Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 2603/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 21/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 14. Juni 2011 für längstens 90 Tage.
Der Kläger ist im September 1947 geboren worden. Seit Februar 2012 bezieht er Altersrente.
Mit Wirkung ab 16. November 2009 hatte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld aufgrund eines ab diesem Zeitpunkt neu entstandenen Anspruchs für eine Gesamtdauer (einschließlich Restanspruchsdauer des Altanspruchs) von 379 Tagen bewilligt. Die Anwartschaftszeit für den Neuanspruch war jedenfalls mittels durchgehender Beschäftigungen des Klägers bei der W F G GmbH erfüllt, die er aufgrund befristeter Arbeitsverträge jeweils von April bis November in den Jahren 2008 und 2009 ausgeübt hatte.
Seit 1. Dezember 2006 war der Kläger außerdem regelmäßig bei der C C GmbH, einer Tochtergesellschaft der M B GmbH, als Aushilfsmitarbeiter (Servicekraft) beschäftigt. Die Tätigkeiten übte er jeweils auf der Grundlage zweckbefristeter Einzelarbeitsverträge aus. In den Zeiträumen zwischen den Aushilfsbeschäftigungen war er regelmäßig arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld.
Mit Wirkung ab 14. Juni 2011 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Der am 16. November 2009 entstandene Anspruch war zu diesem Zeitpunkt durch bestandskräftig gewordene Leistungsbewilligungen erschöpft.
In der Zeit vom 16. November 2009 bis zum 13. Juni 2011 hatte er Aushilfsbeschäftigungen bei dem Arbeitgeber aufgrund von gesonderten vertraglichen Vereinbarungen für folgende Zeiträume ausgeübt:
25. - 29. November 2009 (5 Tage)
13. und 14. Januar 2010 (2 Tage)
16. bis 23. Januar 2010 (8 Tage)
9. bis 19. März 2010 (11 Tage)
13. und 14. April 2010 (2 Tage)
17. und 18. April 2010 (2 Tage)
20. April 2010 (1 Tag)
25. und 26. April 2010 (2 Tage)
29. April 2010 (1 Tag)
5. bis 7. Mai 2010 (3 Tage)
31. Mai bis 1. Juni 2010 (2 Tage)
3. bis 6. Juni 2010 (4 Tage)
9. bis 15. Juni 2010 (7 Tage)
23. Juni 2010 (1 Tag)
25. bis 30. Juni 2010 (6 Tage)
9. und 10. Juli 2010 (2 Tage)
28. und 29. August 2010 (2 Tage)
31. August 2010 (1 Tag)
1. September 2010 (1 Tag)
3. bis 9. September 2010 (7 Tage)
20. bis 24. September 2010 (5 Tage)
30. September bis 4. Oktober 2010 (5 Tage)
6. und 7. Oktober 2010 (2 Tage)
10. bis 14. Oktober 2010 (5 Tage)
19. bis 24. Oktober 2010 (6 Tage)
26. bis 28. Oktober 2010 (3 Tage)
7. und 8. November 2010 (2 Tage)
10. bis 14. November 2010 (5 Tage)
19. und 20. November 2010 (2 Tage)
23. bis 27. November 2010 (5 Tage)
29. November 2010 (1 Tag)
11. Dezember 2010 (1 Tag)
12. Januar 2011 (1 Tag)
14. Januar 2011 (1 Tag)
20. bis 29. Januar 2011 (10 Tage)
6. bis 11. Februar 2011 (6 Tage)
14. bis 18. Februar 2011 (5 Tage)
21. bis 25. Februar 2011 (5 Tage)
27. Februar 2011 (1 Tag)
28. Februar 2011 (1 Tag)
8. bis 12. März 2011 (5 Tage)
19. März 2011 (1 Tag)
24. März 2011 (1 Tag)
30. März bis 5. April 2011 (7 Tage)
7. April 2011 (1 Tag)
10. bis 13. April 2011 (4 Tage)
1. bis 5. Mai 2011 (5 Tage)
15. bis 18. Mai 2011 (4 Tage)
19. Mai 2011 (1 Tag)
24. bis 26. Mai 2011 (3 Tage)
4. Juni 2011 (1 Tag)
6. bis 10. Juni 2011 (5 Tage)
12. Juni 2011 (1 Tag) (Summe: 181 Tage).
Der Arbeitgeber hatte die Arbeitsverhältnisse jeweils als "sozialversicherungs-pflichtig" bei der Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemeldet. Die Bruttoarbeitsentgelte ergaben Stundenwerte zwischen ca. 8 und 10,50 EUR. Auch in der Zeit nach dem 14. Juni 2011 - erstmals am 16. Juni 2011 - war der Kläger wieder für den Arbeitgeber tätig.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Arbeitslosengeld durch Bescheid vom 13. Juli 2011 mit der Begründung ab, dass der Kläger weder die Anwartschaftszeit von zwölf Monaten noch die mindestens notwendige Anwartschaftszeit bei unständigen Beschäftigungen von sechs Monaten erfüllt habe.
Seinen Widerspruch, mit dem der Kläger unter anderem geltend machte, dass der Arbeitgeber in den Arbeitsbescheinigungen für die Beklagte keine der Beschäftigungen als unständig bezeichnet habe, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2011 zurück. Die innerhalb der Rahmenfrist ausgeübten Beschäftigungen seien Aushilfstätigkeiten im Rahmen einzelner zweckbefristeter Arbeitsverhältnisse gewesen. Der Umfang der Tätigkeiten schließe es aus, von einer Dauerbeschäftigung auszugehen. Nach dem Gesetz seien unständige Beschäftigungen solche, die auf weniger als eine Woche der Natur nach beschränkt zu sein pflegten oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt seien. In der Folge hätten nur Beschäftigungszeiten berücksichtigt werden können, die wenigstens eine Woche (ab fünf Tagen) umfasst hätten. Es ergäben sich deshalb nur 128 Tage mit Versicherungspflichtverhältnissen, die nicht ausreichten, um auch nur die verkürzte Anwartschaftszeit von sechs Monaten zu erfüllen. Keine Bedeutung habe, dass der Kläger zwischen den jeweiligen Beschäftigungen Arbeitslosengeld erhalten habe. Damit sei nicht anerkannt worden, dass der Kläger in der Zwischenzeit versicherungspflichtig gearbeitet habe, sondern dass er nicht in einem Dauerarbeitsverhältnis gestanden habe.
Mit seiner Klage hat der Kläger weiter die Auffassung vertreten, die Anwartschaftszeit von sechs Monaten erfüllt zu haben. Seine Beschäftigung sei weder durch den Arbeitsvertrag noch durch die ausgeführten Tätigkeiten auf eine Arbeit unter fünf Tagen die Woche ausgelegt. Sein Arbeitgeber verweise in einem Schreiben an die Beklagte vom 21. Juli 2011 auf ein Rundschreiben der Sozialversicherungsträger, wonach eine unständige Beschäftigung und damit Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung nur dann vorliege, wenn es sich nicht tatsächlich um eine regelmäßig wiederkehrende Beschäftigung handle. Dabei reiche aus, wenn der Beschäftigung ein Rahmentarifvertrag oder eine stillschweigende Vereinbarung zugrunde liege. Er hat eine eigene Aufstellung der berücksichtigungsfähigen Zeiten eingereicht.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Arbeitgebers eingeholt, die er - adressiert an den Kläger - mit Datum des 13. September 2011 abgegeben hat. Aus ihr geht unter anderem hervor, dass es den Aushilfsmitarbeitern frei stand, die ihnen üblicherweise telefonisch oder persönlich angebotenen Arbeitstermine anzunehmen oder abzulehnen, ohne dass ihnen durch die Ablehnung Nachteile entstünden. Eine Abrufbereitschaft werde von den Aushilfsmitarbeitern nicht erwartet.
Durch Urteil vom 2. Dezember 2011 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 14. Juni 2011 Arbeitslosengeld "nach einem neu entstandenen Anspruch" zu gewähren. Der Kläger erfülle die verkürzte Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch. Er sei nicht unständig beschäftigt gewesen, weil es sich um regelmäßig wiederkehrende Beschäftigungen bei ein- und demselben Arbeitgeber gehandelt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei das Merkmal der Berufsmäßigkeit der unständigen Beschäftigung konstitutiv. Danach bilde Lohnarbeit zwar den Hauptberuf der unständig Beschäftigten, die Beschäftigungen würden aber typischerweise bei ständig wechselnden Arbeitgebern ausgeübt.
Mit der Berufung hat die Beklagte ihre Auffassung verteidigt, dass die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei, weil der Kläger infolge unständiger Beschäftigungen nicht wenigstens sechs Monate in Versicherungspflichtverhältnissen gestanden habe. Keine Bedeutung habe, dass die Arbeitsverträge nur mit einem Arbeitgeber bestanden hätten. Bei ihrer Prüfung der Anwartschaftszeit habe die Beklagte bereits von daher einen für den Kläger günstigen Standpunkt eingenommen, als sie die maßgebliche Arbeitswoche mit fünf Tagen angesetzt habe. Es müsse jetzt aber davon ausgegangen werden, dass bei den Beschäftigungen des Klägers üblicherweise keine arbeitsfreien Tage vorgesehen seien, weshalb nur die sieben Tage und mehr umfassenden Beschäftigungen nicht unständig seien. Bei dieser Betrachtung habe der Kläger in der Rahmenfrist nur 42 Tage in Versicherungspflichtverhältnissen zurückgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einem Erörterungstermin vom 4. Juli 2012 und einer ergänzenden Stellungnahme zu diesem Termin vom 13. Juli 2012 hat er sich zu seinen Beschäftigungsverhältnissen mit dem Arbeitgeber geäußert. Unter anderem hat er ausgeführt, dass er tarifvertraglich Ansprüche auf Urlaub, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld gehabt habe.
Der Senat hat eine Auskunft des Arbeitgebers vom 30. Juli 2012 eingeholt, der eine Kopie des dort geführten "Aushilfskarteiblatts" beigefügt war.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger hat ab 14. Juni 2011 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist deshalb rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III; in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 2. März 2009, BGBl. I S. 416; im folgenden ohne Zusatz zitiert) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, die (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Die Anwartschaftszeit hat gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 SGB III galt bis zum 1. August 2012 für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit nach Absatz 1 nicht erfüllen sowie darlegen und nachweisen, dass (1.) sich die in der Rahmenfrist (§ 124 SGB III) zurückgelegten Beschäftigungstage überwiegend aus versicherungspflichtigen Beschäftigungen ergeben, die auf nicht mehr als sechs Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag zeit- oder zweckbefristet sind, und (2.) das in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt die zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgebliche Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch (SGB IV) nicht übersteigt, dass die Anwartschaftszeit sechs Monate beträgt. § 123 Abs. 2 Satz 2 SGB III bestimmte, dass § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III unberührt bleibt.
Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III). Sie reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 124 Abs. 2 SGB III).
Die Rahmenfrist reichte sonach im vorliegenden Fall vom 13. Juni 2011 bis zum 16. November 2009. In dieser Zeit hat der Kläger nicht die Anwartschaftszeit nach § 123 Abs. 1 SGB III erfüllt. Der Begriff Versicherungspflichtverhältnis im Sinne dieser Vorschrift bezieht sich auf die Definition des § 24 SGB III. Danach stehen in einem Versicherungspflichtverhältnis Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (Abs. 1). Für Beschäftigte beginnt es mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis (Abs. 2 Satz 1) und endet mit dem Tag des Ausscheidens (Abs. 4). Als Beschäftigte sind gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Legaldefinition des Begriffs versicherungspflichtige Beschäftigung).
Ein derartiges Beschäftigungsverhältnis "im beitragsrechtlichen Sinn" liegt nicht stets oder nur dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis förmlich besteht. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse (s. dazu und zum folgenden stellvertretend BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 - B 11 AL 16/11 R - SozR 4-4300 § 123 Nr. 6). Bei faktischer Beschäftigungslosigkeit (=Nicht-Arbeit) müssen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer den Willen zur (wenn auch künftigen) Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses dokumentieren mit der Folge, dass selbst bei förmlichem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ein die Anwartschaftszeit begründendes Versicherungspflichtverhältnis nicht mehr besteht, wenn Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden und der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet oder seine (arbeitsrechtliche) faktische Verfügungsmöglichkeit nicht wahrnimmt. Nach diesen Kriterien bestand zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber kein Versicherungspflichtverhältnis, das auch die Lücken der Beschäftigungslosigkeit zwischen den einzelnen Arbeitseinsätzen ausgefüllt hätte. Arbeitsentgelt hat der Kläger jeweils nur für die an den tatsächlichen Arbeitstagen geleisteten Stunden erhalten, und nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichts bestand zwischen beiden kein Rechtsverhältnis, das es dem Arbeitgeber erlaubt hätte, einseitig über die Arbeitskraft des Klägers zu verfügen. Der Umstand, dass der Kläger einen "bezahlten Urlaub" beanspruchen konnte, ändert nichts daran, dass er ohne unmittelbare Rechtsnachteile ihm angebotene Arbeitseinsätze ablehnen konnte (s. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. November 2008 - L 16 AL 113/07 und ergänzend - wenn auch in erster Linie zum Arbeitsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn - BSG, Urteil vom 11. März 2014 - B 11 AL 5/13 R -).
Die verkürzte Anwartschaftszeit nach § 123 Abs. 2 SGB III kann hinsichtlich der Voraussetzung nach Satz 1 Nr. 1 nur durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt werden. Wie sich aus § 123 Abs. 2 Satz 2 SGB III ergibt, bleibt dabei die Vorschrift über die Versicherungsfreiheit des § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III anwendbar. Danach sind Personen in einer unständigen Beschäftigung versicherungsfrei, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 SGB III).
Die Versicherungsfreiheit unständig Beschäftigter war in unveränderter Weise bis 31. Dezember 1995 durch Bezugnahme auf Vorschriften des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (bis 31. Dezember 1988: § 169 Nr. 7 Arbeitsförderungsgesetz [AFG] i.V. mit § 441 Reichsversicherung [RVO]; vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1995 § 169c Nr. 4 AFG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2343 i. V. mit § 179 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, entfallen mit Wirkung ab 1. Januar 1996 durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) und seit dem 1. Januar 1996 unmittelbar im AFG (§ 169c Nr. 4 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995, BGBl. I S. 1824) und seit dem 1. Januar 1998 im SGB III geregelt. Zur Auslegung des Begriffs der unständigen Beschäftigung kann deshalb auch auf die Rechtsprechung zu den Vorgängervorschriften des § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III zurückgegriffen werden.
Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass unständige Beschäftigungen unter zwei Voraussetzungen versicherungsfrei sind: (1.) sie müssen im Sinne des § 27 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 SGB III unständig sein und (2.) berufsmäßig ausgeübt werden. Die vom Kläger ausgeübten Beschäftigungen waren im Sinne des Gesetzes unständig, soweit sie kraft Vereinbarung mit dem Arbeitgeber weniger als eine Woche umfassten. Mit dem Begriff der Woche ist hierbei ein Zeitraum von sieben Kalendertagen unabhängig davon gemeint, an wie vielen und welchen Tagen einer Arbeitswoche "branchenüblich" gearbeitet wird (s. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R -, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13). Nach der aus dem Tatbestand ersichtlichen Aufstellung hat der Kläger in der Rahmenfrist somit nur an (8 + 11 + 7 + 7+ 10 + 7 =) 50 Kalendertagen nicht unständig und damit in Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet, die nicht nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III versicherungsfrei sein konnten. Der Umstand, dass der Kläger die Beschäftigungen jeweils beim selben Arbeitgeber ausgeübt hat, steht der Unständigkeit entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht entgegen. Es handelte sich um Einzelaufgaben, die weder auf eine nachfolgende Tätigkeit abzielten noch diese zur Folge hatten. Ebenso wenig wurden Arbeiten verrichtet, die sich vereinbarungsgemäß in regelmäßigen zeitlichen Abständen wiederholten und damit ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis begründen könnten. Maßgebend war nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, im Besonderen der eigenen Angaben des Klägers, die kurzfristig überschaubare Auftragslage des Arbeitgebers. Dieser war bei seiner Einsatzplanung auch nicht auf den Kläger festgelegt (s. in diesem Zusammenhang BSG, Urteil vom 21. Januar 1987 - 7 RAr 44/85 - mit weiteren Nachweisen).
Ob die unständigen Beschäftigungen berufsmäßig ausgeübt wurden, ist vorrangig anhand der ausgeübten Tätigkeiten und dem Erwerbsverhalten der unständig Beschäftigten zu beurteilen (s. hierzu und zum folgenden BSG, Urteil vom 11. Mai 1993 - 12 RK 23/91 - SozR 3-2400 § 8 Nr. 3). Die durch die Arbeitslosmeldung belegte Bereitschaft, eine abhängige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, kann dabei ein Indiz für die Berufsmäßigkeit der Beschäftigung sein. Selbst bei wiederholten Beschäftigungen braucht aber keine Berufsmäßigkeit vorzuliegen, wenn sie in größeren Abständen aufgenommen werden oder wenn die betreffende Aushilfskraft hauptsächlich anderweitig in Anspruch genommen ist (etwa durch einen Hauptberuf, durch eine Ausbildung oder durch Haushaltstätigkeit). Außerdem ist darauf abzustellen, ob der unregelmäßige Arbeitseinsatz nach dem allgemeinen Berufsbild der ausgeübten Tätigkeit als typisch angesehen werden konnte (ausdrücklich bejaht für Aushilfskellner, BSG, Urteil vom 23. Juni 1971 - 3 RK 24/71 - SozR Nr. 11 zu § 168 RVO). Unabhängig davon sind Abweichungen vom typischen Berufsbild im Einzelfall oder mögliche zwischenzeitliche Veränderungen dieses Berufsbilds im allgemeinen aufzuklären und zu bewerten, soweit das Gesamtergebnis des Verfahrens hierzu Anlass gibt.
Nach diesen Vorgaben hat der Kläger die unständigen Beschäftigungen als Servicekraft berufsmäßig ausgeübt. Sie stellten im Bemessungszeitraum seine einzige Erwerbsquelle dar, er hat zudem den Umfang der Beschäftigungen deutlich ausgeweitet, nachdem 2009 seine letzte längerdauernde Beschäftigung geendet hatte. Der unregelmäßige Arbeitseinsatz ist auch als berufstypisch anzusehen. Dies ergibt sich aus der insoweit übereinstimmenden Darstellung des Klägers und des Arbeitgebers. Danach sind Servicekräfte nur und in dem Umfang eingestellt worden, wie eine Veranstaltung angesetzt und durchgeführt worden ist. Der Arbeitgeber hat mit anderem Worten keinen Personalbestand an Servicekräften dauerhaft vorgehalten, unabhängig davon, ob Arbeitsaufträge zu erledigen sind oder nicht. Der Umstand, dass der Arbeitgeber Beiträge zur Arbeitsförderung entrichtet hat, ist ohne Belang. Die Beitragszahlung löst nicht die Versicherungspflicht aus, sondern ist deren Folge. Sind Beiträge zu Unrecht gezahlt worden, kann dies lediglich zu Ansprüchen auf Beitragserstattung führen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 14. Juni 2011 für längstens 90 Tage.
Der Kläger ist im September 1947 geboren worden. Seit Februar 2012 bezieht er Altersrente.
Mit Wirkung ab 16. November 2009 hatte ihm die Beklagte Arbeitslosengeld aufgrund eines ab diesem Zeitpunkt neu entstandenen Anspruchs für eine Gesamtdauer (einschließlich Restanspruchsdauer des Altanspruchs) von 379 Tagen bewilligt. Die Anwartschaftszeit für den Neuanspruch war jedenfalls mittels durchgehender Beschäftigungen des Klägers bei der W F G GmbH erfüllt, die er aufgrund befristeter Arbeitsverträge jeweils von April bis November in den Jahren 2008 und 2009 ausgeübt hatte.
Seit 1. Dezember 2006 war der Kläger außerdem regelmäßig bei der C C GmbH, einer Tochtergesellschaft der M B GmbH, als Aushilfsmitarbeiter (Servicekraft) beschäftigt. Die Tätigkeiten übte er jeweils auf der Grundlage zweckbefristeter Einzelarbeitsverträge aus. In den Zeiträumen zwischen den Aushilfsbeschäftigungen war er regelmäßig arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld.
Mit Wirkung ab 14. Juni 2011 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Der am 16. November 2009 entstandene Anspruch war zu diesem Zeitpunkt durch bestandskräftig gewordene Leistungsbewilligungen erschöpft.
In der Zeit vom 16. November 2009 bis zum 13. Juni 2011 hatte er Aushilfsbeschäftigungen bei dem Arbeitgeber aufgrund von gesonderten vertraglichen Vereinbarungen für folgende Zeiträume ausgeübt:
25. - 29. November 2009 (5 Tage)
13. und 14. Januar 2010 (2 Tage)
16. bis 23. Januar 2010 (8 Tage)
9. bis 19. März 2010 (11 Tage)
13. und 14. April 2010 (2 Tage)
17. und 18. April 2010 (2 Tage)
20. April 2010 (1 Tag)
25. und 26. April 2010 (2 Tage)
29. April 2010 (1 Tag)
5. bis 7. Mai 2010 (3 Tage)
31. Mai bis 1. Juni 2010 (2 Tage)
3. bis 6. Juni 2010 (4 Tage)
9. bis 15. Juni 2010 (7 Tage)
23. Juni 2010 (1 Tag)
25. bis 30. Juni 2010 (6 Tage)
9. und 10. Juli 2010 (2 Tage)
28. und 29. August 2010 (2 Tage)
31. August 2010 (1 Tag)
1. September 2010 (1 Tag)
3. bis 9. September 2010 (7 Tage)
20. bis 24. September 2010 (5 Tage)
30. September bis 4. Oktober 2010 (5 Tage)
6. und 7. Oktober 2010 (2 Tage)
10. bis 14. Oktober 2010 (5 Tage)
19. bis 24. Oktober 2010 (6 Tage)
26. bis 28. Oktober 2010 (3 Tage)
7. und 8. November 2010 (2 Tage)
10. bis 14. November 2010 (5 Tage)
19. und 20. November 2010 (2 Tage)
23. bis 27. November 2010 (5 Tage)
29. November 2010 (1 Tag)
11. Dezember 2010 (1 Tag)
12. Januar 2011 (1 Tag)
14. Januar 2011 (1 Tag)
20. bis 29. Januar 2011 (10 Tage)
6. bis 11. Februar 2011 (6 Tage)
14. bis 18. Februar 2011 (5 Tage)
21. bis 25. Februar 2011 (5 Tage)
27. Februar 2011 (1 Tag)
28. Februar 2011 (1 Tag)
8. bis 12. März 2011 (5 Tage)
19. März 2011 (1 Tag)
24. März 2011 (1 Tag)
30. März bis 5. April 2011 (7 Tage)
7. April 2011 (1 Tag)
10. bis 13. April 2011 (4 Tage)
1. bis 5. Mai 2011 (5 Tage)
15. bis 18. Mai 2011 (4 Tage)
19. Mai 2011 (1 Tag)
24. bis 26. Mai 2011 (3 Tage)
4. Juni 2011 (1 Tag)
6. bis 10. Juni 2011 (5 Tage)
12. Juni 2011 (1 Tag) (Summe: 181 Tage).
Der Arbeitgeber hatte die Arbeitsverhältnisse jeweils als "sozialversicherungs-pflichtig" bei der Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemeldet. Die Bruttoarbeitsentgelte ergaben Stundenwerte zwischen ca. 8 und 10,50 EUR. Auch in der Zeit nach dem 14. Juni 2011 - erstmals am 16. Juni 2011 - war der Kläger wieder für den Arbeitgeber tätig.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Arbeitslosengeld durch Bescheid vom 13. Juli 2011 mit der Begründung ab, dass der Kläger weder die Anwartschaftszeit von zwölf Monaten noch die mindestens notwendige Anwartschaftszeit bei unständigen Beschäftigungen von sechs Monaten erfüllt habe.
Seinen Widerspruch, mit dem der Kläger unter anderem geltend machte, dass der Arbeitgeber in den Arbeitsbescheinigungen für die Beklagte keine der Beschäftigungen als unständig bezeichnet habe, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2011 zurück. Die innerhalb der Rahmenfrist ausgeübten Beschäftigungen seien Aushilfstätigkeiten im Rahmen einzelner zweckbefristeter Arbeitsverhältnisse gewesen. Der Umfang der Tätigkeiten schließe es aus, von einer Dauerbeschäftigung auszugehen. Nach dem Gesetz seien unständige Beschäftigungen solche, die auf weniger als eine Woche der Natur nach beschränkt zu sein pflegten oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt seien. In der Folge hätten nur Beschäftigungszeiten berücksichtigt werden können, die wenigstens eine Woche (ab fünf Tagen) umfasst hätten. Es ergäben sich deshalb nur 128 Tage mit Versicherungspflichtverhältnissen, die nicht ausreichten, um auch nur die verkürzte Anwartschaftszeit von sechs Monaten zu erfüllen. Keine Bedeutung habe, dass der Kläger zwischen den jeweiligen Beschäftigungen Arbeitslosengeld erhalten habe. Damit sei nicht anerkannt worden, dass der Kläger in der Zwischenzeit versicherungspflichtig gearbeitet habe, sondern dass er nicht in einem Dauerarbeitsverhältnis gestanden habe.
Mit seiner Klage hat der Kläger weiter die Auffassung vertreten, die Anwartschaftszeit von sechs Monaten erfüllt zu haben. Seine Beschäftigung sei weder durch den Arbeitsvertrag noch durch die ausgeführten Tätigkeiten auf eine Arbeit unter fünf Tagen die Woche ausgelegt. Sein Arbeitgeber verweise in einem Schreiben an die Beklagte vom 21. Juli 2011 auf ein Rundschreiben der Sozialversicherungsträger, wonach eine unständige Beschäftigung und damit Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung nur dann vorliege, wenn es sich nicht tatsächlich um eine regelmäßig wiederkehrende Beschäftigung handle. Dabei reiche aus, wenn der Beschäftigung ein Rahmentarifvertrag oder eine stillschweigende Vereinbarung zugrunde liege. Er hat eine eigene Aufstellung der berücksichtigungsfähigen Zeiten eingereicht.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Arbeitgebers eingeholt, die er - adressiert an den Kläger - mit Datum des 13. September 2011 abgegeben hat. Aus ihr geht unter anderem hervor, dass es den Aushilfsmitarbeitern frei stand, die ihnen üblicherweise telefonisch oder persönlich angebotenen Arbeitstermine anzunehmen oder abzulehnen, ohne dass ihnen durch die Ablehnung Nachteile entstünden. Eine Abrufbereitschaft werde von den Aushilfsmitarbeitern nicht erwartet.
Durch Urteil vom 2. Dezember 2011 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 14. Juni 2011 Arbeitslosengeld "nach einem neu entstandenen Anspruch" zu gewähren. Der Kläger erfülle die verkürzte Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch. Er sei nicht unständig beschäftigt gewesen, weil es sich um regelmäßig wiederkehrende Beschäftigungen bei ein- und demselben Arbeitgeber gehandelt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei das Merkmal der Berufsmäßigkeit der unständigen Beschäftigung konstitutiv. Danach bilde Lohnarbeit zwar den Hauptberuf der unständig Beschäftigten, die Beschäftigungen würden aber typischerweise bei ständig wechselnden Arbeitgebern ausgeübt.
Mit der Berufung hat die Beklagte ihre Auffassung verteidigt, dass die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei, weil der Kläger infolge unständiger Beschäftigungen nicht wenigstens sechs Monate in Versicherungspflichtverhältnissen gestanden habe. Keine Bedeutung habe, dass die Arbeitsverträge nur mit einem Arbeitgeber bestanden hätten. Bei ihrer Prüfung der Anwartschaftszeit habe die Beklagte bereits von daher einen für den Kläger günstigen Standpunkt eingenommen, als sie die maßgebliche Arbeitswoche mit fünf Tagen angesetzt habe. Es müsse jetzt aber davon ausgegangen werden, dass bei den Beschäftigungen des Klägers üblicherweise keine arbeitsfreien Tage vorgesehen seien, weshalb nur die sieben Tage und mehr umfassenden Beschäftigungen nicht unständig seien. Bei dieser Betrachtung habe der Kläger in der Rahmenfrist nur 42 Tage in Versicherungspflichtverhältnissen zurückgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Dezember 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einem Erörterungstermin vom 4. Juli 2012 und einer ergänzenden Stellungnahme zu diesem Termin vom 13. Juli 2012 hat er sich zu seinen Beschäftigungsverhältnissen mit dem Arbeitgeber geäußert. Unter anderem hat er ausgeführt, dass er tarifvertraglich Ansprüche auf Urlaub, Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld gehabt habe.
Der Senat hat eine Auskunft des Arbeitgebers vom 30. Juli 2012 eingeholt, der eine Kopie des dort geführten "Aushilfskarteiblatts" beigefügt war.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger hat ab 14. Juni 2011 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist deshalb rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III; in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 2. März 2009, BGBl. I S. 416; im folgenden ohne Zusatz zitiert) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, die (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Die Anwartschaftszeit hat gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 SGB III galt bis zum 1. August 2012 für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit nach Absatz 1 nicht erfüllen sowie darlegen und nachweisen, dass (1.) sich die in der Rahmenfrist (§ 124 SGB III) zurückgelegten Beschäftigungstage überwiegend aus versicherungspflichtigen Beschäftigungen ergeben, die auf nicht mehr als sechs Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag zeit- oder zweckbefristet sind, und (2.) das in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt die zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgebliche Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Sozialgesetzbuchs Viertes Buch (SGB IV) nicht übersteigt, dass die Anwartschaftszeit sechs Monate beträgt. § 123 Abs. 2 Satz 2 SGB III bestimmte, dass § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III unberührt bleibt.
Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III). Sie reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 124 Abs. 2 SGB III).
Die Rahmenfrist reichte sonach im vorliegenden Fall vom 13. Juni 2011 bis zum 16. November 2009. In dieser Zeit hat der Kläger nicht die Anwartschaftszeit nach § 123 Abs. 1 SGB III erfüllt. Der Begriff Versicherungspflichtverhältnis im Sinne dieser Vorschrift bezieht sich auf die Definition des § 24 SGB III. Danach stehen in einem Versicherungspflichtverhältnis Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind (Abs. 1). Für Beschäftigte beginnt es mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis (Abs. 2 Satz 1) und endet mit dem Tag des Ausscheidens (Abs. 4). Als Beschäftigte sind gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Legaldefinition des Begriffs versicherungspflichtige Beschäftigung).
Ein derartiges Beschäftigungsverhältnis "im beitragsrechtlichen Sinn" liegt nicht stets oder nur dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis förmlich besteht. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse (s. dazu und zum folgenden stellvertretend BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 - B 11 AL 16/11 R - SozR 4-4300 § 123 Nr. 6). Bei faktischer Beschäftigungslosigkeit (=Nicht-Arbeit) müssen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer den Willen zur (wenn auch künftigen) Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses dokumentieren mit der Folge, dass selbst bei förmlichem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ein die Anwartschaftszeit begründendes Versicherungspflichtverhältnis nicht mehr besteht, wenn Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt tatsächlich nicht mehr erbracht werden und der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet oder seine (arbeitsrechtliche) faktische Verfügungsmöglichkeit nicht wahrnimmt. Nach diesen Kriterien bestand zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber kein Versicherungspflichtverhältnis, das auch die Lücken der Beschäftigungslosigkeit zwischen den einzelnen Arbeitseinsätzen ausgefüllt hätte. Arbeitsentgelt hat der Kläger jeweils nur für die an den tatsächlichen Arbeitstagen geleisteten Stunden erhalten, und nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichts bestand zwischen beiden kein Rechtsverhältnis, das es dem Arbeitgeber erlaubt hätte, einseitig über die Arbeitskraft des Klägers zu verfügen. Der Umstand, dass der Kläger einen "bezahlten Urlaub" beanspruchen konnte, ändert nichts daran, dass er ohne unmittelbare Rechtsnachteile ihm angebotene Arbeitseinsätze ablehnen konnte (s. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. November 2008 - L 16 AL 113/07 und ergänzend - wenn auch in erster Linie zum Arbeitsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn - BSG, Urteil vom 11. März 2014 - B 11 AL 5/13 R -).
Die verkürzte Anwartschaftszeit nach § 123 Abs. 2 SGB III kann hinsichtlich der Voraussetzung nach Satz 1 Nr. 1 nur durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt werden. Wie sich aus § 123 Abs. 2 Satz 2 SGB III ergibt, bleibt dabei die Vorschrift über die Versicherungsfreiheit des § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III anwendbar. Danach sind Personen in einer unständigen Beschäftigung versicherungsfrei, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 SGB III).
Die Versicherungsfreiheit unständig Beschäftigter war in unveränderter Weise bis 31. Dezember 1995 durch Bezugnahme auf Vorschriften des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (bis 31. Dezember 1988: § 169 Nr. 7 Arbeitsförderungsgesetz [AFG] i.V. mit § 441 Reichsversicherung [RVO]; vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1995 § 169c Nr. 4 AFG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2343 i. V. mit § 179 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, entfallen mit Wirkung ab 1. Januar 1996 durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) und seit dem 1. Januar 1996 unmittelbar im AFG (§ 169c Nr. 4 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995, BGBl. I S. 1824) und seit dem 1. Januar 1998 im SGB III geregelt. Zur Auslegung des Begriffs der unständigen Beschäftigung kann deshalb auch auf die Rechtsprechung zu den Vorgängervorschriften des § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III zurückgegriffen werden.
Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass unständige Beschäftigungen unter zwei Voraussetzungen versicherungsfrei sind: (1.) sie müssen im Sinne des § 27 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 SGB III unständig sein und (2.) berufsmäßig ausgeübt werden. Die vom Kläger ausgeübten Beschäftigungen waren im Sinne des Gesetzes unständig, soweit sie kraft Vereinbarung mit dem Arbeitgeber weniger als eine Woche umfassten. Mit dem Begriff der Woche ist hierbei ein Zeitraum von sieben Kalendertagen unabhängig davon gemeint, an wie vielen und welchen Tagen einer Arbeitswoche "branchenüblich" gearbeitet wird (s. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R -, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13). Nach der aus dem Tatbestand ersichtlichen Aufstellung hat der Kläger in der Rahmenfrist somit nur an (8 + 11 + 7 + 7+ 10 + 7 =) 50 Kalendertagen nicht unständig und damit in Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet, die nicht nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III versicherungsfrei sein konnten. Der Umstand, dass der Kläger die Beschäftigungen jeweils beim selben Arbeitgeber ausgeübt hat, steht der Unständigkeit entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht entgegen. Es handelte sich um Einzelaufgaben, die weder auf eine nachfolgende Tätigkeit abzielten noch diese zur Folge hatten. Ebenso wenig wurden Arbeiten verrichtet, die sich vereinbarungsgemäß in regelmäßigen zeitlichen Abständen wiederholten und damit ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis begründen könnten. Maßgebend war nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, im Besonderen der eigenen Angaben des Klägers, die kurzfristig überschaubare Auftragslage des Arbeitgebers. Dieser war bei seiner Einsatzplanung auch nicht auf den Kläger festgelegt (s. in diesem Zusammenhang BSG, Urteil vom 21. Januar 1987 - 7 RAr 44/85 - mit weiteren Nachweisen).
Ob die unständigen Beschäftigungen berufsmäßig ausgeübt wurden, ist vorrangig anhand der ausgeübten Tätigkeiten und dem Erwerbsverhalten der unständig Beschäftigten zu beurteilen (s. hierzu und zum folgenden BSG, Urteil vom 11. Mai 1993 - 12 RK 23/91 - SozR 3-2400 § 8 Nr. 3). Die durch die Arbeitslosmeldung belegte Bereitschaft, eine abhängige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, kann dabei ein Indiz für die Berufsmäßigkeit der Beschäftigung sein. Selbst bei wiederholten Beschäftigungen braucht aber keine Berufsmäßigkeit vorzuliegen, wenn sie in größeren Abständen aufgenommen werden oder wenn die betreffende Aushilfskraft hauptsächlich anderweitig in Anspruch genommen ist (etwa durch einen Hauptberuf, durch eine Ausbildung oder durch Haushaltstätigkeit). Außerdem ist darauf abzustellen, ob der unregelmäßige Arbeitseinsatz nach dem allgemeinen Berufsbild der ausgeübten Tätigkeit als typisch angesehen werden konnte (ausdrücklich bejaht für Aushilfskellner, BSG, Urteil vom 23. Juni 1971 - 3 RK 24/71 - SozR Nr. 11 zu § 168 RVO). Unabhängig davon sind Abweichungen vom typischen Berufsbild im Einzelfall oder mögliche zwischenzeitliche Veränderungen dieses Berufsbilds im allgemeinen aufzuklären und zu bewerten, soweit das Gesamtergebnis des Verfahrens hierzu Anlass gibt.
Nach diesen Vorgaben hat der Kläger die unständigen Beschäftigungen als Servicekraft berufsmäßig ausgeübt. Sie stellten im Bemessungszeitraum seine einzige Erwerbsquelle dar, er hat zudem den Umfang der Beschäftigungen deutlich ausgeweitet, nachdem 2009 seine letzte längerdauernde Beschäftigung geendet hatte. Der unregelmäßige Arbeitseinsatz ist auch als berufstypisch anzusehen. Dies ergibt sich aus der insoweit übereinstimmenden Darstellung des Klägers und des Arbeitgebers. Danach sind Servicekräfte nur und in dem Umfang eingestellt worden, wie eine Veranstaltung angesetzt und durchgeführt worden ist. Der Arbeitgeber hat mit anderem Worten keinen Personalbestand an Servicekräften dauerhaft vorgehalten, unabhängig davon, ob Arbeitsaufträge zu erledigen sind oder nicht. Der Umstand, dass der Arbeitgeber Beiträge zur Arbeitsförderung entrichtet hat, ist ohne Belang. Die Beitragszahlung löst nicht die Versicherungspflicht aus, sondern ist deren Folge. Sind Beiträge zu Unrecht gezahlt worden, kann dies lediglich zu Ansprüchen auf Beitragserstattung führen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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