Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1783/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 3. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und gegen die Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 5.151,10 EUR.
Der 1956 geborene Kläger mietete zum 01.09.2011 eine Wohnung in F. an. Auf die Anträge des Klägers vom 19.09.2012 und 18.03.2013 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.11.2012 bis 30.04.2013 (Bescheide vom 01.10.2012 und 24.11.2012) und 01.05.2013 bis 31.10.2013 (Bescheide vom 10.04.2013 und 22.08.2013) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 889,11 EUR bzw. ab 01.01.2013 in Höhe von 897,11 EUR. Neben dem (ab dem 01.01.2013 angepassten) Regelbedarf wurden dem Kläger für diesen Zeitraum 515,11 EUR zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gewährt. Wegen des Verdachts, der Kläger wohne wieder bei seiner getrennt lebenden Ehefrau und habe seine Wohnung im L. untervermietet, erfolgten am 22.08.2013 Ermittlungen des Außendienstes des Beklagten. In dem Bericht vom 23.08.2013 wurde mitgeteilt, dass der Kläger in der Wohnung von Frau F. angetroffen worden sei. Unter der Adresse L. habe eine Wohnung des Klägers nicht ermittelt werden können, weil an keiner der Klingeln und Briefkästen eine Beschriftung mit dem Namen F. vorhanden gewesen sei. Aus einem vom Kläger vorgelegten Schreiben gehe hervor, dass der Vermieter die Wohnung im L. gekündigt habe. Die Sache werde noch gerichtlich geklärt. Zurzeit habe er keinen festen Wohnsitz und würde abwechselnd bei Bekannten oder seiner ehemaligen Frau übernachten. Weitere Ermittlungen beim Rechtsanwalt der Vermieterin hätten ergeben, dass das Mietverhältnis zum 01.11.2012 beendet worden sei. In einem in den Akten vorliegenden Aufhebungsvertrag, der den Mietvertrag vom 01.11.2012 betrifft und der vom Kläger und der Vermieterin M. S. sowie von A. F. und M. N. unterschrieben ist, ist eine einvernehmliche Beendigung des am 01.09.2011 geschlossenen Mietvertrages zum 01.11.2012 vereinbart worden. Ferner wurde vermerkt, dass der Kläger mit sofortiger Wirkung vom Mietvertrag zurücktrete und ein neuer Mietvertrag zwischen Frau S. und Frau A. F. sowie Herrn M. N. geschlossen werde. Im Protokoll des Außendienstes des Beklagten wurde vermerkt, dass der Kläger über die gewonnenen Erkenntnisse der Ermittlungsbeamten unterrichtet worden sei, ihm der weitere Ablauf erläutert und mitgeteilt worden sei, dass eine Gesamtentscheidung durch die Mitarbeiter des zuständigen Bereiches erfolge. Hierzu habe der Kläger weitere Angaben gemacht, die in einem Anhörungsprotokoll erfasst worden seien. Die Unterschrift sei vom Kläger verweigert worden. In diesem Protokoll wurde vermerkt, dass der Kläger angegeben habe, bis Anfang April in seiner Wohnung gewohnt zu haben. Die Miete habe er bis März 2013 bezahlt. Aufgrund von Problemen mit dem Vermieter habe er Anfang April die Wohnung räumen müssen. Er übernachte bei seiner getrenntlebenden Ehefrau und halte sich bei Freunden auf.
Mit Bescheid vom 22.08.2013 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung ab dem 01.09.2013 bis 31.10.2013 in Höhe der gewährten Bedarfe für Unterkunft und Heizung (515,11 EUR) auf. Mit Rücknahme und Erstattungsbescheid vom 06.09.2013 nahm der Beklagte die Entscheidungen vom 01.10.2012, 24.11.2012, 10.04.2013 und 22.08.2013 über die Bewilligungen von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.08.2013 teilweise in Höhe von 5.151,10 EUR zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Mietvertrag sei mit Wirkung vom 01.11.2012 aufgehoben worden. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil der Kläger in seinem Antrag vom 18.03.2013 zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. Ferner erklärte der Beklagte die Aufrechnung der Erstattungsforderung mit den dem Kläger zustehenden Leistungen in Höhe von monatlich 114,60 EUR. Der Beklagte führte aus, dass er von seinem Ermessen Gebrauch gemacht habe und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gebührend berücksichtigt habe. Im Leistungsverfahren seien entscheidungsrelevante Gründe weder vorgetragen worden noch ergäben sich nach Aktenlage Anhaltspunkte, die gegen eine Aufrechnung sprechen würden. Mit weiteren Bescheiden vom 06.09.2013 hat der Beklagte den Leistungsbewilligungen für die Zeiträume vom 01.11.2012 bis 30.04.2013 und 01.05.2013 bis 31.10.2013 insoweit Rechnung getragen, als dem Kläger keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung mehr bewilligt wurden.
Mit dem gegen "den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 06.09.2013" erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass sein Mietvertrag nicht aufgehoben sei. Gegen eine Kündigung der Vermieterin habe er Klage eingereicht, weil er diese Kündigung nicht akzeptiere. Die Streitsache sei noch vor dem Amtsgericht Freiburg anhängig, er habe noch keinen Beschluss bekommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger tatsächliche Aufwendungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung ab dem 01.11.2012 nicht mehr gehabt habe. Der Kläger sei aus dem Mietverhältnis auf Grund des abgeschlossenen und von ihm selbst unterzeichneten Aufhebungsvertrages vom 01.11.2013 ausgeschieden. Die Wohnung sei sofort anderweitig weitervermietet worden. Damit schulde der Kläger ab dem 01.11.2012 keine Miete mehr. Die Aufhebung des Bescheides vom 01.10.2012 richte sich nach § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Sie sei gerechtfertigt, weil der Kläger gewusst habe, dass ihm Leistungen für eine Unterkunft bewilligt worden waren, für die er keinen Mietzins schulde. Die Bescheide vom 24.11.2012, 10.04.2013 und 22.08.2013 seien von Anfang an rechtswidrig gewesen. Die Änderung sei bereits am 01.11.2012 eingetreten gewesen. Die Aufhebung richte sich nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X. Denn im Weiterbewilligungsantrag vom 18.02.2013 habe der Kläger angegeben, dass sich an seinen Unterkunftsverhältnissen nichts geändert habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits ohne festen Wohnsitz gewesen sei. Er habe gewusst, dass ihm Unterkunftskosten bewilligt worden waren, obwohl er keinen Mietzins mehr geschuldet habe. Er sei gemäß § 50 SGB X zur Erstattung verpflichtet.
Hiergegen hat der Kläger am 12.11.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung auf seinen Widerspruch verwiesen.
Nach einer am 03.04.2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der der Kläger bestätigt hat, das Geld erhalten und auch einen Aufhebungsvertrag für den Mietvertrag unterschrieben zu haben, hat das SG die Klage mit Urteil vom selben Tag unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass tatsächliche beziehungsweise notwendige Aufwendungen für Kosten der Unterkunft, zu deren Übernahme der Beklage nach § 22 SGB II verpflichtet gewesen sei, ab dem 01.11.2012 nicht mehr angefallen seien. Soweit der Kläger dessen ungeachtet über den Aufhebungsvertrag hinaus Mietzahlungen geleistet haben sollte, müsse er sich ggf. auf dem Zivilrechtsweg nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung bei seinem ehemaligen Vermieter schadlos halten.
Gegen das ihm am 12.04.2014 zugestellte Urteil hat die Ehefrau des Klägers für den Kläger am 15.04.2014 Berufung eingelegt. Unter Vorlage von Schreiben des Amtsgerichts F. vom 22.10.2012 und 10.12.2012 im Rechtsstreit der Vermieterin gegen ihn auf Räumung und Herausgabe hat der Kläger angegeben, dass am 01.11.2012 ein Aufhebungsvertrag zwischen ihm und Frau S. unterschrieben worden sei. Dies sei von seiner Seite aus nur zur Beruhigung der Mutter der Vermieterin geschehen. Beim Amtsgericht habe er nicht zugestimmt. Er sei mit der Räumung nicht einverstanden gewesen, weil er gegen überhaupt nichts verstoßen habe. Er habe weiterhin in der Wohnung gewohnt, beim Amtsgericht Einspruch eingelegt und bis zur gerichtlichen Entscheidung zuwarten wollen. Die Miete sei zudem vom Jobcenter an die Vermieterin bezahlt worden. Ab September 2013 habe er vom Jobcenter kein Geld für Unterkunft mehr bekommen und sei gezwungen gewesen, die Wohnung zu verlassen. Unter Druck behördlicherseits sei er obdachlos geworden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 3. April 2014 sowie den Bescheid vom 6. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Gegen den Kläger wurde wegen des hier streitgegenständlichen Sachverhaltes eine Geldstrafe wegen Betruges in Höhe von 150 Tagessätzen zu 10 EUR verhängt (Strafbefehl vom 16.04.2014, rechtskräftig).
Der Kläger hält auch in weiteren Schreiben daran fest, dass er zwar den Mietaufhebungsvertrag unterschrieben, aber weiterhin in der Wohnung gewohnt habe und die Wohnung bezahlt worden sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die schriftliche Vernehmung der Zeugin M. S. Sie hat unter dem 22.03.2015 angegeben, dass das Mietverhältnis mit dem Kläger bis zum 01.11.2012 bestanden habe. Die vorgelegten Unterlagen belegen, dass dem Kläger zunächst mit Anwaltsschriftsatz vom 14.08.2012 fristlos, hilfsweise zum 30.11.2012 gekündigt worden war. Sie hat ausgeführt, dass ab dem 02.11.2012 ein anderer Mietvertrag geschlossen worden sei. Die Tochter des Klägers (A. F.), die mit der Sache nichts zu tun gehabt habe, habe unbedingt in der Wohnung verbleiben und mit ihrem Freund zusammenziehen wollen. Für seine Tochter habe Herr F. eingewilligt, vom Mietverhältnis zurückzutreten. So sei es zum Aufhebungsvertrag gekommen. Dieser sei keinesfalls einvernehmlich zurückgenommen worden. Ein neuer Mietvertrag sei zwischen ihr und A. F. sowie M. N. aufgesetzt worden. Diese hätten die Wohnung zum 31.03.2013 gekündigt. Der Kläger habe weder in der Wohnung gewohnt noch Miete an sie abgeführt. Die (ebenfalls auszugsweise vorgelegten) Kontoauszüge belegten, dass die Miete von der Tochter bezahlt worden sei.
Der Kläger hält daran fest, dass er nur zugestimmt habe, den Mietaufhebungsvertrag zu unterschreiben, um die Mutter der Vermieterin zu beruhigen. Er habe weiter dort gewohnt und die Miete bezahlt. Er habe sehr ruhig gewohnt und sich bemüht, dass die Mutter der Vermieterin ihn nicht sehe. Beim Amtsgericht habe er dem Mietaufhebungsvertrag nicht zugestimmt.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 31.03.2015 auf die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss hingewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Soweit die Ehefrau des Klägers die Berufung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG eingelegt hat, ist diese zumindest konkludent durch den Berufungskläger genehmigt worden, weshalb keine Zweifel an der form- und fristgerecht erhobenen Berufung bestehen. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen zudem nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht (LSG) - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 31.03.2015 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Beklagte mit dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 06.09.2013 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2014) zu Recht die Bewilligung der Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.08.2013 teilweise aufgehoben und 5.151,10 EUR zurückgefordert hat. Für diesen Zeitraum stehen dem Kläger die mit den Anträgen vom 19.09.2012 und 18.03.2013 geltend gemachten Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht zu, weil er - wie die Beweisaufnahme unzweifelhaft ergeben hat - zu weiteren Mietzahlungen über den 01.11.2012 hinaus weder rechtlich verpflichtet war noch tatsächlich einen Mietzins an die Zeugin S. abgeführt hat. Nach der Zeugenaussage von Frau S. und den von ihr vorgelegten Unterlagen steht fest, dass der zwischen der Zeugin und dem Kläger geschlossene Mietvertrag vom 01.09.2011 durch den Aufhebungsvertrag vom 01.11.2011 mit sofortiger Wirkung endete. Durch die von der Zeugin vorgelegten Kontoauszüge ist zudem belegt, dass die Miete fortan und bereits für den November (am 05.11.2011) von den Nachmietern, der Tochter des Klägers und deren Lebensgefährten, auf das Konto der Zeugin überwiesen wurde. Die von der Zeugin bestrittenen Einlassungen des Klägers, er habe dort noch gewohnt und Miete gezahlt, sieht der Senat als widerlegt an. Allein der - lediglich behauptete - Aufenthalt des Klägers in der Wohnung begründet ohnehin noch keinen von dem Beklagten zu ersetzenden Bedarf an Kosten der Unterkunft. Denn der Kläger war zur Zahlung des Mietzinses an die Zeugin nach Aufhebung des Mietvertrages nicht mehr verpflichtet. Darüber hinaus hat der Kläger einen anderen, vom Mietverhältnis zur Zeugin S. unabhängigen Bedarf an Kosten der Unterkunft, also eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung von Kosten der Unterkunft gegenüber einem Dritten, im streitgegenständlichen Zeitraum weder bei der Beklagten geltend gemacht oder beantragt noch sonst in irgendeiner Form nachgewiesen. Es ist ferner unzutreffend, wenn der Kläger glauben machen will, die Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung sei durch Zahlung der Beklagten direkt an die Vermieterin erfolgt. Auch hier belegen die vorliegenden Zahlungsnachweise der Beklagten, dass das Arbeitslosengeld II ebenfalls auf das vom Kläger im Antrag angegebene Konto überwiesen wurden sowie die von der Zeugin vorgelegten Kontoauszüge, dass die Miete (zuletzt für Oktober 2012) von dem Konto des Klägers auf deren Konto überwiesen wurden. Die Einlassungen des Klägers sind daher nachweislich unzutreffend und können insoweit nur als Schutzbehauptung angesichts der geforderten Rückzahlung gewertet werden. Gleiches gilt für den Verweis auf eine angeblich noch vor dem Amtsgericht anhängige Räumungsklage, die sich spätestens nach der Aufhebungsvereinbarung erledigt haben dürfte.
Zutreffend sind der Beklagte und das SG daher davon ausgegangen, dass sich die erfolgte teilweise Aufhebung des Bescheides vom 01.10.2012 (Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 01.11.2012) nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) richtet und für die Rücknahme der Verwaltungsakte vom 24.11.2012 und 10.04.2013 (in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.08.2013) § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X heranzuzuziehen ist.
Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt demgegenüber, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. Die Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsakts voneinander ab (vgl. BSG, Urteile vom 01.06.2006, B 7a AL 76/05 R, BSGE 96, 285; vom 27.07.1989, 11/7 RAr 115/87, BSGE 65, 221; vom 24.02.2011, B 14 AS 45/09 R, SozR 4-4200 § 11 Nr. 36). Danach bestand zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 01.10.2012 das Mietverhältnis noch. Nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der Zeugin war der Kläger jedenfalls noch bis zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages zur Zahlung des Mietzinses aus dem abgeschlossenen Mietvertrag verpflichtet, da die zuvor ausgesprochene - fristlose - Kündigung mit Abschluss dieses Aufhebungsvertrages zumindest konkludent zurückgenommen wurde. Mit Beendigung des Mietverhältnisses ist damit eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen des Klägers eingetreten, weil er ab dem 01.11.2012 keinen Mietzins mehr schuldete. Dementsprechend hätten dem Kläger auch keine Kosten für Unterkunft und Heizung mehr bewilligt werden dürfen, weswegen sich die Rücknahme der Bescheide vom 24.11.2012, 10.04.2013 und 22.08.2013 nach § 45 SGB X richtet. Nach dieser Vorschrift darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist eine Rücknahme ausgeschlossen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte jedoch unter anderem dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die Rücknahmevoraussetzungen liegen aufgrund der rechtswidrigen Bewilligung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung - wie oben bereits ausgeführt - vor. Unter Berücksichtigung des Verlaufes, der Einlassungen der Zeugen sowie der vorliegenden Belege über die erfolgten Zahlungen des Mietzinses an die Zeugin sowie der Angaben des Klägers gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten im Außendienst, zur Zeit keinen festen Wohnsitz zu haben und abwechselnd bei Bekannten oder seiner getrennt lebenden Ehefrau zu übernachten, bestehen an der positiven Kenntnis des Klägers, dass ihm die von der Beklagten bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht (mehr) zustehen, kein Zweifel. Denn es ist nachgewiesen, dass ihm diese Leistungen bis zu den Entscheidungen im September 2013 zugeflossen sind, er diese aber nicht mehr durch entsprechende Überweisungen an die Vermieterin weitergeleitet hat. Damit ist ausreichend belegt, dass auch der Kläger entgegen seinem eigenen Bekunden davon ausgegangen ist, dass das Mietverhältnis nicht mehr besteht. Damit liegen auch die Voraussetzungen des § 48 SGB X für eine Aufhebung ab Änderung der Verhältnisse bzw. nach § 45 SGB X - mit Blick auf die Bescheide vom 24.11.2012, 10.04.2013, 22.08.2013 - von Anfang an vor, weil der Kläger wusste, dass ihm die mit Bescheid vom 01.10.2012 bewilligten Bedarfe für Unterkunft und Heizung ab 01.11.2011 nicht mehr zustanden bzw. weil er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen, soweit sie die Kosten für Unterkunft und Heizung betrafen, kannte.
Der Beklagte hat dabei auch die Fristen des § 48 Abs. 4 SGB X bzw. § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X eingehalten.
Mit dem Verweis in § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II auf § 330 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 SGB III ist zudem bestimmt, dass der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen bzw. ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist. Für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts tritt damit an die Stelle der gemäß §§ 45, 48 SGB X eigentlich vorgesehenen Ermessensentscheidung eine gebundene Entscheidung.
Zu Unrecht erbrachte Leistungen sind gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Abweichend hiervon sind nach § 40 Abs. 4 SGB II 56 % der bei der Berechnung des Arbeitslosengeld II berücksichtigten Kosten für Unterkunft nicht zu erstatten, was allerdings wiederum nicht gilt in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X und des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X (Fälle, in denen sich der Betroffene nicht auf Vertrauen berufen kann). Hier war eine Beschränkung nicht vorzunehmen, weil die Aufhebung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X und des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X beruht. Damit unterliegt auch die Höhe der zurückgeforderten Bedarfe für Unterkunft und Heizung (10 Monate à 515,11 EUR) keinen Bedenken.
Auch die Aufrechnung wurde vom Beklagten in rechtmäßiger Weise erklärt. Er hat insofern von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Der Kläger hat weder im Rahmen der Anhörung noch später etwas vorgetragen, was gegen eine Aufrechnung i.H.v. 114,60 EUR monatlich, die insofern betragsmäßig dem in § 43 SGB II genannten möglichen Aufrechnungsbetrag von 30% der maßgeblichen Regelleistung entspricht, sprechen könnte. Es sind hierfür auch keine Anhaltspunkte erkennbar. Der Beklagte hat sein ihm zustehendes Ermessen in nicht zu beanstandender Art und Weise ausgeübt.
Der Bescheid vom 06.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2013 ist auch formell rechtmäßig. Der Beklagte hat den Kläger vor Erlass der in seine Rechtsposition eingreifenden Aufhebungsverfügung mündlich im Rahmen der Ermittlungen des Außendienstes (vgl. Protokoll zur Durchführung eines Hausbesuches vom 22.08.2013) angehört. Soweit darin der Verschuldensvorwurf nicht hinreichend erläutert worden sein könnte und auch auf die beabsichtigte Aufrechnung nicht hingewiesen worden ist, ist ein solcher Verfahrensfehler gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X durch die Ausführungen im Bescheid der Beklagten vom 06.09.2013, der die Aufhebungsvoraussetzungen als auch die Grundlagen der verfügten Aufrechnung ausführlich dargestellt hat, geheilt, weil sich der Kläger bereits während des Widerspruchsverfahrens zu den aus Sicht des Beklagten entscheidungserheblichen Tatsachen hat äußern können.
Damit war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und gegen die Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 5.151,10 EUR.
Der 1956 geborene Kläger mietete zum 01.09.2011 eine Wohnung in F. an. Auf die Anträge des Klägers vom 19.09.2012 und 18.03.2013 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.11.2012 bis 30.04.2013 (Bescheide vom 01.10.2012 und 24.11.2012) und 01.05.2013 bis 31.10.2013 (Bescheide vom 10.04.2013 und 22.08.2013) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 889,11 EUR bzw. ab 01.01.2013 in Höhe von 897,11 EUR. Neben dem (ab dem 01.01.2013 angepassten) Regelbedarf wurden dem Kläger für diesen Zeitraum 515,11 EUR zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gewährt. Wegen des Verdachts, der Kläger wohne wieder bei seiner getrennt lebenden Ehefrau und habe seine Wohnung im L. untervermietet, erfolgten am 22.08.2013 Ermittlungen des Außendienstes des Beklagten. In dem Bericht vom 23.08.2013 wurde mitgeteilt, dass der Kläger in der Wohnung von Frau F. angetroffen worden sei. Unter der Adresse L. habe eine Wohnung des Klägers nicht ermittelt werden können, weil an keiner der Klingeln und Briefkästen eine Beschriftung mit dem Namen F. vorhanden gewesen sei. Aus einem vom Kläger vorgelegten Schreiben gehe hervor, dass der Vermieter die Wohnung im L. gekündigt habe. Die Sache werde noch gerichtlich geklärt. Zurzeit habe er keinen festen Wohnsitz und würde abwechselnd bei Bekannten oder seiner ehemaligen Frau übernachten. Weitere Ermittlungen beim Rechtsanwalt der Vermieterin hätten ergeben, dass das Mietverhältnis zum 01.11.2012 beendet worden sei. In einem in den Akten vorliegenden Aufhebungsvertrag, der den Mietvertrag vom 01.11.2012 betrifft und der vom Kläger und der Vermieterin M. S. sowie von A. F. und M. N. unterschrieben ist, ist eine einvernehmliche Beendigung des am 01.09.2011 geschlossenen Mietvertrages zum 01.11.2012 vereinbart worden. Ferner wurde vermerkt, dass der Kläger mit sofortiger Wirkung vom Mietvertrag zurücktrete und ein neuer Mietvertrag zwischen Frau S. und Frau A. F. sowie Herrn M. N. geschlossen werde. Im Protokoll des Außendienstes des Beklagten wurde vermerkt, dass der Kläger über die gewonnenen Erkenntnisse der Ermittlungsbeamten unterrichtet worden sei, ihm der weitere Ablauf erläutert und mitgeteilt worden sei, dass eine Gesamtentscheidung durch die Mitarbeiter des zuständigen Bereiches erfolge. Hierzu habe der Kläger weitere Angaben gemacht, die in einem Anhörungsprotokoll erfasst worden seien. Die Unterschrift sei vom Kläger verweigert worden. In diesem Protokoll wurde vermerkt, dass der Kläger angegeben habe, bis Anfang April in seiner Wohnung gewohnt zu haben. Die Miete habe er bis März 2013 bezahlt. Aufgrund von Problemen mit dem Vermieter habe er Anfang April die Wohnung räumen müssen. Er übernachte bei seiner getrenntlebenden Ehefrau und halte sich bei Freunden auf.
Mit Bescheid vom 22.08.2013 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung ab dem 01.09.2013 bis 31.10.2013 in Höhe der gewährten Bedarfe für Unterkunft und Heizung (515,11 EUR) auf. Mit Rücknahme und Erstattungsbescheid vom 06.09.2013 nahm der Beklagte die Entscheidungen vom 01.10.2012, 24.11.2012, 10.04.2013 und 22.08.2013 über die Bewilligungen von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.08.2013 teilweise in Höhe von 5.151,10 EUR zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Mietvertrag sei mit Wirkung vom 01.11.2012 aufgehoben worden. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil der Kläger in seinem Antrag vom 18.03.2013 zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. Ferner erklärte der Beklagte die Aufrechnung der Erstattungsforderung mit den dem Kläger zustehenden Leistungen in Höhe von monatlich 114,60 EUR. Der Beklagte führte aus, dass er von seinem Ermessen Gebrauch gemacht habe und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gebührend berücksichtigt habe. Im Leistungsverfahren seien entscheidungsrelevante Gründe weder vorgetragen worden noch ergäben sich nach Aktenlage Anhaltspunkte, die gegen eine Aufrechnung sprechen würden. Mit weiteren Bescheiden vom 06.09.2013 hat der Beklagte den Leistungsbewilligungen für die Zeiträume vom 01.11.2012 bis 30.04.2013 und 01.05.2013 bis 31.10.2013 insoweit Rechnung getragen, als dem Kläger keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung mehr bewilligt wurden.
Mit dem gegen "den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 06.09.2013" erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass sein Mietvertrag nicht aufgehoben sei. Gegen eine Kündigung der Vermieterin habe er Klage eingereicht, weil er diese Kündigung nicht akzeptiere. Die Streitsache sei noch vor dem Amtsgericht Freiburg anhängig, er habe noch keinen Beschluss bekommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger tatsächliche Aufwendungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung ab dem 01.11.2012 nicht mehr gehabt habe. Der Kläger sei aus dem Mietverhältnis auf Grund des abgeschlossenen und von ihm selbst unterzeichneten Aufhebungsvertrages vom 01.11.2013 ausgeschieden. Die Wohnung sei sofort anderweitig weitervermietet worden. Damit schulde der Kläger ab dem 01.11.2012 keine Miete mehr. Die Aufhebung des Bescheides vom 01.10.2012 richte sich nach § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Sie sei gerechtfertigt, weil der Kläger gewusst habe, dass ihm Leistungen für eine Unterkunft bewilligt worden waren, für die er keinen Mietzins schulde. Die Bescheide vom 24.11.2012, 10.04.2013 und 22.08.2013 seien von Anfang an rechtswidrig gewesen. Die Änderung sei bereits am 01.11.2012 eingetreten gewesen. Die Aufhebung richte sich nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X. Denn im Weiterbewilligungsantrag vom 18.02.2013 habe der Kläger angegeben, dass sich an seinen Unterkunftsverhältnissen nichts geändert habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits ohne festen Wohnsitz gewesen sei. Er habe gewusst, dass ihm Unterkunftskosten bewilligt worden waren, obwohl er keinen Mietzins mehr geschuldet habe. Er sei gemäß § 50 SGB X zur Erstattung verpflichtet.
Hiergegen hat der Kläger am 12.11.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung auf seinen Widerspruch verwiesen.
Nach einer am 03.04.2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der der Kläger bestätigt hat, das Geld erhalten und auch einen Aufhebungsvertrag für den Mietvertrag unterschrieben zu haben, hat das SG die Klage mit Urteil vom selben Tag unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid abgewiesen. Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass tatsächliche beziehungsweise notwendige Aufwendungen für Kosten der Unterkunft, zu deren Übernahme der Beklage nach § 22 SGB II verpflichtet gewesen sei, ab dem 01.11.2012 nicht mehr angefallen seien. Soweit der Kläger dessen ungeachtet über den Aufhebungsvertrag hinaus Mietzahlungen geleistet haben sollte, müsse er sich ggf. auf dem Zivilrechtsweg nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung bei seinem ehemaligen Vermieter schadlos halten.
Gegen das ihm am 12.04.2014 zugestellte Urteil hat die Ehefrau des Klägers für den Kläger am 15.04.2014 Berufung eingelegt. Unter Vorlage von Schreiben des Amtsgerichts F. vom 22.10.2012 und 10.12.2012 im Rechtsstreit der Vermieterin gegen ihn auf Räumung und Herausgabe hat der Kläger angegeben, dass am 01.11.2012 ein Aufhebungsvertrag zwischen ihm und Frau S. unterschrieben worden sei. Dies sei von seiner Seite aus nur zur Beruhigung der Mutter der Vermieterin geschehen. Beim Amtsgericht habe er nicht zugestimmt. Er sei mit der Räumung nicht einverstanden gewesen, weil er gegen überhaupt nichts verstoßen habe. Er habe weiterhin in der Wohnung gewohnt, beim Amtsgericht Einspruch eingelegt und bis zur gerichtlichen Entscheidung zuwarten wollen. Die Miete sei zudem vom Jobcenter an die Vermieterin bezahlt worden. Ab September 2013 habe er vom Jobcenter kein Geld für Unterkunft mehr bekommen und sei gezwungen gewesen, die Wohnung zu verlassen. Unter Druck behördlicherseits sei er obdachlos geworden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 3. April 2014 sowie den Bescheid vom 6. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Gegen den Kläger wurde wegen des hier streitgegenständlichen Sachverhaltes eine Geldstrafe wegen Betruges in Höhe von 150 Tagessätzen zu 10 EUR verhängt (Strafbefehl vom 16.04.2014, rechtskräftig).
Der Kläger hält auch in weiteren Schreiben daran fest, dass er zwar den Mietaufhebungsvertrag unterschrieben, aber weiterhin in der Wohnung gewohnt habe und die Wohnung bezahlt worden sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die schriftliche Vernehmung der Zeugin M. S. Sie hat unter dem 22.03.2015 angegeben, dass das Mietverhältnis mit dem Kläger bis zum 01.11.2012 bestanden habe. Die vorgelegten Unterlagen belegen, dass dem Kläger zunächst mit Anwaltsschriftsatz vom 14.08.2012 fristlos, hilfsweise zum 30.11.2012 gekündigt worden war. Sie hat ausgeführt, dass ab dem 02.11.2012 ein anderer Mietvertrag geschlossen worden sei. Die Tochter des Klägers (A. F.), die mit der Sache nichts zu tun gehabt habe, habe unbedingt in der Wohnung verbleiben und mit ihrem Freund zusammenziehen wollen. Für seine Tochter habe Herr F. eingewilligt, vom Mietverhältnis zurückzutreten. So sei es zum Aufhebungsvertrag gekommen. Dieser sei keinesfalls einvernehmlich zurückgenommen worden. Ein neuer Mietvertrag sei zwischen ihr und A. F. sowie M. N. aufgesetzt worden. Diese hätten die Wohnung zum 31.03.2013 gekündigt. Der Kläger habe weder in der Wohnung gewohnt noch Miete an sie abgeführt. Die (ebenfalls auszugsweise vorgelegten) Kontoauszüge belegten, dass die Miete von der Tochter bezahlt worden sei.
Der Kläger hält daran fest, dass er nur zugestimmt habe, den Mietaufhebungsvertrag zu unterschreiben, um die Mutter der Vermieterin zu beruhigen. Er habe weiter dort gewohnt und die Miete bezahlt. Er habe sehr ruhig gewohnt und sich bemüht, dass die Mutter der Vermieterin ihn nicht sehe. Beim Amtsgericht habe er dem Mietaufhebungsvertrag nicht zugestimmt.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 31.03.2015 auf die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss hingewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Soweit die Ehefrau des Klägers die Berufung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG eingelegt hat, ist diese zumindest konkludent durch den Berufungskläger genehmigt worden, weshalb keine Zweifel an der form- und fristgerecht erhobenen Berufung bestehen. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen zudem nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht (LSG) - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 31.03.2015 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Beklagte mit dem Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 06.09.2013 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2014) zu Recht die Bewilligung der Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.08.2013 teilweise aufgehoben und 5.151,10 EUR zurückgefordert hat. Für diesen Zeitraum stehen dem Kläger die mit den Anträgen vom 19.09.2012 und 18.03.2013 geltend gemachten Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht zu, weil er - wie die Beweisaufnahme unzweifelhaft ergeben hat - zu weiteren Mietzahlungen über den 01.11.2012 hinaus weder rechtlich verpflichtet war noch tatsächlich einen Mietzins an die Zeugin S. abgeführt hat. Nach der Zeugenaussage von Frau S. und den von ihr vorgelegten Unterlagen steht fest, dass der zwischen der Zeugin und dem Kläger geschlossene Mietvertrag vom 01.09.2011 durch den Aufhebungsvertrag vom 01.11.2011 mit sofortiger Wirkung endete. Durch die von der Zeugin vorgelegten Kontoauszüge ist zudem belegt, dass die Miete fortan und bereits für den November (am 05.11.2011) von den Nachmietern, der Tochter des Klägers und deren Lebensgefährten, auf das Konto der Zeugin überwiesen wurde. Die von der Zeugin bestrittenen Einlassungen des Klägers, er habe dort noch gewohnt und Miete gezahlt, sieht der Senat als widerlegt an. Allein der - lediglich behauptete - Aufenthalt des Klägers in der Wohnung begründet ohnehin noch keinen von dem Beklagten zu ersetzenden Bedarf an Kosten der Unterkunft. Denn der Kläger war zur Zahlung des Mietzinses an die Zeugin nach Aufhebung des Mietvertrages nicht mehr verpflichtet. Darüber hinaus hat der Kläger einen anderen, vom Mietverhältnis zur Zeugin S. unabhängigen Bedarf an Kosten der Unterkunft, also eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung von Kosten der Unterkunft gegenüber einem Dritten, im streitgegenständlichen Zeitraum weder bei der Beklagten geltend gemacht oder beantragt noch sonst in irgendeiner Form nachgewiesen. Es ist ferner unzutreffend, wenn der Kläger glauben machen will, die Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung sei durch Zahlung der Beklagten direkt an die Vermieterin erfolgt. Auch hier belegen die vorliegenden Zahlungsnachweise der Beklagten, dass das Arbeitslosengeld II ebenfalls auf das vom Kläger im Antrag angegebene Konto überwiesen wurden sowie die von der Zeugin vorgelegten Kontoauszüge, dass die Miete (zuletzt für Oktober 2012) von dem Konto des Klägers auf deren Konto überwiesen wurden. Die Einlassungen des Klägers sind daher nachweislich unzutreffend und können insoweit nur als Schutzbehauptung angesichts der geforderten Rückzahlung gewertet werden. Gleiches gilt für den Verweis auf eine angeblich noch vor dem Amtsgericht anhängige Räumungsklage, die sich spätestens nach der Aufhebungsvereinbarung erledigt haben dürfte.
Zutreffend sind der Beklagte und das SG daher davon ausgegangen, dass sich die erfolgte teilweise Aufhebung des Bescheides vom 01.10.2012 (Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 01.11.2012) nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) richtet und für die Rücknahme der Verwaltungsakte vom 24.11.2012 und 10.04.2013 (in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.08.2013) § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X heranzuzuziehen ist.
Nach § 48 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. § 45 SGB X regelt demgegenüber, dass ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise zurückgenommen werden darf. Die Normen grenzen sich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsakts voneinander ab (vgl. BSG, Urteile vom 01.06.2006, B 7a AL 76/05 R, BSGE 96, 285; vom 27.07.1989, 11/7 RAr 115/87, BSGE 65, 221; vom 24.02.2011, B 14 AS 45/09 R, SozR 4-4200 § 11 Nr. 36). Danach bestand zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 01.10.2012 das Mietverhältnis noch. Nach den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der Zeugin war der Kläger jedenfalls noch bis zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages zur Zahlung des Mietzinses aus dem abgeschlossenen Mietvertrag verpflichtet, da die zuvor ausgesprochene - fristlose - Kündigung mit Abschluss dieses Aufhebungsvertrages zumindest konkludent zurückgenommen wurde. Mit Beendigung des Mietverhältnisses ist damit eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen des Klägers eingetreten, weil er ab dem 01.11.2012 keinen Mietzins mehr schuldete. Dementsprechend hätten dem Kläger auch keine Kosten für Unterkunft und Heizung mehr bewilligt werden dürfen, weswegen sich die Rücknahme der Bescheide vom 24.11.2012, 10.04.2013 und 22.08.2013 nach § 45 SGB X richtet. Nach dieser Vorschrift darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist eine Rücknahme ausgeschlossen, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte jedoch unter anderem dann nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die Rücknahmevoraussetzungen liegen aufgrund der rechtswidrigen Bewilligung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung - wie oben bereits ausgeführt - vor. Unter Berücksichtigung des Verlaufes, der Einlassungen der Zeugen sowie der vorliegenden Belege über die erfolgten Zahlungen des Mietzinses an die Zeugin sowie der Angaben des Klägers gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten im Außendienst, zur Zeit keinen festen Wohnsitz zu haben und abwechselnd bei Bekannten oder seiner getrennt lebenden Ehefrau zu übernachten, bestehen an der positiven Kenntnis des Klägers, dass ihm die von der Beklagten bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht (mehr) zustehen, kein Zweifel. Denn es ist nachgewiesen, dass ihm diese Leistungen bis zu den Entscheidungen im September 2013 zugeflossen sind, er diese aber nicht mehr durch entsprechende Überweisungen an die Vermieterin weitergeleitet hat. Damit ist ausreichend belegt, dass auch der Kläger entgegen seinem eigenen Bekunden davon ausgegangen ist, dass das Mietverhältnis nicht mehr besteht. Damit liegen auch die Voraussetzungen des § 48 SGB X für eine Aufhebung ab Änderung der Verhältnisse bzw. nach § 45 SGB X - mit Blick auf die Bescheide vom 24.11.2012, 10.04.2013, 22.08.2013 - von Anfang an vor, weil der Kläger wusste, dass ihm die mit Bescheid vom 01.10.2012 bewilligten Bedarfe für Unterkunft und Heizung ab 01.11.2011 nicht mehr zustanden bzw. weil er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen, soweit sie die Kosten für Unterkunft und Heizung betrafen, kannte.
Der Beklagte hat dabei auch die Fristen des § 48 Abs. 4 SGB X bzw. § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X eingehalten.
Mit dem Verweis in § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II auf § 330 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 SGB III ist zudem bestimmt, dass der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen bzw. ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist. Für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts tritt damit an die Stelle der gemäß §§ 45, 48 SGB X eigentlich vorgesehenen Ermessensentscheidung eine gebundene Entscheidung.
Zu Unrecht erbrachte Leistungen sind gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Abweichend hiervon sind nach § 40 Abs. 4 SGB II 56 % der bei der Berechnung des Arbeitslosengeld II berücksichtigten Kosten für Unterkunft nicht zu erstatten, was allerdings wiederum nicht gilt in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X und des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X (Fälle, in denen sich der Betroffene nicht auf Vertrauen berufen kann). Hier war eine Beschränkung nicht vorzunehmen, weil die Aufhebung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X und des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X beruht. Damit unterliegt auch die Höhe der zurückgeforderten Bedarfe für Unterkunft und Heizung (10 Monate à 515,11 EUR) keinen Bedenken.
Auch die Aufrechnung wurde vom Beklagten in rechtmäßiger Weise erklärt. Er hat insofern von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Der Kläger hat weder im Rahmen der Anhörung noch später etwas vorgetragen, was gegen eine Aufrechnung i.H.v. 114,60 EUR monatlich, die insofern betragsmäßig dem in § 43 SGB II genannten möglichen Aufrechnungsbetrag von 30% der maßgeblichen Regelleistung entspricht, sprechen könnte. Es sind hierfür auch keine Anhaltspunkte erkennbar. Der Beklagte hat sein ihm zustehendes Ermessen in nicht zu beanstandender Art und Weise ausgeübt.
Der Bescheid vom 06.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2013 ist auch formell rechtmäßig. Der Beklagte hat den Kläger vor Erlass der in seine Rechtsposition eingreifenden Aufhebungsverfügung mündlich im Rahmen der Ermittlungen des Außendienstes (vgl. Protokoll zur Durchführung eines Hausbesuches vom 22.08.2013) angehört. Soweit darin der Verschuldensvorwurf nicht hinreichend erläutert worden sein könnte und auch auf die beabsichtigte Aufrechnung nicht hingewiesen worden ist, ist ein solcher Verfahrensfehler gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X durch die Ausführungen im Bescheid der Beklagten vom 06.09.2013, der die Aufhebungsvoraussetzungen als auch die Grundlagen der verfügten Aufrechnung ausführlich dargestellt hat, geheilt, weil sich der Kläger bereits während des Widerspruchsverfahrens zu den aus Sicht des Beklagten entscheidungserheblichen Tatsachen hat äußern können.
Damit war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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