L 2 SO 4793/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 2160/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4793/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der SGB XII-Leistungsträger hat bei einem Hilfeempfänger, der im Rahmen einer Maßnahme nach § 67 SGB XII in einer Einrichtung untergebracht ist, die nach Abzug des Eigenanteils des Hilfeempfängers (SGB II-Leistungen) verbleibenden ungedeckten Heimkosten zu tragen und daneben dem Hilfeempfänger auch den Barbetrag sowie die Bekleidungsbeihilfe - gegebenenfalls unter Anrechnung der nach Abzug des Eigenanteils verbleibenden SGB II-Leistungen - zu gewähren (Anschluss an Urteil des erkennenden Senates vom 18. April 2012 – L 2 SO 5276/10 –). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die SGB II-Leistungen aufgrund niedriger Pauschbeträge für die Kosten der Unterkunft niedriger ausfallen als vom SGB XII-Leistungsträger (aus einem anderen Bundesland) bei der Bedarfsberechnung zugrunde gelegt.
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2013 aufgehoben, der Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2013 abgeändert und der Beklagte verurteilt, der Klägerin für die Zeit Dezember 2010 bis Juni 2012 den Barbetrag und eine Bekleidungsbeihilfe abzüglich der der Klägerin nach Einbehalt ihres Eigenanteils verbleibenden SGB II-Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte hat der Klägerin ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 30. Juni 2012 im Streit.

Die Klägerin bezog ab dem 1. Mai 2007 zunächst von der Landeshauptstadt M. und ab dem 1. Januar 2008 vom Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den Bestimmungen des 6. Kapitels SGB XII (Bl. 51 Verwaltungsakte -VA-). Seit dem 4. August 2010 befindet sich die zuvor wohnungslos gewesene Klägerin im J.-Haus (JIH), B., einer Facheinrichtung für wohnungslose Menschen (stationäres Wohnheim).

Am 5. August 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten, ihr Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem SGB XII zu gewähren. Sie gab hierbei u.a. an, bei ihr bestehe eine Langzeitarbeitslosigkeit und Wohnungslosigkeit. Außerdem sei sie "trockene Alkoholikerin" und leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Einkommen beziehe sie aktuell nicht. Rentenversichert sei sie durch "Arbeitslosengeld II-Empfang" und Krankenversicherung als "Alg II-Empfängerin". Weiter gab sie an, sich am 4. August 2010 arbeitsuchend gemeldet zu haben (Bl. 127 VA). Ausweislich des im Zusammenhang damit vorgelegten Gesamtplanes/Hilfeplanes vom 22. Oktober 2010 gehörten zu den vereinbarten Maßnahmen unter anderem eine Teilnahme (täglich 5 bis 6 Stunden ) an einer Arbeitstherapie, regelmäßige Gespräche und Reflektion bei Konfliktsituationen, Hilfe zur Gestaltung des Alltages (Tagesrhythmus mit Essen, Hygiene, Arbeit, Einkauf, Freizeitgestaltung et cetera begleitet leben), Teilnahme an Freizeitaktivitäten, Begleitung bei Behördenangelegenheiten, Hilfestellung Richtung Verselbstständigung sowie bis Mai 2011 Mitarbeit in der tagesstrukturierenden Maßnahme des JIH, ab Mai 2011 Ein-Euro-Job, vermittelt durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Klägerin würde auch weiter an der tagesstrukturierenden Maßnahme teilnehmen. Derzeit arbeite sie im Haus im Bereich Reinigung und helfe in der Waschküche mit. Sie würde auch gerne in den hausinternen Bereich Verkauf in der Kleiderkammer reinschnuppern oder Telefondienste übernehmen (siehe im Einzelnen Bl. 132/137 VA).

Mit Bescheid vom 24. November 2010 gewährte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 30. Juni 2012 Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen gem. §§ 19 Abs. 1, 35, 82 bis 84 SGB XII (monatlich 632,00 EUR), einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (monatlich 96,93 EUR), eine Bekleidungsbeihilfe von jährlich maximal 342,00 EUR sowie Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in Höhe von monatlich 993,64 EUR, soweit diese Leistungen nicht durch Eigenbeteiligungen der Klägerin gedeckt seien (Bl. 154 VA). Weiter führte der Beklagte aus, über den Einsatz von Einkommen und Vermögen gesondert zu entscheiden. Da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin noch nicht abschließend geklärt seien, erbringe er die Hilfe als erweiterte Hilfe. Die Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen, den Barbetrag und die Bekleidungsbeihilfe erbringe er bis zur endgültigen Festsetzung eines Anspruchs auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II durch den zuständigen Hilfeträger lediglich im Rahmen der Vorleistung. Der Beklagte ging hierbei im Einzelnen von folgendem Sozialhilfeaufwand aus:

Grundbarbetrag 96,93 EUR WT-BSS Maßnahmepauschale 863,04 EUR WT-BSS Grundpauschale 465,62 EUR WT-BSS Investitionsbetrag 296,98 EUR insgesamt 1.722,57 EUR

Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU): Grundbarbetrag 96,93 EUR HLU in der Einrichtung 632,00 EUR Bedarf insgesamt 728,93 EUR

Hilfe nach Kapitel 5 bis 9 SGB XII: 993,64 EUR

Im Dezember 2010 erhielt der Beklagte über das Landratsamt K. Kenntnis von einem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) durch die Klägerin. Dieses übersandte hierzu den Bescheid der Agentur für Arbeit B. vom 11. August 2010 bezüglich des Zeitraumes 5. August 2010 bis zum 28. Februar 2011 (Alg-II, Regelsatz 359,00 EUR). Darüber hinaus erhielt die Klägerin vom Sozialamt des Landkreises K. Kosten der Unterkunft -KdU- (pauschal) in Höhe von 287,00 EUR (Bescheid vom 17. August 2010 - Akte des Beigeladenen-). Insgesamt erhielt die Klägerin Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 646,00 EUR. Im Weiteren erhielt die Klägerin ab 1. Januar 2011 651,00 EUR (Regelsatz nunmehr 364 EUR, KdU pauschal 287 EUR), ab 1. Juli 2011 insgesamt 684,00 EUR (Regelsatz 364 EUR, KdU nunmehr pauschal 325 EUR), und ab 1. Januar 2012 699,00 EUR (Regelsatz nunmehr 374 EUR, KdU pauschal 325 EUR).

Ohne die Klägerin zuvor anzuhören hob der Beklagte den Bescheid vom 24. November 2010 mit Bescheid vom 19. Januar 2011 (Bl. 205 VA) auf und gewährte der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 30. Juni 2012 allein noch Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem 8. Kapitel SGB XII. Da die Klägerin zum anspruchsberechtigten Personenkreis des SGB II gehöre, seien Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem 3. Kapitel SGB XII kraft Gesetzes ausgeschlossen. Dies gelte auch für entsprechende Leistungen in Einrichtungen im Rahmen der erweiterten Hilfe. Die Leistungen zum Lebensunterhalt in Einrichtungen, die nach den seinerzeit gültig gewesenen Richtlinien des Beklagten -des Bezirks O. - monatlich 632,00 EUR betrügen (287,00 EUR anteiliger Regelsatz und 345,00 EUR Unterkunftspauschale) seien von der Klägerin direkt bei der Einrichtung (als zu berücksichtigender Eigenanteil) einzuzahlen. Bei den Abrechnungen des JIH wurde für Dezember 2010 ein Eigenanteil der Klägerin i.H.v. 632,00 EUR, ab Januar 2011 ein Eigenanteil i.H.v. 636,00 EUR (aufgrund der Anpassung des Regelsatzes) und ab Januar 2012 ein Eigenanteil i.H.v. 644,00 EUR (ebenfalls aufgrund der Anpassung des Regelsatzes) in Abzug gebracht.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, als Ergebnis des angefochtenen Bescheides erhalte sie anstelle eines monatlichen Barbetrages und einer monatlichen Bekleidungsbeihilfe nur noch einen Freibetrag von 15,00 EUR. Nach den für Baden-Württemberg gültigen Sozialhilferichtlinien seien Leistungen nach dem SGB II in vollem Umfang als Einkommenseinsatz zu vereinnahmen und im Gegenzug der Barbetrag zu gewähren. Überdies betrage die Unterkunftspauschale im Landkreis K. monatlich 287,00 EUR. Ohne die Möglichkeit, sich einen monatlichen Barbetrag und eine Bekleidungspauschale von mindestens 96,93 EUR und weiterer 23,00 EUR aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts anzusparen, sei ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft zumindest erschwert, wenn nicht gar gefährdet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, er habe den Bescheid vom 24. November 2010 zu Recht aufgehoben und allein noch Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gewährt. Aufgrund des Bezuges von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II habe die Klägerin bereits dem Grunde nach keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen nach dem SGB XII. Dieser Anspruch umfasse die Kosten der Unterkunft, den anteiligen Regelsatz, den Barbetrag und den Betrag für Kleidung. Die Höhe der SGB II-Leistungen sei insoweit nicht maßgebend. Sofern die Klägerin ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten könne, sei es Aufgabe des SGB II-Trägers, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Darüber hinaus sei der Beklagte auch nicht an die Sozialhilferichtlinien des Landes Baden-Württemberg gebunden. Nach den für ihn gültigen bayerischen Sozialhilferichtlinien sei bei einer Unterbringung in einer Einrichtung ein Betrag von insgesamt 632,00 EUR an die Einrichtung zu zahlen. Dieser Betrag setze sich zusammen aus der Summe von 80% des Regelsatzes und einer fiktiven Miete in Höhe von monatlich 345,00 EUR. Dieser Betrag entspreche der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Warmmiete eines Einpersonenhaushaltes im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

Hiergegen hat die Klägerin am 2. April 2013 Klage vor dem Sozialgericht M. erhoben. Dieses hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht (SG) Karlsruhe verwiesen (Beschluss vom 17. April 2013 - S 52 SO 178/13 -). Die von der Klägerin in der Klageschrift als Prozessbevollmächtigten benannten Rechtsanwälte in M. haben trotz Aufforderung des SG vom 1. Juli 2013 weder eine Prozessvollmacht noch eine Klagebegründung vorgelegt. Auch die Klägerin hat trotz richterlicher Aufforderung mit Schreiben vom 1. August 2013 weder mitgeteilt, ob die von ihr benannten Rechtsanwälte das Mandat aufgenommen haben, noch eine Klagebegründung vorgelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom 8. Oktober 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, die angefochtenen Bescheide seien formell rechtmäßig. Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte die Klägerin vor Erlass des Bescheides vom 19. Januar 2011 nicht gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) angehört habe. Die fehlende Anhörung sei gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB X durch das nachfolgende Widerspruchsverfahren geheilt worden, nachdem der Beklagte in der Begründung des Bescheides vom 19. Januar 2011 alle entscheidungserheblichen Tatsachen vollumfänglich benannt und die Klägerin damit Gelegenheit gehabt habe, sich hierzu im Widerspruchsverfahren zu äußern. Die angefochtenen Bescheide seien nach Auffassung des SG auch materiell rechtmäßig, denn in der hier streitigen Zeit Oktober (gemeint wohl Dezember) 2010 bis Juni 2012 habe der Klägerin ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem 3. Kapitel SGB XII nicht zugestanden. Vielmehr sei sie als Bezieherin von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Regelungen des SGB II von solchen Leistungen von vornherein gemäß § 21 Satz 1 SGB XII und § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II ausgeschlossen gewesen. Im Übrigen hat das SG auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen und von weiteren Ausführungen insoweit abgesehen. Ergänzend hat es noch darauf verwiesen, dass es einer durch die angefochtenen Bescheide verfügten Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 24. November 2010 gemäß § 48 SGB X nicht bedurft habe, diese Aufhebung vielmehr - im Ergebnis - ins Leere gegangen sei. Denn der Beklagte habe im Bescheid vom 24. November 2010 in der Begründung unter "zu 3." und unter "zu 4.c)", und damit mehrfach, darauf hingewiesen, dass er die durch diesen Bescheid bewilligten Leistungen nur vorläufig und vorbehaltlich einer abschließenden Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin gewähre. Nach Auffassung des SG habe damit eine nur vorläufige Leistungsbewilligung analog § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) vorgelegen. Diese vorläufige Leistungsbewilligung habe sich durch die endgültige Festsetzung der Leistungen in den vorliegend angefochtenen Bescheiden erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X).

Die Klägerin hat gegen den ihr mit Postzustellungsurkunde am 11. Oktober 2013 zugestellten Gerichtsbescheid am 4. November 2013 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, es möge richtig sein, dass, da sie zum anspruchsberechtigten Personenkreis des SGB II gehöre, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem 3. Kapitel SGB XII für sie ausgeschlossen seien. Die Kosten der stationären Maßnahme nach § 67 SGB XII, an der sie teilnehme, setzten sich aus Maßnahmekosten, Investitionskosten und Grundpauschale zusammen. In der Grundpauschale seien Verpflegung und Wäscheversorgung beinhaltet (mit Hinweis auf den Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII vom 15. Dezember 1998 - Stand 20. September 2006), nicht aber ein Barbetrag oder Bekleidung. In der Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zwischen dem Caritasverband B. (als Einrichtungsträger) und dem Landratsamt K. für die Einrichtung JIH werde u.a. die Vergütung des Leistungserbringers geregelt. Der in ihrem Fall externe Kostenträger müsse sich an diese Vergütungsvereinbarung halten und könne keine eigene Maßnahmekosten in Höhe von 993,64 EUR festlegen. Wenn der Beklagte die Auffassung habe, ihr stünden keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem 3. Kapitel SGB XII zu, dann müsste im Umkehrschluss sie aber die Leistungen nach dem SGB II behalten dürfen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und diese Leistungen nicht als Eigenanteil abtreten müssen, was bisher der Fall gewesen sei. Ob sie ihr Einkommen (Alg II) abtreten müsse oder zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes selber behalten dürfe, sei aber unabhängig davon, dass ihr Leistungserbringer, das J.-Haus vom Kostenträger, dem Beklagten den vollen Pflegesatz bezahlt bekommen müsse (mit Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 18. April 2012 - L 2 SO 5276/10 -). So wie der Beklagte den Fall der Klägerin derzeit handhabe, habe sie weder SGB II-Leistungen, da abgetreten, noch einen Barbetrag und eine Bekleidungsbeihilfe nach dem SGB XII. Dies könne so nicht rechtens sein, da sie tatsächlich keine Leistung zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes erhalte.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Oktober 2013 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr den Barbetrag und eine Bekleidungsbeihilfe abzüglich der ihr nach Einbehalt ihres Eigenanteils verbleibenden SGB II-Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden sei. Der Wortlaut des § 21 SGB XII, wonach Personen, die nach dem SGB II dem Grunde nach leistungsberechtigt seien, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII hätten, sei eindeutig. Die von der Klägerin übersandte Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zwischen dem C. B. e.V. und dem Landkreis K. für das J.-Haus könne zu keiner anderen Einschätzung führen. Der Beklagte vergüte die Einrichtung entsprechend der Leistungsvereinbarung. Es entfalle lediglich die Hilfe zum Lebensunterhalt, weil die Klägerin hierauf keinen Anspruch mehr gegen den Beklagten habe. Sie habe vielmehr ihren Lebensunterhalt nunmehr aus den Leistungen nach dem SGB II zu decken. Eine eventuell verbleibende Lücke sei aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen der Hilfearten hinzunehmen. Ergänzend weist der Beklagte im Erörterungstermin vom 21. Oktober 2014 darauf hin, dass die von der Klägerin als Eigenbeitrag zu leistenden Kosten der Unterkunft nach der Praxis des Beklagten nach § 42 Satz 1 Nr. 4 SGB XII einheitlich festgesetzt würden. Wenn der Regierungsbezirk O. nach § 98 SGB XII zuständig sei, würden also bundesweit die bayerischen Pauschalen zugrunde gelegt. Dies gelte auch vorliegend, obwohl vorliegend ja Leistungen nach § 67 ff. SGB XII erbracht würden. Nach den Erfahrungen des Beklagten schlössen sich die Jobcenter dem an, das bedeute, sie bewilligten dann als KdU den vom Bezirk O. festgesetzten Betrag. Dies gelte nach Kenntnis des Beklagten auch bundesweit bis auf eine Ausnahme.

Im Weiteren hat der Beklagte eine von Klägerseite im Erörterungstermin angeregte vergleichsweise Beendigung abgelehnt und hierzu noch geltend gemacht, man sehe sich nicht in der Lage, von der bisherigen Praxis, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei Leistungen in einer stationären Einrichtung pauschal festzusetzen, abzuweichen. Zwar würden sich die Kosten der Unterkunft nach den §§ 42 Satz 1 Nr. 4 1. Halbsatz, 27, 35 SGB XII grundsätzlich nach dem tatsächlichen Bedarf richten. Würden sie jedoch in einer stationären Einrichtung erbracht, sei § 42 Satz 1 Nr. 4 2. Halbsatz SGB XII als vorrangige spezielle Regelung anzuwenden. Dies gelte, da der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen gemäß § 27b Abs. 1 Satz 2 SGB XII dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Nr. 1, 2 und 4 SGB XII entspräche, auch für Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Da der nach § 98 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe die durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen in seinem Bereich als Pauschale aus seinen tatsächlichen Aufwendungen ermittele, habe die leistungsberechtigte Person auch dann einen Anspruch auf Gewährung des vollen Betrages, wenn die Kosten für Unterkunft und Heizung in ihrer Einrichtung faktisch niedriger seien (mit Hinweis auf Kirchhoff in Hauk/Noftz, SGB XII, K § 42 Rdnr. 31). Wegen des eindeutigen Wortlauts des § 42 Nr. 4 2. Halbsatz SGB XII (nach § 98 zuständiger Träger) sei auch nicht auf den vom für den Einrichtungsort zuständigen Träger ermittelten Wert abzustellen (Hinweis auf Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 42 Rdnr. 9). Darüber hinaus unterliege die Hilfe nach § 67 SGB XII ebenfalls dem allgemeinen Nachrang der Sozialhilfe, mit der Folge, dass ihr Hilfeleistungen aufgrund anderer Bestimmungen vorgehen würden, auch wenn es sich dabei um Ermessensleistungen handele. Weiter ergänzend hat der Beklagte noch darauf verwiesen, dass hier dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehe und damit entsprechende Leistungen nach § 21 SGB XII kategorisch ausgeschlossen seien. Die Klägerin habe daher einen Anspruch gegen das Jobcenter gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach würden die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen seien. Die Klägerin könne beim Jobcenter einen Antrag auf Überprüfung der Bescheide nach § 44 SGB X stellen. Eine § 116a SGB XII entsprechende Vorschrift gebe es im SGB II nicht, mit der Folge, dass die Rücknahme für den Zeitraum von vier Jahren möglich sei.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2015 wurde das Jobcenter Landkreis K. zum Verfahren beigeladen.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 25. März, 7. April und 22. Juni 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die frist- und formgerecht erhobene Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 144, 151 SGG) II.

Gegenstand der Anfechtungs- und Leistungsklage sind der Bescheid vom 19. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2013, mit dem der Beklagte im Ergebnis die Gewährung des Barbetrages und der Bekleidungsbeihilfe für die hier streitige Zeit ablehnte.

III.

Die Berufung der Klägerin ist auch weitgehend begründet. Der Beklagte hat der Klägerin weiterhin den Barbetrag und die Bekleidungsbeihilfe nach § 35 Abs. 2 bzw. seit dem 1. Januar 2011 § 27b Abs. 2 SGB XII – wenn auch unter Anrechnung der der Klägerin zumindest teilweise verbleibenden SGB II-Leistungen – zu gewähren.

1. Gem. § 67 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind (Satz 1). Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten Buches gedeckt wird, gehen diese Leistungen den Leistungen nach Satz 1 vor (Satz 2). Gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen, Hilfen zur Ausbildung, Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung. Zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen ist gem. Satz 2 in geeigneten Fällen ein Gesamtplan zu erstellen. Die Leistung wird gem. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erbracht, soweit im Einzelfall Dienstleistungen erforderlich sind. Einkommen und Vermögen der in § 19 Abs. 3 genannten Personen ist nicht zu berücksichtigen und von der Inanspruchnahme nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger abzusehen, soweit dies den Erfolg der Hilfe gefährden würde (Satz 2).

Nach § 2 Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten vom 24. Januar 2001 (BGBl. I 179) - VO nach § 69 SGB XII - sind Leistungen nach §§ 67 ff. SGB XII auch in stationären Einrichtungen zu erbringen. Sie sollen befristet und nur dann gewährt werden, wenn eine verfügbare ambulante oder teilstationäre Hilfe nicht geeignet und die stationäre Hilfe Teil eines Gesamtplans ist, an dessen Erstellung der für die stationäre Hilfe zuständige Träger der Sozialhilfe beteiligt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, was der Beklagte auch nicht bestreitet. Er hat nämlich auf der Grundlage des Hilfe-/Gesamtplanes vom 22./29. Oktober 2010 (Bl. 132 VA) gegenüber dem Einrichtungsträger mit Schreiben vom 24. November 2010 mitgeteilt, dass der Klägerin ab 1. Dezember 2010 bis zunächst 30. Juni 2012 die in der Einrichtung notwendigen Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII in Form von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, soweit sie nicht durch Eigenbeteiligungen gedeckt seien, gewähre (Bl. 161 VA). Mit Bescheid vom 24. November 2010 hatte der Beklagte der Klägerin im Hinblick auf die Unterbringung im JIH (s. Hilfeplan vom 22./29. Oktober 2010) Leistungen gem. den §§ 67, 68 SGB XII bewilligt und zwar entsprechend dem Leistungstyp WT-BSS. Weiter hat der Beklagte in diesem Bescheid ausgeführt, für die Dauer der Maßnahme erhalte die Klägerin einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld), sowie eine Bekleidungsbeihilfe. Der Beklagte hatte diese Leistungen unter den Vorbehalt gestellt, dass diese Leistungen ab dem Tag der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. sobald trotz des Aufenthaltes in der stationären Einrichtung es aufgrund der objektiven Struktur der Einrichtung möglich sei, eine Erwerbstätigkeit von mindestens 3 Stunden täglich (bzw. 15 Stunden wöchentlich) nachzugehen und vom zuständigen Träger die Erwerbsfähigkeit festgestellt werde, entfielen. Mit dem hier streitigen Änderungsbescheid vom 19. Januar 2011 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2013) hat der Beklagte die Gewährung des Barbetrages sowie der Bekleidungsbeihilfe für den hier streitigen Zeitraum letzlich abgelehnt und sich ausschließlich nur zur Weitergewährung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, und damit der Übernahme der Kosten im JIH abzüglich des vom Beklagten festgesetzten Eigenanteils der Klägerin bereit erklärt. Im Übrigen bestehe aufgrund des zwischenzeitlichen Bezuges von SGB II-Leistungen einschließlich von Leistungen der KdU kein weitergehender Anspruch gegen den Beklagten. 2. Infolgedessen hat das JIH von der Klägerin jeweils den vom Beklagten benannten Eigenanteil i.H.v. 632 EUR für Dezember 2010, ab 1. Januar 2011 636 EUR (Bl. 266 VA) bzw. ab 1. Januar 2012 644 EUR (Bl. 314 VA) von der Klägerin einbehalten, so dass ihr im Dezember 2010 lediglich 14 EUR für ihre persönlichen Bedürfnisse (SGB II-Leistungen i.H.v. 646 EUR abzüglich Eigenanteil i.H.v. 632 EUR), ab Januar 2011 lediglich 15 EUR (SGB II: 651 EUR abzüglich Eigenanteil: 636 EUR), ab Juli 2011 28 EUR (SGB II: 684 EUR abzüglich Eigenanteil: 636 EUR) und ab Januar 2012 55 EUR (SGB II: 699 EUR abzüglich Eigenanteil: 644 EUR) verblieben. D.h. aber im Ergebnis, der Klägerin verblieben zur Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse während der hier streitigen Zeit nur Geldmittel deutlich unter den nach § 35 Abs. 2 bzw. § 27b Abs. 2 SGB XII als Barbetrag und Bekleidungsbeihilfe vorgesehenen Mitteln (im Dezember 2010 wären dies gewesen: 96,93 EUR Barbetrag zuzüglich der Bekleidungsbeihilfe in Höhe von monatlich maximal 28 EUR).

Der Beklagte ist daher weiterhin verpflichtet, der Klägerin während der hier streitigen Zeit den Barbetrag in der jeweils maßgeblichen Höhe zuzüglich der jeweiligen anteiligen Bekleidungsbeihilfe abzüglich der der Klägerin nach Abzug ihres Eigenanteils noch verbliebenen SGB II-Leistungen zu gewähren.

3. Dem steht auch nicht die Ausschlussregelung in § 5 Abs. 2 SGB II bzw. § 21 SGB XII entgegen.

a.) Zunächst scheiden die Ausschlussregelungen nach § 5 Abs. 2 SGB II bzw. 21 SGB XII allerdings nicht schon deshalb aus, weil sich die Klägerin in einer stationären Einrichtung befunden hatte. Eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II liegt nämlich nur dann vor, wenn die objektive Struktur der Einrichtung es nicht zulässt, dass ein Hilfebedürftiger 3 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einer Erwerbstätigkeit nachgeht (BSG Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 16/07 R, BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr. 7, Juris Rdnr. 16). Die Klägerin aber konnte einer Erwerbstätigkeit auch während ihres Aufenthaltes im JIH nachgehen, wovon sowohl der Beklagte als auch der Beigeladene ausgehen.

b.) Der Bedarf der Klägerin für den notwendigen Lebensunterhalt nach dem SGB XII umfasst nach § 35 Abs. 1 SGB XII (jetzt § 27b SGB XII) den in der stationären Einrichtung erbrachten und den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB XII. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten umfasst auch die Übernahme der Kosten für den vom Einrichtungsträger in der stationären Einrichtung gewährten Lebensunterhalt nach § 35 Abs. 1 SGB XII, soweit er in der Einrichtung aufgrund ihrer Funktion neben der eigentlichen Aufgabenerfüllung (hier Maßnahme nach § 67 SGB XII) mitgewährt wird (vgl. hierzu BVerwG Urteil vom 22. März 1990, 5 C 58/86, ZfSH/SGB 1990, 308-309 noch zu § 27 Abs. 3 BSHG). Nach dem vorliegenden Konzept des Einrichtungsträgers wird in der stationären Einrichtung Unterkunft und Vollverpflegung zur Aufgabenerfüllung mitgewährt, sind vielmehr sogar die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten Teil des Konzeptes (der tagesstrukturierenden Maßnahme), so dass der Beklagte zur Kostenübernahme insgesamt verpflichtet ist. Die Klägerin hat daher auch Anspruch darauf, dass der Beklagte die vollständigen Kosten der stationären Unterbringung übernimmt. Bei Erforderlichkeit einer stationären Maßnahme nach § 67 SGB XII - wie hier vom Beklagten zutreffend angenommen - ist eine Aufsplitterung der stationären Maßnahme in "Maßnahmekosten" und andere Kosten in §§ 67 ff. SGB XII nicht vorgesehen (siehe LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17. August 2007 – L 23 B 167/07 SO ER – Rdnr. 14 nach Juris). Dies entspricht auch nicht der Zielstellung der §§ 67 ff. SGB XII, nämlich umfassende Maßnahmen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies folgt aus § 68 SGB XII i. V. m. § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (VO nach § 69 SGB XII). Danach richten sich Art und Umfang der Maßnahmen nach dem Ziel, die Hilfesuchenden zur Selbsthilfe zu befähigen, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen und die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu sichern. Auf Leistungen anderer Stellen oder nach anderen Vorschriften des SGB XII ist hinzuwirken; die Regelungen bei Erstattungsansprüchen der Leistungsträger untereinander gemäß §§ 102 bis 114 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X - finden insoweit auch zwischen Trägern der Sozialhilfe Anwendung. Daraus folgt, dass das Ziel der Maßnahme insgesamt vom jeweiligen Sozialhilfeträger mit der gewährten Hilfe zu sichern ist und etwaige Ansprüche gegen andere Träger im Wege der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen zu realisieren sind. Grundlage für die Leistungserbringung ist dabei der erstellte Gesamtplan (§ 2 Abs. 1 Satz 4 VO nach § 69 SGB XII). Hilfeempfänger nach § 67 SGB XII sollen die Hilfe aus einer Hand erhalten, Zuständigkeitsfragen sollen zwischen den in Frage kommenden Sozialleistungsträgern geklärt werden (so LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. und Beschluss vom 30. Mai 2007 - L 15 B 82/07 SO ER).

In der Sache selbst kann vor dem Hintergrund der Struktur der von der Klägerin besuchten Maßnahme, wie sie vom JIH beschrieben wird, schon ein bestimmter Anteil für die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht "herausgerechnet" bzw. "aufgesplittet" werden. So sind die hauswirtschaftlichen Bereiche (z.B. gemeinsames Waschen etc.) integraler Bestandteil der (tagesstrukturierenden Maßnahme, denn die Teilnahme an den hauswirtschaftlichen Arbeiten dient dem Ziel des (Wieder-)Erlernens dieser Tätigkeiten und der Verselbständigung in diesem Bereich. Diese Tätigkeiten sind damit letztlich als integraler Bestandteil der Maßnahme nach § 67 SGB XII zu sehen (siehe LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17. August 2007 – L 23 B 167/07 SO ER, Juris Rdnr. 14; siehe auch zum Mittagessen in einer Werkstatt für Behinderte im Rahmen der Eingliederungshilfe Urteil des BSG vom 9. Dezember 2008 - B 8/9b SO 12/07 R, Juris Rdnr. 4).

d.) Des Weiteren ist § 35 SGB XII a.F. bzw. jetzt § 27 b SGB XII auch nicht durch § 21 SGB XII ausgeschlossen. § 35 SGB XII ist in diesem Zusammenhang vielmehr nur als "Rechengröße" zu sehen, begründet jedoch keinen individuellen Anspruch zur Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne von § 21 SGB XII bzw. § 5 Abs. 2 SGB II.

Gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F. (bzw. § 27b Abs. 1 Satz 1 SGB XII) umfasst der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt. Der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 (Satz 2). Der weitere notwendige Lebensunterhalt umfasst gem. § 35 Abs. 2 Satz 1 a.F. bzw. § 27b Abs. 1 Satz 1 SGB XII insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung; § 31 Abs. 2 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

Da der Beklagte selbst im vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 24. November 2010 von den Gesamtmaßnahmekosten spricht sowie ausdrücklich auf den lediglich der Klägerin noch zur Verfügung stehenden Barbetrag (Taschengeld) und die einmalige Beihilfe hinweist und auf der anderen Seite auf die Pflicht der Klägerin zum Eigenbeitrag aus ihren Einnahmen, zeigt, dass der Beklagte davon ausgeht, dass in den Maßnahmekosten auch die Kosten für den notwendigen Lebensunterhalt bereits enthalten sind (Tagessatz multipliziert mit der Anzahl der Monatstage). Das JIH berechnet auch keineswegs gegenüber der Klägerin bzw. dem Beklagten gesondert über den Tagessatz Kosten für Leistungen für den Lebensunterhalt (z.B. Verpflegung).

Hinsichtlich § 35 SGB XII a.F. bzw. jetzt § 27b SGB XII ist zunächst zu beachten, dass diese Regelung gegenüber der früheren Regelung in § 27 Abs. 3 BSHG eine wesentliche Änderung enthielt. Mit der systematischen Zuordnung der Hilfe zum Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen hat der Gesetzgeber die zuvor in § 27 Abs. 3 BSHG geregelte Verklammerung von Lebensunterhalt und Hilfe in besonderen Lebenslagen aufgelöst. Die in Einrichtungen zu leistende Hilfe zum Lebensunterhalt zählt danach nicht mehr zur Hilfe in besonderen Lebenslagen bzw. heute zu den Leistungen nach § 19 Abs. 3 SGB XII, sondern gehört nunmehr zu den Leistungen nach dem Dritten Kapitel "Hilfe zum Lebensunterhalt" bzw. zum Vierten Kapitel (s. BSG Urteil vom 9. Dezember 2008 a.a.O.). Diese Zuordnung hat insofern erhebliche Auswirkungen, als nicht die Einkommensgrenzen nach § 85 SGB XII eingreifen. Auch die Schutzvorschrift beim Einsatz des Vermögens nach § 90 Abs. 3 Satz 2 kommt nicht zur Anwendung. Es gilt vielmehr insoweit § 19 Abs. 1 SGB XII (uneingeschränkter Einsatz des Einkommens). Durch das Änderungsgesetz vom 2. Dezember 2006 ist zwischenzeitlich § 92a SGB XII eingeführt worden, wonach von nicht getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern der Einsatz eigener Mittel nur begrenzt verlangt wird. Der Hintergrund der Regelung ist, Hilfe in Einrichtungen möglichst nicht zu privilegieren, da der Grundsatz "ambulant vor stationär" unterstützt werden soll (Grube/Wahrendorf, SGB XII Sozialhilfe, 3. Auflage § 35 Rdnr. 3; Armborst in LPK-SGB XII § 27b Rdnr.1). Große Schwierigkeiten bereitet konkret die Ermittlung des notwendigen Lebensunterhalts in stationären Einrichtungen. Insoweit nennt die Vorschrift in Abs. 1 Satz 2 einen allgemeinen Maßstab und daneben noch "weiteren notwendigen Lebensunterhalt", wobei dies in Abs. 2 umschrieben wird. Zunächst soll der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen dem Umfang der Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII entsprechen. Diese Regelung hat in der Praxis zu unübersehbaren Schwierigkeiten geführt, da die Anknüpfung an die Leistungen nach § 42 SGB XII nicht mit den Leistungserbringungsrecht nach dem § 75 ff. SGB XII kompatibel ist. Dort wird nämlich die Vergütung zwingend in die Bestandteile Unterkunft und Verpflegung (Hotelkosten-Grundpauschale), Maßnahmepauschale und Investitionskosten gegliedert. Die in § 76 Abs. 2 SGB XII vorgesehene Grundpauschale deckt aber einerseits nicht den gesamten notwendigen Lebensunterhalt ab, andererseits umfassen die Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII Bedarfsgegenstände, die in stationären Einrichtungen zumeist nicht relevant sind. Der Versuch des Gesetzgebers, den in stationären Einrichtungen zu gewährenden notwendigen Lebensunterhalt ebenso wie außerhalb von Einrichtungen weitgehend zu pauschalieren, muss man daher als gescheitert ansehen. Da der Bedarfsdeckungsgrundsatz der Sozialhilfe nicht aufgegeben werden darf, wird die Bezugnahme auf die pauschalierten Leistungen nach § 42 SGB XII auch nur als "Rechengröße" (so Fahlbusch Deutscher Verein, Gutachten G 24/04 vom 1. August 2005; siehe auch Grube a.a.O. sowie Armborst a.a.O. Rdnr. 5 ) verstanden, und nicht als Leistungsnorm für den individuellen Anspruch des Leistungsberechtigten. Die Leistungsvereinbarungen mit den Leistungserbringern müssten jedenfalls bedarfsdeckend sein, sofern man nicht das Problem über die "weiteren Leistungen" nach Abs. 2 lösen kann.

e.) Das bedeutet aber weiter, dass die Ausschlussregelung nach § 5 Abs. 2 SGB II bzw. § 21 SGB XII bei § 35 SGB XII a.F. bzw. § 27b SGB XII n.F. keine Anwendung finden kann.

Da die Rechtslage - wie oben dargestellt - nicht eindeutig ist, eine eindeutige Regelung aus unterschiedlichen Gründen auch nicht gefunden wurde und mithin unterschiedliche Betrachtungsweisen gut vertretbar sind, favorisiert der Deutsche Verein (Fahlbusch im Gutachten 24/04 vom 1. August 2005) nach dem derzeitigen Erkenntnisstand mit nachstehendem Auslegungsvorschlag eine am Sinn und Zweck der Regelungen orientierte Interpretation, die mit der Technik der teleologischen Reduktion ein den Gesetzestext moderat korrigierendes, praktikables Verständnis der Norm des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Verhältnis zu den Erstausstattungen nach § 31 SGB XII beabsichtigt. Die Textexegese zeigt, dass die Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf § 42 Satz 1 Nr. 3 SGB XII ins Leere läuft. Dies ergibt sich aus der Prüfung des Inhalts des § 31 SGB XII unter der Fragestellung, ob die hiernach möglichen Leistungen in einer Einrichtung sinnvoller Weise geleistet werden können oder müssen. Dies ergibt sich aber vor allem aus grundsätzlichen Erwägungen. Unter Berücksichtigung der Gesetzesgebungsgeschichte muss § 35 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 27b Abs. 1 Satz 2 SGB XII als Vorschrift zur Berechnung des Anteils der Hilfe zum Lebensunterhalt am Gesamtbedarf an Sozialhilfe in einer Einrichtung gelesen werden. Die Regelung ist als Reaktion im ersten Änderungsgesetz in das SGB XII gelangt, nachdem aus der Praxis die Unklarheit offenkundig geworden war, wie der in der Einrichtung erbrachte, notwendige Lebensunterhalt der Höhe nach zu bestimmen sei. Der Gesetzgeber wollte einen Maßstab zur Bemessung des Lebensunterhalts schaffen und Probleme der praktischen Umsetzung bei der Berechnung und Feststellung der einzelnen Leistungen ausschließen (BT-Drs. 15/3673, S.3). Mit seinen Ausführungen in der Gesetzesbegründung macht der Gesetzgeber klar, dass die Vorschrift nicht als Leistungsnorm verstanden werden kann. Sie dient gerade nicht dazu, den individuellen Anspruch eines Leistungsberechtigten auf Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter zu bestimmen. Denn hierfür enthält das Gesetz eigene Anspruchsgrundlagen. Die Vorschrift normiert vielmehr lediglich eine Rechengröße. Da sie lediglich eine Rechengröße darstellt, kommt es letztlich nicht darauf an, welche individuellen Ansprüche unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls bestehen. Die Bedarfsberechnung im Einzelfall hat selbstverständlich ohnehin zu erfolgen, sie schließt die Prüfung sämtlicher Leistungsnormen des SGB XII ein. Lediglich fiktiv setzt § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII aber einen bestimmten Anteil der möglichen Leistungen nach dem SGB XII als Berechnungsmodule des Lebensunterhalts in Einrichtungen an. Beleg hierfür ist die Regelung des § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, wonach die Kosten für Miete und Heizung in der Einrichtung nicht den marktmäßigen sondern Durchschnitts-Preisen entsprechen. Beleg hierfür ist ferner, dass nur ein Teil der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 SGB XII erfasst werden. Diese Berechnungsweise erfolgt – was hier keiner Bewertung unterliegen soll – im Übrigen auch unabhängig von den in einer Einrichtung zu zahlenden Grundpauschalen und Investitionsbeträgen (Fahlbusch, Deutscher Verein, Gutachten G 24/04 vom 1. August 2005 Nrn.5 und 6).

Auch die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2006 zur Änderung des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch das SGB XII-Änderungsgesetz spricht im Übrigen von einem bloßen Rechenbetrag (Bundesratsdrucksache 617/06, S. 17). Damit habe gewährleistet werden sollen, dass Leistungsempfänger in stationären Einrichtungen mit Leistungsempfängern außerhalb von Einrichtungen gleichgestellt würden.

Damit aber sind vom Sozialhilfeträger, soweit tatsächlich dem Hilfebedürftigen kein oder fast kein Einkommen zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse zur Verfügung steht, durch die Gewährung entsprechender (zusätzlicher) Leistungen, hier Barbetrag und Bekleidungsbeihilfe zu decken. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass anderenfalls der Sozialhilfeträger die Maßnahme, die gerade dazu dient, den Hilfebedürftigen wieder in geordnete Verhältnisse - hier insbesondere aus der Obdachlosigkeit - zu bringen, selbst zum Scheitern bringen würde.

f.) Der Anwendungsbereich der §§ 5 Abs. 2 SGB II und 21 SGB XII muss folglich im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend eingegrenzt werden, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift bei grundsätzlicher Leistungsberechtigung nach dem SGB II lediglich Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII außerhalb von Einrichtungen ausgeschlossen sein können. Denn nur bei den Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen besteht das von der Gesetzesbegründung postulierte "abgestimmte Leistungsniveau zwischen beiden Büchern". Im Verhältnis zu den Leistungen zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem SGB XII käme es andernfalls zu vielfältigen Friktionen, die nach der ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers nicht über § 21 SGB XII, sondern über einen Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II gelöst werden sollten.

g.) Soweit der Beklagte noch die Auffassung vertritt, die Klägerin könne gemäß § 21 SGB II gegebenenfalls höhere tatsächliche Kosten der Unterkunft gegenüber dem Beigeladenen geltend machen, wenn ihr derzeit nichts verblieben sei, verkennt der Beklagte, dass der Klägerin keineswegs tatsächlich höhere Kosten der Unterkunft entstanden sind, geschweige denn belegt werden können. Denn wie bereits oben dargestellt, werden in den verschiedenen Kostenpauschalen spezielle Kosten der Unterkunft überhaupt nicht separat ausgewiesen. Also kann die Klägerin schon von daher keine "höheren" Unterkunftskosten belegen.

4. Insgesamt war daher der Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 19. Januar 2011, dieser Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2013 zu verurteilen, der Klägerin für die streitige Zeit Dezember 2010 bis Juni 2012 den Barbetrag sowie Bekleidungsbeihilfe gemäß § 35 Abs. 2 bzw. § 27b Abs. 2 SGB XII abzüglich der ihr nach Einbehalt ihres Eigenanteiles verbleibenden SGB II-Leistungen zu gewähren.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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