L 8 SO 49/14 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 29 SO 120/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 49/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 2. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller (im Folgenden: Ast.) verfolgt mit seiner Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten für die Begleitung durch einen Integrationshelfer während des Schulweges im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII).

Der am 16. Mai 2001 geborene Ast. lebt bei seinen Eltern. Nach der amtsärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin Dr. M. vom 19. Juni 2014 leidet der Ast. an einer tuberösen Sklerose. Es handele sich um eine genetische Erkrankung mit Fehlbildungen und Tumoren des Gehirns und anderer Organe, Hautveränderungen, einem Krampfanfallsleiden und einer kognitiven Behinderung. Es bestehe leitsymptomatisch eine wesentliche geistige Behinderung im Sinne des SGB XII. Die Integrationshelferin habe berichtet, der Ast. spiele bei den Fahrten zur Schule oft am Verschluss des Sicherheitsgurtes, sodass der Ast. dann ungesichert im Pkw sitze. Der Ast. benötige während der Fahrten auch Hilfestellung beim Urinieren. Es sei gutachterlicherseits nachvollziehbar, dass der Ast. bei einem mehr als einstündigen Schultransport pro Fahrstrecke eine Begleitperson benötige, die ihn heilpädagogisch betreue. Bei einer kürzeren Fahrt zur Schule - z.B. zu einer Schule in der Stadt N. - wäre eine Begleitperson nicht erforderlich. Bei dem Ast. sind seit dem 4. Dezember 2002 ein Grad der Behinderung von 50 (ohne Merkzeichen) anerkannt. Er bezieht Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I.

Der Ast. besuchte ab August 2008 den gemeinsamen Unterricht in der Grundschule in freier Trägerschaft "M." in W. (seit 2010 in N.) nach den Rahmenrichtlinien der Förderschule für geistig behinderte Menschen für insgesamt sechs Schulbesuchsjahre. Für die Beschulung war nach den Bescheiden des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt die Unterstützung durch einen Integrationshelfer notwendig, um die Eingliederung des Ast. in die Grundschule zu ermöglichen. Der B. bewilligte dem Ast. im Namen des Ag. für die Zeit vom 25. August 2008 bis zum 31. Januar 2009 Eingliederungshilfe in Form eines Persönliches Budgets mit einem Auszahlungsbetrag in Höhe von 895,68 EUR, der auf der Grundlage der Kosten für einen Integrationshelfer zur Begleitung des Ast. während des Schulbesuchs festgelegt wurde. Nach der Zielvereinbarung vom 11. September 2008 war der Transport des Ast. von der Wohnung zur Schule von der Begleitung nicht mehr umfasst.

Ab dem 1. Februar 2009 nahm der Ast. die Leistungen eines Integrationshelfers über die Lebenshilfe in N. als Sachleistung in Anspruch. In der Folgezeit wurden von dem Ag. für das Schuljahr 2008/2009 ab dem 1. Februar 2009 63,85 EUR pro Schultag (12,77 EUR/Stunde bei fünf Schulstunden) übernommen (Bescheid vom 25. März 2009). Mit Schreiben vom 24. April 2009 wandte der Ast. gegen die erfolgte Bewilligung ein, die Begleitung auf dem Schulweg sei hiervon nicht erfasst. Gerade den Schulweg könne er ohne begleitende Hilfe nicht bewältigen. Die Lebenshilfe teilte dem Ag. mit Schreiben vom 18. August 2009 mit, dem Ast. eine Begleitung für den Schulweg von 60 Minuten pro Schultag mit dem vereinbarten Stundensatz von 12,77 EUR zu ermöglichen. Darauf erfolgte mit Bescheid vom 24. August 2009 die Bewilligung von Eingliederungshilfe für einen Integrationshelfer zur Begleitung auf dem Schulweg des Ast. vom 6. August 2009 bis zum 23. Juni 2010 mit einer Vergütung von 12,77 EUR je Schultag. Der Stundensatz im Rahmen der erfolgten Bewilligungen wurden mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 auf 13,11 EUR angehoben (Bescheid vom 14. Januar 2010) und für die Zeiträume vom 5. August 2010 bis zum 10. Juli 2011, vom 25. August 2011 bis zum 22. Juli 2012 und vom 6. September 2012 bis zum 12. Juli 2013 fortgeführt (Bescheide vom 15. Juli 2010, vom 16. Mai 2011 und vom 1. Juni 2012).

Mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Februar 2010 (Az. 3 M 313/09) wurde der B. als Träger der Schülerbeförderung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Ast. vorläufig im Schuljahr 2009/2010 schultäglich unter zumutbaren Bedingungen von seinem Wohnort in N. an die M.-Grundschule als Ersatzschule mit besonderer pädagogischer Bedeutung und zurück zu befördern oder seinen Eltern die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten.

Mit Schreiben vom 30. und 31. März 2013 beantragte der Ast. ein Kostenanerkenntnis des Ag. für die integrative Hortbetreuung an der S. in H. und die Fortführung der bislang gewährten Integrationsleistungen im Schuljahr 2013/2014. Mit Schreiben vom 15. April 2013 teilte die S. dem B. mit, es bestehe das Einverständnis der Einrichtung mit der Vergütung der Integrationshelfer für das Schuljahr 2013/2014 in der Höhe der bisher gewährten Vergütungssätze.

Das Landesschulamt wies den Ast. für das siebte Schulbesuchsjahr mit Bescheid vom 16. Mai 2013 der Beschulung im Schuljahr 2013/2014 im gemeinsamen Unterricht in Klassenstufe 5 zu. Laut Schuleinzugsbereich sei die Sekundarschule A. in N. oder die Förderschule K. in N. die zuständige staatliche Schule für den Ast. Gegen die von den Eltern des Ast. gewünschte Beschulung an der S. in H. (integrierte Gesamtschule in freier Trägerschaft) würden keine Einwände erhoben. Für die Sicherstellung der sonderpädagogischen Begleitung sei die Schule in freier Trägerschaft selbst verantwortlich. Die Beschulung und Förderung orientiere sich am Lehrplan im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Um eine erfolgreiche Beschulung des Ast. im gemeinsamen Unterricht zu ermöglichen, werde die Unterstützung durch einen Integrationsbegleiter, der beim Sozialamt beantragt werden könne, empfohlen. Mit Bescheid vom 16. August 2013 lehnte der B. (Schulverwaltungs- und Bauamt) den Antrag des Ast. auf Beförderung von der Wohnanschrift zur S. in H. unter Hinweis auf den Bescheid des Landesschulamtes vom 16. Mai 2013 ab. Erstattet würden die notwendigen Aufwendungen für die Beförderung des Ast. von seiner Wohnanschrift zur A.-Sekundarschule bzw. Förderschule K. in N. Nach § 71 Abs. 2 des Schulgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (SchulG LSA in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 2013, GVBl. LSA 68) in Verbindung mit der Satzung der Schülerbetreuung im B. in der aktuell geltenden Fassung (Satzung gemäß Beschluss des Kreistages vom 17. Dezember 2007, zuletzt geändert durch Beschluss vom 26. April 2010) hätten die Träger der Schulbeförderung die in ihrem Gebiet wohnenden Schüler der allgemeinbildenden Schulen bis einschließlich des zehnten Schuljahrgangs unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Die Beförderungs- oder Erstattungspflicht bestehe nur für die Wegstrecke zwischen der Wohnung des Schülers und der nächstgelegenen Schule der gewählten Schulform. Als nächstgelegene Schule gelte die Schule, welche im Schuleinzugsbereich liege und die auf Anordnung der Schulbehörde besucht werde. Werde eine andere Schule besucht, würden nach § 5 Punkt 2 Satz 1 der vorgenannten Satzung nur die Aufwendungen für den Weg zu der nächstgelegenen Schule erstattet, wobei die Erstattung den Betrag der notwendigen Aufwendungen für den Weg zu der tatsächlich besuchten Schule nicht überschreiten dürfe. Die Erstattung von Fahrtkosten wurde für den Ast. entsprechend dem Schulweg zu der Förderschule K. in N. mit insgesamt 194,82 EUR für das Schuljahr 2013/2014 festgelegt. Hiergegen wurde ebenfalls Klage erhoben (Az. 6 A 184/13).

Die gegen den Bescheid vom 16. Mai 2013 am 17. Juni 2013 vor dem Verwaltungsgericht (VG) Halle erhobene Klage mit dem Ziel einer Verpflichtung des Landesschulamtes, die Beschulung des Ast. in der S. anzuordnen, wies das VG mit Urteil vom 28. März 2014 ab, da dem Kläger für eine Verpflichtungsklage die erforderliche Klagebefugnis fehle. Eine Ausnahmegenehmigung im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 3 SchulG LSA stelle keine Anordnung im Sinne des § 71 Abs. 2 Satz 5 SchulG LSA dar, die nach Maßgabe der Rechtsprechung (vgl. OVG für das Land Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. April 2013 - 3 L 675/12 - juris) Voraussetzung für eine Erstattung seiner Schülerbeförderungskosten sei. Am 29. April 2014 hat der Ast. die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragt und auf sein primäres Klageziel verwiesen, ihn zum gemeinsamen Unterricht an einer Schule der Schulform Sekundarschule (Gemeinschaftsschule) und nur hilfsweise der S. zuzuweisen.

Mit Bescheiden vom 15. August 2013 und 27. Juni 2014 wurde dem Ast. Eingliederungshilfe "in Form der Betreuung und Begleitung während des Schulbesuchs durch einen Integrationshelfer" im Schuljahr 2013/2014 bzw. im Schuljahr 2014/2015 gewährt. Der Ast. sei wesentlich behindert und besuche die S. in H. Auf Grund der vorliegenden Unterlagen sei festgestellt worden, dass der Ast. im Schulalltag einen Unterstützungsbedarf habe, der weder durch das von der Schule gestellte Personal noch anderweitig gedeckt werden könne. Zum erfolgreichen Schulbesuch sei Eingliederungshilfe in Form eines Integrationshelfers erforderlich, der die erforderlichen Unterstützungsleistungen erbringe. Die hierfür entstehenden Kosten trage der Ag. im Rahmen einer Kostenübernahme im Einzelfall. Der Einsatz des Integrationshelfers erfolge ausschließlich im Rahmen des Schulbesuchs an der S. in H. im Zeitraum vom 29. August 2013 bis zum 20. Juli 2014 bzw. vom 3. September 2014 bis zum 10. Juli 2015. Die gewährte Eingliederungshilfe werde durch die Lebenshilfe in N. erbracht. Die anfallenden Kosten von 13,11 EUR pro Stunde würden von dem Ag. nach monatlicher Rechnungslegung und vorliegender Anwesenheitsmeldung direkt an den Leistungserbringer erstattet. Die bewilligte Stundenzahl richte sich nach der Anwesenheit des Kindes in der Schule und gelte für den Unterricht und schulische Kurse. Hiergegen hat der Ast. jeweils Widerspruch eingelegt. Auf Grund seiner geistigen Behinderung und Anfallserkrankung sei auch die Betreuung durch einen Integrationshelfer auf dem Schulweg erforderlich. Ggf. sei die Begleitung auf dem Schulweg auch von der erfolgten Bewilligung umfasst.

Der Ast. hat am 5. September 2014 bei dem Sozialgericht Halle den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, den Ag. im Wege zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 3. September 2014 bis zum 10. Juli 2015 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Betreuung und Begleitung durch einen Integrationshelfer auch für den schultäglichen Weg vom Elternhaus zur Schule und zurück zu gewähren. Ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahme vom 19. Juni 2014 sei auf Grund der Länge seines Schulweges (eineinhalb Stunden pro Fahrstrecke) eine Begleitung zur S. erforderlich. Alternativen kämen für seine Beförderung nicht in Betracht. Derzeit würden die Kosten des Integrationshelfers für die tägliche Hin- und Rückfahrt in Höhe von bis zu 1.000 EUR pro Monat (49,50 EUR je Schultag) durch seine Eltern finanziert. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus den §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 und 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX). Die Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte für die Schulbeförderung nach § 71 Abs. 1 SchulG LSA betreffe nicht den behinderungsbedingten Mehrbedarf. Ein Anordnungsgrund liege vor, da für ihn wesentliche Nachteile daraus entstünden, dass er die Kosten in Höhe von 49,50 EUR pro Schultag nicht dauerhaft aufbringen könne. Er nimmt insbesondere Bezug auf die beigefügte Rechnung der Lebenshilfe N. vom 31. März 2014 über Betreuungsleistungen von drei Stunden pro Schultag vom 3. bis zum 31. März 2014 in Höhe von 49,50 EUR für pro Schultag und eine eidesstattliche Versicherung seiner Eltern vom 5. September 2014. Bezüglich der Einzelheiten wird insoweit auf Blatt 59 bis 60 und Blatt 65 bis 66 Bd. I der Gerichtsakten verwiesen.

Der Ag. hat den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. Juni 2014 mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sei für den Ast. ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahme vom 19. Juni 2014 und einer am 19. Juni 2014 durchgeführten Vor-Ort-Besichtigung eine Begleitperson bei einem Schulbesuch in N. nicht erforderlich. Da beide Eltern in N. arbeiteten, hätten diese den Ast. auch auf seinen Schulwegen in N. begleiten können. Für den Ast. sei der Schulbesuch an der S. gewählt worden, obwohl er mit Bescheid vom 16. Mai 2013 an eine "zuständige staatliche integrative Sekundarschule" "zugewiesen" worden sei, die eine vorrangig geeignete und zumutbare Sicherstellung des Anspruchs auf eine angemessene Schulbildung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII darstelle. Die fiktive Berücksichtigung einer angemessenen Schulbildung in H. sei auch vor dem Hintergrund des Wunsch- und Wahlrechts aus § 9 Abs. 2 SGB XII nicht geboten.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 2. Oktober 2014 abgelehnt. Grundsätzlich sei dem Ast. ein Integrationshelfer im Rahmen der Leistungen der Eingliederungshilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch für die Begleitung auf den Schulwegen zu gewähren. Die in die Zuständigkeit des B. fallende Schülerbeförderung decke nach der Satzung des B. Personalkosten nicht ab. Die Begleitung durch einen Integrationshelfer erleichtere dem Ast. nach den amtsärztlichen Feststellungen den Besuch der S. zumindest. Eine Begrenzung der übernahmefähigen Personalkosten auf diejenigen Kosten, die im Zusammenhang mit einem Schulbesuch in N. entstünden, scheitere daran, dass der Ag. die Kosten für den Einsatz eines Integrationshelfers an der S. übernommen habe. In Bezug auf die Kosten der Begleitung des Ast. durch einen Integrationshelfer auf seinen Schulwegen handele es sich vor diesem Hintergrund um eine Nebenbestimmung (§ 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) in Form einer modifizierenden Auflage. Dem Ast. sei vorgegeben worden, seinen Schulbesuch mit einem Integrationshelfer an der S. vorzunehmen. Solange der Bescheid vom 27. Juni 2014 Bestand habe, sei über einen anderweitig möglichen Schulbesuch des Ast. nicht zu entscheiden. Hinsichtlich des Umfangs der begehrten Leistungen sei eine Beschränkung auf den von dem Ag. mit Bescheid vom 27. Juni 2014 festgelegten Stundensatz von 13,11 EUR vorzunehmen. Letztlich scheitere der Erlass der begehrten Regelung daran, dass dem Ast. und seinen Eltern die Aufbringung der streitigen Kosten aus eigenen Mitteln nach den §§ 85 und 87 SGB XII zuzumuten sei.

Gegen den ihm am 9. Oktober 2014 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts hat der Ast. am 13. Oktober 2014 Beschwerde bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. In seiner am 30. Oktober 2014 bei dem Senat eingegangenen Beschwerdebegründung hat er im Wesentlichen an seinem Vorbringen aus der ersten Instanz festgehalten. Eine Begrenzung der Anspruchshöhe auf einen Stundensatz von 13,11 EUR sei nicht rechtmäßig. Für private Auftraggeber sei die Lebenshilfe nur bereit, einen Integrationshelfer zum Stundensatz von 16,50 EUR bzw. ab dem 1. Januar 2015 in Höhe von 22,00 EUR zur Verfügung zu stellen. Er verweist insoweit auf die Mitteilung der Kostensatzänderung durch die Lebenshilfe mit Schreiben vom 15. Dezember 2014. Eine Einkommensanrechnung sei nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nicht vorzunehmen. Zuletzt ist auf die Anhebung des Stundensatzes für die Schulbegleitung mit Bescheid des B. vom 27. März 2015 auf 13,67 EUR verwiesen worden, die ebenfalls angefochten worden sei.

Der Ast. beantragt ausdrücklich,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 2. Oktober 2014 abzuändern und den Ag. zu verpflichten, im Wege der einstweiligen Anordnung in Ergänzung des Bescheides des B. im Namen des Antragsgegners vom 27. Juni 2014 für den Zeitraum vom 5. September 2014 bis zum 10. Juli 2015 die Kosten für die Begleitung durch einen Integrationshelfer für den schultäglichen Weg vom Elternhaus zur S. in H. und zurück in Höhe von 16,50 EUR pro Stunde und ab 01.01.2015 in Höhe von 22,00 EUR pro Stunde, im Umfang von drei Stunden pro Tag, an dem der Antragsteller die Schule tatsächlich aufsucht, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu übernehmen.

Der Ag. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts im Ergebnis für zutreffend. Insbesondere sei die Notwendigkeit der Benutzung eines Taxis anstelle der Benutzung einer Bahnverbindung von kürzerer Fahrdauer für die Schulwege nicht nachvollziehbar. Die Kosten für den Integrationshelfer in der S. in H. seien von ihm, dem Ag., übernommen worden, weil diese auch angefallen wären, wenn der Ast. die vom Landesschulamt vorgesehenen Schulen besucht hätte. Die Ablehnung der Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers für den Schulbesuch selbst hätte nicht begründet werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Ag. sowie der Gerichts- und Verwaltungsakten aus dem Verfahren vor dem VG Halle (6 A 129/13 HAL)/OVG des Landes Sachsen-Anhalt (3 L 390/14), welche sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Ast. hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Es kann offen bleiben, in welchem Umfang eine Beiladung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes möglich ist (vgl. hierzu z.B. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 11. Aufl. 2014, § 75 RdNr. 5). Der Senat hatte den B. als Träger der Schülerbeförderung bereits unter dem Gesichtspunkt nicht beizuladen, dass eine Verpflichtung dieser Gebietskörperschaft nach Maßgabe des SchulG LSA in Verbindung mit der Satzung des B. über die Schulbeförderung im Rahmen des § 75 Abs. 5 SGG nicht möglich ist. Diese Regelung sieht eine Verpflichtung einer kommunalen Gebietskörperschaft nur im Rahmen ihrer Aufgaben als Träger der Sozialhilfe vor. Vor dem Hintergrund des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) bestand auch keine Veranlassung, eine einfache Beiladung des Trägers der Schülerbeförderung in Erwägung zu ziehen. Der einstweilige Rechtsschutz über die Kostenübernahme/Erstattung der Kosten für die Schülerbeförderung ist nach § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) den allgemeinen Verwaltungsgerichten zugewiesen. Einen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Begleitperson sehen die Regelungen zur Schülerbeförderung (SchulG LSA und die Satzung des B.) nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Satzung des B. Darin werden Ausnahmen für die Erstattung von Kosten einer Mitbeförderung einer Begleitperson, d.h. nicht die Vergütung der Arbeitszeit einer Begleitperson, geregelt.

Der Ast. hat keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung über die vorläufige Übernahme der Kosten für die Begleitung des Ast. durch einen Integrationshelfer für den schultäglichen Weg vom Elternhaus zur ...schule in H. und zurück in Höhe von 16,50 EUR pro Stunde und ab 01.01.2015 in Höhe von 22,00 EUR pro Stunde, im Umfang von drei Stunden pro Tag.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.

Ein Anordnungsanspruch für die begehrte Regelungsanordnung besteht nicht.

Der Ag. ist sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII (§ 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).

Im Rahmen der hier streitigen Hilfe zur angemessenen Schulbildung ist ein Einsatz von Einkommen und Vermögen der Eltern nicht zu prüfen (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII).

Der Ast. erfüllt auf Grund seiner wesentlichen geistigen Behinderung die Voraussetzungen für die Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO).

Im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO zur Gewährleistung der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht auch das Erreichen der Schule zu ermöglichen (vgl. zur Abgrenzung der ergänzenden Leistungen zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit: Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R - juris, RdNr. 16).

Bei der Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe für die Schulwege handelt es sich um eine eigenständige Leistung, sodass Streitgegenstand nicht eine modifizierende Auflage zu dem Bescheid des Ag. vom 27. Juni 2014 ist. Zwar ist dem Sozialgericht zuzustimmen, dass denknotwendig mit dem Besuch einer Schule auch der Weg dorthin zu gewährleisten ist. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass der Ag. im Rahmen des Nachrangs der Sozialhilfe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten des eigentlichen Transports des Ast. zur Schule und von dort zu seinem Elternhaus zu tragen hat, wie diese auch für ein nicht behindertes Kind entstehen würden. Insbesondere bei einer Durchführung des Transports des Ast. durch seine Eltern, sonstige Angehörige etc. wäre die Bereitstellung eines Integrationshelfers auf der Fahrt nicht erforderlich. Die Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers für den Zeitraum des Schulaufenthaltes enthält damit ohne Regelung der Kosten eines Integrationshelfers für den Schulweg eine abschließende Regelung. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass die Kosten für die Begleitung durch einen Integrationshelfer während des Schulbesuches von dem Ort der Schule unabhängig sind, kann der Ag. auch nicht darauf verwiesen werden, dass er die Bewilligung nur in vollem Umfang hätte ablehnen dürfen, um die Kosten der Begleitung für den Schulweg auszuschließen. Die Frage der von dem Ast. zu besuchenden Schule richtet sich ausschließlich nach den Anordnungen der Schulverwaltung, in welche der Ag. nicht einbezogen ist. Es kann damit dahinstehen, in welchem Umfang dem Ag. im Bereich der Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII die Möglichkeit zu Nebenbestimmungen im Sinne des § 32 SGB X oder modifizierenden Auflagen offen steht.

Die Frage der Kostentragung für die Schülerbeförderung ist in Bezug auf die Frage der "nächstgelegenen" Schule abschließend der Entscheidung des Trägers der Schülerbeförderung nach Maßgabe der Entscheidung der Schulverwaltung zugewiesen (vgl. zur Tatbestandswirkung der Entscheidung der Schulbehörde: Wehrhahn in JurisPK SGB XII, 2. Aufl. 57). Für die Entscheidung über die Schülerbeförderung ist der Ag. als überörtlicher Sozialhilfeträger nicht passiv legitimiert. Soweit eine Beschulung an einer Schule gewählt wird, für die eine Schülerbeförderung nicht vorgesehen ist, ist regelmäßig ein Transport insgesamt nicht gewährleistet. Soweit die Beschulung wahrgenommen wird, ohne dass die Kosten des Transportes im Rahmen der Schülerbeförderung übernommen werden, ist die Grundlage für die Bewilligung eines Integrationshelfers für den Schulweg bei typisierender Betrachtung nicht gewährleistet. Soweit sich Eltern entschließen, ein anderes Bildungsangebot zu nutzen, sind die finanziellen Folgen insoweit von ihnen selbst zu tragen (vgl. Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 28. November 2014 - S 1 SO 515/14 - juris, RdNr. 20, im Anschluss an Sächsisches OVG, Beschluss vom 10. September 2010 - 2 B 238/10 - juris). Die Frage einer von dem B. zu gewährleistenden Schülerbeförderung zur S. ist zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht im Sinne des Ast. geklärt. Zwar trifft es nicht zu, wie der Ag. in dem Widerspruchsbescheid vom 27. November 2014 ausgeführt hat, dass der Ast. der Sekundarschule A. in N. zugewiesen worden ist. Wenn dem so wäre, müsste der Ast. diese Schule besuchen. Indes liegt auch keine Anordnung der Schulbehörde im Sinne des § 71 Abs. 2 Satz 5 SchulG LSA vor, dass der Ast. die S. in H. zu besuchen hat (vgl. zum Verhältnis von § 41 Abs. 1 Satz 3 zu § 71 Abs. 2 Satz 5 SchulG LSA: OVG für das Land Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. April 2013 - L 3 675/12 - juris). Nach eingehender Prüfung der Akten aus dem Verwaltungsgerichtsstreit vor dem OVG für das Land Sachsen-Anhalt vermag der Senat keine Prognose zu stellen, dass vor Ablauf den Zeitraums, über den die Beteiligten hier streiten, eine verwaltungsrechtliche Grundlage zu erwarten ist, welche die Beförderung des Ast. der Kostenerstattung des B. zuweist. Nach dem im Rahmen des Antrags auf Berufungszulassung vor dem OVG gestellten Antrag verfolgt der Ast. im Verwaltungsstreitverfahren als Hauptantrag nicht mehr die Zuweisung zur S., sodass mit einem vollen Obsiegen nicht eine Zuweisung an die derzeit besuchte Schule verbunden wäre.

Ein Anspruch des Ast. auf Übernahme der fiktiven Kosten eines Integrationshelfers nach Maßgabe der Schülerbeförderung zur A.-Sekundarschule oder Förderschule K. in N. (oder einer anderen nach Maßgabe einer Entscheidung in der Hauptsache vor dem OVG des Landes Sachsen-Anhalt festgestellten Schulzuweisung) scheitert hier bei der gebotenen summarischen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz bereits daran, dass insoweit keine tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung erfolgt. Vor dem Hintergrund, dass diese Entscheidung in keiner Weise dem Ast. in Bezug auf sein tatsächliches rechtliches Begehren zu einem Erfolg verhilft, hat der Senat davon abgesehen, in Bezug auf eine Fähigkeit, kürzere Strecken in N. ohne Begleitung durch einen Integrationshelfer zurückzulegen, weiter Beweis zu erheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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