Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2261/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4994/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29.10.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene Klägerin steht seit 01.01.2005 im Bezug von Arbeitslosengeld II. Sie hat keinen Beruf erlernt. Ausweislich des Versicherungsverlaufs hat die Klägerin nur von 14.05.1979 bis 17.05.1979 eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt. Hierbei handelte es sich um eine ungelernte Tätigkeit als Reinigungskraft. Darüber hinaus sind Kinderberücksichtigungs- und Kindererziehungszeiten im Versicherungsverlauf verzeichnet. Die Klägerin hat vier Kinder geboren (Geburtsjahre 1980, 1983, 1985 und 1987) und war Hausfrau.
Im Juli 2003 war die Klägerin in der Universitätsklinik H. am Herz operiert worden (ACVB einfach; IMA-Bypass einfach) (Bl. 131 VA). Die Anschlussheilbehandlung fand vom 29.07.2003 bis 19.08.2003 in der Rehaklinik H. K. statt (Bl. 139 ff. VA). Die Klägerin wurde zur Bedeutung der kompletten Nikotinabstinenz aufgeklärt. Zum Entlassungszeitpunkt war sie kardial beschwerdefrei. Es zeigte sich eine gute systolische linksventrikulare Pumpfunktion. Ihre Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt wurde für eine Tätigkeit als Reinigungskraft auf drei bis unter sechs Stunden eingeschätzt. Für sechs Stunden und mehr wurde sie nach Abschluss der Rekonvaleszenz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als leistungsfähig angesehen. Die Klägerin könne eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit vollschichtig ausüben. Die Klägerin sei seit Jahren nicht mehr berufstätig, das heißt sie sei für solche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar. Es bestünden keine wesentlichen Leistungseinschränkungen (vgl. Bl. 149, 159 VA)
Die Klägerin war von 13.03.2008 bis November 2010 während des Bezugs von Alg II durchgehend krankgeschrieben. Die Gutachterin Dr. G. vom ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit war in ihrem Gutachten nach Einholung eines Befundberichts beim behandelnden Hausarzt Dr. R. am 08.08.2008 zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin vollschichtig (täglich sechs Stunden und mehr) arbeiten könne. Bei ihr liege 1. eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels bei erhöhtem Blutdruck, in der Vorgeschichte Operation, 2. Schulter-Nacken-Beschwerden mit Bandscheibenschädigung im Bereich der Halswirbelsäule, 3. Gemütsverstimmung, 4. starke Sehminderung, 5. wiederkehrende Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine vor. Die Sehfähigkeit der Klägerin sei deutlich eingeschränkt. Therapeutische Maßnahmen besserten das Leistungsvermögen nicht. Die körperliche und seelische Leistungsfähigkeit sei auf Dauer deutlich eingeschränkt. Berufliche Fördermaßnahmen sollten überprüft werden.
Im Befundbericht der internistischen Gemeinschaftspraxis Dr. B./Dr. J. vom 25.06.2009 wird ausgeführt, dass ein Hinweis auf Progression der K. nicht erkennbar sei und eine gute RR-Einstellung sowohl in Ruhe als auch unter Belastung vorliege (Bl. 195 VA).
Am 12.10.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zu ihren aktuellen Beschwerden führte sie aus, sie leide unter Rückenschmerzen, Armschmerzen und Migräne (vgl. Bl. 123 VA).
Auf ihren Rentenantrag wurde die Klägerin am 21.01.2011 durch Dr. D., Ärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin begutachtet (vgl. Bl. 201 ff. VA). Dr. D. führte folgende Diagnosen auf: 1. gute linksventrikuläre Pumpfunktion bei koronarer Herzerkrankung mit erfolgter Herzbypassoperation 7/03 bei Hauptstammstenose, 2. arterielle Hypertonie, 3. chronisch rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulen-, insbesondere Zerviko-Brachial-Syndrom linksbetont ohne neurologische Ausfälle, 4. Übergewicht, 5. rezidivierender Kopfschmerz, Schwindelerscheinungen. 6. mäßige Visusbeeinträchtigung beidseits bei nicht angepasster Brillenkorrektur. Die Klägerin befinde sich in altersgemäß gutem Allgemein-, Kräfte- und leicht übergewichtigen Ernährungszustand. Sie habe Reinigungstätigkeiten ausgeführt bzw. sei Hausfrau gewesen. Seit 2005 beziehe sie Arbeitslosengeld II. Seit zwei Jahren sei sie krankgemeldet worden. Grund der Krankschreibung seien Wirbelsäulenbeschwerden. In Abständen erfolgten kardiologische Kontrolluntersuchungen. Fahrradergometrisch sei eine Belastbarkeit bis 62 W ohne signifikante Abbruchkriterien erreichbar gewesen. Der Blutdruck sei gut eingestellt. Nikotinabusus sei vor etwa zwei Jahren aufgegeben worden. Bronchitische Beschwerden und Atembeschwerden lägen nicht vor. Im Vordergrund der Beeinträchtigungen stehe jetzt das Wirbelsäulensyndrom. Röntgenologisch fänden sich im mittleren und unteren Bereich der HWS Verschleißerscheinungen; im Bereich der BWS und LWS seien leichte Verschleißerscheinungen gesichert. Eine Brillenkorrektur sei seit früher Kindheit erforderlich. Die im Herbst 2010 verordnete neue Brille habe die Klägerin aus finanziellen Gründen noch nicht angeschafft, wie sie angegeben habe. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei qualitativ zwar beeinträchtigt. Es sei aber weiterhin von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten auszugehen. Zu vermeiden sei eine erhöhte Stressbelastung, Zeitdruck, anhaltende Wirbelsäulenzwangshaltungen, Leiter- und Gerüstarbeiten, gehäuftes Bücken, Treppensteigen und Überkopfarbeiten. Erhöhte Anforderungen an das Sehvermögen seien ebenfalls nicht zu stellen.
Mit Bescheid vom 04.02.2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab (Bl. 255 VA). Die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor, da die Klägerin in der Lage sei mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten.
Am 23.02.2011 (Bl. 265 VA) legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Am 10.03.2011 wurde das ärztliche Attest ihres Hausarztes Dr. R. vom 08.03.2011 zur Akte gegeben (Bl. 267). Er führt aus, dass er die Klägerin für erwerbsunfähig halte. Es lägen folgende Dauerdiagnosen vor: Depression, Migräne, Bronchitis chron. Obstruktion, Insomnia, Z.n. Endokarditis, degeneratives WS-Syndrom, koronare Herzkrankheit mit Hauptstammstenose, Z.n. ACVB 1-fach am 04.07.03, Angina pectoris, arterieller Hypertonus, Hyperlipoproteinämie, Aortenklappensklerose, Mitralklappeninsuffizienz, Z.n. Myokarditis, COPD, Hyperurikämie, WS-Syndrom und Fußdeformität beidseits.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Neben der Begutachtung seien u.a. Befundberichte der kardiologisch-internistischen Gemeinschaftspraxis, der Befundbericht der Orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dr. R. vom 02.11.2010, die Brillenverordnung vom 04.10.2010 und das Gutachten nach Aktenlage der Agentur für Arbeit vom 08.08.2008 berücksichtigt worden. Die sich aus den Erkrankungen ergebenden funktionellen Einschränkungen bedingten keine Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen.
Am 28.06.2011 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim. Vorgelegt wurde am 21.07.2011 ein weiteres Attest des Dr. R. vom 27.06.2011. Dieser führt aus, dass die Klägerin in seiner regelmäßigen hausärztlichen Betreuung stehe. Er nennt erneut - wie im Attest vom 08.03.2011 - die Diagnosen Depression, Migräne, Insomnia, Z.n. Endokarditis, degeneratives WS-Syndrom, koronare Herzkrankheit mit Hauptstammstenose, Z.n. ACVB 1 fach am 04.07.03, Angina pectoris, arterieller Hypertonus, Hyperlipoproteinämie, Aortenklappensklerose, Mitralklappeninsuffizienz, Z.n. Myokarditis, COPD, Hyperurikämie, WS-Syndrom und Fußdeformität. Dr. R. äußert die Einschätzung, dass die Klägerin aufgrund der Komplexität der vorliegenden Erkrankungen, insbesondere des reduzierten Allgemeinzustandes mit rezidivierenden Dyspnoe- und Schwindelzuständen erwerbsunfähig sei (Bl. 11 SG-Akte).
Zur Begründung der Klage führte die Bevollmächtigte der Klägerin aus, die Klägerin habe ständig starke Schmerzen, die in die Rippen und den linken Arm ausstrahlten. Seit der Herzoperation könne sie auch nachts allenfalls zwei bis drei Stunden am Stück schlafen. Es bestehe ein GdB von 50 bei der Klägerin. Der behandelnde Orthopäde Dr. R. habe die Klägerin wegen Verdachts auf PNP auch an einen Neurologen überwiesen. Dr. R. beschreibe als wesentliche Funktionseinschränkung auf orthopädischem Gebiet eine schwerste degenerative Veränderung der HWS in Höhe C 6/7 mit Einengung der Nervenaustrittsöffnungen und rezidivierenden radikulären Schmerzausstrahlungen (vgl. Bl. 33/34 SG-Akte).
Der Internist Dr. R. hat dem Sozialgericht am 26.02.2012 - von Amts wegen beauftragt - ein Gutachten erstattet. Die Klägerin gab bei der Begutachtung an, dass sie meist zwischen 9 und 10 Uhr aufstehe und dann frühstücke und ihre Medikamente einnehme. Dann dusche sie, räume die Wohnung auf, mache die Betten und versorge den Haushalt. Danach gehe sie zur Mutter ihres Freundes, die mit diesem gemeinsam gegenüber wohne. Sie koche regelmäßig mittags und esse oft gemeinsam mit ihrem Freund. Dann mache sie einen Mittagsschlaf von etwa einer Stunde und trinke zwischen 16 und 17 Uhr Kaffee. Sie erledige nachmittags auch die Einkäufe; sie fahre Fahrrad. Sie nehme einen Ziehkoffer mit für Einkäufe. Abends esse sie zu unterschiedlichen Zeiten. Sie schaue insgesamt am Tag etwa 3 bis 4 Stunden fern. Ins Bett gehe sie zwischen 23 und 24 Uhr. Sie besuche ihren Sohn mit dessen Freundin und Kind wegen der Fahrtkosten nicht so häufig. Ihre Kinder besuchten sie alle regemäßig. Sie leide aktuell hauptsächlich unter Wirbelsäulenschmerzen, die ausstrahlten. Beim Putzen könne sie nur noch einen kleinen Eimer heben. Von Seiten des Herzens habe sie eigentlich keine Beschwerden. Der Blutdruck sei mit der Tabletteneinnahme in Ordnung. Jetzt habe sie eine neue Brille, mit der sie einigermaßen gut sehe. Sie habe eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Ihre Stimmung sei nicht gedrückt, ihr Antrieb aber gering und freuen könne sie sich eigentlich nur über ihre Enkeltochter. Zum psychischen Befund vermerkt der Gutachter, dass das "affektive Verhalten während der Begutachtung situationsadäquat" sei, die Schwingungsfähigkeit ausreichend erhalten. Das Denken sei nicht gestört. Es bestehe ein Verdacht auf Schmerztablettenabusus mit Neuralgin und Benzodiazepin. An Diagnosen und Befunden hält der Gutachter folgendes fest: 1. Koronare Herzerkrankung mit Zustand nach Bypass-Operation 2003 Es bestehe kein Hinweis auf Progression der K. laut Arztbericht des Dr. J. vom 27.02.2012 2. Arterielle Hypertonie Verdacht auf periphere arterielle Verschlusskrankheit Der Blutdruck liege im Normbereich. Eine angiologische Untersuchung sei angesichts von Geräuschen empfehlenswert. 3. Präadipositas (Übergewicht) und Hypercholesterinämie als Risikofaktoren 4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zervicobrachialsyndrom links betont und rezidivierende Lumbago. Die Entfaltung der Wirbelsäule sei nicht wesentlich eingeschränkt, die Bewegungseinschränkungen seien geringgradig. Eine Schmerzsymptomatik liege unter Anwendung von Ibuprofen nicht vor. 5. chronisch rezidivierende Kopfschmerzen Wegen der Kopfschmerzen nehme die Klägerin Neuralgintabletten ein. 6. mittelgradige Visusbeeinträchtigung 7. Harnblaseninkontinenz Beim Husten, Niesen und Pressen komme es bei ihr seit einigen Jahren relativ selten zu geringem Harnabgang. Dr. R. gelangt zum Ergebnis, dass diese Erkrankungen nur qualitative und keine quantitativen Einschränkungen bedingten. Ausgeschlossen seien Arbeiten auf Gerüsten, Leitern, Arbeiten an gefährdenden Maschinen sowie schwere Arbeiten. Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu meiden. Die Klägerin habe bei der Anamneseerhebung 1,5 Stunden gesessen ohne schmerzbedingtes Aufstehen. Eine besondere Stressbelastung sei zu vermeiden. Wegen der Lese-Rechtschreibschwäche seien einige Tätigkeiten nicht möglich, die auch nicht mehr erlernt werden könnten. Ansonsten könne die Klägerin aus allgemeinmedizinisch-internistischen Gesichtspunkten die ihr möglichen Tätigkeiten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit sechs Stunden und mehr am Stück ausüben. Während der vierstündigen Anwesenheit in der Praxis von 08:00 Uhr bis 13:10 Uhr zeige sie situativ adäquate Reaktionen. Die Klägerin führe Spaziergänge durch. Ihre Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Diffizile Arbeiten, die die volle Einsatzfähigkeit der linken Hand erforderten, seien wegen der Hypästhesie im Bereich des linken Daumens (C 6/7 Dermatom) nicht über längere Zeit auszuüben. Betriebsunübliche Pausen seien nicht nötig. Bezüglich der kardialen Erkrankung habe sich seit 2010 keine Änderung ergeben. Eine kardiologische Kontrolluntersuchung sei am 27.02.2012 erfolgt. Diese habe einen unveränderten Herzbefund ergeben. Medikamentös sei der Cholesterinspiegel gesenkt worden.
Am 22.05.2012 unterzog sich die Klägerin der empfohlenen angiologischen Untersuchung (vgl. Bl. 76). Es zeigte sich kein Anhalt für eine arterielle Verschlusskrankheit. Die Befunde waren unauffällig.
Das Gericht wies auf die Absicht, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hin. Eine Entscheidung werde nicht vor dem 12.10.2012 ergehen.
Mit Schreiben vom 10.10.2012 führte die Bevollmächtigte der Klägerin für sie aus, dass diese an einem Karpaltunnelsyndrom leide. Sie habe sich dem Gutachter Dr. R. nicht öffnen können und diesem nicht erzählen können, dass sie eine schwierige Kindheit gehabt habe. Sie habe sich als zweitältestes Mädchen von insgesamt neun Kindern um den gesamten Haushalt und ihre Geschwister kümmern müssen. Ein Bruder habe einen Wolfsrachen gehabt, ein anderer sei schwerbehindert gewesen, weil er als Säugling eine Hirnhautentzündung hatte. Ein Onkel, der zuvor fünf Jahre im Gefängnis gesessen habe, habe ihr sexuell nachgestellt. Die Klägerin habe fünf oder sechs Selbsttötungsversuche unternommen. Der erste sei mit 15, der letzte 1999 oder 2000 gewesen. 1985 oder 1986 sei sie wegen eines Selbsttötungsversuchs im ZI in M. untergebracht worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sie drei Kinder gehabt, ihr Mann sei aber inhaftiert gewesen. Es werde angeregt, die Klägerin im Hinblick auf ihre seelische Situation und die Depression erneut begutachten zu lassen.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.10.2012 wies das Sozialgericht Mannheim die Klage ab (Bl. 85 ff. SG-Akte). Das Gutachten von Dr. R. vom 24.02.2012, das nach mehrstündiger ambulanter Untersuchung erstellt worden sei, berücksichtige alle leistungsmindernden Erkrankungen. Es bestehe keine Angina pectoris und kein Anzeichen einer kardiopulmonalen Insuffizienz. Insoweit seien keine Hinweise für eine Progression der koronaren Herzerkrankung erkennbar. Die Bewegungseinschränkungen an der Halswirbelsäule und der Rumpfwirbelsäule seien geringgradig. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei nicht beeinträchtigt. Es bestünden zwar zahlreiche qualitative Leistungseinschränkungen. Schlüssig sei der Gutachter Dr. R. aber auch zur überzeugenden Feststellung gelangt, dass jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts der Klägerin sechs Stunden und mehr täglich möglich seien. Weitere Ermittlungen seien nicht angezeigt. Der psychische Befund der Klägerin sei weitgehend unauffällig gewesen. Die Klägerin habe sich gut zugänglich, freundlich zugewandt und kooperativ gezeigt. Ihre Stimmungslage sei nicht gedrückt gewesen und ihre Freudefähigkeit erhalten. Auf Grundlage dieser objektiven Feststellungen habe hinsichtlich ergänzender Ermittlungen zur seelischen Situation der Klägerin kein Anlass bestanden. Es seien überhaupt keine Anzeichen dafür vorhanden, dass die Klägerin im Hinblick auf eine psychische Beeinträchtigung in regelmäßiger Behandlung stehe. Die Klage sei ursprünglich im Wesentlichen mit den Rückenschmerzen begründet gewesen. Die Diagnose Depression sei nur beiläufig erwähnt worden. Eine außergewöhnliche Leistungseinschränkung oder eine Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen liege auch nicht vor. Angesichts des beruflichen Werdegangs der Klägerin scheide auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 02.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30.11.2012 Berufung eingelegt.
Zur Begründung lässt die Klägerin vortragen, dass sie an vielen schwerwiegenden Erkrankungen leide. Bislang sei nicht auf die psychische Situation der Klägerin eingegangen worden. Es sei ein umfassendes medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen (vgl. Bl. 18 f. LSG-Akte).
Der Senat hat den behandelnden Arzt für Orthopädie Dr. R. sowie den behandelnden Arzt Dr. R. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. R. führte am 05.12.2013 aus, dass die letzte Behandlung der Klägerin am 23.04.2013 erfolgt sei. Orthopädischerseits liege ein Bandscheibenverschleiß der Etagen C4/5, C5/6 der HWS mit wiederkehrenden muskulären Verspannungen vor. Es bestünden unspezifische Handgelenksbeschwerden bei nicht vorauseilenden Abnutzungserscheinungen sowie ein Knick-Senk-Spreiz-Fuß. Am Daumen liege eine mäßige Vergröberung des Daumensattelgelenks mit nur mäßigen Abnutzungserscheinungen vor. Die Klägerin sei in Anbetracht der gewonnenen orthopädischen Befunde in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts auszuführen. Über die internistische Erkrankung könne er nichts sagen (vgl. Bl. 30 ff. LSG-Akte).
Der behandelnde Hausarzt Dr. R. führte am 25.03.2014 unter anderem die bereits im Klageverfahren genannte Reihe von Dauerdiagnosen auf (auch Depression). Es finde eine kontinuierliche Verschlechterung von Seiten des Bewegungsapparats statt. Er ist der Auffassung, dass die Klägerin in keinen kontinuierlichen Arbeitsprozess mehr einzubinden sei. Die Leistungsfähigkeit sei maßgeblich auf orthopädischem Fachgebiet zu beurteilen. Er legte Facharztbriefe bei (Bl. 49-60 SG-Akte).
In ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte führte Dr. Pf., Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin, Rettungsmedizin am 13.05.2014 aus (Bl. 68 LSG): Hinsichtlich der orthopädischen Erkrankungen sei die Stellungnahme des behandelnden Facharztes vorhanden, dass das Leistungsvermögen erhalten sei. Dr. R. bezeichne dieses Fachgebiet als maßgeblich. Bezüglich der internistischen Erkrankungen könne auf die guten kardiologischen Befunde verwiesen werden, die eine gute Herzfunktion bestätigten.
Der Senat beauftragte den Neurologen und Psychiater Dr. H. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens, das er am 18.08.2014 erstattet hat (Bl. 73-92 LSG-Akte). Die Klägerin teilte dem Gutachter mit, dass sie noch nie stationär in einem psychiatrischen Krankenhaus gewesen sei (Bl. 82). Zuletzt sei sie in den 80-Jahren, als die Depressionen am Schlimmsten gewesen sei, im ZI zu Gesprächen gewesen. Dies sei ihre letzte Behandlung gewesen. Sie äußerte sich zu Selbstmordversuchen und auf Nachfrage zum Missbrauch. Im Moment seien ihre Hauptbeschwerden ihr Nacken und ihr Schnappfinger. Das Schlimmste sei, dass sie nicht schreiben könne. Das behindere überall. Es belaste sie auch, dass sie so sehbehindert sei. Der Gutachter führt aus, es seien auf neurologischem Gebiet keine funktionellen Leistungseinschränkungen der Klägerin feststellbar. Auf psychiatrischem Fachgebiet seien die Kriterien für das Vorliegen einer auch leichten depressiven Episode nicht erfüllt. Auch die Kriterien einer somatoformen Störung seien nicht erfüllt. Eine Angsterkrankung lasse sich ebensowenig feststellen wie eine posttraumatische Störung. Die Stimmungslage sei im Wesentlichen euthym gewesen, nur zum Teil etwas bedrückt, was sich jeweils wieder verlor. Es sei von einer derzeit als remittiert anzusehenden rezidivierenden depressiven Störung auszugehen. Eine kognitive Leistungseinschränkung habe sich nicht gezeigt. Auffassungs-, Konzentrations- und Durchhaltevermögen sowie Gedächtnis hätten keine Defizite aufgewiesen. Eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sei zu vermeiden. Gleiches gelte für besonders hohe Ansprüche an Auffassungs- und Konzentrationsfähigkeit. Solche Arbeiten dürften jedoch aufgrund des Ausbildungsstandes und des bisherigen beruflichen Lebensweges ohnehin nicht in Betracht kommen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche ausüben. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich.
Auf den Hinweis, dass das Gutachten die Berufung nicht stütze, ließ die Klägerin am 27.11.2014 mitteilen, dass die Berufung nicht zurückgenommen werde. Sie habe sich den Schnappfinger an der rechten Hand operieren lassen müssen (vgl. Entlassbrief Theresienkrankenhaus vom 14.11.2014, Bl. 99 f. LSG-Akte). Das Ergebnis des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. H. überzeuge nicht. Die Begutachtung habe nur eine knappe Stunde gedauert. Die Klägerin suche seit Mai 2014 wegen ihrer massiven psychischen Probleme Frau Dipl.-Psych. M. P. in M. auf. Diese sehe das Leistungsvermögen der Klägerin anders als Dr. H ... Deshalb werde beantragt, die Klägerin nochmals bei Berücksichtigung ihrer posttraumatischen Belastungsstörungen von einem Psychiater begutachten zu lassen.
Die Diplompsychologin M. P. nennt in ihrer Stellungnahme vom 29.10.2014 (Bl. 101-103 LSG-Akte) die Diagnose "F33.1 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig F 34.1 ängstliche anhaltende". Danach gibt sie an, dass die Klägerin seit Mai 2014 unregelmäßig in ihre Sprechstunde komme. Die Stellungnahme gibt in indirekter Rede die Schilderung der biografischen Erlebnisse der Klägerin wieder und folgende Angaben der Klägerin: "Aufgrund der in ihrer Vergangenheit erlebten traumatisierenden Vorkommnisse und der seit vielen Jahren anhaltenden Schmerzzustände leide meine Patientin unter Depressionen und schweren Schlafstörungen. Sie könne seit ihrer Herz-OP fast keine Nacht mehr durchschlafen und sei daher am Tage oft völlig erschöpft. Es sei vorgekommen, dass sie während einiger Besuche bei ihren Verwandten oder während eines Kinobesuchs spontan eingeschlafen sei." Die behandelnde Psychologin äußert die Auffassung, dass die Klägerin mit großer Mühe gerade noch ihren Haushalt führen könne und höchstens zwei Stunden täglich arbeitsfähig sei.
Das Gericht hat mit Schreiben vom 03.12.2014 auf die Möglichkeit einer Begutachtung auf Antrag und Kosten der Klägerin hingewiesen. Von der Möglichkeit einer Begutachtung durch einen Arzt ihres Vertrauens hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.
Die Klägerin legte am 15.05.2015 das Gutachten nach Aktenlage der Agentur für Arbeit vom 10.03.2015 vor. Hierin geht die Ärztin A. von einem täglich unter dreistündigen Leistungsvermögen der Klägerin aus. Vermerkt wird, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in gewissem Umfang eingeschränkt sei. Sie leide an mehreren verschiedenen körperlichen Einschränkungen sowie auch an einer seelischen Minderbelastbarkeit. Seit Jahren könne keine Zustandsstabilisierung und -besserung erreicht werden (Bl. 108 f. LSG).
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht ihre Leistungsbeurteilung durch die Gutachten bestätigt und hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts Mannheim und die Akte des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit; das Sozialgericht Mannheim hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.10.2012 zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin ablehnende Bescheid der Beklagten vom 04.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in deren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
I.
1. Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
2. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats gesundheitlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß ist jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht gegeben.
a.) Hinsichtlich der koronaren Herzerkrankung und dem Zustand nach Bypass-Operation 2003 ist keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit verblieben. Gleiches gilt für weitere dem internistischen Fachgebiet zuzurechnende Erkrankungen. Insoweit stützt sich der Senat auf das ausführliche erstinstanzliche internistische Gutachten des Dr. R ... Hierin wird dargestellt und gut nachvollziehbar erläutert, dass kein Hinweis auf ein Fortschreiten der Erkrankung vorliege. Bezüglich der kardialen Erkrankung habe sich seit 2010 keine Änderung ergeben. Eine kardiologische Kontrolluntersuchung sei am 27.02.2012 durch Dr. J. erfolgt. Diese habe einen unveränderten Herzbefund ergeben. Die arterielle Hypertonie, Präadipositas (Übergewicht) und Hypercholesterinämie als Risikofaktoren werden gesehen. Eine Auswirkung auf die zeitliche Leistungsfähigkeit bedingen diese Erkrankungen nicht. Gleiches gilt für die Harnblaseninkontinenz, die beim Husten, Niesen und Pressen relativ selten zu geringem Harnabgang führt. Insoweit ist eine Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit nicht festzustellen. Bei Auftreten der chronisch rezidivierenden Kopfschmerzen nimmt die Klägerin Neuralgintabletten ein.
Der Senat folgt der Einschätzung des Dr. R., dass diese Erkrankungen nur qualitative und keine quantitativen Einschränkungen bedingen und die Klägerin aus allgemeinmedizinisch-internistischen Gesichtspunkten die ihr möglichen Tätigkeiten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit sechs Stunden und pro Arbeitstag verrichten kann. Der erfahrene Gutachter hat gründlich alle erhobenen Befunde geklärt. Sein sorgfältiges Vorgehen zeigt sich darin, dass er eine angiologische Abklärung empfohlen hat. Sein Verdacht auf eine arterielle Verschlusskrankheit der Klägerin bestätigte sich indessen bei der angiologischen Untersuchung vom 22.05.2012 nicht. Der Internist Dr. R. hat sich auch mit der alltäglichen Leistungsfähigkeit der Klägerin befasst und die Angaben zu ihrem Tagesablauf berücksichtigt. Gegenüber dem Gutachter gab die Klägerin an, Rad zu fahren und Einkäufe mit einem Ziehkoffer zu erledigen. Demzufolge ergab sich kein Anhalt für eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Das Gutachten von Dr. R. beruht auf einer mehrstündigen ambulanten Untersuchung, bei der ihr Verhalten in der Untersuchungssituation berücksichtigt wurde. Es berücksichtigt vollständig die leistungsmindernden internistischen Erkrankungen. Gestützt wird die Auffassung des Dr. R. zusätzlich durch das im Verwaltungsverfahren erhobene Gutachten der Internistin Dr. D., die ebenfalls keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit feststellte. Auch sie wertete die kardialen Befunde aus und gelangte zur Feststellung, dass eine gute linksventrikuläre Pumpfunktion bei koronarer Herzerkrankung mit erfolgter Herzbypassoperation 7/03 bei Hauptstammstenose vorliege. Die Gutachterin D. hat bereits plausibel ausgeführt, dass die in Abständen erfolgenden kardiologischen Kontrolluntersuchungen keine Leistungsminderung erkennen ließen. Auch eine ergometrische Testung der Leistungsfähigkeit hat durch sie stattgefunden. Bis 62 W war die Klägerin hierbei belastbar. Auch Dr. D. hat bereits ausgeführt, dass eine arterielle Hypertonie vorliege, aber der Blutdruck gut eingestellt sei. Der rezidivierende Kopfschmerz war ebenfalls bereits diagnostiziert. Bronchitische Beschwerden und Atembeschwerden sind nicht von der Klägerin bejaht worden, vielmehr stand das Wirbelsäulensyndrom im Vordergrund ihrer Beschwerdeschilderung.
Soweit der Hausarzt Dr. R. demgegenüber eine Leistungsminderung der Klägerin annimmt und auch eine Reihe internistischer Diagnosen der Klägerin aufführt, folgt hieraus nach Auffassung des Senats nichts anderes. Den sorgfältig erhobenen gutachtlichen Feststellungen des Fachinternisten Dr. R. ist zu folgen. Die von Dr. R. aufgeführte lange Liste von Diagnosen - auch auf internistischem Gebiet - sagt dagegen nichts darüber aus, welche konkreten Einschränkungen hieraus (noch) hervorgehen. Insbesondere ergaben die kardiologischen Untersuchungen, dass der "Zustand nach ACVB 1-fach" so gut ist, dass die Klägerin ausreichend belastbar ist. Vor diesem Hintergrund vermag die - mehrfach geäußerte - Behauptung einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens jedenfalls nicht schlüssig mit internistischen bzw. kardialen Erkrankungen begründet zu werden. Die Haupteinschränkungen liegen schließlich auch nach Aussage des Hausarztes Dr. R. gegenüber dem Senat in den orthopädischen Beschwerden der Klägerin.
b.) Aus orthopädischer Sicht lässt sich schlüssig ebenfalls keine zeitliche Leistungsminderung der Klägerin begründen. Hierbei stützt der Senat seine Beurteilung maßgeblich auf das Zeugnis des behandelnden Orthopäden Dr. R. im Berufungsverfahren. Dieser benennt die Diagnose Bandscheibenverschleiß der Etagen C 4/5, C 5/6 der HWS mit wiederkehrenden muskulären Verspannungen, endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit, pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung sowie die Diagnose unspezifische Handgelenksbeschwerden bei nicht vorauseilenden Abnutzungserscheinungen und die weitere Diagnose Knick-Senk-Spreizfuß. Dr. R. teilt auf die Anfrage zu einer etwaigen zeitlichen Leistungsminderung mit, dass die Klägerin angesichts der von ihm gewonnenen orthopädischen Befunde noch in der Lage ist, leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuführen. Hierbei nennt er keine zeitliche Einschränkung. Diese Leistungseinschätzung deckt sich im Wesentlichen mit der Einschätzung des Gutachters Dr. R., der eine wesentliche Einschränkung der Klägerin beim Gehen und bei längerem Sitzen (1,5 Stunden) nicht festzustellen vermochte. Er hat die führende orthopädische Diagnose "chronisch rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulen-, insbesondere Zerviko-Brachial-Syndrom linksbetont ohne neurologische Ausfälle" festgehalten und hierzu festgestellt, dass eine Entfaltung der Wirbelsäule gut möglich war. Die Bewegungseinschränkungen an der Halswirbelsäule und der Rumpfwirbelsäule waren nur als geringgradig zu bezeichnen. Wegen der Wirbelsäulenerkrankung können auch nach Auffassung des Dr. R. noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag ausgeübt werden können, wenn Zwangshaltungen vermieden werden (vgl. Bl. 64 SG). Diffizile Arbeiten, die die volle Einsatzfähigkeit der linken Hand erfordern, sind nach Auffassung des Dr. R. wegen der Hypästhesie im Bereich des linken Daumens (C 6/7 Dermatom) nicht über längere Zeit auszuüben. Mit der von Dr. R. genannten führenden orthopädischen Diagnose und den hierdurch bedingten Leistungseinschränkungen stimmte die Diagnose des chronisch-rezidivierenden degeneratives Wirbelsäulen-, insbesondere Zerviko-Brachial-Syndroms linksbetont ohne neurologische Ausfälle im Gutachten der Internistin Dr. D. überein, das bereits im Verwaltungsverfahren erhoben wurde. Hinsichtlich der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens besteht keine Abweichung. Die Gutachterin hielt ebenfalls angesichts der orthopädischen Erkrankung (nur) qualitative Einschränkungen für angezeigt, eine zeitliche Leistungsminderung aber nicht für gegeben. Zusammenfassend kann den orthopädischen Erkrankungen damit auch zur Überzeugung des Senats durch qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden.
Der gegenteiligen Leistungsbeurteilung des behandelnden Hausarztes Dr. R. vermag der Senat auch im Hinblick auf die orthopädischen Erkrankungen nicht zu folgen. Der behandelnde Arzt sieht die Hauptleistungseinschränkungen der Klägerin auf orthopädischem Gebiet. Hierin lag auch der Grund ihrer Krankschreibung im Zeitraum vor der Rentenantragstellung. Der für das orthopädische Fachgebiet qualifizierte behandelnde Arzt Dr. R. vermochte im Gegensatz zu Dr. R. auf seinem Fachgebiet aber keine zeitliche Leistungsminderung zu begründen. Dessen Auffassung, die im Einklang mit den erhobenen Gutachten steht, hält der Senat für maßgeblich.
c.) Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht wegen Erkrankungen der Klägerin auf nervenfachärztlichem Gebiet. Aufgrund des Gutachtens von Dr. H., der die Klägerin am 16.08.2014 untersuchte, erachtet es der Senat als erwiesen, dass bei ihr aus nervenärztlicher Sicht keine Erkrankung vorliegt, die ihr Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht einschränkt. Ihm gegenüber gab sie - nachdem sie zu ihren Familienverhältnissen, zum Tagesablauf und zu Vorerkrankungen befragt worden war - auch an, sich zuletzt in den 80-er-Jahren in nervenärztlicher Behandlung befunden zu haben. Der erfahrene Gutachter hat nach Studium der Akten die Klägerin auf die bereits erstinstanzlich vorgetragene depressive Erkrankung nach Missbrauch in der Jugend angesprochen und sie hat sich hierzu geäußert (vgl. Bl. 81 ff.). Auf psychiatrischem Fachgebiet konnte Dr. H. bei der Klägerin - auch in Anbetracht dieser Vorgeschichte - keinen auffälligen Befund sichern. Er geht daher von einer remittierten depressiven Episode aus. Er stellt gut nachvollziehbar dar, dass die Psychomotorik der Klägerin ausreichend lebhaft war; ihr formaler Gedankengang geordnet und nicht verlangsamt war und sich eine Störung des Antriebs nicht gezeigt hat. Damit hat er wesentliche Faktoren, die Auswirkungen einer psychischen Erkrankung auf die allgemeine Leistungsfähigkeit und die Belastbarkeit im Erwerbsleben bedingen, ermittelt und bewertet. Zusammenfassend kommt er für den Senat überzeugend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin aufgrund der remittierten depressiven Störung nur eine Überforderung durch Akkord, Nachtarbeit und Zeitdruck sowie hohe Ansprüche an Konzentration und Verantwortung ausgeschlossen werden sollte. Leichte Tätigkeiten können unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen aber sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche ausgeübt werden.
Nicht zu folgen vermag der Senat der gegenteiligen Auffassung der Psychologin P ... Diese gibt lediglich die Angaben der Klägerin wieder, sodass es ihrer Einschätzung, die Klägerin könne höchstens 2 Stunden täglich arbeiten, an einer objektivierbaren Grundlage fehlt. Erhobene Befunde und deren konkrete Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit teilt die behandelnde Psychologin nicht mit. Einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der Klägerin im Alltagsleben entspricht es, dass sie erstmals seit den 80er-Jahren im Berufungsverfahren überhaupt wieder eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nimmt. Ein gravierender Leidensdruck gerade infolge einer Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet wurde auch vom behandelnden Hausarzt (wohl) nicht gesehen. Er ging in seiner sachverständigen Zeugenaussage von einer vorrangig orthopädisch begründeten Leistungsminderung aus. Das zuletzt vorgelegte Attest der Diplompsychologin P. bestätigt nun zwar einen unregelmäßigen Kontakt mit ihr seit Mai 2014. Eine im Zeitraum nach der Rentenantragstellung erfolgte intensivere nervenärztliche Behandlung ist aber nicht erfolgt (insbesondere keine stationäre psychiatrische Krankenhausbehandlung in den letzten Jahren). Darüber hinaus war die Klägerin trotz einer möglicherweise vorliegenden Belastung durch schwierige Erlebnisse in der Lage, ihren Alltag zu meistern.
Eine erneute Begutachtung auf nervenfachärztlichem Gebiet ist nicht notwendig. Die Klägerin hat sich gegenüber Dr. H. zu ihrer Lebensgeschichte geäußert. Ihre Aussagen sind durch den Gutachter wiedergegeben und gewürdigt worden. Auch wird durch die Psychologin P. kein Befund mitgeteilt. Ihre vom erfahrenen Gutachter Dr. H. abweichende Leistungseinschätzung ist nicht durch konkrete Benennung von Leistungseinschränkungen belegt.
d.) Auch weitere Erkrankungen bedingen keine zeitliche Leistungsminderung. Hier ist zunächst die Sehschwäche (mittelgradige Visusbeeinträchtigung) zu nennen, die mit der Brille (wohl) nicht vollständig kompensiert ist. Dieser Tatsache kann aber durch eine qualitative Einschränkung der in Betracht kommenden Tätigkeiten Rechnung getragen werden.
Die mitgeteilte Operation des Schnappfingers (11/2014) ist ausweislich des Berichts der Klinik "komplikationslos" verlaufen (vgl. Bl. 99 LSG), sodass überdauernde Auswirkungen auf das Leistungsvermögen nicht zu erwarten sind.
Das zuletzt vorgelegte Gutachten der Agentur für Arbeit vom 10.03.2015 belegt die behauptete zeitliche Leistungsminderung nicht. Es ergeben sich aus dem Gutachten nach Aktenlage keine Angaben dazu, welche Diagnosen oder Leistungseinschränkungen der Beurteilung zugrunde gelegen haben. Damit ist die Einschätzung so nicht nachvollziehbar und demzufolge nicht überzeugend.
e.) Bei einer Gesamtbeurteilung der Leistungseinschränkung unter Einbeziehung aller Befunde ergibt sich zur Überzeugung des Senats keine zeitliche Leistungsminderung der Klägerin. Zusammenfassend verbleibt es vielmehr bei einem Leistungsvermögen der Klägerin von sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag. Zu vermeiden sind anhaltende Wirbelsäulenzwangshaltungen, Leiter- und Gerüstarbeiten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, gehäuftes Bücken, Treppensteigen, Überkopfarbeiten und diffizile Arbeiten über längere Zeit, welche die volle Einsatzfähigkeit der linken Hand erfordern. Erhöhte Anforderungen an das Sehvermögen sind ebenfalls nicht zu stellen. Eine Überforderung der Klägerin durch Akkord, Nachtarbeit und Zeitdruck sowie hohe Ansprüche an Konzentration und Verantwortung ist zu vermeiden.
Aus diesen genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - juris Rn. 18 ff.) dar. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht aufgehoben oder wesentlich eingeschränkt. Vielmehr genügt nach dem Gutachten des Dr. R. auch hinsichtlich des linken Daumens ein Vermeiden längerer Belastungen. Die oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind auch nicht ungewöhnlich.
Ebenso bestehen keine Anhaltspunkte für eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit.
II.
Die Tätigkeit der Klägerin als Reinigungskraft vermittelt keinen Berufsschutz. Sie ist daher auf alle ungelernten Tätigkeiten breit verweisbar und hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI).
Vor diesem Hintergrund konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
III.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene Klägerin steht seit 01.01.2005 im Bezug von Arbeitslosengeld II. Sie hat keinen Beruf erlernt. Ausweislich des Versicherungsverlaufs hat die Klägerin nur von 14.05.1979 bis 17.05.1979 eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt. Hierbei handelte es sich um eine ungelernte Tätigkeit als Reinigungskraft. Darüber hinaus sind Kinderberücksichtigungs- und Kindererziehungszeiten im Versicherungsverlauf verzeichnet. Die Klägerin hat vier Kinder geboren (Geburtsjahre 1980, 1983, 1985 und 1987) und war Hausfrau.
Im Juli 2003 war die Klägerin in der Universitätsklinik H. am Herz operiert worden (ACVB einfach; IMA-Bypass einfach) (Bl. 131 VA). Die Anschlussheilbehandlung fand vom 29.07.2003 bis 19.08.2003 in der Rehaklinik H. K. statt (Bl. 139 ff. VA). Die Klägerin wurde zur Bedeutung der kompletten Nikotinabstinenz aufgeklärt. Zum Entlassungszeitpunkt war sie kardial beschwerdefrei. Es zeigte sich eine gute systolische linksventrikulare Pumpfunktion. Ihre Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt wurde für eine Tätigkeit als Reinigungskraft auf drei bis unter sechs Stunden eingeschätzt. Für sechs Stunden und mehr wurde sie nach Abschluss der Rekonvaleszenz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als leistungsfähig angesehen. Die Klägerin könne eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit vollschichtig ausüben. Die Klägerin sei seit Jahren nicht mehr berufstätig, das heißt sie sei für solche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar. Es bestünden keine wesentlichen Leistungseinschränkungen (vgl. Bl. 149, 159 VA)
Die Klägerin war von 13.03.2008 bis November 2010 während des Bezugs von Alg II durchgehend krankgeschrieben. Die Gutachterin Dr. G. vom ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit war in ihrem Gutachten nach Einholung eines Befundberichts beim behandelnden Hausarzt Dr. R. am 08.08.2008 zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin vollschichtig (täglich sechs Stunden und mehr) arbeiten könne. Bei ihr liege 1. eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels bei erhöhtem Blutdruck, in der Vorgeschichte Operation, 2. Schulter-Nacken-Beschwerden mit Bandscheibenschädigung im Bereich der Halswirbelsäule, 3. Gemütsverstimmung, 4. starke Sehminderung, 5. wiederkehrende Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Beine vor. Die Sehfähigkeit der Klägerin sei deutlich eingeschränkt. Therapeutische Maßnahmen besserten das Leistungsvermögen nicht. Die körperliche und seelische Leistungsfähigkeit sei auf Dauer deutlich eingeschränkt. Berufliche Fördermaßnahmen sollten überprüft werden.
Im Befundbericht der internistischen Gemeinschaftspraxis Dr. B./Dr. J. vom 25.06.2009 wird ausgeführt, dass ein Hinweis auf Progression der K. nicht erkennbar sei und eine gute RR-Einstellung sowohl in Ruhe als auch unter Belastung vorliege (Bl. 195 VA).
Am 12.10.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zu ihren aktuellen Beschwerden führte sie aus, sie leide unter Rückenschmerzen, Armschmerzen und Migräne (vgl. Bl. 123 VA).
Auf ihren Rentenantrag wurde die Klägerin am 21.01.2011 durch Dr. D., Ärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin begutachtet (vgl. Bl. 201 ff. VA). Dr. D. führte folgende Diagnosen auf: 1. gute linksventrikuläre Pumpfunktion bei koronarer Herzerkrankung mit erfolgter Herzbypassoperation 7/03 bei Hauptstammstenose, 2. arterielle Hypertonie, 3. chronisch rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulen-, insbesondere Zerviko-Brachial-Syndrom linksbetont ohne neurologische Ausfälle, 4. Übergewicht, 5. rezidivierender Kopfschmerz, Schwindelerscheinungen. 6. mäßige Visusbeeinträchtigung beidseits bei nicht angepasster Brillenkorrektur. Die Klägerin befinde sich in altersgemäß gutem Allgemein-, Kräfte- und leicht übergewichtigen Ernährungszustand. Sie habe Reinigungstätigkeiten ausgeführt bzw. sei Hausfrau gewesen. Seit 2005 beziehe sie Arbeitslosengeld II. Seit zwei Jahren sei sie krankgemeldet worden. Grund der Krankschreibung seien Wirbelsäulenbeschwerden. In Abständen erfolgten kardiologische Kontrolluntersuchungen. Fahrradergometrisch sei eine Belastbarkeit bis 62 W ohne signifikante Abbruchkriterien erreichbar gewesen. Der Blutdruck sei gut eingestellt. Nikotinabusus sei vor etwa zwei Jahren aufgegeben worden. Bronchitische Beschwerden und Atembeschwerden lägen nicht vor. Im Vordergrund der Beeinträchtigungen stehe jetzt das Wirbelsäulensyndrom. Röntgenologisch fänden sich im mittleren und unteren Bereich der HWS Verschleißerscheinungen; im Bereich der BWS und LWS seien leichte Verschleißerscheinungen gesichert. Eine Brillenkorrektur sei seit früher Kindheit erforderlich. Die im Herbst 2010 verordnete neue Brille habe die Klägerin aus finanziellen Gründen noch nicht angeschafft, wie sie angegeben habe. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei qualitativ zwar beeinträchtigt. Es sei aber weiterhin von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten auszugehen. Zu vermeiden sei eine erhöhte Stressbelastung, Zeitdruck, anhaltende Wirbelsäulenzwangshaltungen, Leiter- und Gerüstarbeiten, gehäuftes Bücken, Treppensteigen und Überkopfarbeiten. Erhöhte Anforderungen an das Sehvermögen seien ebenfalls nicht zu stellen.
Mit Bescheid vom 04.02.2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab (Bl. 255 VA). Die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen nicht vor, da die Klägerin in der Lage sei mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten.
Am 23.02.2011 (Bl. 265 VA) legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Am 10.03.2011 wurde das ärztliche Attest ihres Hausarztes Dr. R. vom 08.03.2011 zur Akte gegeben (Bl. 267). Er führt aus, dass er die Klägerin für erwerbsunfähig halte. Es lägen folgende Dauerdiagnosen vor: Depression, Migräne, Bronchitis chron. Obstruktion, Insomnia, Z.n. Endokarditis, degeneratives WS-Syndrom, koronare Herzkrankheit mit Hauptstammstenose, Z.n. ACVB 1-fach am 04.07.03, Angina pectoris, arterieller Hypertonus, Hyperlipoproteinämie, Aortenklappensklerose, Mitralklappeninsuffizienz, Z.n. Myokarditis, COPD, Hyperurikämie, WS-Syndrom und Fußdeformität beidseits.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Neben der Begutachtung seien u.a. Befundberichte der kardiologisch-internistischen Gemeinschaftspraxis, der Befundbericht der Orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dr. R. vom 02.11.2010, die Brillenverordnung vom 04.10.2010 und das Gutachten nach Aktenlage der Agentur für Arbeit vom 08.08.2008 berücksichtigt worden. Die sich aus den Erkrankungen ergebenden funktionellen Einschränkungen bedingten keine Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen.
Am 28.06.2011 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim. Vorgelegt wurde am 21.07.2011 ein weiteres Attest des Dr. R. vom 27.06.2011. Dieser führt aus, dass die Klägerin in seiner regelmäßigen hausärztlichen Betreuung stehe. Er nennt erneut - wie im Attest vom 08.03.2011 - die Diagnosen Depression, Migräne, Insomnia, Z.n. Endokarditis, degeneratives WS-Syndrom, koronare Herzkrankheit mit Hauptstammstenose, Z.n. ACVB 1 fach am 04.07.03, Angina pectoris, arterieller Hypertonus, Hyperlipoproteinämie, Aortenklappensklerose, Mitralklappeninsuffizienz, Z.n. Myokarditis, COPD, Hyperurikämie, WS-Syndrom und Fußdeformität. Dr. R. äußert die Einschätzung, dass die Klägerin aufgrund der Komplexität der vorliegenden Erkrankungen, insbesondere des reduzierten Allgemeinzustandes mit rezidivierenden Dyspnoe- und Schwindelzuständen erwerbsunfähig sei (Bl. 11 SG-Akte).
Zur Begründung der Klage führte die Bevollmächtigte der Klägerin aus, die Klägerin habe ständig starke Schmerzen, die in die Rippen und den linken Arm ausstrahlten. Seit der Herzoperation könne sie auch nachts allenfalls zwei bis drei Stunden am Stück schlafen. Es bestehe ein GdB von 50 bei der Klägerin. Der behandelnde Orthopäde Dr. R. habe die Klägerin wegen Verdachts auf PNP auch an einen Neurologen überwiesen. Dr. R. beschreibe als wesentliche Funktionseinschränkung auf orthopädischem Gebiet eine schwerste degenerative Veränderung der HWS in Höhe C 6/7 mit Einengung der Nervenaustrittsöffnungen und rezidivierenden radikulären Schmerzausstrahlungen (vgl. Bl. 33/34 SG-Akte).
Der Internist Dr. R. hat dem Sozialgericht am 26.02.2012 - von Amts wegen beauftragt - ein Gutachten erstattet. Die Klägerin gab bei der Begutachtung an, dass sie meist zwischen 9 und 10 Uhr aufstehe und dann frühstücke und ihre Medikamente einnehme. Dann dusche sie, räume die Wohnung auf, mache die Betten und versorge den Haushalt. Danach gehe sie zur Mutter ihres Freundes, die mit diesem gemeinsam gegenüber wohne. Sie koche regelmäßig mittags und esse oft gemeinsam mit ihrem Freund. Dann mache sie einen Mittagsschlaf von etwa einer Stunde und trinke zwischen 16 und 17 Uhr Kaffee. Sie erledige nachmittags auch die Einkäufe; sie fahre Fahrrad. Sie nehme einen Ziehkoffer mit für Einkäufe. Abends esse sie zu unterschiedlichen Zeiten. Sie schaue insgesamt am Tag etwa 3 bis 4 Stunden fern. Ins Bett gehe sie zwischen 23 und 24 Uhr. Sie besuche ihren Sohn mit dessen Freundin und Kind wegen der Fahrtkosten nicht so häufig. Ihre Kinder besuchten sie alle regemäßig. Sie leide aktuell hauptsächlich unter Wirbelsäulenschmerzen, die ausstrahlten. Beim Putzen könne sie nur noch einen kleinen Eimer heben. Von Seiten des Herzens habe sie eigentlich keine Beschwerden. Der Blutdruck sei mit der Tabletteneinnahme in Ordnung. Jetzt habe sie eine neue Brille, mit der sie einigermaßen gut sehe. Sie habe eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Ihre Stimmung sei nicht gedrückt, ihr Antrieb aber gering und freuen könne sie sich eigentlich nur über ihre Enkeltochter. Zum psychischen Befund vermerkt der Gutachter, dass das "affektive Verhalten während der Begutachtung situationsadäquat" sei, die Schwingungsfähigkeit ausreichend erhalten. Das Denken sei nicht gestört. Es bestehe ein Verdacht auf Schmerztablettenabusus mit Neuralgin und Benzodiazepin. An Diagnosen und Befunden hält der Gutachter folgendes fest: 1. Koronare Herzerkrankung mit Zustand nach Bypass-Operation 2003 Es bestehe kein Hinweis auf Progression der K. laut Arztbericht des Dr. J. vom 27.02.2012 2. Arterielle Hypertonie Verdacht auf periphere arterielle Verschlusskrankheit Der Blutdruck liege im Normbereich. Eine angiologische Untersuchung sei angesichts von Geräuschen empfehlenswert. 3. Präadipositas (Übergewicht) und Hypercholesterinämie als Risikofaktoren 4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zervicobrachialsyndrom links betont und rezidivierende Lumbago. Die Entfaltung der Wirbelsäule sei nicht wesentlich eingeschränkt, die Bewegungseinschränkungen seien geringgradig. Eine Schmerzsymptomatik liege unter Anwendung von Ibuprofen nicht vor. 5. chronisch rezidivierende Kopfschmerzen Wegen der Kopfschmerzen nehme die Klägerin Neuralgintabletten ein. 6. mittelgradige Visusbeeinträchtigung 7. Harnblaseninkontinenz Beim Husten, Niesen und Pressen komme es bei ihr seit einigen Jahren relativ selten zu geringem Harnabgang. Dr. R. gelangt zum Ergebnis, dass diese Erkrankungen nur qualitative und keine quantitativen Einschränkungen bedingten. Ausgeschlossen seien Arbeiten auf Gerüsten, Leitern, Arbeiten an gefährdenden Maschinen sowie schwere Arbeiten. Wirbelsäulenzwangshaltungen seien zu meiden. Die Klägerin habe bei der Anamneseerhebung 1,5 Stunden gesessen ohne schmerzbedingtes Aufstehen. Eine besondere Stressbelastung sei zu vermeiden. Wegen der Lese-Rechtschreibschwäche seien einige Tätigkeiten nicht möglich, die auch nicht mehr erlernt werden könnten. Ansonsten könne die Klägerin aus allgemeinmedizinisch-internistischen Gesichtspunkten die ihr möglichen Tätigkeiten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit sechs Stunden und mehr am Stück ausüben. Während der vierstündigen Anwesenheit in der Praxis von 08:00 Uhr bis 13:10 Uhr zeige sie situativ adäquate Reaktionen. Die Klägerin führe Spaziergänge durch. Ihre Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Diffizile Arbeiten, die die volle Einsatzfähigkeit der linken Hand erforderten, seien wegen der Hypästhesie im Bereich des linken Daumens (C 6/7 Dermatom) nicht über längere Zeit auszuüben. Betriebsunübliche Pausen seien nicht nötig. Bezüglich der kardialen Erkrankung habe sich seit 2010 keine Änderung ergeben. Eine kardiologische Kontrolluntersuchung sei am 27.02.2012 erfolgt. Diese habe einen unveränderten Herzbefund ergeben. Medikamentös sei der Cholesterinspiegel gesenkt worden.
Am 22.05.2012 unterzog sich die Klägerin der empfohlenen angiologischen Untersuchung (vgl. Bl. 76). Es zeigte sich kein Anhalt für eine arterielle Verschlusskrankheit. Die Befunde waren unauffällig.
Das Gericht wies auf die Absicht, über die Klage durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hin. Eine Entscheidung werde nicht vor dem 12.10.2012 ergehen.
Mit Schreiben vom 10.10.2012 führte die Bevollmächtigte der Klägerin für sie aus, dass diese an einem Karpaltunnelsyndrom leide. Sie habe sich dem Gutachter Dr. R. nicht öffnen können und diesem nicht erzählen können, dass sie eine schwierige Kindheit gehabt habe. Sie habe sich als zweitältestes Mädchen von insgesamt neun Kindern um den gesamten Haushalt und ihre Geschwister kümmern müssen. Ein Bruder habe einen Wolfsrachen gehabt, ein anderer sei schwerbehindert gewesen, weil er als Säugling eine Hirnhautentzündung hatte. Ein Onkel, der zuvor fünf Jahre im Gefängnis gesessen habe, habe ihr sexuell nachgestellt. Die Klägerin habe fünf oder sechs Selbsttötungsversuche unternommen. Der erste sei mit 15, der letzte 1999 oder 2000 gewesen. 1985 oder 1986 sei sie wegen eines Selbsttötungsversuchs im ZI in M. untergebracht worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sie drei Kinder gehabt, ihr Mann sei aber inhaftiert gewesen. Es werde angeregt, die Klägerin im Hinblick auf ihre seelische Situation und die Depression erneut begutachten zu lassen.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.10.2012 wies das Sozialgericht Mannheim die Klage ab (Bl. 85 ff. SG-Akte). Das Gutachten von Dr. R. vom 24.02.2012, das nach mehrstündiger ambulanter Untersuchung erstellt worden sei, berücksichtige alle leistungsmindernden Erkrankungen. Es bestehe keine Angina pectoris und kein Anzeichen einer kardiopulmonalen Insuffizienz. Insoweit seien keine Hinweise für eine Progression der koronaren Herzerkrankung erkennbar. Die Bewegungseinschränkungen an der Halswirbelsäule und der Rumpfwirbelsäule seien geringgradig. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei nicht beeinträchtigt. Es bestünden zwar zahlreiche qualitative Leistungseinschränkungen. Schlüssig sei der Gutachter Dr. R. aber auch zur überzeugenden Feststellung gelangt, dass jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts der Klägerin sechs Stunden und mehr täglich möglich seien. Weitere Ermittlungen seien nicht angezeigt. Der psychische Befund der Klägerin sei weitgehend unauffällig gewesen. Die Klägerin habe sich gut zugänglich, freundlich zugewandt und kooperativ gezeigt. Ihre Stimmungslage sei nicht gedrückt gewesen und ihre Freudefähigkeit erhalten. Auf Grundlage dieser objektiven Feststellungen habe hinsichtlich ergänzender Ermittlungen zur seelischen Situation der Klägerin kein Anlass bestanden. Es seien überhaupt keine Anzeichen dafür vorhanden, dass die Klägerin im Hinblick auf eine psychische Beeinträchtigung in regelmäßiger Behandlung stehe. Die Klage sei ursprünglich im Wesentlichen mit den Rückenschmerzen begründet gewesen. Die Diagnose Depression sei nur beiläufig erwähnt worden. Eine außergewöhnliche Leistungseinschränkung oder eine Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen liege auch nicht vor. Angesichts des beruflichen Werdegangs der Klägerin scheide auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit aus.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 02.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30.11.2012 Berufung eingelegt.
Zur Begründung lässt die Klägerin vortragen, dass sie an vielen schwerwiegenden Erkrankungen leide. Bislang sei nicht auf die psychische Situation der Klägerin eingegangen worden. Es sei ein umfassendes medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen (vgl. Bl. 18 f. LSG-Akte).
Der Senat hat den behandelnden Arzt für Orthopädie Dr. R. sowie den behandelnden Arzt Dr. R. als sachverständige Zeugen gehört. Dr. R. führte am 05.12.2013 aus, dass die letzte Behandlung der Klägerin am 23.04.2013 erfolgt sei. Orthopädischerseits liege ein Bandscheibenverschleiß der Etagen C4/5, C5/6 der HWS mit wiederkehrenden muskulären Verspannungen vor. Es bestünden unspezifische Handgelenksbeschwerden bei nicht vorauseilenden Abnutzungserscheinungen sowie ein Knick-Senk-Spreiz-Fuß. Am Daumen liege eine mäßige Vergröberung des Daumensattelgelenks mit nur mäßigen Abnutzungserscheinungen vor. Die Klägerin sei in Anbetracht der gewonnenen orthopädischen Befunde in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts auszuführen. Über die internistische Erkrankung könne er nichts sagen (vgl. Bl. 30 ff. LSG-Akte).
Der behandelnde Hausarzt Dr. R. führte am 25.03.2014 unter anderem die bereits im Klageverfahren genannte Reihe von Dauerdiagnosen auf (auch Depression). Es finde eine kontinuierliche Verschlechterung von Seiten des Bewegungsapparats statt. Er ist der Auffassung, dass die Klägerin in keinen kontinuierlichen Arbeitsprozess mehr einzubinden sei. Die Leistungsfähigkeit sei maßgeblich auf orthopädischem Fachgebiet zu beurteilen. Er legte Facharztbriefe bei (Bl. 49-60 SG-Akte).
In ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte führte Dr. Pf., Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin, Rettungsmedizin am 13.05.2014 aus (Bl. 68 LSG): Hinsichtlich der orthopädischen Erkrankungen sei die Stellungnahme des behandelnden Facharztes vorhanden, dass das Leistungsvermögen erhalten sei. Dr. R. bezeichne dieses Fachgebiet als maßgeblich. Bezüglich der internistischen Erkrankungen könne auf die guten kardiologischen Befunde verwiesen werden, die eine gute Herzfunktion bestätigten.
Der Senat beauftragte den Neurologen und Psychiater Dr. H. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens, das er am 18.08.2014 erstattet hat (Bl. 73-92 LSG-Akte). Die Klägerin teilte dem Gutachter mit, dass sie noch nie stationär in einem psychiatrischen Krankenhaus gewesen sei (Bl. 82). Zuletzt sei sie in den 80-Jahren, als die Depressionen am Schlimmsten gewesen sei, im ZI zu Gesprächen gewesen. Dies sei ihre letzte Behandlung gewesen. Sie äußerte sich zu Selbstmordversuchen und auf Nachfrage zum Missbrauch. Im Moment seien ihre Hauptbeschwerden ihr Nacken und ihr Schnappfinger. Das Schlimmste sei, dass sie nicht schreiben könne. Das behindere überall. Es belaste sie auch, dass sie so sehbehindert sei. Der Gutachter führt aus, es seien auf neurologischem Gebiet keine funktionellen Leistungseinschränkungen der Klägerin feststellbar. Auf psychiatrischem Fachgebiet seien die Kriterien für das Vorliegen einer auch leichten depressiven Episode nicht erfüllt. Auch die Kriterien einer somatoformen Störung seien nicht erfüllt. Eine Angsterkrankung lasse sich ebensowenig feststellen wie eine posttraumatische Störung. Die Stimmungslage sei im Wesentlichen euthym gewesen, nur zum Teil etwas bedrückt, was sich jeweils wieder verlor. Es sei von einer derzeit als remittiert anzusehenden rezidivierenden depressiven Störung auszugehen. Eine kognitive Leistungseinschränkung habe sich nicht gezeigt. Auffassungs-, Konzentrations- und Durchhaltevermögen sowie Gedächtnis hätten keine Defizite aufgewiesen. Eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit oder durch Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sei zu vermeiden. Gleiches gelte für besonders hohe Ansprüche an Auffassungs- und Konzentrationsfähigkeit. Solche Arbeiten dürften jedoch aufgrund des Ausbildungsstandes und des bisherigen beruflichen Lebensweges ohnehin nicht in Betracht kommen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche ausüben. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich.
Auf den Hinweis, dass das Gutachten die Berufung nicht stütze, ließ die Klägerin am 27.11.2014 mitteilen, dass die Berufung nicht zurückgenommen werde. Sie habe sich den Schnappfinger an der rechten Hand operieren lassen müssen (vgl. Entlassbrief Theresienkrankenhaus vom 14.11.2014, Bl. 99 f. LSG-Akte). Das Ergebnis des nervenärztlichen Gutachtens von Dr. H. überzeuge nicht. Die Begutachtung habe nur eine knappe Stunde gedauert. Die Klägerin suche seit Mai 2014 wegen ihrer massiven psychischen Probleme Frau Dipl.-Psych. M. P. in M. auf. Diese sehe das Leistungsvermögen der Klägerin anders als Dr. H ... Deshalb werde beantragt, die Klägerin nochmals bei Berücksichtigung ihrer posttraumatischen Belastungsstörungen von einem Psychiater begutachten zu lassen.
Die Diplompsychologin M. P. nennt in ihrer Stellungnahme vom 29.10.2014 (Bl. 101-103 LSG-Akte) die Diagnose "F33.1 rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig F 34.1 ängstliche anhaltende". Danach gibt sie an, dass die Klägerin seit Mai 2014 unregelmäßig in ihre Sprechstunde komme. Die Stellungnahme gibt in indirekter Rede die Schilderung der biografischen Erlebnisse der Klägerin wieder und folgende Angaben der Klägerin: "Aufgrund der in ihrer Vergangenheit erlebten traumatisierenden Vorkommnisse und der seit vielen Jahren anhaltenden Schmerzzustände leide meine Patientin unter Depressionen und schweren Schlafstörungen. Sie könne seit ihrer Herz-OP fast keine Nacht mehr durchschlafen und sei daher am Tage oft völlig erschöpft. Es sei vorgekommen, dass sie während einiger Besuche bei ihren Verwandten oder während eines Kinobesuchs spontan eingeschlafen sei." Die behandelnde Psychologin äußert die Auffassung, dass die Klägerin mit großer Mühe gerade noch ihren Haushalt führen könne und höchstens zwei Stunden täglich arbeitsfähig sei.
Das Gericht hat mit Schreiben vom 03.12.2014 auf die Möglichkeit einer Begutachtung auf Antrag und Kosten der Klägerin hingewiesen. Von der Möglichkeit einer Begutachtung durch einen Arzt ihres Vertrauens hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht.
Die Klägerin legte am 15.05.2015 das Gutachten nach Aktenlage der Agentur für Arbeit vom 10.03.2015 vor. Hierin geht die Ärztin A. von einem täglich unter dreistündigen Leistungsvermögen der Klägerin aus. Vermerkt wird, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in gewissem Umfang eingeschränkt sei. Sie leide an mehreren verschiedenen körperlichen Einschränkungen sowie auch an einer seelischen Minderbelastbarkeit. Seit Jahren könne keine Zustandsstabilisierung und -besserung erreicht werden (Bl. 108 f. LSG).
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht ihre Leistungsbeurteilung durch die Gutachten bestätigt und hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts Mannheim und die Akte des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit; das Sozialgericht Mannheim hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.10.2012 zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin ablehnende Bescheid der Beklagten vom 04.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2011. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in deren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
I.
1. Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
2. Die Klägerin ist zur Überzeugung des Senats gesundheitlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß ist jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht gegeben.
a.) Hinsichtlich der koronaren Herzerkrankung und dem Zustand nach Bypass-Operation 2003 ist keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit verblieben. Gleiches gilt für weitere dem internistischen Fachgebiet zuzurechnende Erkrankungen. Insoweit stützt sich der Senat auf das ausführliche erstinstanzliche internistische Gutachten des Dr. R ... Hierin wird dargestellt und gut nachvollziehbar erläutert, dass kein Hinweis auf ein Fortschreiten der Erkrankung vorliege. Bezüglich der kardialen Erkrankung habe sich seit 2010 keine Änderung ergeben. Eine kardiologische Kontrolluntersuchung sei am 27.02.2012 durch Dr. J. erfolgt. Diese habe einen unveränderten Herzbefund ergeben. Die arterielle Hypertonie, Präadipositas (Übergewicht) und Hypercholesterinämie als Risikofaktoren werden gesehen. Eine Auswirkung auf die zeitliche Leistungsfähigkeit bedingen diese Erkrankungen nicht. Gleiches gilt für die Harnblaseninkontinenz, die beim Husten, Niesen und Pressen relativ selten zu geringem Harnabgang führt. Insoweit ist eine Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit nicht festzustellen. Bei Auftreten der chronisch rezidivierenden Kopfschmerzen nimmt die Klägerin Neuralgintabletten ein.
Der Senat folgt der Einschätzung des Dr. R., dass diese Erkrankungen nur qualitative und keine quantitativen Einschränkungen bedingen und die Klägerin aus allgemeinmedizinisch-internistischen Gesichtspunkten die ihr möglichen Tätigkeiten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit sechs Stunden und pro Arbeitstag verrichten kann. Der erfahrene Gutachter hat gründlich alle erhobenen Befunde geklärt. Sein sorgfältiges Vorgehen zeigt sich darin, dass er eine angiologische Abklärung empfohlen hat. Sein Verdacht auf eine arterielle Verschlusskrankheit der Klägerin bestätigte sich indessen bei der angiologischen Untersuchung vom 22.05.2012 nicht. Der Internist Dr. R. hat sich auch mit der alltäglichen Leistungsfähigkeit der Klägerin befasst und die Angaben zu ihrem Tagesablauf berücksichtigt. Gegenüber dem Gutachter gab die Klägerin an, Rad zu fahren und Einkäufe mit einem Ziehkoffer zu erledigen. Demzufolge ergab sich kein Anhalt für eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Das Gutachten von Dr. R. beruht auf einer mehrstündigen ambulanten Untersuchung, bei der ihr Verhalten in der Untersuchungssituation berücksichtigt wurde. Es berücksichtigt vollständig die leistungsmindernden internistischen Erkrankungen. Gestützt wird die Auffassung des Dr. R. zusätzlich durch das im Verwaltungsverfahren erhobene Gutachten der Internistin Dr. D., die ebenfalls keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit feststellte. Auch sie wertete die kardialen Befunde aus und gelangte zur Feststellung, dass eine gute linksventrikuläre Pumpfunktion bei koronarer Herzerkrankung mit erfolgter Herzbypassoperation 7/03 bei Hauptstammstenose vorliege. Die Gutachterin D. hat bereits plausibel ausgeführt, dass die in Abständen erfolgenden kardiologischen Kontrolluntersuchungen keine Leistungsminderung erkennen ließen. Auch eine ergometrische Testung der Leistungsfähigkeit hat durch sie stattgefunden. Bis 62 W war die Klägerin hierbei belastbar. Auch Dr. D. hat bereits ausgeführt, dass eine arterielle Hypertonie vorliege, aber der Blutdruck gut eingestellt sei. Der rezidivierende Kopfschmerz war ebenfalls bereits diagnostiziert. Bronchitische Beschwerden und Atembeschwerden sind nicht von der Klägerin bejaht worden, vielmehr stand das Wirbelsäulensyndrom im Vordergrund ihrer Beschwerdeschilderung.
Soweit der Hausarzt Dr. R. demgegenüber eine Leistungsminderung der Klägerin annimmt und auch eine Reihe internistischer Diagnosen der Klägerin aufführt, folgt hieraus nach Auffassung des Senats nichts anderes. Den sorgfältig erhobenen gutachtlichen Feststellungen des Fachinternisten Dr. R. ist zu folgen. Die von Dr. R. aufgeführte lange Liste von Diagnosen - auch auf internistischem Gebiet - sagt dagegen nichts darüber aus, welche konkreten Einschränkungen hieraus (noch) hervorgehen. Insbesondere ergaben die kardiologischen Untersuchungen, dass der "Zustand nach ACVB 1-fach" so gut ist, dass die Klägerin ausreichend belastbar ist. Vor diesem Hintergrund vermag die - mehrfach geäußerte - Behauptung einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens jedenfalls nicht schlüssig mit internistischen bzw. kardialen Erkrankungen begründet zu werden. Die Haupteinschränkungen liegen schließlich auch nach Aussage des Hausarztes Dr. R. gegenüber dem Senat in den orthopädischen Beschwerden der Klägerin.
b.) Aus orthopädischer Sicht lässt sich schlüssig ebenfalls keine zeitliche Leistungsminderung der Klägerin begründen. Hierbei stützt der Senat seine Beurteilung maßgeblich auf das Zeugnis des behandelnden Orthopäden Dr. R. im Berufungsverfahren. Dieser benennt die Diagnose Bandscheibenverschleiß der Etagen C 4/5, C 5/6 der HWS mit wiederkehrenden muskulären Verspannungen, endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit, pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung sowie die Diagnose unspezifische Handgelenksbeschwerden bei nicht vorauseilenden Abnutzungserscheinungen und die weitere Diagnose Knick-Senk-Spreizfuß. Dr. R. teilt auf die Anfrage zu einer etwaigen zeitlichen Leistungsminderung mit, dass die Klägerin angesichts der von ihm gewonnenen orthopädischen Befunde noch in der Lage ist, leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuführen. Hierbei nennt er keine zeitliche Einschränkung. Diese Leistungseinschätzung deckt sich im Wesentlichen mit der Einschätzung des Gutachters Dr. R., der eine wesentliche Einschränkung der Klägerin beim Gehen und bei längerem Sitzen (1,5 Stunden) nicht festzustellen vermochte. Er hat die führende orthopädische Diagnose "chronisch rezidivierendes degeneratives Wirbelsäulen-, insbesondere Zerviko-Brachial-Syndrom linksbetont ohne neurologische Ausfälle" festgehalten und hierzu festgestellt, dass eine Entfaltung der Wirbelsäule gut möglich war. Die Bewegungseinschränkungen an der Halswirbelsäule und der Rumpfwirbelsäule waren nur als geringgradig zu bezeichnen. Wegen der Wirbelsäulenerkrankung können auch nach Auffassung des Dr. R. noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag ausgeübt werden können, wenn Zwangshaltungen vermieden werden (vgl. Bl. 64 SG). Diffizile Arbeiten, die die volle Einsatzfähigkeit der linken Hand erfordern, sind nach Auffassung des Dr. R. wegen der Hypästhesie im Bereich des linken Daumens (C 6/7 Dermatom) nicht über längere Zeit auszuüben. Mit der von Dr. R. genannten führenden orthopädischen Diagnose und den hierdurch bedingten Leistungseinschränkungen stimmte die Diagnose des chronisch-rezidivierenden degeneratives Wirbelsäulen-, insbesondere Zerviko-Brachial-Syndroms linksbetont ohne neurologische Ausfälle im Gutachten der Internistin Dr. D. überein, das bereits im Verwaltungsverfahren erhoben wurde. Hinsichtlich der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens besteht keine Abweichung. Die Gutachterin hielt ebenfalls angesichts der orthopädischen Erkrankung (nur) qualitative Einschränkungen für angezeigt, eine zeitliche Leistungsminderung aber nicht für gegeben. Zusammenfassend kann den orthopädischen Erkrankungen damit auch zur Überzeugung des Senats durch qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden.
Der gegenteiligen Leistungsbeurteilung des behandelnden Hausarztes Dr. R. vermag der Senat auch im Hinblick auf die orthopädischen Erkrankungen nicht zu folgen. Der behandelnde Arzt sieht die Hauptleistungseinschränkungen der Klägerin auf orthopädischem Gebiet. Hierin lag auch der Grund ihrer Krankschreibung im Zeitraum vor der Rentenantragstellung. Der für das orthopädische Fachgebiet qualifizierte behandelnde Arzt Dr. R. vermochte im Gegensatz zu Dr. R. auf seinem Fachgebiet aber keine zeitliche Leistungsminderung zu begründen. Dessen Auffassung, die im Einklang mit den erhobenen Gutachten steht, hält der Senat für maßgeblich.
c.) Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht wegen Erkrankungen der Klägerin auf nervenfachärztlichem Gebiet. Aufgrund des Gutachtens von Dr. H., der die Klägerin am 16.08.2014 untersuchte, erachtet es der Senat als erwiesen, dass bei ihr aus nervenärztlicher Sicht keine Erkrankung vorliegt, die ihr Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht einschränkt. Ihm gegenüber gab sie - nachdem sie zu ihren Familienverhältnissen, zum Tagesablauf und zu Vorerkrankungen befragt worden war - auch an, sich zuletzt in den 80-er-Jahren in nervenärztlicher Behandlung befunden zu haben. Der erfahrene Gutachter hat nach Studium der Akten die Klägerin auf die bereits erstinstanzlich vorgetragene depressive Erkrankung nach Missbrauch in der Jugend angesprochen und sie hat sich hierzu geäußert (vgl. Bl. 81 ff.). Auf psychiatrischem Fachgebiet konnte Dr. H. bei der Klägerin - auch in Anbetracht dieser Vorgeschichte - keinen auffälligen Befund sichern. Er geht daher von einer remittierten depressiven Episode aus. Er stellt gut nachvollziehbar dar, dass die Psychomotorik der Klägerin ausreichend lebhaft war; ihr formaler Gedankengang geordnet und nicht verlangsamt war und sich eine Störung des Antriebs nicht gezeigt hat. Damit hat er wesentliche Faktoren, die Auswirkungen einer psychischen Erkrankung auf die allgemeine Leistungsfähigkeit und die Belastbarkeit im Erwerbsleben bedingen, ermittelt und bewertet. Zusammenfassend kommt er für den Senat überzeugend zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin aufgrund der remittierten depressiven Störung nur eine Überforderung durch Akkord, Nachtarbeit und Zeitdruck sowie hohe Ansprüche an Konzentration und Verantwortung ausgeschlossen werden sollte. Leichte Tätigkeiten können unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen aber sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche ausgeübt werden.
Nicht zu folgen vermag der Senat der gegenteiligen Auffassung der Psychologin P ... Diese gibt lediglich die Angaben der Klägerin wieder, sodass es ihrer Einschätzung, die Klägerin könne höchstens 2 Stunden täglich arbeiten, an einer objektivierbaren Grundlage fehlt. Erhobene Befunde und deren konkrete Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit teilt die behandelnde Psychologin nicht mit. Einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der Klägerin im Alltagsleben entspricht es, dass sie erstmals seit den 80er-Jahren im Berufungsverfahren überhaupt wieder eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nimmt. Ein gravierender Leidensdruck gerade infolge einer Erkrankung auf psychiatrischem Gebiet wurde auch vom behandelnden Hausarzt (wohl) nicht gesehen. Er ging in seiner sachverständigen Zeugenaussage von einer vorrangig orthopädisch begründeten Leistungsminderung aus. Das zuletzt vorgelegte Attest der Diplompsychologin P. bestätigt nun zwar einen unregelmäßigen Kontakt mit ihr seit Mai 2014. Eine im Zeitraum nach der Rentenantragstellung erfolgte intensivere nervenärztliche Behandlung ist aber nicht erfolgt (insbesondere keine stationäre psychiatrische Krankenhausbehandlung in den letzten Jahren). Darüber hinaus war die Klägerin trotz einer möglicherweise vorliegenden Belastung durch schwierige Erlebnisse in der Lage, ihren Alltag zu meistern.
Eine erneute Begutachtung auf nervenfachärztlichem Gebiet ist nicht notwendig. Die Klägerin hat sich gegenüber Dr. H. zu ihrer Lebensgeschichte geäußert. Ihre Aussagen sind durch den Gutachter wiedergegeben und gewürdigt worden. Auch wird durch die Psychologin P. kein Befund mitgeteilt. Ihre vom erfahrenen Gutachter Dr. H. abweichende Leistungseinschätzung ist nicht durch konkrete Benennung von Leistungseinschränkungen belegt.
d.) Auch weitere Erkrankungen bedingen keine zeitliche Leistungsminderung. Hier ist zunächst die Sehschwäche (mittelgradige Visusbeeinträchtigung) zu nennen, die mit der Brille (wohl) nicht vollständig kompensiert ist. Dieser Tatsache kann aber durch eine qualitative Einschränkung der in Betracht kommenden Tätigkeiten Rechnung getragen werden.
Die mitgeteilte Operation des Schnappfingers (11/2014) ist ausweislich des Berichts der Klinik "komplikationslos" verlaufen (vgl. Bl. 99 LSG), sodass überdauernde Auswirkungen auf das Leistungsvermögen nicht zu erwarten sind.
Das zuletzt vorgelegte Gutachten der Agentur für Arbeit vom 10.03.2015 belegt die behauptete zeitliche Leistungsminderung nicht. Es ergeben sich aus dem Gutachten nach Aktenlage keine Angaben dazu, welche Diagnosen oder Leistungseinschränkungen der Beurteilung zugrunde gelegen haben. Damit ist die Einschätzung so nicht nachvollziehbar und demzufolge nicht überzeugend.
e.) Bei einer Gesamtbeurteilung der Leistungseinschränkung unter Einbeziehung aller Befunde ergibt sich zur Überzeugung des Senats keine zeitliche Leistungsminderung der Klägerin. Zusammenfassend verbleibt es vielmehr bei einem Leistungsvermögen der Klägerin von sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag. Zu vermeiden sind anhaltende Wirbelsäulenzwangshaltungen, Leiter- und Gerüstarbeiten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, gehäuftes Bücken, Treppensteigen, Überkopfarbeiten und diffizile Arbeiten über längere Zeit, welche die volle Einsatzfähigkeit der linken Hand erfordern. Erhöhte Anforderungen an das Sehvermögen sind ebenfalls nicht zu stellen. Eine Überforderung der Klägerin durch Akkord, Nachtarbeit und Zeitdruck sowie hohe Ansprüche an Konzentration und Verantwortung ist zu vermeiden.
Aus diesen genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R = SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - juris Rn. 18 ff.) dar. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nicht vor. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht aufgehoben oder wesentlich eingeschränkt. Vielmehr genügt nach dem Gutachten des Dr. R. auch hinsichtlich des linken Daumens ein Vermeiden längerer Belastungen. Die oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind auch nicht ungewöhnlich.
Ebenso bestehen keine Anhaltspunkte für eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit.
II.
Die Tätigkeit der Klägerin als Reinigungskraft vermittelt keinen Berufsschutz. Sie ist daher auf alle ungelernten Tätigkeiten breit verweisbar und hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI).
Vor diesem Hintergrund konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
III.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved