Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 4149/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 115/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 04.12.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der in der Zeit von 1972 bis 1993 vom Arbeitgeber getragenen Anteile der entrichteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland streitig.
Der 1943 geborene Kläger war nach seinem ersten Zuzug ins Bundesgebiet zunächst vom 15.11.1972 bis 28.02.1993 mit kleineren Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt und bezog in der Folgezeit Leistungen der damaligen Bundesanstalt für Arbeit. Im Oktober 1995 kehrte er zunächst in die T. zurück.
Die Arbeitnehmeranteile aus den versicherungspflichtigen Beschäftigungen in der Zeit vom 15.11.1972 bis 28.02.1993 in Höhe von insgesamt 66.746,16 DM wurden ihm auf seinen Antrag vom 26.04.1996 hin mit Bescheid vom 09.05.1996 gemäß § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erstattet.
Nach seiner Rückkehr ins Bundesgebiet war er nochmals im Dezember 1997 versicherungspflichtig beschäftigt und bezog von Januar 2005 bis einschließlich Februar 2008 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 12.12.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung auch der Arbeitgeberanteile. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.01.2013 ab, da entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen die Beiträge nur in der Höhe erstattet werden könnten, die der Versicherte selbst getragen habe. Eine Erstattung des vom Arbeitgeber getragenen Beitragsanteil sei nicht möglich. Den hiergegen am 15.03.2013 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2013 als unzulässig zurück. Im anschließenden Klageverfahren schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in welchem sich die Beklagte zur Überprüfung des Bescheides vom 08.01.2013 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verpflichtete. Mit dem in Ausführung dieses Vergleichs ergangenen Bescheid vom 24.09.2013 lehnte die Beklagte eine Rücknahme dieses Bescheides nach § 44 SGB X ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2013 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 28.11.2013 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, ein Anspruch auf Rückerstattung der vom Arbeitgeber eingezahlten Beiträge ergebe sich "aus einem Protokoll aus dem Jahre 1970 und dort aus § 39 Abs. 3" sowie "aus einem internationalen Abkommen der T. mit Deutschland aus dem Jahre 1964", "einem Wiener Abkommen aus 1969, Artikel 27", sowie "einem Beschluss Nr. 1980/3"; außerdem könnten türkische Arbeitnehmer in Dänemark oder der Schweiz die Erstattung ihrer Arbeitgeberbeiträge verlangen. Mit Gerichtsbescheid vom 04.12.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, eine Erstattung der Arbeitgeberbeiträge sei nach den entsprechenden gesetzlichen Regelungen in § 210 SGB VI nicht möglich. Die Regelung verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz (GG); diesbezüglich hat das Sozialgericht u.a. auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts verwiesen. Ansprüche auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge seien im Übrigen auch nicht aus den genannten zwischen- bzw. überstaatlichen Abkommen ersichtlich. Ob sich aus zwischenstaatlichen Abkommen der Länder Dänemark und Schweiz mit der T. andere Regelungen ergeben würden, könne dahingestellt bleiben, denn eine Erstattung von Beiträgen zur dänischen bzw. schweizerischen Rentenversicherung stehe nicht zur Diskussion.
Gegen den ihm am 10.12.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 12.01.2015 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen das Vorbringen aus ersten Instanz wiederholt hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 04.12.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 08.01.2013 zurückzunehmen und ihm die in der Zeit vom 15.11.1972 bis 28.02.1993 zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Arbeitgeberanteile zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
In einer nichtöffentlichen Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts am 21.04.2015 ist die Sach-und Rechtslage ausführlich dargestellt und der Kläger auf die Absicht des Senats, Verschuldenskosten aufzuerlegen, hingewiesen worden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 in Verbindung mit § 105 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 24.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Mit diesen Bescheiden lehnte es die Beklagte zu Recht ab, dem Kläger unter Rücknahme des Bescheides vom 08.01.2013 die Arbeitgeberanteile für den geltend gemachten Zeitraum zu erstatten. Denn ein solcher Anspruch des Klägers besteht nicht.
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 SGB X.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Er kann auch für die Vergangenheit aufgehoben werden (Satz 2). Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Dabei bedarf es keiner näheren Darstellung, ob im vorliegenden Fall Abs. 1 oder Abs. 2 (so Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 44 Rdnr. 14, in diesem Sinne auch Seewald in Kasskomm, Sozialversicherungsrecht, § 11 SGB I Rdnr. 13, jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung) zur Anwendung kommt, denn ein Anspruch nach § 44 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X scheitert schon daran, dass kein rechtswidriger Bescheid vorliegt.
Streitgegenständlich sind vorliegend der Bescheid vom 24.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2013, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 08.01.2013 ablehnte. Nicht Gegenstand der Prüfung nach § 44 SGB X ist dagegen entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der Bescheid vom 09.05.1996, mit welchem die Beklagte auf Antrag des Klägers diesem die Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligte. Denn dieser Bescheid lässt den hier streitigen Anspruch des Klägers auf die Erstattung der Arbeitgeberanteile unberührt. Weder beantragte der Kläger mit Antrag vom 26.04.1996 die Erstattung auch der Arbeitgeberanteile, noch bestand angesichts der insoweit eindeutigen damaligen Rechtslage gemäß § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI (die mit der heutigen identisch ist) für die Beklagte Anlass, zugleich auch eine Entscheidung über die Arbeitgeberanteile zu treffen, noch traf die Beklagte ausweislich des Bescheides vom 09.05.1996 eine dementsprechende Entscheidung. Vielmehr entschied die Beklagte (antragsgemäß) mit Bescheid vom 09.05.1996 ausdrücklich nur über die Erstattung der Beiträge, soweit der Kläger sie getragen hatte. Damit steht der bestandskräftige Bescheid aus dem Jahr 1996 dem nun geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge nicht entgegen. Insbesondere muss die Bestandskraft dieses Bescheides nicht im Wege des § 44 SGB X überwunden werden und kommt eine (entsprechende) Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X von vornherein nicht in Betracht.
Der Bescheid vom 08.01.2013 ist nicht rechtswidrig. Denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung auch der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zu. Dies hat das Sozialgericht unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen im Einzelnen dargelegt und auch ausgeführt, weshalb sich aus den vom Kläger angeführten zwischen- und überstaatlichen Abkommen und einer vom Kläger behaupteten andersartigen Handhabung in der Schweiz und in Dänemark keine andere Entscheidung ergibt. Den genannten "Rechtsquellen" des Klägers ist angesichts der spärlichen Quellenangaben lediglich das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik T. über soziale Sicherheit vom 30.04.1964 (BGBl. 1965 II, S. 1170) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 28.05.1969 (BGBl. 1972 II, S. 2), des Zwischenabkommens vom 25.10.1974 (BGBl. 1975 II, S. 374) und des Zusatzabkommens vom 02.11.1984 (BGBl. 1986 II, S. 1040) überhaupt zuordenbar. Aus diesen Abkommen ergibt sich indes, wie bereits vom Sozialgericht in den Entscheidungsgründen ausgeführt, keine Regelung, die die hier streitige Frage der Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen, geschweige denn eine von der gesetzlichen Regelung in § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI abweichende Regelung trifft. Die übrigen vom Kläger genannten "Regelungen" sind indes schon keinen existenten Abkommen bzw. Rechtsvorschriften zuordenbar; wiederholte Aufforderungen des Sozialgerichts wie auch des Senats um Präzisierung der Rechtsvorschriften bzw. deren Übersendung sind unbeantwortet geblieben. Das Sozialgericht hat weiterhin ausführlich unter Bezugnahme auf die einschlägige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 16.06.1981, 1 BvR 445/81) sowie die Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29.06.2000, B 4 RA 57/98 R in SozR 3-2600 § 210 Nr. 2) dargelegt, dass der Kläger durch die Versagung eines Anspruchs auf Erstattung der Arbeitgeberanteile nicht in seinen Grundrechten verletzt wird; die Rechtsgrundlage dieser Ablehnung (§ 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) ist vielmehr verfassungsgemäß. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Rechtsgrundlage für die erfolgte Auferlegung von Verschuldenskosten ist § 192 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I, S. 444). Danach kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass (Nr. 2) der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Fortführung des Verfahrens ist rechtsmissbräuchlich. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt unter anderem dann vor, wenn die Klage oder das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und die Erhebung der Klage oder die Einlegung des Rechtsmittels von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, u.a. Beschluss vom 19.12.2002, 2 BvR 1255/02 zu der vergleichbaren Regelung des § 34 BVerfGG). Maßstab ist damit nicht die konkrete subjektive Sicht der Beschwerdeführer, sondern ein verständiger Beteiligter.
Das Begehren des Klägers ist offensichtlich aussichtslos. Dem Kläger ist die eindeutige gesetzliche Regelung in § 210 Abs. 3 SGB VI, die diesbezüglich keinerlei Auslegungsspielraum bietet, sowohl in der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts als auch im Erörterungstermin am 21.04.2015 ausführlich dargelegt worden. Der Kläger bestreitet auch nicht den gesetzlichen Ausschluss der Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen in § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI und macht auch nicht die Verfassungs- bzw. Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Vorschrift geltend. Vielmehr bezieht er sich auf vage formulierte zwischen- und überstaatliche Abkommen, deren Präzisierung er aber trotz wiederholter Aufforderung weder im Verwaltungs- noch im erst- bzw. zweitinstanzlichen Verfahren vorgenommen hat. Die Aufforderung des Sozialgerichts wie auch des Senats um Übersendung oder doch wenigstens eine konkretere Benennung der vom Kläger behaupteten Rechtsvorschriften hat er schlichtweg ignoriert. Ungeachtet dessen beharrt der Kläger darauf, dass ihm ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge zustehen müsse und setzt sich dabei noch nicht einmal ansatzweise mit dem Vorbringen der Beklagten, der Entscheidung des Sozialgerichts sowie den Ausführungen und Darlegungen des Berichterstatters auseinander. Dieses starre Festhalten an einem nicht erreichbaren Ziel ohne jede Bereitschaft, sich mit den mehrmals mitgeteilten rechtlichen Gegebenheiten auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen, belegt ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit. Damit ist die Inanspruchnahme des Gerichts missbräuchlich.
Auf diesen Umstand und die Absicht des Senats, Verschuldenskosten aufzuerlegen, ist der Kläger im Erörterungstermin hingewiesen worden. Er beharrt jedoch auf der Fortführung des Verfahrens.
Der Senat hält es deshalb für angezeigt, Verschuldungskosten aufzuerlegen. Nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG gilt als verursachter Kostenbetrag mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, für Verfahren vor dem Landessozialgerichts sind dies 225 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der in der Zeit von 1972 bis 1993 vom Arbeitgeber getragenen Anteile der entrichteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland streitig.
Der 1943 geborene Kläger war nach seinem ersten Zuzug ins Bundesgebiet zunächst vom 15.11.1972 bis 28.02.1993 mit kleineren Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt und bezog in der Folgezeit Leistungen der damaligen Bundesanstalt für Arbeit. Im Oktober 1995 kehrte er zunächst in die T. zurück.
Die Arbeitnehmeranteile aus den versicherungspflichtigen Beschäftigungen in der Zeit vom 15.11.1972 bis 28.02.1993 in Höhe von insgesamt 66.746,16 DM wurden ihm auf seinen Antrag vom 26.04.1996 hin mit Bescheid vom 09.05.1996 gemäß § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erstattet.
Nach seiner Rückkehr ins Bundesgebiet war er nochmals im Dezember 1997 versicherungspflichtig beschäftigt und bezog von Januar 2005 bis einschließlich Februar 2008 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 12.12.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung auch der Arbeitgeberanteile. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.01.2013 ab, da entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen die Beiträge nur in der Höhe erstattet werden könnten, die der Versicherte selbst getragen habe. Eine Erstattung des vom Arbeitgeber getragenen Beitragsanteil sei nicht möglich. Den hiergegen am 15.03.2013 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2013 als unzulässig zurück. Im anschließenden Klageverfahren schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in welchem sich die Beklagte zur Überprüfung des Bescheides vom 08.01.2013 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verpflichtete. Mit dem in Ausführung dieses Vergleichs ergangenen Bescheid vom 24.09.2013 lehnte die Beklagte eine Rücknahme dieses Bescheides nach § 44 SGB X ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2013 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 28.11.2013 beim Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, ein Anspruch auf Rückerstattung der vom Arbeitgeber eingezahlten Beiträge ergebe sich "aus einem Protokoll aus dem Jahre 1970 und dort aus § 39 Abs. 3" sowie "aus einem internationalen Abkommen der T. mit Deutschland aus dem Jahre 1964", "einem Wiener Abkommen aus 1969, Artikel 27", sowie "einem Beschluss Nr. 1980/3"; außerdem könnten türkische Arbeitnehmer in Dänemark oder der Schweiz die Erstattung ihrer Arbeitgeberbeiträge verlangen. Mit Gerichtsbescheid vom 04.12.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, eine Erstattung der Arbeitgeberbeiträge sei nach den entsprechenden gesetzlichen Regelungen in § 210 SGB VI nicht möglich. Die Regelung verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz (GG); diesbezüglich hat das Sozialgericht u.a. auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts verwiesen. Ansprüche auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge seien im Übrigen auch nicht aus den genannten zwischen- bzw. überstaatlichen Abkommen ersichtlich. Ob sich aus zwischenstaatlichen Abkommen der Länder Dänemark und Schweiz mit der T. andere Regelungen ergeben würden, könne dahingestellt bleiben, denn eine Erstattung von Beiträgen zur dänischen bzw. schweizerischen Rentenversicherung stehe nicht zur Diskussion.
Gegen den ihm am 10.12.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 12.01.2015 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen das Vorbringen aus ersten Instanz wiederholt hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 04.12.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2013 zu verurteilen, den Bescheid vom 08.01.2013 zurückzunehmen und ihm die in der Zeit vom 15.11.1972 bis 28.02.1993 zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Arbeitgeberanteile zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
In einer nichtöffentlichen Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts am 21.04.2015 ist die Sach-und Rechtslage ausführlich dargestellt und der Kläger auf die Absicht des Senats, Verschuldenskosten aufzuerlegen, hingewiesen worden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 in Verbindung mit § 105 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 24.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Mit diesen Bescheiden lehnte es die Beklagte zu Recht ab, dem Kläger unter Rücknahme des Bescheides vom 08.01.2013 die Arbeitgeberanteile für den geltend gemachten Zeitraum zu erstatten. Denn ein solcher Anspruch des Klägers besteht nicht.
Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 SGB X.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Er kann auch für die Vergangenheit aufgehoben werden (Satz 2). Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Dabei bedarf es keiner näheren Darstellung, ob im vorliegenden Fall Abs. 1 oder Abs. 2 (so Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 44 Rdnr. 14, in diesem Sinne auch Seewald in Kasskomm, Sozialversicherungsrecht, § 11 SGB I Rdnr. 13, jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung) zur Anwendung kommt, denn ein Anspruch nach § 44 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X scheitert schon daran, dass kein rechtswidriger Bescheid vorliegt.
Streitgegenständlich sind vorliegend der Bescheid vom 24.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2013, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides vom 08.01.2013 ablehnte. Nicht Gegenstand der Prüfung nach § 44 SGB X ist dagegen entgegen der Auffassung des Sozialgerichts der Bescheid vom 09.05.1996, mit welchem die Beklagte auf Antrag des Klägers diesem die Erstattung der Arbeitnehmerbeiträge aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligte. Denn dieser Bescheid lässt den hier streitigen Anspruch des Klägers auf die Erstattung der Arbeitgeberanteile unberührt. Weder beantragte der Kläger mit Antrag vom 26.04.1996 die Erstattung auch der Arbeitgeberanteile, noch bestand angesichts der insoweit eindeutigen damaligen Rechtslage gemäß § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI (die mit der heutigen identisch ist) für die Beklagte Anlass, zugleich auch eine Entscheidung über die Arbeitgeberanteile zu treffen, noch traf die Beklagte ausweislich des Bescheides vom 09.05.1996 eine dementsprechende Entscheidung. Vielmehr entschied die Beklagte (antragsgemäß) mit Bescheid vom 09.05.1996 ausdrücklich nur über die Erstattung der Beiträge, soweit der Kläger sie getragen hatte. Damit steht der bestandskräftige Bescheid aus dem Jahr 1996 dem nun geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge nicht entgegen. Insbesondere muss die Bestandskraft dieses Bescheides nicht im Wege des § 44 SGB X überwunden werden und kommt eine (entsprechende) Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X von vornherein nicht in Betracht.
Der Bescheid vom 08.01.2013 ist nicht rechtswidrig. Denn dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung auch der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zu. Dies hat das Sozialgericht unter Darlegung der rechtlichen Grundlagen im Einzelnen dargelegt und auch ausgeführt, weshalb sich aus den vom Kläger angeführten zwischen- und überstaatlichen Abkommen und einer vom Kläger behaupteten andersartigen Handhabung in der Schweiz und in Dänemark keine andere Entscheidung ergibt. Den genannten "Rechtsquellen" des Klägers ist angesichts der spärlichen Quellenangaben lediglich das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik T. über soziale Sicherheit vom 30.04.1964 (BGBl. 1965 II, S. 1170) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 28.05.1969 (BGBl. 1972 II, S. 2), des Zwischenabkommens vom 25.10.1974 (BGBl. 1975 II, S. 374) und des Zusatzabkommens vom 02.11.1984 (BGBl. 1986 II, S. 1040) überhaupt zuordenbar. Aus diesen Abkommen ergibt sich indes, wie bereits vom Sozialgericht in den Entscheidungsgründen ausgeführt, keine Regelung, die die hier streitige Frage der Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen, geschweige denn eine von der gesetzlichen Regelung in § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI abweichende Regelung trifft. Die übrigen vom Kläger genannten "Regelungen" sind indes schon keinen existenten Abkommen bzw. Rechtsvorschriften zuordenbar; wiederholte Aufforderungen des Sozialgerichts wie auch des Senats um Präzisierung der Rechtsvorschriften bzw. deren Übersendung sind unbeantwortet geblieben. Das Sozialgericht hat weiterhin ausführlich unter Bezugnahme auf die einschlägige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 16.06.1981, 1 BvR 445/81) sowie die Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29.06.2000, B 4 RA 57/98 R in SozR 3-2600 § 210 Nr. 2) dargelegt, dass der Kläger durch die Versagung eines Anspruchs auf Erstattung der Arbeitgeberanteile nicht in seinen Grundrechten verletzt wird; die Rechtsgrundlage dieser Ablehnung (§ 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) ist vielmehr verfassungsgemäß. Der Senat sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Rechtsgrundlage für die erfolgte Auferlegung von Verschuldenskosten ist § 192 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I, S. 444). Danach kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass (Nr. 2) der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Fortführung des Verfahrens ist rechtsmissbräuchlich. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt unter anderem dann vor, wenn die Klage oder das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und die Erhebung der Klage oder die Einlegung des Rechtsmittels von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, u.a. Beschluss vom 19.12.2002, 2 BvR 1255/02 zu der vergleichbaren Regelung des § 34 BVerfGG). Maßstab ist damit nicht die konkrete subjektive Sicht der Beschwerdeführer, sondern ein verständiger Beteiligter.
Das Begehren des Klägers ist offensichtlich aussichtslos. Dem Kläger ist die eindeutige gesetzliche Regelung in § 210 Abs. 3 SGB VI, die diesbezüglich keinerlei Auslegungsspielraum bietet, sowohl in der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts als auch im Erörterungstermin am 21.04.2015 ausführlich dargelegt worden. Der Kläger bestreitet auch nicht den gesetzlichen Ausschluss der Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen in § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI und macht auch nicht die Verfassungs- bzw. Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Vorschrift geltend. Vielmehr bezieht er sich auf vage formulierte zwischen- und überstaatliche Abkommen, deren Präzisierung er aber trotz wiederholter Aufforderung weder im Verwaltungs- noch im erst- bzw. zweitinstanzlichen Verfahren vorgenommen hat. Die Aufforderung des Sozialgerichts wie auch des Senats um Übersendung oder doch wenigstens eine konkretere Benennung der vom Kläger behaupteten Rechtsvorschriften hat er schlichtweg ignoriert. Ungeachtet dessen beharrt der Kläger darauf, dass ihm ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge zustehen müsse und setzt sich dabei noch nicht einmal ansatzweise mit dem Vorbringen der Beklagten, der Entscheidung des Sozialgerichts sowie den Ausführungen und Darlegungen des Berichterstatters auseinander. Dieses starre Festhalten an einem nicht erreichbaren Ziel ohne jede Bereitschaft, sich mit den mehrmals mitgeteilten rechtlichen Gegebenheiten auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen, belegt ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit. Damit ist die Inanspruchnahme des Gerichts missbräuchlich.
Auf diesen Umstand und die Absicht des Senats, Verschuldenskosten aufzuerlegen, ist der Kläger im Erörterungstermin hingewiesen worden. Er beharrt jedoch auf der Fortführung des Verfahrens.
Der Senat hält es deshalb für angezeigt, Verschuldungskosten aufzuerlegen. Nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG gilt als verursachter Kostenbetrag mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, für Verfahren vor dem Landessozialgerichts sind dies 225 EUR.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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