaft im weiteren Sinne zusammenhängende, aber vor allem auf die freiwillige Inanspruchnahme von Elternzeit zurückzuführende wirtschaftliche Belastung vorliegt, deren vollständiger Ausgleich Art. 6 Abs. 4 GG nicht zwingend gebietet (vgl. BVerfG, aaO.)
Es ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht als sachwidrig anzusehen, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohnes als nicht mehr gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (vgl. BSG, aaO.). Der Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung staatlicher Leistungen durch Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub entschieden hat, ist nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, diese Forderung auch im Zusammenhang mit anderen sozi¬alrechtlichen Regelungen uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 11. März 2010, Az.: 1 BvR 2909/08, zitiert nach JURIS).
Es kann nicht als verfassungsrechtlich bedenklich angeschen werden, wenn der Gesetzgeber für die Personen, die durch die Einführung der Versicherungspflicht gem. § 26 Abs. 2a SGB III die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld auch ohne Erwerbstätigkeit und ohne eigene Beiträge erfüllen, eine fiktive Bemessung wie für sonstige Versicherte vorsieht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 2011, Az.: B 11 AL 19/10, unter Bezugnahme auf Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Mai 2008, Az.: B IIa AL 23/07, beide zitiert nach JURIS).
Ist für die Bemessung des Arbeitslosengeldes damit – wie hier – ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, kommt es für die Zuordnung zur jeweiligen Qualifikationsgruppe in erster Linie darauf an, ob der Arbeitslose über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen Berufsabschluss verfügt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 4. Juli 2012, Az.: B 11 AL 21/11, zitiert nach JURIS).
Die von der Beklagten vorgenommene Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 3 (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III aF; nun: § 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III) ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
Die Klägerin verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung als Feinmechanikerin und Zahntechnikerin.
Die von der Klägerin angestrebte Tätigkeit als technische Beraterin für zahntechnische Labore bzw. als Gebietsleiterin im Außendienst für zahntechnische Labore setzt weder eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung noch einen Fachschulabschluss oder den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister voraus, sondern kann – wie im Fall der Klägerin – auch mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Zahntechnikerin ausgeübt werden.
Dass diese Tätigkeit in vergleichbaren Unternehmen auch und üblicherweise von Mitarbeitern mit einem akademischen Abschluss ausgeübt wird, ändert nichts daran, dass die Tätigkeit als technische Beraterin für zahntechnische Leistungen eine solche Qualifikation im Sinne des § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III aF (nun: § 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III) erfordert (vgl. BSG, aaO).
Auch eine Tätigkeit als Dozentin im Bereich Praktische Aus- und Weiterbildung von Zahntechnikern und Zahntechnikermeistern setzt weder eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung noch einen Fachschulabschluss oder den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister voraus.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 11. Januar 2013. Sie sei in den Rechten aus Artikel 6 Abs. 1 und Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Die vom Sozialgericht angewandten gesetzlichen Bestimmungen führten in der Praxis dazu, dass vor allem Mütter nach dem Erziehungsurlaub oder nach der Rückkehr aus dem Mutterschutz auf einen gekürzten Arbeitslosengeldanspruch verwiesen würden. Nur bei verfassungskonformer Auslegung der Bestimmungen werde diese Diskriminierung verhindert. Die verfassungskonforme Auslegung führe dazu, dass ihr, der Klägerin, Arbeitslosengeld über den bewilligten Umfang hinaus auf der Basis konkreter Berechnungen für die Dauer der Arbeitslosigkeit mit dem Höchstsatz zu bewilligen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Dezember 2012 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 11. Mai 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 26. Mai 2011 und 14. Juli 2011 dahingehend abzuändern, dass der Klägerin für die Zeit ab dem 1. April 2011 bis längstens 30. März 2012 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 56,76 EUR bewilligt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und sieht ihn in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2011, der Änderungsbescheid vom 26. Mai, der Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 und der Änderungsbescheid vom 14. Juli 2011 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes nicht zu. Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2012 die Klage der Klägerin abgewiesen. Der Senat sieht, vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen zum Verlauf des Berufungsverfahrens, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bemessung ihres Arbeitslosengeldes nach der Höhe früheren Einkommens. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 11 AL 19/10 R – SozR 4-4300 § 132 Nr. 7 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz sowie Rdnr. 24 ff. und 27 ff.) verstößt die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen nicht gegen Verfassungs- oder Gemeinschaftsrecht, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.
Wie sich aus § 130 Abs. 3, § 132 Abs. 1 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) ergibt, sah das Gesetz eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus nicht vor. Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. umfasste der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasste gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. ein Jahr; er endete mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen wurde gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthielt. Wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden konnte, war gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.
Eine Veränderung des Bemessungsrahmens kann nicht deswegen angenommen werden, weil nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III a. F. bei der Ermittlung "des Bemessungszeitraums" Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes außer Betracht blieben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Diese Regelung sollte nur davor schützen, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einflossen, die nach § 131 Abs. 1 SGB III a. F. i.V. m. § 130 Abs. 1 SGB III a. F. eigentlich zu berücksichtigen gewesen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt wegen der Kindererziehung atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war. Dagegen traf § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III a. F. keine Sonderregelung zu den Voraussetzungen, von denen es nach § 130 Abs. 1 und Abs. 3 SGB III a. F. i. V. m. § 132 Abs. 1 SGB III abhing, inwieweit das vor dem Beginn der Kindererziehung erzielte Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt herangezogen werden konnte. Konnten innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht mindestens 150 Kalendertage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden, war als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt (vgl. § 132 Abs. 1 SGB III a. F.) zugrunde zulegen.
Dies verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Es besteht keine Verpflichtung des Gesetzgebers aus Artikel 6 Abs. 1 GG, bei Eltern beziehungsweise Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Arbeitslosengeld nicht nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts. Denn aus Artikel 6 Abs. 1 GG folgt nicht, der Staat müsse jegliche die Familie betreffende Belastung ausgleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange fördern (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. März 2010 – 1 BvL 11/07 – JURIS-Dokument Rdnr 45, m. w. N.).
Aus Artikel 6 Abs. 4 GG, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, kann ebenso wenig die Verfassungswidrigkeit des Bemessungsrechts abgeleitet werden, da aus dieser Regelung für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl. BVerfG, 12. März 1996 – 1 BvR 609/90 – BVerfGE 94, 241 [259] = JURIS-Dokument Rdnr. 52). Der Gesetzgeber ist auf Grund von Artikel 6 Abs. 4 GG auch nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2011 – 1 BvL 13/07 – NZS 2011, 812 = JURIS-Dokument Rdnr. 64, m. w. N.).
Etwas anders ist auch nicht aus Artikel 3 Abs. 1 GG herzuleiten. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist eine Regelung nur dann mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichheit rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 2006 – 1 BvR 293/05 – BVerfGE 116, 229 [238] = JURIS-Dokument Rdnr. 41, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 18. September 2013 – 1 BvR 924/12 – NJW 2014, 139 = JURIS-Dokument Rdnr. 14, m. w. N.). Es kann nicht als sachwidrig angesehen werden, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns als nicht gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011, a. a. O., Rdnr. 25).
Auch verstößt das einschlägige deutsche Recht nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011, a. a. O., Rdnr. 28). Insbesondere stehen die gesetzlichen Bestimmungen nicht im Widerspruch zu der Richtlinie des Rats vom 19. Dezember 1978 (79/7/EWG) zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (Abl. Nr. L 6 S. 24) und auch nicht gegen sonstige europäische Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, dass die Regelungen zur fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes, die wegen ihrer Geltung für alle Versicherten jedenfalls keine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts beinhalten, in der Praxis vorwiegend bei Frauen zur Anwendung kommen. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Anschein einer Diskriminierung widerlegt, wenn die in Rede stehenden Regelungen durch Faktoren sachlich gerechtfertigt sind, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben, und wenn die ausgewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des betreffenden Mitgliedstaats dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 1995 – C-444/93 [Megner und Scheffel] – Slg. 1995, I-4741 = SozR 3-6083 Art 4 Nr. 12 = JURIS-Dokument Rdnr. 24, m. w. N.; EuGH, Urteil vom 1. Februar 1996 – C-280/94 [Posthuma-van Damme und Oztürk] – Slg. 1996, I-179 = SozR 3-6083 Art 4 Nr. 13 = JURIS-Dokument Rdnr. 24, m. w. N.). Von einer solchen sachlichen Rechtfertigung beziehungsweise der Geeignetheit und Erforderlichkeit der gewählten Mittel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist auszugehen.
Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die nähere Ausgestaltung der fiktiven Bemessung durch § 132 Abs. 2 SGB III a. F ... Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht vor (vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 2008 – B 11a AL 23/07 R – BSGE 100, 295 ff. = SozR 4-4300 § 132 Nr. 1 = JURIS-Dokument Rdnr. 49 ff. sowie den nachfolgenden Nichtannahmebeschluss des BVerfG s vom 11. März 2010 – 1 BvR 2909/08 – NZS 2010, 626 ff.; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 11 AL 19/10 R –SozR 4-4300 § 132 Nr. 7 = JURIS-Dokument Rdnr. 29).
Die Beklagte griff auch im Rahmen der fiktiven Bemessung, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht fehlerhaft auf die Werte einer zu niedrigen Qualifikationsgruppe zurück. Sie ordnete die Klägerin in die Qualifikationsgruppe 3 ein, die für Beschäftigungen zugrunde zu legen war, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erforderte (vgl. § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III a. F.). Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin vor. Die nächst höhere Qualifikationsgruppe 2 wäre auf Beschäftigungen anzuwenden gewesen, die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erforderten. Tätigkeiten, die diesen Anforderungen unterlagen, hatte die Klägerin aber weder in der Vergangenheit ausgeübt, noch hatten sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie auf eine solche Beschäftigung zu erstrecken. Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin einer hochwertigen und entsprechend gut bezahlten Tätigkeit nachgegangen war. Den Anforderungen des § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III a. F. genügt diese Beschäftigung dennoch nicht. Zwar hatte die Klägerin ausweislich der vorgelegten Zertifikate, Teilnahmebestätigungen und Sachkundebescheinigungen an zahlreichen "Weiterbildungen" teilgenommen, die ganz überwiegend zweitägig, bisweilen dreitägig, durchgeführt wurden. Einen Fachschulabschluss oder eine Meisterausbildung vermögen diese Qualifikationsbemühungen der Klägerin aber nicht zu ersetzen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
III. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Hintergrund ist der Umstand, dass die Klägerin im erweiterten Bemessungsrahmen vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 112 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorweisen kann. In der Zeit des Mutterschutzes vom 22. April 2009 bis zum 4. August 2009 ist ein achtwöchiges Beschäftigungsverbot nach der Entbindung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutze der erwerbstätigen Mutter [Mutterschutzgesetz – MuSchG]) enthalten, das, anders als der vorgeburtliche sechswöchige Schutz nach § 3 Abs. 2 MuSchG, nicht abdingbar ist. Zur Frage, ob die Vereinbarkeit der einschlägigen arbeitsförderungsrechtlichen Regelungen mit höherrangigem Recht bei einem absoluten gesetzlichen Beschäftigungsverbot anders zu beurteilen ist als in anderen Fällen liegt, soweit ersichtlich, keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Die Rechtsfrage besitzt auch weiterhin Bedeutung, weil an die Stelle der bis zum 31. März 2012 geltenden §§ 130 und 132 SGB III ab dem 1. April 2012 die Vorschriften der §§ 150 und 152 SGB III (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) getreten sind.
Dr. Scheer Höhl Krewer
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht auf der Grundlage fiktiven Arbeitsentgelts, hilfsweise jedenfalls unter Berücksichtigung einer höheren Qualifizierungsstufe, zu bewilligen.
Die am 1970 geborene Klägerin ist gelernte Feinmechanikerin und Zahntechnikerin. Ab dem 1. April 2006 war sie bei der Firma D D GmbH tätig. Vom 22. April 2009 bis zum 4. August 2009 befand sie sich im gesetzlichen Mutterschutz. Vom 5. August 2009 bis zum 30. Dezember 2010 nahm sie Elternzeit in Anspruch. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis der zuletzt als "Kaufmännische Angestellte (Außendienst)" beschäftigten Klägerin mit Schreiben vom 31. Dezember 2010 zum 31. März 2011.
Am 25. Februar 2011 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum 1. April 2011. Mit Bescheid vom 11. Mai 2011 entsprach die Beklagte dem Begehren und bewilligte Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1. April 2011 bis zum 30. März 2012 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 27,50 EUR. Der Berechnung legte sie ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde. Die Klägerin habe in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt, so dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes nach § 132 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen sei. Dieses richte sich nach der Beschäftigung, für die die Klägerin in erster Linie geeignet sei, und der dazugehörigen Qualifikationsstufe. Die Klägerin sei für eine Tätigkeit als Zahntechniker geeignet. Dafür sei eine Ausbildung erforderlich, so dass die Qualifikationsstufe 3 (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 SGB III) einschlägig sei.
Dagegen legte die Klägerin am 12. Mai 2011 Widerspruch ein. Die Einordnung in die Qualifikationsstufe 3 entspreche nicht ihren seit 2002 ausgeübten Tätigkeiten und dem Qualifikationsstand. Ohnehin sei ihr Arbeitslosengeld anhand des tatsächlich zuletzt erzielten durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgeltes und nicht fiktiv zu berechnen.
Mit Änderungsbescheid vom 26. Mai 2011 setzte die Beklagte den Leistungssatz für die Zeit ab dem 1. Juni 2011 auf 24,63 EUR fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Innerhalb des im Falle der Klägerin nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens, der sich vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 erstrecke, könne ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden. Es sei daher nach § 132 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zulegen. Für die für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeit als Außendienstmitarbeiterin beziehungsweise Technische Beraterin im Dentalbereich sei eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erforderlich, die die Klägerin auch nachweisen könne. Hingegen lägen Nachweise für die Zuordnung in eine höhere Qualifikationsgruppe nicht vor. Die von der Klägerin vorgelegten Zertifikate und Lehrgangsbescheinigungen dokumentierten keine Ausbildung oder Weiterqualifikation, die eine Einstufung in die Qualifikationsstufe 2 rechtfertigten. Es ergebe sich ein tägliches Arbeitslosengeld in Höhe von 27,50 EUR.
Mit dem weiteren Änderungsbescheid vom 14. Juli 2011 setzte die Beklagte den Leistungssatz für die Zeit ab dem 1. Juni 2011 auf 27,50 EUR fest.
Die Klage vom 18. Juli 2011 hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2012 abgewiesen. Die Klägerin habe im zutreffend zugrunde gelegten erweiterten Bemessungsrahmen vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 unstreitig keinen Bemessungszeitraum mit einem Anspruch auf Arbeitsentgelt vom mindestens 150 Tagen. Weder beim bezogenen Mutterschaftsgeld noch beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld handele es sich um Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Die Beklagte habe daher nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt heranziehen müssen. Weiter hat das Sozialgericht ausgeführt:
"Die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten – oder Mutterschutzzeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitslosengeld enthält, verstößt entgegen der Ansicht der Klägerin nach Ansicht des Gerichts nicht gegen Verfassungsrecht (vgl. zuletzt Bundessozialgericht, Urteile vom 25. August 2011, Az.: B 11 AL 19/10, B 11 AL 34/10, B 11 AL 32/10 unter Bestätigung von Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Mai 2008, Az.: B IIa AL 23/07, jeweils zitiert nach JURIS).
Das Gericht folgt insoweit nach eigener Prüfung der Begründung in den genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts.
Es besteht keine Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art. 6 Abs. 1 GG bei Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Arbeitslosengeld nicht nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts. Denn aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt nicht, dass der Staat jegliche, die Familie betreffende Belastung ausgleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange fördern muss (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011, Az.: B 11 AL 19/10, zitiert nach JURIS).
Auch ist der Gesetzgeber nicht auf Grund von Art. 6 Abs. 4 GG gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BSG, aaO unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. März 2011, Az.: 1 BvL 13/07, beide zitiert nach JURIS). Die Klägerin hat insoweit nicht plausibel gemacht, warum es auf Grund von Art. 6 Abs. 4 GG geboten sein sollte, den von ihr geltend gemachten sozialrechtlichen Nachteil auszugleichen, den sie selbst durch den Verzicht auf die freiwillige Inanspruchnahme von Elternzeit hätte vermeiden können. Das Gericht geht davon aus, dass hier eine mit der Mutterschaft im weiteren Sinne zusammenhängende, aber vor allem auf die freiwillige Inanspruchnahme von Elternzeit zurückzuführende wirtschaftliche Belastung vorliegt, deren vollständiger Ausgleich Art. 6 Abs. 4 GG nicht zwingend gebietet (vgl. BVerfG, aaO.)
Es ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht als sachwidrig anzusehen, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohnes als nicht mehr gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (vgl. BSG, aaO.). Der Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung staatlicher Leistungen durch Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub entschieden hat, ist nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet, diese Forderung auch im Zusammenhang mit anderen sozi¬alrechtlichen Regelungen uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 11. März 2010, Az.: 1 BvR 2909/08, zitiert nach JURIS).
Es kann nicht als verfassungsrechtlich bedenklich angeschen werden, wenn der Gesetzgeber für die Personen, die durch die Einführung der Versicherungspflicht gem. § 26 Abs. 2a SGB III die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld auch ohne Erwerbstätigkeit und ohne eigene Beiträge erfüllen, eine fiktive Bemessung wie für sonstige Versicherte vorsieht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 2011, Az.: B 11 AL 19/10, unter Bezugnahme auf Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Mai 2008, Az.: B IIa AL 23/07, beide zitiert nach JURIS).
Ist für die Bemessung des Arbeitslosengeldes damit – wie hier – ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, kommt es für die Zuordnung zur jeweiligen Qualifikationsgruppe in erster Linie darauf an, ob der Arbeitslose über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen Berufsabschluss verfügt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 4. Juli 2012, Az.: B 11 AL 21/11, zitiert nach JURIS).
Die von der Beklagten vorgenommene Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 3 (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III aF; nun: § 152 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III) ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
Die Klägerin verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung als Feinmechanikerin und Zahntechnikerin.
Die von der Klägerin angestrebte Tätigkeit als technische Beraterin für zahntechnische Labore bzw. als Gebietsleiterin im Außendienst für zahntechnische Labore setzt weder eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung noch einen Fachschulabschluss oder den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister voraus, sondern kann – wie im Fall der Klägerin – auch mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Zahntechnikerin ausgeübt werden.
Dass diese Tätigkeit in vergleichbaren Unternehmen auch und üblicherweise von Mitarbeitern mit einem akademischen Abschluss ausgeübt wird, ändert nichts daran, dass die Tätigkeit als technische Beraterin für zahntechnische Leistungen eine solche Qualifikation im Sinne des § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III aF (nun: § 152 Abs. 2 Satz 2 SGB III) erfordert (vgl. BSG, aaO).
Auch eine Tätigkeit als Dozentin im Bereich Praktische Aus- und Weiterbildung von Zahntechnikern und Zahntechnikermeistern setzt weder eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung noch einen Fachschulabschluss oder den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister voraus.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 11. Januar 2013. Sie sei in den Rechten aus Artikel 6 Abs. 1 und Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Die vom Sozialgericht angewandten gesetzlichen Bestimmungen führten in der Praxis dazu, dass vor allem Mütter nach dem Erziehungsurlaub oder nach der Rückkehr aus dem Mutterschutz auf einen gekürzten Arbeitslosengeldanspruch verwiesen würden. Nur bei verfassungskonformer Auslegung der Bestimmungen werde diese Diskriminierung verhindert. Die verfassungskonforme Auslegung führe dazu, dass ihr, der Klägerin, Arbeitslosengeld über den bewilligten Umfang hinaus auf der Basis konkreter Berechnungen für die Dauer der Arbeitslosigkeit mit dem Höchstsatz zu bewilligen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Dezember 2012 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 11. Mai 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2011 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 26. Mai 2011 und 14. Juli 2011 dahingehend abzuändern, dass der Klägerin für die Zeit ab dem 1. April 2011 bis längstens 30. März 2012 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 56,76 EUR bewilligt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und sieht ihn in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2011, der Änderungsbescheid vom 26. Mai, der Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2011 und der Änderungsbescheid vom 14. Juli 2011 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes nicht zu. Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2012 die Klage der Klägerin abgewiesen. Der Senat sieht, vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen zum Verlauf des Berufungsverfahrens, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen der erstinstanzlichen Entscheidung (vgl. § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bemessung ihres Arbeitslosengeldes nach der Höhe früheren Einkommens. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 11 AL 19/10 R – SozR 4-4300 § 132 Nr. 7 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz sowie Rdnr. 24 ff. und 27 ff.) verstößt die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen nicht gegen Verfassungs- oder Gemeinschaftsrecht, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.
Wie sich aus § 130 Abs. 3, § 132 Abs. 1 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) ergibt, sah das Gesetz eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus nicht vor. Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. umfasste der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasste gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. ein Jahr; er endete mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen wurde gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthielt. Wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden konnte, war gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.
Eine Veränderung des Bemessungsrahmens kann nicht deswegen angenommen werden, weil nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III a. F. bei der Ermittlung "des Bemessungszeitraums" Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes außer Betracht blieben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Diese Regelung sollte nur davor schützen, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einflossen, die nach § 131 Abs. 1 SGB III a. F. i.V. m. § 130 Abs. 1 SGB III a. F. eigentlich zu berücksichtigen gewesen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt wegen der Kindererziehung atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war. Dagegen traf § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III a. F. keine Sonderregelung zu den Voraussetzungen, von denen es nach § 130 Abs. 1 und Abs. 3 SGB III a. F. i. V. m. § 132 Abs. 1 SGB III abhing, inwieweit das vor dem Beginn der Kindererziehung erzielte Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt herangezogen werden konnte. Konnten innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht mindestens 150 Kalendertage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden, war als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt (vgl. § 132 Abs. 1 SGB III a. F.) zugrunde zulegen.
Dies verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Es besteht keine Verpflichtung des Gesetzgebers aus Artikel 6 Abs. 1 GG, bei Eltern beziehungsweise Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Arbeitslosengeld nicht nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts. Denn aus Artikel 6 Abs. 1 GG folgt nicht, der Staat müsse jegliche die Familie betreffende Belastung ausgleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange fördern (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 10. März 2010 – 1 BvL 11/07 – JURIS-Dokument Rdnr 45, m. w. N.).
Aus Artikel 6 Abs. 4 GG, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, kann ebenso wenig die Verfassungswidrigkeit des Bemessungsrechts abgeleitet werden, da aus dieser Regelung für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl. BVerfG, 12. März 1996 – 1 BvR 609/90 – BVerfGE 94, 241 [259] = JURIS-Dokument Rdnr. 52). Der Gesetzgeber ist auf Grund von Artikel 6 Abs. 4 GG auch nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2011 – 1 BvL 13/07 – NZS 2011, 812 = JURIS-Dokument Rdnr. 64, m. w. N.).
Etwas anders ist auch nicht aus Artikel 3 Abs. 1 GG herzuleiten. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist eine Regelung nur dann mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichheit rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 2006 – 1 BvR 293/05 – BVerfGE 116, 229 [238] = JURIS-Dokument Rdnr. 41, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 18. September 2013 – 1 BvR 924/12 – NJW 2014, 139 = JURIS-Dokument Rdnr. 14, m. w. N.). Es kann nicht als sachwidrig angesehen werden, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns als nicht gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011, a. a. O., Rdnr. 25).
Auch verstößt das einschlägige deutsche Recht nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011, a. a. O., Rdnr. 28). Insbesondere stehen die gesetzlichen Bestimmungen nicht im Widerspruch zu der Richtlinie des Rats vom 19. Dezember 1978 (79/7/EWG) zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (Abl. Nr. L 6 S. 24) und auch nicht gegen sonstige europäische Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, dass die Regelungen zur fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes, die wegen ihrer Geltung für alle Versicherten jedenfalls keine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts beinhalten, in der Praxis vorwiegend bei Frauen zur Anwendung kommen. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der Anschein einer Diskriminierung widerlegt, wenn die in Rede stehenden Regelungen durch Faktoren sachlich gerechtfertigt sind, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben, und wenn die ausgewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des betreffenden Mitgliedstaats dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind (vgl. z. B. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 1995 – C-444/93 [Megner und Scheffel] – Slg. 1995, I-4741 = SozR 3-6083 Art 4 Nr. 12 = JURIS-Dokument Rdnr. 24, m. w. N.; EuGH, Urteil vom 1. Februar 1996 – C-280/94 [Posthuma-van Damme und Oztürk] – Slg. 1996, I-179 = SozR 3-6083 Art 4 Nr. 13 = JURIS-Dokument Rdnr. 24, m. w. N.). Von einer solchen sachlichen Rechtfertigung beziehungsweise der Geeignetheit und Erforderlichkeit der gewählten Mittel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist auszugehen.
Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die nähere Ausgestaltung der fiktiven Bemessung durch § 132 Abs. 2 SGB III a. F ... Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht vor (vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 2008 – B 11a AL 23/07 R – BSGE 100, 295 ff. = SozR 4-4300 § 132 Nr. 1 = JURIS-Dokument Rdnr. 49 ff. sowie den nachfolgenden Nichtannahmebeschluss des BVerfG s vom 11. März 2010 – 1 BvR 2909/08 – NZS 2010, 626 ff.; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 11 AL 19/10 R –SozR 4-4300 § 132 Nr. 7 = JURIS-Dokument Rdnr. 29).
Die Beklagte griff auch im Rahmen der fiktiven Bemessung, entgegen der Auffassung der Klägerin, nicht fehlerhaft auf die Werte einer zu niedrigen Qualifikationsgruppe zurück. Sie ordnete die Klägerin in die Qualifikationsgruppe 3 ein, die für Beschäftigungen zugrunde zu legen war, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erforderte (vgl. § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III a. F.). Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin vor. Die nächst höhere Qualifikationsgruppe 2 wäre auf Beschäftigungen anzuwenden gewesen, die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erforderten. Tätigkeiten, die diesen Anforderungen unterlagen, hatte die Klägerin aber weder in der Vergangenheit ausgeübt, noch hatten sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie auf eine solche Beschäftigung zu erstrecken. Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin einer hochwertigen und entsprechend gut bezahlten Tätigkeit nachgegangen war. Den Anforderungen des § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III a. F. genügt diese Beschäftigung dennoch nicht. Zwar hatte die Klägerin ausweislich der vorgelegten Zertifikate, Teilnahmebestätigungen und Sachkundebescheinigungen an zahlreichen "Weiterbildungen" teilgenommen, die ganz überwiegend zweitägig, bisweilen dreitägig, durchgeführt wurden. Einen Fachschulabschluss oder eine Meisterausbildung vermögen diese Qualifikationsbemühungen der Klägerin aber nicht zu ersetzen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
III. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Hintergrund ist der Umstand, dass die Klägerin im erweiterten Bemessungsrahmen vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2011 112 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorweisen kann. In der Zeit des Mutterschutzes vom 22. April 2009 bis zum 4. August 2009 ist ein achtwöchiges Beschäftigungsverbot nach der Entbindung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutze der erwerbstätigen Mutter [Mutterschutzgesetz – MuSchG]) enthalten, das, anders als der vorgeburtliche sechswöchige Schutz nach § 3 Abs. 2 MuSchG, nicht abdingbar ist. Zur Frage, ob die Vereinbarkeit der einschlägigen arbeitsförderungsrechtlichen Regelungen mit höherrangigem Recht bei einem absoluten gesetzlichen Beschäftigungsverbot anders zu beurteilen ist als in anderen Fällen liegt, soweit ersichtlich, keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Die Rechtsfrage besitzt auch weiterhin Bedeutung, weil an die Stelle der bis zum 31. März 2012 geltenden §§ 130 und 132 SGB III ab dem 1. April 2012 die Vorschriften der §§ 150 und 152 SGB III (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) getreten sind.
Dr. Scheer Höhl Krewer
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