L 13 R 2550/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2462/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2550/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. April 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Die 1960 geborene Klägerin absolvierte 1978 die Mittlere Reife. Danach besuchte sie weitere drei Jahre die Schule, um das Abitur abzulegen, erreichte diesen Abschluss aber nicht. Danach jobbte die Klägerin, begann schließlich eine Ausbildung zum Steinmetz. Von 1992 bis 1995 absolvierte sie dann eine Lehre zur Bauzeichnerin. Nach der Geburt ihrer Tochter 1995 arbeitete die Klägerin ab Mai 2001 halbtags im Schw. Bahnhof im "DB-Store". Vom 14. September 2003 bis Juli 2005 absolvierte die Klägerin das zweijährige Vollzeitstudium zum Lehramt an Waldorf-/Rudolf-Steinerschulen, welches sie ohne Abschluss beendete. Von Februar 2007 bis 31. März 2009 war die Klägerin versicherungspflichtig bei der Freien Interkulturellen Waldorfschule M. e.V. tätig. Dort verrichtete sie Hausmeister- und Reinigungsarbeiten. Nach der Auskunft des Arbeitgebers (siehe Bl. 32 der Verwaltungsakte der Beklagten) werden solche Tätigkeiten bei Arbeitern ohne Vorkenntnisse nach kurzer Einweisung von vier Wochen verrichtet. Die letzte Pflichtbeitragszeit ist im Mai 2009, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sind vom 23. Juli 1995 bis 7. Januar 2005 vorgemerkt (siehe Versicherungsverlauf vom 29. April 2014, Bl. 231 der Gerichtsakten des Sozialgerichts Mannheim [SG]).

Am 1. Februar 2011 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Seit 9. Februar 2009 halte sie sich für erwerbsgemindert wegen eines Borderlinesyndroms, Arthrose, rezidivierende depressive Störung, schizoide Persönlichkeitsstörung, schwere depressive Episode und Lumboischialgie. Vom 9. Februar bis 31. März 2009 war die Klägerin wegen einer schweren depressiven Episode in stationärer Behandlung in der F.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (s. Bericht vom 12. Mai 2009) und vom 1. April bis 8. Mai 2009 in teilstationärer Behandlung in der Psychosomatischen Klinik Schw. gewesen, wo sie in gebessertem Zustand entlassen worden war (s. Bericht vom 8. Mai 2009). Die Beklagte holte die Auskunft der Freien Interkulturellen Waldorfschule M. e.V. vom 22. Februar 2011 sowie Unterlagen der behandelnden Ärzte ein. Auf Veranlassung der Beklagten absolvierte die Klägerin dann vom 4. bis 30. August 2011 eine Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik D. Diagnostiziert wurden eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline, eine Ess-Störung, ein schädlicher Gebrauch von Alkohol und eine arterielle Hypertonie. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen. Bei entsprechender Therapie und nach erfolgreicher Behandlung werde davon ausgegangen, dass ein Leistungsvermögen von drei Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe (Entlassungsbericht vom 2. September 2011).

Die Beklagte holte ein nervenfachärztliches Gutachten bei Dr. Br. ein. Im Gutachten vom 25. November 2011 kommt sie zum Ergebnis, es bestehe eine rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig remittiert, eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, eine Ess-Störung mit Adipositas und ein Alkoholabusus. Der Klägerin seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besonderen Zeitdruck, ohne Akkord, ohne besondere Verantwortung für Personal, in Tages-, Früh- und Spätschicht, sechs Stunden und mehr zuzumuten. Auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft sei weiterhin sechs Stunden und mehr zumutbar.

Die Beklagte holte noch eine sozialmedizinische Stellungnahme bei Dr. Hei., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 23. Dezember 2011 zum Entlassungsbericht der F.-Klinik ein. Dr. Hei. teilte darin mit, dass es sich im Längsschnitt eher um ein dysthymes Zustandsbild mit chronisch leichter und gelegentlich stärkerer depressiver Verstimmung handele. Im Hinblick auf die von der F.-Klinik beschriebene seelische Stabilisierung bei Entlassung sei nicht von einer Erwerbsunfähigkeit seit 2009 auszugehen.

Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Januar 2012 den Rentenantrag ab. Hiergegen legte die Klägerin am 24. Januar 2012 Widerspruch ein. Sie sei Ende August 2011 aus der Klinik D. als arbeitsunfähig entlassen worden. Es falle ihr schwer nachzuvollziehen, wie sie dann wieder fähig sein solle, sechs Stunden täglich zu arbeiten. An ihrer psychischen Situation habe sich nichts geändert. Zudem habe sie bald einen Operationstermin für eine Sprunggelenksprothese und im Dezember einen Bandscheibenvorfall gehabt. Die Beklagte holte weitere Befundberichte ein. Die Klägerin befand sich sodann vom 10. April 2012 bis 8. Mai 2012 in einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in H., wo eine posttraumatische Arthrose rechtes OSG, eine Implantation einer Sprunggelenks-TEP rechts am 7. März 2012, eine rezidivierende Lumbalgie bei MPPL/4/5 im Dezember 2011 und eine Marcumar-Einstellung im März 2012 aufgrund Vorhofflimmern sowie eine Borderline-Störung diagnostiziert wurden. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen. Als Reinigungskraft könne die Klägerin nicht mehr arbeiten, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen seien nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit zumutbar. Die Beurteilung decke sich mit der Selbsteinschätzung der Klägerin (Entlassungsbericht der Re. H. GmbH vom 8. Mai 2012).

Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. Bir. vom 18. Juni 2012 wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2012 zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 30. Juli 2012 Klage zum SG erhoben. Die Beklagte hätte weitere Auskünfte der behandelnden Ärzte einholen müssen.

Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. Ma., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, hat unter dem 13. September 2012 mitgeteilt, die Klägerin könne sechs Stunden eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit ohne Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, ohne ständiges Gehen und Stehen, ohne Arbeiten in Kälte oder Zugluft und ohne Arbeiten mit dem Besteigen von Leitern oder Gerüsten verrichten. Bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit müsse die Gelegenheit zum zeitweisen Aufstehen gegeben sein. Dr. Wal., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, hat unter dem 18. September 2012 ausgeführt, eine sechsstündige Tätigkeit sei der Klägerin nicht mehr zuzumuten. Die Klägerin leide seit über 20 Jahren an einer chronifizierten komplexen psychiatrischen Erkrankung, ohne dass sich das Zustandsbild jemals in eine befriedigende Teilremission habe bringen lassen. Belastbarkeit und Durchhaltevermögen seien so stark eingeschränkt, dass schon kleinere Belastungssituationen sie immer wieder in depressive Krisen mit der Tendenz zur Selbstverletzung bringen würden. Prof. Dr. Sa., Orthopäde, hat unter dem 24. September 2012 ausgeführt, es bestehe eine hochgradige Einschränkung der Belastbarkeit des rechten Sprunggelenks. Dr. Na., Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, hat unter dem 17. Oktober 2012 mitgeteilt, aus seiner Sicht sei eine sechsstündige Tätigkeit ohne Nachtdienst, ohne Schichtdienst und ohne Akkordarbeit und Wochenenddienste zuzumuten. Prof. Dr. Sa. hat schließlich noch mitgeteilt, nach neuer Untersuchung am 27. September 2012 bestünden noch funktionelle Einschränkungen des betroffenen Beines rechts. Auch durch die Operation habe die Leistungsfähigkeit des Beines nicht auf eine Belastbarkeit in einem körperlich tätigen Beruf über sechs Stunden erreicht werden können. Eine Tätigkeit über sechs Stunden sei nur bei körperlich nicht belastenden Tätigkeiten von Seiten des Sprunggelenks möglich.

Sodann hat das SG von Psychiater Dr. Mü. das Gutachten vom 30. März 2013 eingeholt. Dr. Mü. ist zum Ergebnis gelangt, es bestehe eine leichtgradige chronisch depressive Verstimmtheit im Sinne einer Dysthymia, eine rezidivierende depressive Störung mit depressiven Episoden, gegenwärtig stabil remittiert mit Einschränkung der psychischen Belastbarkeit und der Arbeitsorganisation, rezidivierende Lumboischialgien bei vorgeschriebener LWS-Osteochondrose und vorbeschriebenem Bandscheibenvorfall L4/5, derzeit beschwerdefrei, eine eingeschränkte Armhebung links bei degenerativen Schultergelenksveränderungen sowie eine eingeschränkte Belastbarkeit im rechten Sprunggelenk mit Einschränkung der Arbeitsschwere, der Arbeitshaltung, des Bewegungs- und Halteapparates. Die Klägerin sei in der Lage, die zumutbaren Tätigkeiten acht Stunden täglich zu verrichten, besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an das Anpassungs- und Umstellungsvermögen, insbesondere Tätigkeiten mit extrem hohem Zeitdruck, emotional hoch verantwortungsvolle und hoch konfliktbehaftete Tätigkeiten seien zu vermeiden, ebenso wie Tätigkeiten mit Nacht- und Wechselschichtarbeiten. Körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten, ständigem Gehen und Stehen seien ebenso zu vermeiden. Körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Gehen und Stehen, ständigem Sitzen unter Vermeidung von Bück- und Überkopfarbeiten seien möglich.

Nach § 109 SGG hat das SG das Gutachten der Dr. El., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 24. Oktober 2013 eingeholt. Dr. El. kommt zum Ergebnis, es bestehe eine rezidivierende depressive Störung, aktuell leicht bis mittelschwer ausgeprägt, bei ausgeprägt emotional instabiler Persönlichkeitsakzentuierung, eine Dysthymia, eine Zwangsstörung, vorwiegend Zwangshandlungen, eine Ess-Störung, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent, Lumboischialgien links. Die Klägerin könne die noch möglichen Tätigkeiten nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Der Zustand bestehe ihres Erachtens seit dem Datum der Antragstellung, eine wesentliche Änderung habe sich nicht verzeichnen lassen. Hinzugekommen sei noch eine Zwangsstörung mit vorliegenden Zwangshandlungen.

Die Beklagte hat eine sozialmedizinische Stellungnahme des Dr. Hei. vom 31. Januar 2014 vorgelegt. Hiernach fehle im Gutachten der Dr. El. die Abgrenzung zur negativen Antwortverzerrung, die ausreichende Darstellung der sozialen Teilhabe und das Beschreiben der verbleibenden Ressourcen. Bei einer Dysthymia handele es sich um eine seelische Labilität, die lebensbegleitend und in das Berufsleben eingebracht worden sei und in der Regel nicht zu einer überdauernden quantitativ eingeschränkten Erwerbsfähigkeit führe. Die Sprunggelenksarthrose, operiert im September 2013, sei eine akute Erkrankung, die nicht erwarten lasse, dass hierdurch das bislang formulierte Erwerbsvermögen eingeschränkt werde. Das SG hat sodann von Orthopäde Dr. Ma. noch die schriftliche sachverständige Zeugenaussage vom 20. Februar 2014 eingeholt. Eine definitive Aussage bezüglich der Belastbarkeit des OSG könne er nicht treffen, da er dieses nach der Operation nicht mehr untersucht habe. Bezüglich der anderen Erkrankungen sei eine leichte Tätigkeit weiterhin durchführbar. Neu hinzugekommen sei eine Gonarthrose links mit Knieschmerzen unter Belastung.

Die Beklagte hat unter Vorlage des Versicherungsverlaufs vom 29. April 2014 mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung letztmals im Juni 2009 erfüllt seien.

Das SG hat mit Urteil vom 30. April 2014 die Klage abgewiesen. Es sei nicht erwiesen, dass bei der Klägerin die Erwerbsminderung spätestens im Juni 2009 eingetreten wäre und andauern würde. Das SG hat sich den Gutachten des Dr. Mü. und Dr. Br. angeschlossen. Die Beurteilung der Dr. El., die Klägerin könne nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten, überzeuge nicht. Die Begründung hierfür beruhe im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin immer wieder psychische Probleme gehabt habe, sodass ihr Zustand wechseln könne und es nicht auszuschließen sei, dass am Folgetag ein anderes Bild bestehe. Die Möglichkeit, dass bei einem stabilen Bild zwischenzeitlich schlechte Phasen bestehen, führe jedoch nicht zur Rentenberechtigung. Aus den Stellungnahmen der Dr. Wal. lasse sich keine Erwerbsminderung nachweisen, ebenfalls nicht aus den Entlassungsberichten vom 2. September 2011 und 12. Mai 2009. Aus der Zeugenaussage des Dr. Na. ergebe sich, dass eine rentenrelevante Einschränkung des Restleistungsvermögens auf internistischem Fachgebiet nicht anzunehmen sei. Für die Situation auf orthopädischem Fachgebiet seien die behandelnden Orthopäden Dr. Ma. und Prof. Dr. Sa. ebenfalls zu der Auffassung gekommen, dass eine leichte Tätigkeit sechs Stunden und mehr verrichtet werden könne.

Gegen das der Klägerin am 12. Mai 2014 zugestellte Urteil hat sie am 12. Juni 2014 Berufung eingelegt. Sie hat ihre Begründung vertieft und vorgetragen, vom 9. Februar bis 8. Mai 2009 sei von einer absoluten Erwerbsunfähigkeit auszugehen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. April 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 1. Februar 2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer weiteren schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Ärztin für Psychiatrie-Psychotherapie Dr. Wal. In ihrer Aussage vom 29. Juli 2014 hat sie über die Anamnese und Befunderhebung ausführlich berichtet. Die Klägerin sei vom 3. Dezember 2008 bis zum 26. Juli 2009 und in 2011 nicht in der Lage gewesen, eine leichte einfache sechsstündige Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Es sei zu vermuten, dass auch zwischen Mitte 2009 und Anfang 2011 die Leistungsfähigkeit entsprechend eingeschränkt gewesen sei.

Die Beklagte hat hierzu die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. Hei. vom 30. September 2014 vorgelegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien letztmals bis zum 31. Dezember 2009 erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat zutreffend die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchten Rente (§ 43 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Rente nicht erfüllt, weil sie nicht nachweisen konnte, das sie im notwendigen Zeitraum erwerbsgemindert war. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens sowie der im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage der Dr. Wal. an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass die Klägerin nur dann einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat, wenn die Erwerbsminderung bis zum Dezember 2009 eingetreten wäre und bis -mindestens- zum Monat des Rentenantrages ununterbrochen angedauert hätte.

Die Erwerbsminderung muss bis zum 31. Dezember 2009 (nicht 30. Juni 2009, wie vom SG angenommen) eingetreten sein, da nur dann die sogenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) vorliegen. Unter Berücksichtigung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes (§ 57 SGB VI), also vom 23. Juli 1995 bis zum 22. Juli 2005, die als sogenannte Aufschubzeiten den Fünfjahreszeitraum verlängern (siehe § 43 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI), ist es ausreichend und erforderlich, dass der Leistungsfall bis 31. Dezember 2009 -so auch jetzt die Beklagte im Schriftsatz vom 22. Oktober 2014- spätestens eingetreten ist. Die von Mai 2009 bis Februar 2007 vorliegenden 28 Monate mit Pflichtbeitragszeiten, die innerhalb des Fünfjahreszeitraumes liegen, werden durch 8 Monate Pflichtbeitragszeiten ergänzt, die außerhalb des 5-Jahres-Zeitraumes liegen. Innerhalb des Fünfjahreszeitraumes liegen dann noch 8 Monate Berücksichtigungszeiten, die den Fünfjahreszeitraum verlängern. Da sich der verlängerte Zeitraum wiederum durch darin enthaltene Berücksichtigungszeiten nochmals verlängert (s. nur Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI Rdnr. 12), wird auch noch der Mai 2003 erfasst, so dass 36 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten vorhanden sind (vgl. auch die Auskunft der Beklagten vom 22. Oktober 2014, Bl. 74 bis 76 der Gerichtsakte des Landessozialgerichts Baden-Württemberg). Liegt der Leistungsfall dagegen erst im Januar 2010 sind nur 7 Monate Berücksichtigungszeiten innerhalb des Fünfjahreszeitraumes, so dass nur noch 35 Monate Pflichtbeitragszeiten erreicht werden können.

Da ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zudem auch vom Antrag abhängt (§ 99 SGB VI), muss die vor Januar 2010 eingetretene Erwerbsminderung auch mindestens bis zum Monat des Rentenantrages (Februar 2011) angedauert haben. Dies ist nicht nachgewiesen.

Auch der Senat folgt dem ausführlich und überzeugend begründeten Gutachten des Dr. Mü., wonach die Klägerin an einer Dysthymia und einer rezidivierenden depressiven Störung mit depressiven Episoden (double depression) leidet. Die depressive Störung war zur Zeit der Begutachtung stabil remittiert, die Klägerin in der Leistungsfähigkeit im Zusammenspiel mit der Dysthymia nicht quantitativ reduziert. Eine rentenbegründende andauernde Leistungsunfähigkeit von vor Januar 2010 bis mindestens Februar 2011 durch eine depressive Episode ist nicht nachgewiesen. Nach der Aussage der behandelnden Ärztin Dr. Wal. vom 29. Juli 2014 ist eine Erwerbsminderung begründende depressive Episode vom 3. Dezember 2008 nur bis 26. Juli 2009 erwiesen, danach nur noch zu vermuten, was keine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit darstellt. Eine depressive Episode vom 3. Dezember 2008 bis zum 26. Juli 2009 führt nicht zur Rentenberechtigung, da sie nicht bis Februar 2011 andauerte. Die erneute depressive Episode im Jahr 2011 ist ebenfalls rechtlich nicht relevant, da der Leistungsfall zu einem Zeitpunkt eingetreten wäre, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies gilt auch für den von Dr. El. angenommenen Eintritt der Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung. Internistische oder orthopädische Leiden standen bis Dezember 2009 nicht einer vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegen. Dr. Ma. hat schlüssig und nachvollziehbar noch am 13. September 2012 eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne ständiges Gehen und Stehen, ohne Arbeiten in Kälte und Zugluft, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, angenommen; bei überwiegend sitzender Tätigkeit muss die Gelegenheit zum zeitweisen Aufstehen gegeben sein. Prof. Dr. Sa. ist nur körperlich belastenden Tätigkeiten entgegen getreten, Dr. Na. hat nur Nachtdienst, Schichtdienst, Wochenenddienst und Akkordarbeit ausgeschlossen, so dass eine einfache Bürotätigkeiten oder einfache Montage-, Sortier- oder Verpackungstätigkeiten mit leichten Industrie- und Handelsprodukten aus Kunststoff, Plastik, Glas oder Holz (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 1999- B 5 RJ 30/98 R- SozR 3-2600 § 44 Nr. 12) zumutbar sind.

Zu ergänzen bleibt noch, dass auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI ausscheidet, da die Klägerin zuletzt bei der Freien Interkulturellen Waldorfschule M. e.V. als ungelernte Arbeiterin beschäftigt war, weshalb die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann und eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von vornherein ausscheidet.

Ermittlungen von Amts wegen drängten sich nicht auf, da für den erforderlichen zeitlichen Rahmen weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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