Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 1459/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3650/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zwischen der Ablehnung einer Leistung durch die Krankenkasse und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Versicherten muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn der Versicherte von vornherein auf eine bestimmte Art der (privatärztlich durchgeführten) Krankenbehandlung festgelegt ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29.07.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über eine Kostenerstattung bezüglich einer am 24.08.2012 durchgeführten ambulanten Penis-Operation.
Der am 19.12.1958 geborene Kläger übersandte der Beklagten ein am 17.07.2012 ausgestelltes ärztliches Attest des Urologen Dr. B ... Der Arzt attestierte darin eine ausgeprägte Penisdeviation beim Kläger und stellte die Indikation zur Therapie mittels operativer Intervention fest. Er führte aus, dass der Kläger die Operation entweder am ambulanten Operationszentrum am E. D. bzw in der E.-Privatklinik S. durchführen lassen wolle. Ausschließlich dort böten urologische Fachärzte eine spezielle Operationsmethode an. Nach eigener Überprüfung des Arztes würde diese Operationsmethode weder im Klinikum O., im L.-Krankenhaus F. noch in der Urologie des Uniklinikums F. durchgeführt. Der Arzt bat deshalb die Beklagte um Prüfung der Kostenübernahme bzw. Genehmigung des operativen Verfahrens an den benannten Institutionen.
Dem Attest lag eine am 12.07.2012 ausgestellte und an den Kläger persönlich adressierte Reservierungsbestätigung von Dr. K. K. für eine rekonstruktive Penis-Operation am 24.08.2012 in der E.-Klinik in S. bei. In der Reservierungsbestätigung wurde ausgeführt, dass eine fristgerechte Absage des Termins nur bis 15 Werktage vorher oder jederzeit vor Ort möglich sei. Dr. K. führe die Behandlungen als private Leistung durch.
Die Beklagte leitete das als Antrag ausgelegte Attest mit Schreiben vom 26.07.2012 an den MDK zur Prüfung weiter. Dieser stellte im Rahmen einer sozialmedizinischen Fallberatung fest, dass die OP einer ausgeprägten Penisdeviation auch in der Universitätsklinik F. möglich sei. Zudem sei nicht dargelegt, welches spezielle OP-Verfahren in der Privatklinik zum Einsatz kommen solle.
Am 22.08.2012 wurde der Kläger telefonisch von der Beklagten darüber informiert, dass die Behandlung abgelehnt werde. Der Kläger bestand auf einer schriftlichen Begründung. Mit Schreiben vom 23.08.2012 teilte die Beklagte ihm daraufhin mit, dass grundsätzlich auch eine Behandlung in der Uniklinik F. möglich wäre und diesbezüglich die Abrechnung direkt über die Versichertenkarte erfolgen könne.
Mit Schreiben vom 06.10.2012 legte der Kläger Widerspruch gegen das Schreiben vom 23.08.2012 ein. Er führte aus, dass in F. nur die Nesbittechnik angewandt würde, während in der E.-Klinik die Excisionstechnik durchgeführt worden sei. In der Anlage übersandte er den Abschlussbericht, den Operationsbericht und die Rechnungen bezüglich der am 24.08.2012 von Dr. K. durchgeführten Operation.
Am 24.10.2012 erstellte Dr. P. für den MDK ein sozialmedizinisches Gutachten. Darin stellte er fest, dass wohnortnah dem Kläger mehrere urologische Fachabteilungen zur Verfügung gestanden hätten, die das Krankheitsbild nach dem allgemein anerkannten medizinischen Wissensstand sachgerecht und fachgerecht behandeln hätten können. Hierbei nannte er die urologische Klinik der Universität F ... Ergänzend stellte er nach Rückfrage der Beklagten am 15.11.2012 fest, dass zur operativen Begradigung einer Penisverkrümmung grundsätzlich auch das in der Privatklinik angewandte Operationsverfahren zur Verfügung stehe und dieser Eingriff auch als Kassenleistung erbracht werden könne. Aufgrund der geringen Rezidivrate werde von den meisten Kliniken die OP nach Nesbit favorisiert und durchgeführt. Welches Operationsverfahren empfohlen werde, liege in der Therapiehoheit des Operateurs.
Mit Bescheid vom 29.11.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme erneut mit der Begründung ab, dass keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der gewählten Methode bestünde. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2013 wies sie den Widerspruch vom 23.08.2012 zurück.
Eine konkrete Vertragsklinik, in der die Excisionstechnik angeboten wird, benannte die Beklagte dem Kläger nicht.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 27.03.2013 Klage auf Kostenerstattung in Höhe von insgesamt 12.655,65 EUR beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Wahl des Operationsverfahrens in der Therapiehoheit des Operateurs und in der Entscheidungsfreiheit des Patienten liege. In der Universitätsklinik F. würde nur die sog "Rafftechnik nach Nesbit" zur Anwendung kommen, nicht aber die vom Kläger gewünschte, weil schonendere, Excisionstechnik. Aufgrund des Leidensbildes des Klägers sei diesem ein weiteres Zuwarten mit der Operation nicht zumutbar gewesen, weshalb der Kläger die Leistungen im August in D. vornehmen habe lassen. Der Kläger habe sich die Leistung wesentlich deshalb selbst beschafft, weil die Beklagte die Leistung zuvor abgelehnt habe. Zudem habe die Beklagte mit Antragseingang am 17.07.2012 Kenntnis von der geplanten Operation am 24.08.2012 gehabt. Sie hätte auf den Antrag viel früher reagieren müssen, denn der Kläger habe eine Verschiebung aus beruflichen und familiären Gründen nicht möglich machen können.
Das Sozialgericht Freiburg hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2014 abgewiesen. Laut dem Tatbestand des Urteils hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Frage des Vorsitzenden, wie er die widersprüchlichen Regelungen zur Möglichkeit eines Rücktritts von der Operation in dem Reservierungsschreiben des Dr. K. verstanden habe, mit der Bemerkung geantwortet: "Da ich die Operation durchführen ließ, hat mich das nicht betroffen." Auf die Frage, ob er unabhängig von der Entscheidung der Kasse die finanziellen Mittel für die Operation gehabt habe, hat er angegeben, er habe geerbt.
Das Sozialgericht hat die Abweisung damit begründet, dass es am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnung durch die Beklagte und der Selbstbeschaffung der Operation fehle. Der Kläger habe schon am 12.07.2012 oder vorher seinen Operationstermin reserviert und sei bereits zu diesem Zeitpunkt unabhängig von einer Entscheidung der Beklagten zur Operation entschlossen gewesen.
Gegen die dem Klägerbevollmächtigten am 06.08.2014 zugestellte Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg hat dieser am 26.08.2014 Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass § 13 Abs 3 SGB V keinen notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der zu Unrecht erfolgten Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung der Leistung normiere. Ein Kausalzusammenhang sei nur zwischen der Leistungsablehnung und den dadurch dem Kläger entstandenen Kosten zu fordern. Hätte die Beklagte ein zugelassenes Krankenhaus mitgeteilt, in dem die Excisionstechnik angeboten worden wäre, hätte der Kläger die Operation dort vornehmen lassen. Ein solches Vertragskrankenhaus gebe es jedoch in Baden-Württemberg nicht. Deshalb stehe ihm ein Kostenerstattungsanspruch auch nach den Grundlagen des sog "Systemversagens" zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29.07.2014 sowie die Bescheide vom 23.08.2012 und 29.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für den urologischen Eingriff durch Dr. K. vom 24.08.2012 in Höhe von insgesamt 12.655,65 EUR nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 01.11.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis am 17.12.2014 mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG erklärt. Der Klägerbevollmächtigte hat gleichzeitig mit der Einverständniserklärung im Schreiben vom 28.1.2015 Beweisanträge gestellt hinsichtlich der Fragen, ob es eine bevorzugte Operationsmethode bzgl. der Penisverkrümmung gebe, ob die Excisions-Methode in einem Vertragskrankenhaus in Baden-Württemberg angeboten werde und ob ausschließlich diese Methode beim Kläger indiziert gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid vom 23.08.2012 in der Gestalt des Bescheides vom 29.11.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung bezüglich der durchgeführten ambulanten Penis-Operation am 24.8.2012 hat. Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden und haben sich damit einverstanden erklärt.
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 S 1 2. Alt SGB V in Betracht. Ein Anspruch nach dem mit Wirkung vom 26.02.2013 durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 (BGBl S 277) eingefügten Abs 3a dieser Vorschrift scheidet aus, da hier die Kostenerstattung für eine Behandlung im Jahr 2012 begehrt wird.
Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, juris).
Es kann dahin stehen, ob der Kläger einen Anspruch auf die von ihm gewählte Operation mittels der Excisionstechnik hatte. Denn jedenfalls muss zwischen der Ablehnung der Leistung durch die Beklagte und der Selbstbeschaffung ein Kausalzusammenhang bestehen. Dies folgt nicht zuletzt aus der Verwendung des Wortes "dadurch". Aus dem Umstand, dass zwischen Ablehnung der Leistung und der Selbstbeschaffung ein Ursachenzusammenhang bestehen muss, folgt auch die Notwendigkeit, dass die rechtswidrige Vorenthaltung der Naturalleistung durch die Beklagte wesentliche Ursache der Selbstbeschaffung war. Insbesondere darf der Versicherte sich nicht – unabhängig davon, wie eine Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16. 12. 2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Mögliche Anhaltspunkte für eine solche Festlegung können etwa die Vereinbarung eines Behandlungs- bzw Operationstermins oder das Verhalten des Versicherten bei der Antragstellung sein (siehe u.a. Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V, RdNr 89ff mwN).
Angesichts der zeitlichen Abfolge im vorliegenden Fall und auf der Grundlage der Feststellungen des Sozialgerichts im Tatbestand des Urteils, die vom Kläger im Berufungsschriftsatz vom 08.10.2014 explizit unstreitig gestellt worden sind, steht für den Senat eindeutig fest, dass sich der Kläger unabhängig von einer Entscheidung der Krankenkasse auf die Operation bei Dr. K. am 24.08.2012 und damit auf einen nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt hatte.
Der Kläger hat den Termin für die Operation bereits vor Antragstellung reserviert und diesen auch nicht mehr abgesagt. Ihm war jedoch aufgrund des Telefonats am 22.08.2012 bekannt, dass die Beklagte die von ihm beantragte Leistung nicht gewähren würde. Es wäre dem Kläger deshalb auch nach den vertraglichen Regelungen mit dem Behandler (siehe Reservierungsbestätigung), die für den Senat nicht widersprüchlich sind, noch möglich gewesen, die Operation am 24.08.2012 vor Ort abzusagen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Operation im Sinne einer Notfallbehandlung sehr zeitnah nötig gewesen ist. Aus der Reservierungsbestätigung ergibt sich auch, dass bei fristgerechter Absage gegebenenfalls ein weiterer Termin vereinbart werden kann.
Zum anderen hat der Kläger eindeutig in der mündlichen Verhandlung vor dem SG zum Ausdruck gebracht, dass eine Absage für ihn gar nicht in Betracht gekommen ist. Diese Aussage lässt für den Senat nur den Schluss zu, dass für die Entscheidung des Klägers, ob die Operation in der von ihm gewählten Klinik durchgeführt wird, die Entscheidung der Beklagten irrelevant war.
Lässt sich, wie hier, der Kausalzusammenhang zwischen Ablehnung und Selbstbeschaffung nicht begründen, kann es auch nicht darauf ankommen, ob eine selbstbeschaffte Leistung möglicherweise die einzig mögliche Leistung ist. Denn der Beschaffungsweg über die Krankenkassen ist grundsätzlich einzuhalten.
Die vom Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28.1.2015 gestellten Beweisanträge hinsichtlich der Fragen, ob es eine bevorzugte Operationsmethode bzgl. der Penisverkrümmung gibt, ob die Excisions-Methode in einem Vertragskrankenhaus in Baden-Württemberg angeboten wird und ob ausschließlich diese Methode beim Kläger indiziert gewesen ist, werden abgelehnt, weil die Tatsachen, die bewiesen werden sollen, für die Entscheidung aus obigen Gründen ohne Bedeutung sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über eine Kostenerstattung bezüglich einer am 24.08.2012 durchgeführten ambulanten Penis-Operation.
Der am 19.12.1958 geborene Kläger übersandte der Beklagten ein am 17.07.2012 ausgestelltes ärztliches Attest des Urologen Dr. B ... Der Arzt attestierte darin eine ausgeprägte Penisdeviation beim Kläger und stellte die Indikation zur Therapie mittels operativer Intervention fest. Er führte aus, dass der Kläger die Operation entweder am ambulanten Operationszentrum am E. D. bzw in der E.-Privatklinik S. durchführen lassen wolle. Ausschließlich dort böten urologische Fachärzte eine spezielle Operationsmethode an. Nach eigener Überprüfung des Arztes würde diese Operationsmethode weder im Klinikum O., im L.-Krankenhaus F. noch in der Urologie des Uniklinikums F. durchgeführt. Der Arzt bat deshalb die Beklagte um Prüfung der Kostenübernahme bzw. Genehmigung des operativen Verfahrens an den benannten Institutionen.
Dem Attest lag eine am 12.07.2012 ausgestellte und an den Kläger persönlich adressierte Reservierungsbestätigung von Dr. K. K. für eine rekonstruktive Penis-Operation am 24.08.2012 in der E.-Klinik in S. bei. In der Reservierungsbestätigung wurde ausgeführt, dass eine fristgerechte Absage des Termins nur bis 15 Werktage vorher oder jederzeit vor Ort möglich sei. Dr. K. führe die Behandlungen als private Leistung durch.
Die Beklagte leitete das als Antrag ausgelegte Attest mit Schreiben vom 26.07.2012 an den MDK zur Prüfung weiter. Dieser stellte im Rahmen einer sozialmedizinischen Fallberatung fest, dass die OP einer ausgeprägten Penisdeviation auch in der Universitätsklinik F. möglich sei. Zudem sei nicht dargelegt, welches spezielle OP-Verfahren in der Privatklinik zum Einsatz kommen solle.
Am 22.08.2012 wurde der Kläger telefonisch von der Beklagten darüber informiert, dass die Behandlung abgelehnt werde. Der Kläger bestand auf einer schriftlichen Begründung. Mit Schreiben vom 23.08.2012 teilte die Beklagte ihm daraufhin mit, dass grundsätzlich auch eine Behandlung in der Uniklinik F. möglich wäre und diesbezüglich die Abrechnung direkt über die Versichertenkarte erfolgen könne.
Mit Schreiben vom 06.10.2012 legte der Kläger Widerspruch gegen das Schreiben vom 23.08.2012 ein. Er führte aus, dass in F. nur die Nesbittechnik angewandt würde, während in der E.-Klinik die Excisionstechnik durchgeführt worden sei. In der Anlage übersandte er den Abschlussbericht, den Operationsbericht und die Rechnungen bezüglich der am 24.08.2012 von Dr. K. durchgeführten Operation.
Am 24.10.2012 erstellte Dr. P. für den MDK ein sozialmedizinisches Gutachten. Darin stellte er fest, dass wohnortnah dem Kläger mehrere urologische Fachabteilungen zur Verfügung gestanden hätten, die das Krankheitsbild nach dem allgemein anerkannten medizinischen Wissensstand sachgerecht und fachgerecht behandeln hätten können. Hierbei nannte er die urologische Klinik der Universität F ... Ergänzend stellte er nach Rückfrage der Beklagten am 15.11.2012 fest, dass zur operativen Begradigung einer Penisverkrümmung grundsätzlich auch das in der Privatklinik angewandte Operationsverfahren zur Verfügung stehe und dieser Eingriff auch als Kassenleistung erbracht werden könne. Aufgrund der geringen Rezidivrate werde von den meisten Kliniken die OP nach Nesbit favorisiert und durchgeführt. Welches Operationsverfahren empfohlen werde, liege in der Therapiehoheit des Operateurs.
Mit Bescheid vom 29.11.2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme erneut mit der Begründung ab, dass keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der gewählten Methode bestünde. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2013 wies sie den Widerspruch vom 23.08.2012 zurück.
Eine konkrete Vertragsklinik, in der die Excisionstechnik angeboten wird, benannte die Beklagte dem Kläger nicht.
Der Klägerbevollmächtigte hat am 27.03.2013 Klage auf Kostenerstattung in Höhe von insgesamt 12.655,65 EUR beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Wahl des Operationsverfahrens in der Therapiehoheit des Operateurs und in der Entscheidungsfreiheit des Patienten liege. In der Universitätsklinik F. würde nur die sog "Rafftechnik nach Nesbit" zur Anwendung kommen, nicht aber die vom Kläger gewünschte, weil schonendere, Excisionstechnik. Aufgrund des Leidensbildes des Klägers sei diesem ein weiteres Zuwarten mit der Operation nicht zumutbar gewesen, weshalb der Kläger die Leistungen im August in D. vornehmen habe lassen. Der Kläger habe sich die Leistung wesentlich deshalb selbst beschafft, weil die Beklagte die Leistung zuvor abgelehnt habe. Zudem habe die Beklagte mit Antragseingang am 17.07.2012 Kenntnis von der geplanten Operation am 24.08.2012 gehabt. Sie hätte auf den Antrag viel früher reagieren müssen, denn der Kläger habe eine Verschiebung aus beruflichen und familiären Gründen nicht möglich machen können.
Das Sozialgericht Freiburg hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2014 abgewiesen. Laut dem Tatbestand des Urteils hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Frage des Vorsitzenden, wie er die widersprüchlichen Regelungen zur Möglichkeit eines Rücktritts von der Operation in dem Reservierungsschreiben des Dr. K. verstanden habe, mit der Bemerkung geantwortet: "Da ich die Operation durchführen ließ, hat mich das nicht betroffen." Auf die Frage, ob er unabhängig von der Entscheidung der Kasse die finanziellen Mittel für die Operation gehabt habe, hat er angegeben, er habe geerbt.
Das Sozialgericht hat die Abweisung damit begründet, dass es am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnung durch die Beklagte und der Selbstbeschaffung der Operation fehle. Der Kläger habe schon am 12.07.2012 oder vorher seinen Operationstermin reserviert und sei bereits zu diesem Zeitpunkt unabhängig von einer Entscheidung der Beklagten zur Operation entschlossen gewesen.
Gegen die dem Klägerbevollmächtigten am 06.08.2014 zugestellte Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg hat dieser am 26.08.2014 Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass § 13 Abs 3 SGB V keinen notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der zu Unrecht erfolgten Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung der Leistung normiere. Ein Kausalzusammenhang sei nur zwischen der Leistungsablehnung und den dadurch dem Kläger entstandenen Kosten zu fordern. Hätte die Beklagte ein zugelassenes Krankenhaus mitgeteilt, in dem die Excisionstechnik angeboten worden wäre, hätte der Kläger die Operation dort vornehmen lassen. Ein solches Vertragskrankenhaus gebe es jedoch in Baden-Württemberg nicht. Deshalb stehe ihm ein Kostenerstattungsanspruch auch nach den Grundlagen des sog "Systemversagens" zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29.07.2014 sowie die Bescheide vom 23.08.2012 und 29.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für den urologischen Eingriff durch Dr. K. vom 24.08.2012 in Höhe von insgesamt 12.655,65 EUR nebst gesetzlicher Zinsen seit dem 01.11.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis am 17.12.2014 mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG erklärt. Der Klägerbevollmächtigte hat gleichzeitig mit der Einverständniserklärung im Schreiben vom 28.1.2015 Beweisanträge gestellt hinsichtlich der Fragen, ob es eine bevorzugte Operationsmethode bzgl. der Penisverkrümmung gebe, ob die Excisions-Methode in einem Vertragskrankenhaus in Baden-Württemberg angeboten werde und ob ausschließlich diese Methode beim Kläger indiziert gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid vom 23.08.2012 in der Gestalt des Bescheides vom 29.11.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung bezüglich der durchgeführten ambulanten Penis-Operation am 24.8.2012 hat. Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden und haben sich damit einverstanden erklärt.
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 S 1 2. Alt SGB V in Betracht. Ein Anspruch nach dem mit Wirkung vom 26.02.2013 durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 (BGBl S 277) eingefügten Abs 3a dieser Vorschrift scheidet aus, da hier die Kostenerstattung für eine Behandlung im Jahr 2012 begehrt wird.
Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, juris).
Es kann dahin stehen, ob der Kläger einen Anspruch auf die von ihm gewählte Operation mittels der Excisionstechnik hatte. Denn jedenfalls muss zwischen der Ablehnung der Leistung durch die Beklagte und der Selbstbeschaffung ein Kausalzusammenhang bestehen. Dies folgt nicht zuletzt aus der Verwendung des Wortes "dadurch". Aus dem Umstand, dass zwischen Ablehnung der Leistung und der Selbstbeschaffung ein Ursachenzusammenhang bestehen muss, folgt auch die Notwendigkeit, dass die rechtswidrige Vorenthaltung der Naturalleistung durch die Beklagte wesentliche Ursache der Selbstbeschaffung war. Insbesondere darf der Versicherte sich nicht – unabhängig davon, wie eine Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16. 12. 2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Mögliche Anhaltspunkte für eine solche Festlegung können etwa die Vereinbarung eines Behandlungs- bzw Operationstermins oder das Verhalten des Versicherten bei der Antragstellung sein (siehe u.a. Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V, RdNr 89ff mwN).
Angesichts der zeitlichen Abfolge im vorliegenden Fall und auf der Grundlage der Feststellungen des Sozialgerichts im Tatbestand des Urteils, die vom Kläger im Berufungsschriftsatz vom 08.10.2014 explizit unstreitig gestellt worden sind, steht für den Senat eindeutig fest, dass sich der Kläger unabhängig von einer Entscheidung der Krankenkasse auf die Operation bei Dr. K. am 24.08.2012 und damit auf einen nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt hatte.
Der Kläger hat den Termin für die Operation bereits vor Antragstellung reserviert und diesen auch nicht mehr abgesagt. Ihm war jedoch aufgrund des Telefonats am 22.08.2012 bekannt, dass die Beklagte die von ihm beantragte Leistung nicht gewähren würde. Es wäre dem Kläger deshalb auch nach den vertraglichen Regelungen mit dem Behandler (siehe Reservierungsbestätigung), die für den Senat nicht widersprüchlich sind, noch möglich gewesen, die Operation am 24.08.2012 vor Ort abzusagen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Operation im Sinne einer Notfallbehandlung sehr zeitnah nötig gewesen ist. Aus der Reservierungsbestätigung ergibt sich auch, dass bei fristgerechter Absage gegebenenfalls ein weiterer Termin vereinbart werden kann.
Zum anderen hat der Kläger eindeutig in der mündlichen Verhandlung vor dem SG zum Ausdruck gebracht, dass eine Absage für ihn gar nicht in Betracht gekommen ist. Diese Aussage lässt für den Senat nur den Schluss zu, dass für die Entscheidung des Klägers, ob die Operation in der von ihm gewählten Klinik durchgeführt wird, die Entscheidung der Beklagten irrelevant war.
Lässt sich, wie hier, der Kausalzusammenhang zwischen Ablehnung und Selbstbeschaffung nicht begründen, kann es auch nicht darauf ankommen, ob eine selbstbeschaffte Leistung möglicherweise die einzig mögliche Leistung ist. Denn der Beschaffungsweg über die Krankenkassen ist grundsätzlich einzuhalten.
Die vom Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28.1.2015 gestellten Beweisanträge hinsichtlich der Fragen, ob es eine bevorzugte Operationsmethode bzgl. der Penisverkrümmung gibt, ob die Excisions-Methode in einem Vertragskrankenhaus in Baden-Württemberg angeboten wird und ob ausschließlich diese Methode beim Kläger indiziert gewesen ist, werden abgelehnt, weil die Tatsachen, die bewiesen werden sollen, für die Entscheidung aus obigen Gründen ohne Bedeutung sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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