L 5 R 1914/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1693/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1914/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 02.04.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zahlung einer höheren Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer anderen Versorgungsausgleichsberechnung.

Die Beklagte gewährte dem am 22.11.1946 geborenen Kläger auf seinen Antrag vom 22.09.2011 hin mit Bescheid vom 15.05.2012 Regelaltersrente ab dem 01.12.2011 (vgl. Bl. 14 ff. SG). Die laufenden Leistungen ab dem 01.07.2012 wurden auf 703,11 EUR festgesetzt. Die Nachzahlung für die Zeit vom 01.12.2011 bis 30.06.2011 belief sich auf 4.816,56 EUR. In der Anlage 5 zum Bescheid werden die Auswirkungen des zu Lasten des Versicherungskontos durchgeführten Versorgungsausgleichs erläutert. Aus Anlage 6 sind die persönlichen Entgeltpunkte des Klägers ersichtlich. Für die Ehezeit vom 01.01.1968 bis 29.02.1984 wurden zu Lasten seines Versicherungskontos Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Rentenversicherungskonto des ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen. Die übertragene Rentenanwartschaft sei auf monatlich 295,50 DM festgestellt worden. Daraus ergäben sich 9,2906 Punkte.

Hiergegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 22.05.2012 Widerspruch ein (Bl. 90 VerwA), ohne diesen näher zu begründen.

Wegen der Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses wurde die Rente mit Bescheid vom 16.07.2012 ab dem 01.12.2011 neu berechnet. Dem Kläger wurde ein Zuschuss zur privaten Krankenversicherung gewährt. Die laufenden Zahlungen ab 01.07.2012 wurden auf 754,44 EUR und die Nachzahlung für die Zeit vom 01.12.2011 bis 30.06.2012 wurde auf 402,94 EUR festgesetzt.

Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 22.07.2012 Widerspruch ein (Bl. 102 VerwA), ohne diesen näher zu begründen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2013 (Bl. 110 VerwA) wies die Beklagte die beiden Widersprüche zurück. Die Bescheide seien nicht zu beanstanden.

Hiergegen richteten sich zwei Klagen vom 12.04.2013 zum Sozialgericht Freiburg (S 13 R 1693/13 und S 13 R 1694/13). In beiden Verfahren machte der Kläger geltend, die übertragene Rentenanwartschaft erscheine zu hoch. Die Entscheidung des Amtsgerichts Emmendingen vom 23.10.1984, bei dem im Rahmen des Versorgungsausgleichs 295,50 DM übertragen worden seien, dürfte nur zu einer Minderung seiner Rente um 151,09 EUR führen könnten. Die tatsächlich aus dem errechneten Rentenwert vom 27,47 EUR und den Entgeltpunkten von 9,2906 errechneten Abzügen ergäben einen Betrag von 255,21 EUR. Außerdem werde die Höchstbetragsregelung, die es bei der Übertragung von Versorgungsanwartschaften gegeben habe, von der Beklagten teilweise nicht richtig gehandhabt. Das zweite Verfahren gegen den zweiten Bescheid vom 16.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids könne ruhend gestellt werden.

Die Beklagte führte aus, dass der Betrag von 295,50 DM korrekt in 9,2906 Entgeltpunkte umgerechnet worden sei. Dies ergebe sich aus Anlage 6 des Rentenbescheids. Wegen der Erhöhung des aktuellen Rentenwertes erhöhe sich auch der Anteil aus dem Abschlag an den Entgeltpunkten. Die bis 31.08.2009 geltende Höchstbetragsregelung (§ 1587b Abs. 5 BGB, § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI) habe auf den Kläger als Belasteten eines Versorgungsausgleichsverfahrens keine Anwendung gefunden.

Das Sozialgericht Freiburg verband die Rechtsstreitigkeiten am 01.04.2014 zur gemeinsamen Verhandlung und wies mit Gerichtsbescheid vom 02.04.2014 die beiden verbundenen Klagen ab. Die zweite Klage gegen den Widerspruchsbescheid sei wegen doppelter Rechtshängigkeit bereits unzulässig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Regelaltersrente. Die Bescheide vom 15.05.2012 und vom 16.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.03.2013 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Insbesondere habe die Beklagte die gesetzlichen Regelungen zur Ausführung des Versorgungsausgleichs zutreffend umgesetzt. Nach der Entscheidung des Amtsgerichts Emmendingen - Familiengericht - vom 23.10.1984 seien 295,50 DM zu Lasten des Klägers übertragen worden. Dieser Betrag entspreche nach den bis 31.12.1991 geltenden Regelungen 929,06 Werteinheiten. § 264 SGB VI bestimme, wie Werteinheiten in Entgeltpunkte umgerechnet würden. Je 100 Werteinheiten ergebe sich ein Entgeltpunkt. Damit sei gem. § 76 Abs. 1, 3 SGB VI ein Abschlag aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich von 9,2906 Entgeltpunkten zu Lasten des Klägers vorzunehmen gewesen. Aus der sogenannten Höchstbetragsregelung könne nichts anderes gelten. Diese bis 31.08.2009 geltende Regelung des § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI habe bestimmt, dass Anwartschaften nur bis zu einem Höchstbetrag der bereits vorhandenen eigenen Anwartschaften übertragen und begründet werden dürften. Diese Regelung habe aber keine Auswirkungen auf die bereits vor dem 01.01.1992 rechtskräftig gewordenen Entscheidungen der Familiengerichte (BSG, Urteil vom 03.04.2001, B 4 Ra 4/00 R). Die rechtskräftig gewordene Entscheidung des Familiengerichts habe die Übertragung von 295,50 DM festgesetzt. Ob die damals geltenden Höchstbetragsregelungen verletzt worden seien, könne dahinstehen. Nach alledem seien die Klagen abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 193 SGG.

Gegen den ihm am 04.04.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.04.2014 Berufung eingelegt. Er hält an seiner Auffassung fest, dass die Abzüge in Folge des Versorgungsausgleichs zu hoch sein müssten. Der Rentenanspruch betrage 688,08 EUR. Davon übertrage die Beklagte 255,21 EUR.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 02.04.2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 15.05.2012 und vom 16.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2013 zu verurteilen, die Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer anderen Versorgungsausgleichsberechnung neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts sowie ihre eigene Berechnung für zutreffend.

Das Sach- und Streitverhältnis wurde am 14.11.2014 in einem nichtöffentlichen Termin erörtert. Die Beteiligten haben sich in diesem Termin mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats, die Gerichtsakten des SG Freiburg (S 13 R 1693/13 und 1694/13) und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

1. Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die angefochtenen Bescheide betreffen wiederkehrende bzw. laufende Rentenleistungen für mehr als ein Jahr gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG.

2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Sozialgericht Freiburg hat die Klagen zu Recht mit seinem Gerichtsbescheid vom 02.04.2014 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.03.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht keine höhere Rente zu.

Das Sozialgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die zeitlich später erhobene, ebenfalls gegen den Widerspruchsbescheid vom 12.03.2013 gerichtete Klage (S 13 R 1694/13) wegen doppelter Rechtshängigkeit bereits unzulässig ist. Zutreffend wird auch ausgeführt, dass die Klage gegen die Bescheide vom 15.05.2012 und vom 16.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.03.2013 unbegründet ist, weil die Rentenhöhe - insbesondere auch die Auswirkung des Versorgungsausgleichs - zutreffend berechnet ist. Ebenfalls zu Recht und in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung führt das Sozialgericht Freiburg aus, dass die rechtskräftige Entscheidung des Familiengerichts (selbst wenn sie fehlerhaft wäre) für die Beklagte und die Gericht bindend ist (BSG, Urteil vom 03.04.2001, B 4 Ra 4/00 R). Die rechtskräftige Entscheidung des Familiengerichts ordnete die Übertragung der Rentenanwartschaft von 295,50 DM an. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Auch der Senat ist der Auffassung, dass die Beklagte die rechtskräftige Entscheidung des Amtsgerichts Emmendingen - Familiengericht - vom 23.10.1984 zutreffend umgesetzt und die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs korrekt errechnet hat. Übertragen hat das Familiengericht vom Konto des Klägers zugunsten des Kontos seiner geschiedenen Ehefrau von seiner damals bestehenden Anwartschaft in Höhe von 910,50 DM eine Anwartschaft in Höhe von 295,50 DM nach § 1587b Abs. 1 BGB. Dieser DM-Betrag entspricht nachvollziehbar dem heute vorgenommenen Abschlag von 9,2906 Entgeltpunkten. Nach der zum Zeitpunkt der familienrechtlichen Entscheidung gültigen Vorschrift des § 83a Abs. 1 Satz 1 AVG (Angestelltenversicherungsgesetz) war zur Ermittlung der auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung des Familiengerichts übertragenen Rentenanwartschaften nach § 1587b Abs. 1 BGB der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften durch die allgemeine Bemessungsgrundlage zu teilen, die für das Jahr des als Versicherungsfall geltenden Zeitpunkts (§ 83 Abs. 1 Satz 2) maßgebend war und mit 0,0000125 vervielfältigt ist. Nach § 83 Abs. 1 Satz 2 AVG galt als Zeitpunkt des Versicherungsfalls das Ende der sich aus § 1587 Abs. 2 des BGB ergebenden Ehezeit (hier: 29.02.1984). Unter Anwendung dieser Berechnungsvorschrift entsprach der DM-Betrag 929,06 Wertpunkten. Der Wert ergibt sich, indem 295,50 DM durch die mit 0,0000125 vervielfältigte allgemeine Bemessungsgrundlage im Zeitpunkt des Eheendes (von 01.07.1983 bis 30.06.1984: 25.445 DM) geteilt werden. Die Umrechnung der Wertpunkte auf Entgeltpunkte regelt die Übergangsvorschrift des § 264 SGB VI (100 Werteinheiten = 1 Entgeltpunkt). Der Abschlag bei der Rente des Klägers von 9,2906 Entgeltpunkten wegen des Versorgungsausgleichs ist somit gesetzeskonform errechnet.

II. Die Berufung ist daher zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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