L 5 KR 3617/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 409/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3617/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu einem Drittel. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Krankengeld vom 01.11.2013 bis 02.01.2014.

Die 1985 geborene Klägerin, Mitglied der Beklagten, war bis 30.09.2013 als Arbeiterin (befristet) versicherungspflichtig beschäftigt (Bruttomonatslohn zuletzt 1.859,10 EUR). Ab 01.10.2013 (bis 31.03.2014) bezog sie Arbeitslosengeld II (Bescheid des Jobcenter R.-N.-K. vom 19.12.2013).

Unter dem 12.09.2013 stellte der Chirurg Dr. F. der Klägerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) wegen einer Wirbelsäulenerkrankung (Diagnoseschlüssel S 23.3 G) aus, zunächst bis 16.09.2013. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (Folgebescheinigungen) wurden wie folgt ausgestellt:

Ausstelldatum: Arbeitsunfähigkeit bis: 16.09.2013 23.09.2013 24.09.2013 30.09.2013 01.10.2013 08.10.2013 08.10.2013 15.10.2013 15.10.2013 22.10.2013 22.10.2013 29.10.2013 29.10.2013 05.11.2013 05.11.2013 08.11.2013 08.11.2013 15.11.2013 15.11.2013 22.11.2013 09.12.2013 (Auszahlschein) 23.12.2013 03.01.2014 (Auszahlschein) kein Eintrag

Mit Schreiben vom 01.10.2013 übersandte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen zur Krankengeldzahlung; in dem Schreiben ist ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei während der Krankheitszeit beendet worden. Für die Entscheidung, ob Krankengeld gezahlt werden könne, werde um Rückgabe des ausgefüllten Fragebogens gebeten. Das Schreiben ist von der Zeugin R. unterschrieben.

Mit Bescheid vom 07.11.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab 01.10.2013 ab. Die Klägerin sei ab 02.10.2013 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 29.11.2013 gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.10.2013 bis 31.10.2013 Krankengeld als nachgehenden Leistungsanspruch gem. § 19 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin (soweit sie ihm nicht abgeholfen hatte) zurück.

Am 12.02.2014 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim. Sie trug vor, ihr stehe Krankengeld über den 31.10.2013 hinaus bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit zu. Sie sei am 26.09.2013 auf die Geschäftsstelle der Beklagten in W. einbestellt worden. Die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten - die Zeugin R. - habe ihr geraten, sich wegen des bevorstehenden Endes ihres Beschäftigungsverhältnisses (zum 30.09.2013) bei der Arbeitsagentur arbeitslos zu melden und dabei das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit zu verschweigen. Sie habe noch am gleichen Tag die Arbeitsagentur in W. aufgesucht. Dort habe man ihr gesagt, das Verschweigen von Arbeitsunfähigkeit stelle eine betrügerische Handlung dar. Arbeitslosengeld I könne ihr nicht gezahlt werden. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) für die Zeit ab 30.09.2013 habe sie erst am 01.10.2013 erhalten können, weil Dr. F. hierfür am 30.09.2013 keine Zeit gehabt habe.

Am 16.07.2014 fand (nach Widerruf eines in der Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts vom 14.05.2014 geschlossenen Widerrufsvergleichs) eine (weitere) nichtöffentliche Erörterungsverhandlung statt.

Die Klägerin gab an, die Zeugin R. habe ihr im Beratungsgespräch vom 26.09.2013 vorgeschlagen, zur Arbeitsagentur zu gehen und dort nicht zu sagen, dass sie noch krankgeschrieben sei; ihr sei gleich klar gewesen, dass diese Empfehlung gesetzwidrig sei. Bei der Arbeitsagentur habe man ihr gesagt, sie solle sich wieder melden, wenn sie gesund sei. Deshalb habe sie sich am 01.10.2013 erneut krankschreiben lassen. Sie habe Dr. F. erst an diesem Tag aufgesucht, weil Dr. F. am (vorausgegangenen) Montag nur Fußballer behandele und sie nicht drangekommen wäre. Mit der Zeugin R. habe sie kein Gespräch über die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen geführt. Am Ende des Gesprächs mit der Zeugin R. sei sie sich nicht mehr sicher gewesen, ob ihr tatsächlich Krankengeld über den 30.09.2013 hinaus zustehe. Erst beim nachfolgenden Gespräch bei der Arbeitsagentur (ebenfalls am 26.09.2013) sei sie sich dann wieder sicher gewesen, dass ihr über den 30.09.2013 hinaus Krankengeld zustehe und das Verschweigen der Arbeitsunfähigkeit bei der Arbeitsagentur Betrug wäre. Die Zeugin R. gab an, sie habe seinerzeit gewusst, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin am 30.09.2013 ende. Bei einem solchen Sachverhalt berate sie immer über die unbedingte Erforderlichkeit, nahtlos Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen, damit der Krankengeldanspruch erhalten bleibe.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.07.2014 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Beschäftigten - mit Anspruch auf Krankengeld - habe mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 30.09.2013 geendet. Die Voraussetzungen des Verlängerungstatbestands in § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V seien nicht erfüllt; die Zahlung von Krankengeld (bis 31.10.2013) im Rahmen des nachgehenden Leistungsanspruchs aus § 19 Abs. 2 SGB V genüge hierfür nicht. Ab 01.11.2013 sei die Klägerin als Bezieherin von Arbeitslosengeld II ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) des Dr. F. vom 01.10.2013 habe einen (weiteren) Krankengeldanspruch (nach Ablauf des in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 24.09.2013 angegebenen Arbeitsunfähigkeitszeitraums zum 30.09.2013) nicht begründen können, weil der (weitere) Anspruch auf Krankengeld gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erst am Tag nach Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, also am 02.10.2013, hätte entstehen können; an diesem Tag habe ein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch aber nicht mehr bestanden. Auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne sich die Klägerin nicht berufen; sie hätte am 30.09.2013 ggf. einen anderen Arzt zur Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) aufsuchen müssen. Das Versäumnis sei ihrem Verantwortungsbereich und nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen. Diese hätte die Klägerin im Übrigen auch nicht im Rahmen einer Spontanberatung über die Voraussetzungen für den Erhalt des Krankengeldanspruchs unterrichten müssen.

Auf den ihr am 28.07.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 25.08.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie berufe sich auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die Zeugin R. habe ihr geraten, sie solle sich unter Verschweigen der fortdauernden Arbeitsunfähigkeit arbeitslos melden. Über die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung eines Versicherungsverhältnisses mit Krankengeldanspruch sei sie nicht unterrichtet worden. Sie habe diese Voraussetzungen auch nicht gekannt. Den Krankengeldanspruch habe sie nicht weiterverfolgt, weil die Zeugin R. sie davon durch ihr Verhalten abgebracht habe. Die Zeugin R. habe sie auf das Erfordernis lückenloser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht hingewiesen; das dürfe nicht zu ihren Lasten gehen. Wegen der unzureichenden Beratung durch die Zeugin R. habe sie sich auch nicht veranlasst gesehen, seinerzeit einen anderen Arzt zur Ausstellung einer Folgebescheinigung aufzusuchen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17.07.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07.11.2013 in der Gestalt des Bescheids vom 29.11.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2014 zu verurteilen, ihr Krankengeld vom 01.11.2013 bis 02.01.2014 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Senat hat die schriftliche Zeugenaussage der Zeugin R. vom 26.02.2015 erhoben. Die Zeugin R. hat ausgeführt, sie berate die Versicherten seit vielen Jahren (u.a.) zur Krankengeldzahlung. Das Erfordernis nahtloser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei Thema der Beratungsgespräche. Die Versicherten würden darauf hingewiesen, dass die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit durchgehend nachgewiesen und rechtzeitig vom Arzt festgestellt werden müsse. Das bedeute, dass der Versicherte spätestens am letzten Tag der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit den Arzt aufsuchen und das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit feststellen lassen müsse. Besonders bei Versicherten, die bisher über den Bezug von Arbeitslosengeld versichert gewesen seien, oder bei Versicherten, deren Beschäftigungsverhältnis im Laufe der Arbeitsunfähigkeit beendet worden sei, weise sie ausdrücklich darauf hin, dass keine Lücken entstehen dürften, da sich diese negativ auf den Fortbestand der Mitgliedschaft und die weitere Zahlung von Krankengeld auswirken könnten. Nähere Angaben zu dem damaligen Beratungsgespräch mit der Klägerin könne sie nicht mehr machen.

Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, sie bestreite mit Nichtwissen, dass die Zeugin R. in ihren Beratungsgesprächen auf die Notwendigkeit lückenloser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hinweise. Die Beklagte sei zudem zunächst offenbar noch von einem (Entgeltfortzahlungs-)Anspruch gegen ihren Arbeitgeber ausgegangen. Bei der Arbeitsagentur habe man ihr bei der Vorsprache am 26.09.2013 gesagt, Arbeitslosengeld I könne sie mangels Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung nicht erhalten. Das bedeute aber nicht, dass für sie im Umkehrschluss ein etwaiger Krankengeldanspruch als Alternative festgestanden hätte, zumal man ihr bei dem vorausgegangenen Gespräch bei der Beklagten nahegelegt habe, wegen des angeblichen Wegfalls des Krankengeldanspruchs bei der Arbeitsagentur falsche Angaben zu machen. Hätte man sie stattdessen über das Erfordernis lückenloser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen informiert, hätte sei dafür selbstverständlich Sorge getragen. Es liege eine konkludente Falschberatung vor, da man ihr gesagt habe, ein Krankengeldanspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei mit der Berufung begehrtem Krankengeld für 2 Monate (01.11.2013 bis 02.01.2014) nach einem Bruttoarbeitsentgelt von ca. 1.800 EUR monatlich in jedem Fall überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat die Gewährung von Krankengeld für die streitige Zeit zu Recht abgelehnt; die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften sich die Gewährung von Krankengeld richtet, und weshalb die Klägerin danach Krankengeld für die Zeit vom 01.11.2013 bis 02.01.2014 nicht beanspruchen kann. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V Bezieher von Arbeitslosengeld II. Das Entstehen des Krankengeldanspruchs setzt neben Arbeitsunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 SGB V (außer bei Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen) zusätzlich voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine grundlegende (materielle) Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld und nicht lediglich ein - beliebig nachholbares - Verfahrenserfordernis dar. Ausnahmen kommen nur in eng begrenzten Sonderfällen in Betracht, wenn nämlich der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zur Wahrung seiner Ansprüche unternommen hat, er an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Obliegenheiten aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung (wie eine Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK) gehindert war und er außerdem seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Kenntnis der Fehlentscheidung geltend gemacht hat (näher: BSG, Urt. v. 08.11.2005, - B 1 KR 30/04 R -; vgl. auch etwa Senatsurteil vom 11.12.2013, - L 5 KR 5378/12 -). Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs (etwa aus der Krankenversicherung der Beschäftigten) bzw. zur Vermeidung einer zum Verlust dieses Anspruchs führenden Änderung des Versicherungsstatus infolge einer zeitlichen Lücke in der Abfolge der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist es im Hinblick auf die Regelung in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V deshalb erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut - rechtzeitig - ärztlich festgestellt wird (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt etwa Urt. v. 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R -; auch Senatsurteil vom 04.11.2014, - L 5 KR 5249/13 -).

Danach kann die Klägerin ab 01.11.2013 (bis dahin Leistungsgewährung für Oktober 2013 im Rahmen des nachgehenden Leistungsanspruchs aus § 19 Abs. 2 SGB V) Krankengeld nicht beanspruchen, da sie (bereits) seit 01.10.2013 als Bezieherin von Arbeitslosengeld II nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen ist. In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. F. vom 24.09.2013 ist - abschnittsweise - Arbeitsunfähigkeit bis 30.09.2013 festgestellt worden. Für die Zeit danach, einen neuen Bewilligungsabschnitt, ist daher das Fortbestehen des Krankengeldanspruchs in vollem Umfang neu zu prüfen. Dazu gehört (unbeschadet des nachgehenden Leistungsanspruchs aus § 19 Abs. 2 SGB V) auch die Prüfung, ob weiterhin Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld bestanden hat. Daran fehlt es.

Die Klägerin ist bis 30.09.2013 Mitglied der Krankenversicherung der Beschäftigten gewesen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), die den Anspruch auf Krankengeld einschließt. Die gem. § 190 Abs. 2 SGB V mit Ablauf des 30.09.2013 (letzter Tag des Beschäftigungsverhältnisses) endende Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Beschäftigten ist nicht gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wegen Bestehen eines Krankengeldanspruchs oder des Bezugs von Krankengeld erhalten geblieben. Vielmehr hat sich daran die Krankenversicherung der Klägerin als Arbeitslosengeld-II-Bezieherin (ohne Krankengeldanspruch) angeschlossen.

Ein Anspruch auf Krankengeld im (neuen) am 01.10.2013 beginnenden Bewilligungsabschnitt setzt nicht nur das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V voraus. Gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V muss diese vielmehr erneut ärztlich festgestellt werden; dann entsteht der Krankengeldanspruch - vorbehaltlich der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen, insbesondere des Bestehens von Versicherungsschutz mit Krankengeldanspruch - für den neuen Bewilligungsabschnitt am Tag, der auf den Tag der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung folgt. Dr. F. hat Arbeitsunfähigkeit nach Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 24.09.2013 aber erst wieder am 01.10.2013 festgestellt, weshalb ein daran anknüpfender Krankengeldanspruch erst am 02.10.2013 hätte entstehen können. An diesem Tag ist die Klägerin aber bereits als Bezieherin von Arbeitslosengeld II (ohne Krankengeldanspruch) versichert gewesen.

Besondere - der Beklagten zurechenbare - Umstände, die die Klägerin daran gehindert hätten, rechtzeitig vor Ablauf des bis 30.09.2013 dauernden Bewilligungsabschnitts, also spätestens am 30.09.2013, das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen, liegen nicht vor. Dass der 30.09.2013 ein Montag gewesen ist und Dr. F. an Montagen offenbar nur Sportler behandelt und die Klägerin - wie sie vorbringt - deshalb nicht "drangekommen" wäre, genügt hierfür nach der (insoweit strengen Rechtsprechung des BSG - vgl. nur Urt. v. 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R - ) von vornherein nicht; die Klägerin hätte ggf. einen anderen Arzt zur (rechtzeitigen) Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) aufsuchen müssen. Unerheblich wäre auch, wenn die Klägerin um das Erfordernis "nahtloser" Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht gewusst hätte (dazu ebenfalls BSG, Urt. v. 04.03.2014, - B 1 KR 17/13 R -). Daher kann offen bleiben, ob die Zeugin R. sie hierüber bei dem Beratungsgespräch vom 26.09.2013 unterrichtet hat oder nicht. Ebenfalls unerheblich ist, ob die Zeugin R. die Klägerin seinerzeit aufgefordert hat, sich - mangels Krankengeldanspruchs - bei der Arbeitsagentur unter Verschweigen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit arbeitslos zu melden. Es kommt entscheidungserheblich auch hierauf nicht an. Die Klägerin hat - die Richtigkeit ihres Vorbringens unterstellt - nämlich gleichwohl gewusst, dass ihr ab 01.10.2013 (statt Arbeitslosengeld I) ggf. Krankengeld zustehen kann. Das geht aus ihrem eigenen Vorbringen bei der Anhörung in der Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts vom 16.07.2014 klar hervor. Die Klägerin hat dort angegeben, sie sei nach dem Beratungsgespräch bei der Arbeitsagentur am 26.09.2013 - nach anfänglichen Zweifeln im Anschluss an das unmittelbar vorausgegangene Beratungsgespräch mit der Zeugin R. am gleichen Tag - wieder sicher gewesen, dass ihr über den 30.09.2013 hinaus Krankengeld zustehe. Sie hat Dr. F. folgerichtig auch am 01.10.2013 zur Ausstellung einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - freilich einen Tag zu spät - aufgesucht und sie hätte ihn offenbar auch am Vortag und damit rechtzeitig aufgesucht, wenn sie nicht davon ausgegangen wäre, an diesem Tag "nicht dranzukommen". Damit kann nicht angenommen werden, ursächlich für die zur Änderung des Versicherungsstatus der Klägerin und zum Verlust des Versicherungsschutzes mit Krankengeldanspruch führende Lücke in der Abfolge der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen am 01.10.2013 sei eine (fehlerhafte) Auskunft der Zeugin R. - etwa des Inhalts, ein Krankengeldanspruch ab 01.10.2013 komme von vornherein nicht in Betracht - gewesen.

Ein Anspruch auf Krankengeld hätte damit erst (wieder) am 02.10.2013 entstehen können. Da an diesem Tag ein Krankengeldanspruch mangels Bestehens eines diese Leistung einschließenden Versicherungsverhältnisses nicht bestand, bleibt es bei der Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Beschäftigten am 30.09.2013. Die Zahlung von Krankengeld für den Monat Oktober 2013 ändert daran nichts. Die Krankengeldzahlung hat (nur) auf dem nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 SGB V beruht. Danach besteht, hat die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger geendet, noch ein nachgehender Leistungsanspruch ggf. auch auf Krankengeld längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der beitragsfreie nachwirkende Versicherungsschutz dient der Vermeidung sozialer Härten. Er soll verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, etwa wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt durch die Zahlung von Krankengeld aufgrund des nachgehenden Leistungsanspruchs aber nicht aufrechterhalten (BSG, Urt. v. 05.05.2009, - B 1 KR 20/08 R -).

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann der Klägerin nicht weiterhelfen. Er kann die Änderung des Versicherungsstatus am 01.10.2013 und den Verlust des Versicherungsschutzes mit Krankengeldanspruch nicht abwenden, da dieser Nachteil der Klägerin mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, nicht ausgeglichen werden kann (vgl. etwa zur Arbeitslosmeldung BSG, Urt. v. 11.03.2004, - B 13 RJ 16/03 R -; auch Beschl. v. 15.10.2012, - B 11 AL 75/12 B -). Die Beklagte ist weder befugt, "darüber hinwegzusehen", dass die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin vor Ablauf des bis 30.09.2013 dauernden Bewilligungsabschnitts tatsächlich nicht rechtzeitig ärztlich festgestellt worden ist bzw. die Rechtzeitigkeit der Arbeitsunfähigkeitsfeststellung fingieren, noch darf sie für die Entscheidung über die Krankengeldgewährung einen im Hinblick auf die Rechtsfolgen des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V rechtlich nicht bestehenden Versicherungsstatus annehmen. Davon abgesehen ist es für die Beklagte (im Hinblick auf das Erfordernis einer so genannten "Spontanberatung") nicht erkennbar gewesen, dass die Klägerin bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit den in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. F. vom 24.09.2013 festgestellten Zeitraum verstreichen lassen wird, bevor sie erneut einen Arzt zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufsuchen wird (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.2012, - B 1 KR 19/11 R -; auch zu den Rechtsfolgen des Herstellungsanspruchs insoweit, juris Rdnr. 24).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat erachtet es als billig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens (dazu Meyer/Ladewig, SGG § 193 Rdnr. 5a) zu einem Drittel zu erstatten, nachdem ihrem Widerspruch durch Bescheid vom 29.11.2013 (ohne Berücksichtigung in der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheids) teilweise - für den Monat Oktober 2013 - abgeholfen worden ist.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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