L 11 KR 118/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2489/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 118/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.11.2014 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Übernahme von Fahrkosten für eine Fahrt mit dem Pkw zu einer ambulanten Nachuntersuchung.

Der 1942 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Vom 19.02. bis 25.02.2014 befand er sich zur stationären Behandlung in der Neurologischen Universitätsklinik U. zur weiteren Diagnostik bei pseudobulbärer Dysarthrie unklarer Ätiologie. Der Kläger erhielt einen Termin zur Wiedervorstellung in der Sprechstunde für Motoneuron-Erkrankungen am 24.06.2014.

Mit Schreiben vom 23.05.2014 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Verordnung einer Krankenbeförderung durch Dr. E. die Übernahme von Fahrkosten zur Verlaufskontrolle am 24.06.2014 in Ulm bei Fahrt mit dem eigenen Pkw.

Mit Bescheid vom 28.05.2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Fahrkosten zur ambulanten Behandlung könnten nur in Fällen übernommen werden, die in verbindlichen Richtlinien für alle Krankenkassen festgelegt seien. Die eng gefassten und genau definierten Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass es sich bei dem auf den 21.07.2014 verlegten Termin um eine notwendige Nachkontrolle zum stationären Aufenthalt von Februar 2014 handele. Der Termin sei von der Klinik so festgesetzt worden, um über einen ausreichend langen Zeitraum den Krankheitsverlauf zu beobachten. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2014 wies die Beklagten den Widerspruch zurück. Die nachstationäre Behandlung sei nach den gesetzlichen Bestimmungen auf 7 Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen festgelegt. Für regelmäßig erforderliche Nachuntersuchungen außerhalb der nachstationären Behandlung könnten keine Kosten übernommen werden. Dies gelte auch für Fahrten zu einer Spezialklinik.

Hiergegen richtet sich die am 30.09.2014 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) eingelegte Klage. Der Termin zur Nachuntersuchung sei von der Klinik zur medizinisch notwendigen Nachkontrolle vergeben worden. Eine Nachuntersuchung innerhalb des gesetzlich vorgesehenen Zeitraums von 14 Tagen sei bei dem Krankheitsbild des Klägers nicht sinnvoll. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor.

Mit Urteil vom 28.11.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Fahrkosten seien auf der Grundlage von § 60 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) iVm den Krankentransport-Richtlinien nicht zu erstatten. Es handele sich um eine nachstationäre Behandlung iSv § 7 Abs 2b Krankentransport-Richtlinie iVm § 115a SGB V. Auch die Voraussetzungen für einen sonstigen Ausnahmefall nach § 8 Krankentransport-Richtlinien lägen offenkundig nicht vor. Im Übrigen sei in letztgenannten Fällen keine Verordnung auszustellen, wenn der Versicherte in der Lage sei, mit einem privaten Kraftfahrzeug zu fahren.

Gegen das ihm am 16.12.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 12.01.2015 eingelegte Berufung des Klägers. Nachdem er das eingelegte Rechtsmittel zunächst nur als "Widerspruch" bezeichnet hat, hat der Kläger auf den wiederholten Hinweis des Senats auf die Unzulässigkeit der Berufung und die Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde ausgeführt, er finde beschämend, wie mit einem kranken Bürger umgegangen werde. Nach dem Gesetz sei jeder Mensch gleichzustellen; bei seiner Erkrankung sei eine Nachbehandlung innerhalb von 14 Tagen sinnlos. Im Übrigen sei seine Krankheit vor drei Jahren aufgetreten. Zum Wert des Beschwerdegegenstands werde geltend gemacht, er sei 60 mal in B. und 20 mal in H. beim Logopäden gewesen, alles ohne Fahrgeld. In U. sei er drei Mal zur Nachuntersuchung gewesen. Die Entscheidung des SG sei nicht in Ordnung.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.11.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 28.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Fahrkosten zur Nachuntersuchung in U. zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 26.03.2015 sind die Beteiligten zur beabsichtigten Verwerfung der Berufung durch Beschluss gehört worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, sie ist unzulässig.

Welches Rechtsmittel eingelegt wird, ist nach dem objektiven Erklärungswert auszulegen. Der Kläger hat mit seinem Schreiben vom 09.01.2015 sein Rechtsmittel als Widerspruch bezeichnet. In den nachfolgenden Ausführungen rügt der Kläger die Unrichtigkeit des Urteils. Mit Schriftsatz vom 16.02.2015 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass seine Erklärung als Berufung verstanden werde. Da eine Berufung hier nicht zulässig sei, möge er klarstellen, ob er - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des SG - eigentlich Nichtzulassungsbeschwerde habe einlegen wollen. Mit Schreiben vom 21.03.2015 hat der Kläger sinngemäß ausgeführt, dass der Streitwert höher sei im Hinblick auf bereits angefallene Fahrkosten zum Logopäden und weitere Fahrten zur Nachuntersuchung, die allesamt nicht erstattet worden seien. Der Sache nach ist der Kläger bei seiner Auffassung geblieben und verlangt weiter eine inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Urteils. Eine Auslegung des eingelegten Rechtsmittels als Nichtzulassungsbeschwerde kommt nach alledem gegen den Willen des Klägers nicht in Betracht, auch wenn in der Sache die Berufung unzulässig ist.

Nach § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Die Entscheidung kann nach Satz 2 der Bestimmung durch Beschluss ergehen; der Senat hat hiervon nach dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Die Beteiligten sind auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss hingewiesen worden.

Die Berufung des Klägers ist mangels Erreichens der Beschwerdesumme unzulässig. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).

Streitgegenstand des Klageverfahrens war allein die Kostenerstattung für die Fahrt im Juli 2014 zur Untersuchung nach U ... Die Fahrstrecke von B. nach U. beträgt laut Routenplaner 104 km. Danach beläuft sich der Streitgegenstand auf maximal 41,60 EUR (208 x 0,20 EUR; vgl Bundessozialgericht (BSG) 21.05.2010, B 1 KR 6/10 BH, juris). Weitere Fahrten waren nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Im Übrigen war die Kostenerstattung wegen Fahrkosten zur Logopädie bereits Gegenstand eines anderen (abgeschlossenen) Verfahrens vor dem SG (S 9 KR 2485/13). Auch eine nachträgliche Erhöhung der Begehrens während des Berufungsverfahrens würde eine zunächst unzulässige Berufung nicht statthaft machen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 144 RdNr 19). Der erforderliche Beschwerdewert ist nach alledem nicht erreicht. Streitig sind auch nicht Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr, da sich die streitigen Fahrkosten auf einen einzelnen Termin im Juli 2014 beziehen. Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die Berufung auch nicht zugelassen, vielmehr hat es in der Rechtsmittelbelehrung zutreffend ausdrücklich über die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde belehrt. Eine inhaltliche Überprüfung des Begehrens des Klägers ist dem Senat damit verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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