L 11 R 4887/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 496/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4887/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.11.2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der übrigen Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 15.03.2008 bis 31.07.2010 bei der Klägerin als Rechtsanwalt sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Klägerin ist eine Steuer- und Rechtsberatungsgesellschaft. Sie schloss mit dem Beigeladenen zu 1) am 27.02.2008 einen "Vertrag über freie Mitarbeit", der ua folgende Regelungen enthielt: Präambel Herr B. wird in den Büroräumen von M ... in Karlsruhe und ... in Baden-Baden als freier Mitarbeiter für M. tätig sein. Ein Arbeitsplatz wird ihm kostenfrei zur Verfügung gestellt ... Ziel der freien Mitarbeit ist ein Beitritt von Herrn B. in die Partnerschaftsgesellschaft von M ... Hierüber werden die Parteien zum Ende des Kalenderjahres 2008 in Verhandlungen treten. § 1 Vertragsgegenstand Mit Wirkung ab spätestens 01.09.2008 ... ist Herr B. freier Mitarbeiter für M. im Bereich der Rechtsberatung ... Herr B. unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen von M., was die Gestaltung seiner Tätigkeit (Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung) angeht. Auf die besonderen betrieblichen Belange hat er Rücksicht zu nehmen. Ebenso sind projekt- und mandantenbezogene Zeitvorgaben und fachliche Vorgaben, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung erforderlich sind, einzuhalten. Urlaubs- und sonstige Abwesenheitszeiten sind rechtzeitig im Interesse der Mandanten abzustimmen und mitzuteilen. Alle neuen Mandate werden M. erteilt; ausgenommen sind Mandate in Straf- und Bußgeldsachen. Über die Annahme oder Ablehnung neuer Mandate kann jede Partei unter Beachtung des Standesrechts, insbesondere nach Prüfung, ob widerstreitende Interessen bestehen, selbstständig entscheiden. Die Niederlegung eines Mandats bedarf des Gesellschafterbeschlusses von M., soweit nicht berufsständische Regelungen entgegenstehen. § 2 Vergütung Herr B. erhält eine gewinnabhängige Tätigkeitsvergütung. M. hat für jeden Berufsträger eine Kostenstelle eingerichtet, auf der die diesem Berufsträger zuzuordnenden Einnahmen und Ausgaben gebucht werden. Basis der Vergütung sind die Gewinne aus der Kostenstelle von Herrn B ... Herr B. erhält eine monatliche Vorabvergütung in Höhe von 5.000,00 EUR ... § 5 Haftung/Versicherung Herr B. bringt eine eigene Berufshaftpflichtversicherung ein. Diese weist eine Mindestdeckungssumme auf 2,5 Mio. EUR/Einzelfall aus. Er erbringt den Nachweis des Bestehens der Versicherung gegenüber M. mit dem Tag des Beginns der Tätigkeit. Auf Verlangen von M. ist die Mindestversicherungssumme entsprechend anzupassen. Die Kosten der Versicherung trägt M ... Daneben vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) folgenden Zusatz zum Vertrag über eine freie Mitarbeit vom 27.02.2008: § 1 Vergütung Die vereinbarte Vorabvergütung (§ 2 Abs 3) wird nicht zurückgefordert. Diese Vergütung wird garantiert bis zum 31.12.2009. Über die ab 2010 geltenden Vergütungsregelungen werden die Parteien spätestens am Ende des dritten Quartals 2009 Verhandlungen aufnehmen. Ebenso werden die Parteien nach Vorliegen des Jahresabschlusses 2008 über die Gewinnverteilung eine einvernehmliche Regelung treffen. § 2 Urlaub Herr B. hat Anspruch auf 25 Arbeitstage Urlaub im Kalenderjahr, wobei er verpflichtet ist, mindestens 20 Urlaubstage/Jahr zu beanspruchen. Die Urlaubszeit ist zwischen den Gesellschaftern und Berufsträgern von M. abzustimmen. Arbeitsunterbrechungen aufgrund der Teilnahme an Veranstaltungen zur beruflichen Fortbildung zählen nicht zum Urlaub, sofern sie durch die Gesellschafterversammlung genehmigt werden. Während des Urlaubs vertreten sich die Berufsträger wechselseitig und unentgeltlich. Ein Vortrag von Resturlaub ins nächste Jahr ist nicht möglich. § 3 Außenwirkungen Herr B. ist einverstanden, nach außen als Mitglied des Unternehmens M. geführt zu werden (Briefkopf, Internet, Veranstaltungen, etc).

Der Beigeladene zu 1) brachte 54 Mandate in die Kanzlei ein und bearbeitete diese sowie von der Klägerin übertragene Mandate. Während des Tätigkeitszeitraums stellte er der Klägerin monatliche Rechnungen über 5.000,00 EUR nebst Umsatzsteuer. Die Klägerin erstellte für jedes Jahr betriebswirtschaftliche Auswertungen, in denen Umsatzerlöse und Kosten wie Personalkosten, Raumkosten, Fortbildung/Seminare, Kosten der EDV für den Beigeladenen zu 1) aufgeschlüsselt waren. Eine tatsächliche Abrechnung dieser Kosten gegenüber dem Beigeladenen zu 1) erfolgte im gesamten Tätigkeitszeitraum nicht, der Beigeladene zu 1) erhielt durchgehend monatlich 5.000,00 EUR. Der Beigeladene zu 1) entrichtete Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte.

Am 01.08.2011 beantragte der Beigeladene zu 1) die Feststellung seiner Sozialversicherungspflicht. Entgegen der Bezeichnung des geschlossenen Vertrags sei er abhängig beschäftigt gewesen. Er habe ausschließlich in Vollzeit bei der Klägerin gearbeitet, sei weisungsunterworfen gewesen und habe überwiegend Fälle zur Bearbeitung zugewiesen bekommen. Die Klägerin beantragte die Feststellung einer selbstständigen Tätigkeit.

Mit Anhörungsschreiben vom 19.12.2011 teilte die Beklagte der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) mit, dass sie den Erlass eines Bescheids über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung beabsichtige. Hierzu nahm die Klägerin ausführlich Stellung.

Mit Bescheiden vom 26.01.2012 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Rechtsanwalt bei der Klägerin in der Zeit vom 15.03.2008 bis 31.07.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen folgende Merkmale: Die Tätigkeit sei in den Räumlichkeiten des Auftraggebers ausgeübt worden; sämtliche dort vorhandenen Büroeinrichtungen hätten kostenfrei zur Verfügung gestanden; das Büropersonal habe für Diktate genutzt werden können; persönliche Leistungserbringung; kein eigener Kapitaleinsatz durch den Auftragnehmer; Zahlung einer Pauschalvergütung von 5.000,00 EUR; der Beigeladene zu 1) habe der Zeiterfassung unterlegen. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche, dass der Beigeladene zu 1) Mandanten mit in die Kanzlei gebracht habe. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden im Rahmen der Gesamtwürdigung überwiegen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16.02.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf standesrechtliche Vorgaben, die einen Kanzleisitz und eine zentrale Aktenführung erforderlich machten. Die Büroeinrichtung habe dem Beigeladenen zu 1) nicht kostenfrei zur Verfügung gestanden, es sei eine Kostenstelle geführt worden. Der Kostenstelle des Beigeladenen zu 1) seien zugewiesen worden Kosten für Büromiete, Miete der EDV-Anlage, Miete der Software, vorgehaltene Infrastruktur (Sekretariat, Empfang, Schreibpool, Literatur und juristische Mitarbeiter), daneben seien beispielsweise anteilig auch Kosten für Veranstaltungen wie beispielsweise Sommerfest oder Weihnachtsfeier in Belastung gestellt worden. Jeder Mitarbeiter der Klägerin unterliege der Zeiterfassung, wodurch gewährleistet werde, dass am Ende eines Abrechnungszeitraumes die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen, wie beispielsweise Diktate, Aktenorganisation, Rechnungsschreiben, Mahnen, juristische Leistungen abgerechnet werden könnten. Über die Zeiterfassung werde das komplizierte Kostenstellensystem realisiert. Standesrechtlich unterliege ein Rechtsanwalt der Vorgabe, dass er seine Leistungen höchstpersönlich zu erbringen habe. Dieses sei daher kein Kriterium für ein Beschäftigungsverhältnis. Hinsichtlich der Bearbeitung der Mandate habe der Beigeladene zu 1) vollkommen freie Hand auch in zeitlicher Hinsicht gehabt.

Der Beigeladene zu 1) äußerte sich hierzu und verwies darauf, er habe keine unternehmerische Entscheidungsfreiheit gehabt. Insbesondere habe er nicht eigenständig ein Mandat niederlegen dürfen. Bei der Kostenstelle habe es sich um eine Deckungsbeitragsrechnung gehandelt. Er habe zu keinem Zeitpunkt eine Rechnung über Arbeitsplatzkosten erhalten, geschweige denn bezahlt. Er habe kein unternehmerisches Risiko getragen. Er habe eine feste Vergütung erhalten und keine Möglichkeit zum Partizipieren am Gewinn gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.01.2013, der Klägerin zugestellt am 08.01.2013, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie legte nochmals ausführlich dar, dass aus ihrer Sicht nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnisses überwögen.

Hiergegen richtet sich die am 08.02.2013 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, der Vertrag über eine freie Mitarbeit sei mit dem Ziel geschlossen worden, einen zukünftigen Partner im Bereich der Rechtsabteilung zu gewinnen. Die vertragliche Ausgestaltung des Dienstverhältnisses sei als freie Mitarbeit erfolgt. Der Beigeladene zu 1) sei auch zuvor selbstständig tätig gewesen. Die von der Beklagten herangezogene Ausübung der Tätigkeit in den Räumlichkeiten des Auftraggebers sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Die Ausübung der Tätigkeit in einem Bürogebäude sei bei Rechtsanwälten üblich, auch vor dem standesrechtlichen Hintergrund der zentralen Aktenführung. Der Beigeladene zu 1) habe die Büroeinrichtung und die sonstigen zur Verfügung gestellten Ressourcen nicht kostenfrei genutzt, die entsprechenden Kosten seien seiner Kostenstelle zugewiesen worden. Der Beigeladene zu 1) sei auch Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte Baden-Württemberg, sodass eine Schutzbedürftigkeit, wie sie in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bestehe, nicht vorhanden sei. Auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) einen Mandantenbestand von 54 Akten mit in die Kanzlei eingebracht habe und zum Beendigungszeitpunkt seine damals laufenden 147 Akten wieder mitgenommen habe, lasse das typische Schutzbedürfnis vollständig entfallen. Der eigene Mandantenbestand indiziere, dass die selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt vollständig ausgeprägt gewesen sei. In der Wahl der Mandate, seiner juristischen Entscheidung und der Art und Weise der Bearbeitung der Sachen sei der Beigeladene zu 1) frei und nicht von den Weisungen der Klägerin abhängig gewesen. Zudem sei auch für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2010 eine Betriebsprüfung durchgeführt worden und gemäß der Prüfmitteilung vom 06.05.2013 ohne Beanstandungen geblieben. Dies stehe im Widerspruch zu den hier getroffenen Feststellungen.

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1) sind der Klage entgegengetreten. Der Beigeladene zu 1) hat ausgeführt, dass er aufgrund seiner vorherigen Erfahrungen in anderen Berufsausübungsgemeinschaften und aufgrund seiner familiären Verhältnisse eine Tätigkeit ohne unternehmerisches Risiko gesucht habe. Zwar habe er in der Vergangenheit einen gewissen Mandantenstamm aufgebaut gehabt, der damit zu erzielende Umsatz sei jedoch zu gering gewesen, weshalb er eine feste Anstellung gesucht habe. Ohne die in § 1 der Zusatzvereinbarung garantierte monatliche Pauschalvergütung hätte er die Stelle nicht angetreten. Sämtliche Arbeitsmittel und die vorhandene Büroeinrichtung seien ihm kostenfrei zur Verfügung gestellt worden. Keiner der in der Kostenstelle erfassten Kostenpunkte sei dem Beigeladenen zu 1) jemals in Rechnung gestellt worden. Aus der Führung einer Kostenstelle für den Beigeladenen zu 1) ergebe sich daher lediglich, dass damit dessen Rentabilität als Mitarbeiter errechnet werden sollte. Der Beigeladene zu 1) sei auch bei Erbringung seiner Arbeitsleistung den Weisungen der Klägerin unterworfen gewesen. Die Niederlegung eines Mandates habe eines Gesellschafterbeschlusses bedurft. Die Weisungsgebundenheit ergebe sich auch aus einer E-Mail der Klägerin vom 20.04.2010. Darin sei der Beigeladene zu 1) abgemahnt worden, weil er es unterlassen haben solle, sämtliche Abrechnungen mit den sachlich zuständigen Mitarbeitern der Klägerin zu besprechen. Eine Pflicht zu solchen Besprechungen sei für einen freien Mitarbeiter absolut untypisch, erst recht müsse er sich Abrechnungen nicht gegenzeichnen lassen. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1) alle Mandate auf Abrechnung nach Zeitaufwand umstellen müssen, selbst Mandate, die er ursprünglich selbst akquiriert habe. Richtigzustellen sei auch, dass dem Beigeladenen zu 1) nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses die Herausgabe der Akten, die er selbst in die Kanzlei miteingebracht habe, verweigert worden sei mit der Begründung, es handele sich um Mandate der Klägerin. Die entsprechenden Akten habe der Beigeladene zu 1) erst erhalten, nachdem die Mandanten ihrerseits das Mandat gegenüber der Klägerin gekündigt hätten. Zudem habe der Beigeladene zu 1) nicht etwa 147 laufende Akten wieder mitgenommen, es habe sich größtenteils um bereits erledigte Akten gehandelt, auch die ursprünglich mitgebrachten 54 Akten hätten dazu gehört. Im Rahmen der Zeiterfassung seien Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie Pausenzeiten erfasst worden. Zudem sei jede bearbeitete Akte zu erfassen und festzuhalten gewesen, welche Zeit für die einzelne Aktenbearbeitung benötigt worden sei und welchen Inhalt die Tätigkeit in dieser Zeit gehabt habe. Als Kehrseite zum fehlenden eigenen unternehmerischen Risiko sei die Vergütung auf die vereinbarte pauschale Vergütung beschränkt gewesen, es habe in keiner Form eine Gewinnbeteiligung bestanden.

Mit Urteil vom 12.11.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum bei der Klägerin abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei. Entscheidendes Merkmal für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sei die Vereinbarung eines festen Gehaltes. Der Beigeladene zu 1) habe kein für einen Selbstständigen typisches Unternehmerrisiko getragen, denn er sei weder am Gewinn noch am Verlust beteiligt gewesen. Aus der Führung einer eigenen Kostenstelle für den Beigeladenen zu 1) ergebe sich nichts anderes. Die aufgestellten Kosten habe die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) nicht in Rechnung gestellt. Der Beigeladene zu 1) habe auch der Zeiterfassung der Klägerin unterlegen. Diese gehe über die für die Abrechnung der Mandate notwendige Zeiterfassung hinaus, denn sie habe sowohl Arbeitsbeginn und -ende als auch Pausenzeiten erfasst. Auch die Gewährung von Urlaubstagen sei eine typische Regelung eines Arbeitsverhältnisses. Der Beigeladene zu 1) sei auch in die Kanzleiorganisation der Klägerin eingebunden. Er nutze nicht nur deren Räumlichkeiten, sondern auch die vorhandene Infrastruktur, die ihm kostenfrei zur Verfügung gestellt worden sei. Er sei im Namen und für Rechnung der Kanzlei aufgetreten. Auch die Übernahme der Kosten der Berufshaftpflichtversicherung durch die Klägerin spreche für ein Beschäftigungsverhältnis. Die Übernahme von Kosten für Fortbildungen des Beigeladenen zu 1) zusammen mit Partnern und einem leitenden Angestellten der Klägerin zeige dessen Eingliederung in die Betriebsstruktur der Klägerin. Schließlich habe der Beigeladene zu 1) ein Mandat auch nicht ohne Zustimmung der Klägerin niederlegen können. Die anvisierte Möglichkeit einer Partnerschaft mit Gewinnbeteiligung spreche nicht für eine freie Mitarbeit, denn im streitigen Zeitraum habe der Beigeladene zu 1) gerade nicht an der wirtschaftlichen Entwicklung der Klägerin beteiligt sein sollen. Die formelle Vereinbarung einer freien Mitarbeit stehe demgegenüber hinter den tatsächlichen Verhältnissen zurück. Der damalige Wille der Vertragsparteien habe nicht der tatsächlich praktizierten Beziehung entsprochen. Aus der ohne Beanstandungen durchgeführten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg könne die Klägerin keine Rechte herleiten, hierbei handle es sich nur um eine stichprobenartige Überprüfung.

Gegen das ihr am 24.11.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 26.11.2014 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung verweist sie darauf, dass das Bundessozialgericht (BSG, 14.05.1981, 12 RK 11/80) festgestellt habe, dass auch eine Pauschalvergütung nicht generell für ein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis spreche. Auch die Einbindung in die Ressourcen der Klägerin stelle kein Abgrenzungsmerkmal dar, wonach der Beigeladene zu 1) zwingend sozialversicherungspflichtig wäre. Das Zeiterfassungssystem müsse von einem freien Mitarbeiter wie auch von jedem anderen Partner der Gesellschaft der Klägerin verwendet werden. Insbesondere werde das System für die Zeitabrechnung gegenüber dem Mandanten (Nachweisverpflichtung) verwendet, um zeitgenau die Bearbeitung des jeweiligen Falles dokumentieren zu können. Die getroffene Urlaubsregelung sei nicht den Arbeitsverträgen der Klägerin entlehnt, es handele sich vielmehr um eine individuell mit dem Beigeladenen zu 1) vereinbarte Urlaubsregelung. Nach dem Gesellschaftsvertrag habe jeder Partner der Klägerin zwingend Urlaub zu nehmen, um seine Arbeitskraft zu erhalten. Die Rechnung der Berufshaftpflichtversicherung des Beigeladenen zu 1) sei gerade nicht auf die Klägerin ausgestellt, sondern auf den Beigeladenen zu 1). Hinsichtlich einer Mandatsniederlegung sei gesellschaftsvertraglich geregelt, dass in jedem Fall einer Mandatsniederlegung ein Gesellschafterbeschluss aller Gesellschafter der Klägerin erforderlich ist. Es handele sich nicht um eine Sonderregelung, sondern um eine in der gesamten Kanzlei der Klägerin relevante Regelung. Vollkommen unberücksichtigt habe das SG gelassen, dass zwischen den Parteien die Partnerschaft als erklärtes Ziel der gemeinsamen Tätigkeit abgestimmt gewesen sei. Eine übergangsweise Tätigkeit vor einer geplanten Partnerschaft führe nicht zwangsläufig zu einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit. Der Beigeladene zu 1) habe sich auch selbst nicht als lohnsteuerpflichtig angesehen, sondern sich als Selbstständigen betrachtet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.11.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 26.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.01.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der Klägerin vom 15.03.2008 bis zum 31.07.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ihren bisherigen Vortrag. Insbesondere belegten die Daten aus der Zeiterfassung, dass von dem Beigeladenen zu 1) für die Pauschalvergütung eine vollschichtige Tätigkeit erwartet worden sei und insoweit eine Weisungsgebundenheit bestanden habe.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er habe bei der Vertragsanbahnung darauf hingewiesen, dass er eine feste Anstellung suche und kein unternehmerisches Risiko tragen wolle. Da die Klägerin dies akzeptiert habe, sei die bekannte Zusatzvereinbarung getroffen worden. Die Behauptung, das BSG hätte in der zitierten Entscheidung festgestellt, dass auch eine Pauschalvergütung nicht generell für ein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis spreche, sei falsch. Im Gegenteil habe das BSG ausgeführt, dass aus der Art der Vergütung deutliche Rückschlüsse auf die rechtliche Natur des Arbeitseinsatzes gezogen werden könnten, je nachdem, ob sie mit einem - ggf pauschalierten - Verlustrisiko belastet sei und deshalb einer Gewinnbeteiligung gleichkomme oder ob sie lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung bzw Arbeitsbereitschaft anzusehen sei. Es seien bei der Klägerin mehrere Besprechungen durchgeführt worden, in denen die Zeiterfassungsprotokolle besprochen worden seien. Die Anwesenheitszeiten sowie die Pausen seien Gegenstand der Besprechungen gewesen, insbesondere auch Zeiten, die kein bestimmtes Mandat betroffen hätten, sondern beispielsweise der Rechtsprechungsrecherche, Fortbildung usw gedient hätten. Das Zeiterfassungssystem habe in erster Linie der Überwachung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) gedient. Ein Großteil der Mandate sei nach Gegenstandswert abgerechnet worden, das Argument, das Zeiterfassungssystem habe für die Zeitabrechnung gegenüber dem Mandanten gedient, sei daher falsch. Die Zeiterfassung habe sich vom Beginn bis zum Ende der Arbeitszeit erstreckt, wobei jede einzelne Minute erfasst worden sei. Für Zeitabrechnungen wäre dies nicht erforderlich gewesen.

Die übrigen Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 26.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.01.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 15.03.2008 bis 31.07.2010 bestand Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat auch die Anforderungen erfüllt, die das BSG an eine Statusfeststellung gestellt hat. Danach genügt nicht die losgelöste Entscheidung über das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern es ist ebenso eine Feststellung zum Vorliegen von Versicherungspflicht zu treffen (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2 mit Anmerkung von Plagemann, EWR 2009, 689; BSG 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, juris; hierzu auch ausführlich Merten, SGb 2010, 271).

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I 2933) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Beigeladene zu 1) am 01.08.2011 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).

Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Zwar hat das BSG noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat es diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert: Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012 aaO).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 15.03.2008 bis 31.07.2010 bei der Klägerin als Rechtsanwalt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Tätigkeit eines Rechtsanwalts ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern grundsätzlich auch als freier Mitarbeiter (Dienstvertrag) möglich. Die Stellung eines Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) hindert nicht die Eingehung eines weisungsgebundenen Abhängigkeitsverhältnisses und den Abschluss eines Arbeitsvertrages mit einem anderen Rechtsanwalt (Thüsing in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrechtkommentar, vor § 611 RdNr 72). Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Bertreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin. Abgesehen davon war er im streitigen Zeitraum ohnehin ausschließlich und in Vollzeit für die Klägerin tätig.

In der von der Klägerin genannten Entscheidung des BSG vom 14.05.1981 (12 RK 11/80, juris) wird ausgeführt: "Die Eigenart der Anwaltstätigkeit als einer Dienstleistung höherer Art mit einer aus dem Status eines Organs der Rechtspflege fließenden und von der Form der Ausübung nicht berührten sachlichen Weisungsfreiheit einerseits und einem weitgehend durch Sachzwänge (Gerichtstermine, mit dem Mandanten abzusprechenden Beratungstermine, Umfang der Praxis) bestimmten zeitlichen und örtlichen Arbeitsablauf einerseits bringt es mit sich, dass sich das Abgrenzungsmerkmal der äußeren Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes so reduzieren kann, dass es eine sichere Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständiger Ausübung nicht mehr erlaubt. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil auch im Rahmen freier Mitarbeiterverhältnisse bei einvernehmlicher Arbeitsgestaltung derartige Zwänge nicht gänzlich ausgeschlossen sind. Um den Arbeitseinsatz als eine abhängige Beschäftigung zu charakterisieren, müsste deshalb die Weisungsgebundenheit eines Rechtsanwalts hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer der Beschäftigung im Einzelfall deutlich über das sich aus den genannten Sachzwängen ergebende Maß hinausgehen. Was die Eingliederung in die Kanzlei als die betriebliche Organisation anbetrifft, gilt auch hier, dass diese wegen der Eigenart der Berufsausübung eines Rechtsanwalts sowohl bei abhängiger Beschäftigung als auch bei freier Mitarbeit in erster Linie durch die Sachgegebenheiten bedingt wird. Auch der freie Mitarbeiter muss sich der sachlichen und personellen Ausstattung der Kanzlei bedienen. Dagegen können aus der Art der Vergütung deutlichere Rückschlüsse auf die rechtliche Natur des Arbeitseinsatzes gezogen werden, je nachdem, ob sie mit einem - gegebenenfalls pauschalierten - Verlustrisiko belastet ist und deshalb einer Gewinnbeteiligung gleichkommt oder ob sie lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung (bzw Arbeitsbereitschaft) anzusehen ist."

Vorliegend spricht einiges dafür, dass der Beigeladene zu 1) tatsächlich Weisungen ausgesetzt war, die über die üblichen mit der Tätigkeit verbundenen Sachzwänge hinausgehen. Hierfür spricht zunächst die vom Beigeladenen zu 1) vorgelegte E-Mail vom 20.04.2010, aus der sich ergibt, dass der Beigeladene zu 1) sämtliche Abrechnungen mit Herrn S. oder Herrn M. abzusprechen und von ihnen unterzeichnen zu lassen hatte. Die E-Mail enthält eine Abmahnung, weil mehrere Aufträge ohne Absprache abgerechnet worden sein sollen. Auch die Einbeziehung in die Zeiterfassung spricht vorliegend für eine Eingliederung in den Betriebsablauf. Dies folgt daraus, dass das Zeiterfassungssystem nicht allein der Dokumentation der Tätigkeit auch im Hinblick auf den Nachweis zum Mandanten diente, sondern deutlich darüber hinausging, indem auch Arbeitsbeginn und Arbeitsende sowie Pausenzeiten erfasst wurden. Es wurden zudem sämtliche Zeiten erfasst unabhängig davon, ob dies zur Abrechnung mit der Mandantschaft überhaupt erforderlich war. Der Beigeladene zu 1) nahm auch an betriebsinternen Fortbildungen und Coachings teil, an Besprechungen und Sozialveranstaltungen. Nach außen trat er nicht im eigenen Namen, sondern für die Klägerin auf, wie dies auch ausdrücklich in der Zusatzvereinbarung zum Vertrag geregelt war.

Urlaubsansprüche waren vertraglich vereinbart. Allerdings hat die Klägerin vorgetragen, dass dies auch für die Partner der Klägerin gilt, so dass dieser Regelung – die typischerweise für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht - in der vorliegenden Konstellation keine Aussagekraft für die Beurteilung der Tätigkeit zukommt. Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist allerdings, dass eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als Arbeitnehmerschutzrecht nicht vereinbart war. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der fehlenden Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises, etwa wegen der Altersabsicherung durch die Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte, kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).

Als ganz entscheidenden Gesichtspunkt sieht der Senat - ebenso wie das SG - die Regelung der Vergütung und damit einhergehend das fehlende Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1). Die in § 2 des Vertrags über eine freie Mitarbeit vorgesehene gewinnabhängige Tätigkeitsvergütung wird durch die in § 1 der Zusatzvereinbarung vorgesehene garantierte Vergütung von monatlich 5.000,00 EUR außer Kraft gesetzt. Eine gewinnabhängige Vergütung hat der Beigeladene zu 1) zu keinem Zeitpunkt seiner Tätigkeit für die Klägerin erhalten; auch über das Ende der zunächst vertraglich vereinbarten garantierten Vergütung zum 31.12.2009 hinaus ist monatlich ein festes Entgelt von 5.000,00 EUR gezahlt worden. Die Klägerin hat zwar eine Kostenstelle für den Beigeladenen zu 1) geführt, aber nie diesem gegenüber die Kosten eingefordert. Dies entsprach im Übrigen auch der Regelung in der Präambel zum Vertrag, wonach dem Beigeladenen zu 1) ein Arbeitsplatz kostenfrei zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Kostenstellenrechnung der Klägerin ist somit rein intern und ohne jede Auswirkung in Bezug auf das Rechtsverhältnis zum Kläger geblieben und kann daher im Rahmen der Qualifizierung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder freie Mitarbeit keine Berücksichtigung finden. In diesem Zusammenhang ist auch als Indiz für abhängige Beschäftigung zu werten, dass die Kosten der Haftpflichtversicherung tatsächlich von der Klägerin getragen worden sind. An wen die Rechnung des Versicherers adressiert war, spielt insoweit keine Rolle. Der Beigeladene zu 1) hat auch ansonsten keine erheblichen eigenen Betriebsmittel eingesetzt.

Zu der Frage, inwieweit der Beigeladene zu 1) eigene Mandate nach Ende der Tätigkeit mitgenommen hat oder die Klägerin die Mandate doch als ihre eigenen betrachtete – wie es für neue Mandate der Regelung in § 1 des Vertrags entsprach-, haben die Beteiligten unterschiedliche Angaben gemacht. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da selbst bei Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin dieser Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtabwägung angesichts der ganz deutlich für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden übrigen Gesichtspunkte keine ausschlaggebende Bedeutung haben kann. Insbesondere kommt es auch nicht darauf an, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1) ursprünglich nach den Ausführungen in der Präambel zum Vertrag eine Partnerschaft angestrebt hatten. Eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung lag im streitigen Zeitraum unstreitig nicht vor, sodass es allein auf das aktuelle Rechtsverhältnis ankommt. Dieses stellt aber, wie ausgeführt, eine abhängige Beschäftigung dar. Es ist unter Anwälten auch durchaus üblich, einem neuen Mitarbeiter nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Bewährung die Sozietät anzubieten (vgl Bayerisches LSG 14.12.2001, L 4 KR 147/99, juris).

Eine Versicherungspflicht in der Kranken- und nachfolgenden Pflegeversicherung hat die Beklagte wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht festgestellt; dies war daher auch nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die Beklagte hat nach alledem zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin vom 15.03.2008 bis 31.07.2010 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsrecht war. Da der Antrag auf Statusfeststellung später als einen Monat nach Beginn der Tätigkeit gestellt worden ist, kam auch ein späterer Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht nach § 7a Abs 6 SGB IV nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) werden der Klägerin auferlegt, nicht jedoch die Kosten der übrigen Beigeladenen. Die Beigeladenen zu 2) und 3) haben keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen (§ 197 Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrtn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht Auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,- EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.
Rechtskraft
Aus
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