Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 788/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1871/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugunstenverfahrens über die Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung höherer Entgelte für die Jahre 1961 bis 1970.
Die Klägerin ist die Ehefrau des am 1932 geborenen und am 2015 verstorbenen Versicherten. Dieser war unter anderem in der Zeit von 1961 bis 1970 bei der Firma X. K. Straßen- und Tiefbau in A. als Pflasterer beschäftigt. Auf einen am 23. Januar 1995 gestellten Antrag gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden einheitlich Beklagte) dem Versicherten mit Bescheid vom 24. April 1995 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Oktober 1994 bis 31. Juli 1997. Mit Bescheid vom 21. Mai 1997 gewährte die Beklagte dem Versicherten anstelle der bisherigen Rente eine Regelaltersrente beginnend ab 1. August 1997. Hierbei berücksichtigte sie als beitragspflichtige Entgelte für
das Jahr 1960 DM 7.807,41 das Jahr 1961 DM 6.881,51 das Jahr 1962 DM 8.443,59 die Zeit vom 20. März bis 31. Dezember 1963 DM 8.871,79 die Zeit vom 26. Februar bis 31. Dezember 1964 DM 8.469,04 die Zeit vom 2. bis 3. Januar 1965 DM 33,20 die Zeit vom 18. März bis 31. Dezember 1965 DM 10.633,80 das Jahr 1966 DM 13.002,67 das Jahr 1967 DM 11.506,81 den 1. Januar 1968 DM 51,60 den 18. März bis 31. Dezember 1968 DM 13.321,86 Januar 1969 DM 120,48 den 1. März bis 31. Dezember 1969 DM 15.665,09 Januar 1970 DM 126,56 die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1970 DM 16.418,29
Die hierbei berücksichtigten Entgelte entsprechen den sich aus den Aufrechnungsbescheinigungen über den Inhalt der Versicherungskarten Nr. 5 bis 8 ergebenden beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte für die Beschäftigungszeiten von 1960 bis 1970.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache des Versicherten am 4. Oktober 2012 machte dieser u.a. geltend, es ergäben sich Differenzen zwischen den Lohnnachweiskarten aus den Jahren 1961 bis 1970 mit den Aufrechnungsbescheinigungen. Er bitte um Überprüfung der Differenzen und um Klärung, warum die Rente aus den geringen Entgelten (Aufrechnungsbescheinigungen) und nicht nach den höheren Entgelten (Lohnnachweiskarten) berechnet worden sei. Dabei legte er Lohnnachweiskarten für die Jahre 1961 bis 1970 vor, in denen folgende Entgelte genannt sind: 1. Januar bis 31. Dezember 1961 DM 7.270,38 1. Januar bis 31. Dezember 1962 DM 9.822,30 1. Januar bis 31. Dezember 1963 DM 13.069,81 1. Januar bis 31. Dezember 1964 DM 12.247,70 1. Januar bis 31. Dezember 1965 DM 14.727,57 1. Januar bis 31. Dezember 1966 DM 14.201,92 1. Januar bis 31. Dezember 1967 DM 12.229,39 1. Januar 1968 DM 51,60 18. März bis 31. Dezember 1968 DM 14.586,10 1. Januar bis 31. Dezember 1969 DM 19.271,89 1. Januar bis 31. Dezember 1970 DM 20.905,55
Nach Anfrage bei der zuständigen Krankenkasse des Versicherten (AOK Baden-Württemberg) stellte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 6. Dezember 2012 die Rente des Klägers beginnend ab 1. August 1997 neu fest. Dabei berücksichtigte sie zusätzliches beitragspflichtiges Entgelt für die Zeit vom 1. Januar 1963 bis 19. März 1963 von DM 2.485,34 sowie die Zeit vom 24. Februar 1971 bis 28. Februar 1971 als Zeit der Krankheit. Den Bescheid vom 24. April 1995 in der Fassung des Bescheides vom 21. Mai 1997 nahm die Beklagte nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Die geltend gemachten Entgelte hätten nicht berücksichtigt werden können, da es sich laut den übersandten Nachweisen um lohnsteuerpflichtiges Entgelt und nicht um rentenversicherungspflichtiges Entgelt gehandelt habe.
Hiergegen erhob der Versicherte Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, die Beklagte habe seiner Rente zu geringe Entgelte zugrunde gelegt. Maßgeblich seien die sich aus den vorgelegten Lohnnachweiskarten ergebenden Beträge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Versicherten zurück. Bei der Berechnung der monatlichen Rentenhöhe seien die in den Aufrechnungsbescheinigungen Nr. 5 bis 8 aufgeführten sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte zugrunde gelegt worden. Bei der Ermittlung der sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte bediene sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich halte (§ 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X könne die Behörde Urkunden und Akten beiziehen. Als Urkunden kämen Aufrechnungsbescheinigungen in Betracht. Als Nachweis der Höhe der sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte komme den Aufrechnungsbescheinigungen als Urkunde eine höhere Beweiskraft zu, als den Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe. Zudem könnten die in den Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe aufgeführten lohnsteuerpflichtigen Bruttolöhne Lohnteile enthalten, die nicht zu den sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelten gehörten. Der Rentenbescheid vom 6. Dezember 2012 sei somit rechtlich nicht zu beanstanden.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2013 wandte sich der Versicherte erneut an die Beklagte und erklärte sich weiter nicht einverstanden mit der Berechnung seiner Altersrente. Auf Nachfrage erklärte er gegenüber der Beklagten unter dem 6. März 2013, sein Schreiben vom 12. Februar 2013 solle als Klageschrift gewertet werden. Anschließend leitete die Beklagte den Vorgang an das Sozialgericht Heilbronn (SG) weiter. Zur Begründung seiner Klage hielt er weiter an der Auffassung fest, die in den Lohnachweiskarten genannten Entgelte seien der Berechnung seiner Rente zugrunde zu legen.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Feststellungen im angefochtenen Bescheid entgegen. Auf Veranlassung des SG erstellte sie unter dem 8. Juli 2013 eine Probeberechnung unter Berücksichtigung der vom Versicherten begehrten Entgelte für die Jahre 1961 bis 1970, wonach der monatliche Zahlbetrag der Regelaltersrente ca. EUR 15,00 höher wäre.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. April 2014 wies das SG die Klage ab. Der Versicherte sei durch den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die in den vom Versicherten vorgelegten Lohnnachweiskarten genannten Entgelte der Berechnung der Rente zugrunde zu legen. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage in der nichtöffentlichen Sitzung am 17. März 2014 sei nochmals darauf hinzuweisen, dass in der Versicherungskarte vor Einführung der elektronischen Datenverarbeitung Beschäftigungszeiten und Verdienste eingetragen worden seien. Die Versicherungskarte sei in der Regel nach zwei Jahren (bei Beitragsmarken) oder nach drei Jahren (bei Entgelteintragung) durch eine öffentliche Stelle (z.B. Krankenkasse) aufgerechnet und zum Rentenversicherungsträger geschickt worden. Als Nachweis der Karteninhalte erhielten Versicherte eine sog. Aufrechnungsbescheinigung. Die Beklagte habe bei der Berechnung der Rente die in der Versicherungskarte bzw. den Aufrechnungsbescheinigungen genannten beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte berücksichtigt. Der vom Versicherten in den Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe genannte lohnsteuerpflichtige Bruttolohn weiche zwar jeweils davon ab. Dies bedeute jedoch nicht, dass dieser hier berücksichtigt werden müsse. Entgegen der Ansicht des Klägers lägen hier keine Fehler vor und erst Recht keine "Absicht zum Betrug" der Beklagten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die jeweils genannten Zahlen zutreffend seien. Es sei davon auszugehen, dass in den jeweiligen Lohnnachweiskarten auch Lohnanteile bescheinigt würden, die nicht zu den sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelten gehörten. Damit sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte (nur) die in den Aufrechnungsbescheinigungen bzw. der Versicherungskarte genannten Entgelte berücksichtigt habe. Der erforderliche Vollbeweis eines für die Rentenberechnung maßgeblichen höheren sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts könne mit den Lohnnachweiskarten nicht geführt werden. Weitere Unterlagen seien nach den Angaben des Versicherten nicht vorhanden. Im Übrigen wies das SG nochmals darauf hin, dass der während des Verfahrens erstellte fiktive Rentenbescheid vom 8. Juli 2003 lediglich eine Probeberechnung sei, die die Beklagte auf seine (des SG) Veranlassung vorgenommen habe. Die Beklagte sei auf dieser Grundlage nicht verpflichtet Zahlungen zu leisten.
Gegen den dem Versicherten am 5. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 22. April 2014 beim SG "Einspruch" eingelegt, den das SG als Berufung gewertet und an das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) weitergeleitet hat. Zur Begründung hat er dargelegt, seine Rente sei von 1960 bis 1969 nicht nach seinem Bruttolohn sondern nach seinem Nettolohn berechnet worden. Die Rente müsse daher neu berechnet werden. Aus dem (vorgelegten) Schreiben der AOK Baden-Württemberg vom 4. September 2014 gehe hervor, er sei vom 18. März 1966 bis 30. April 1973 bei der Firma X. K., A. als Pflasterer beschäftigt gewesen. Die Beiträge "wurden nach dem wirklichen Entgelt bemessen und der Beitragsgruppe A 1 zugewiesen". Weitere Unterlagen, als diejenigen, die er bislang vorgelegt habe, wie beispielsweise einen Arbeitsvertrag, Gehaltsabrechnungen oder ähnliches, könne er nicht mehr vorlegen. Die Firma des ehemaligen Arbeitgebers existiere nicht mehr. Er hat ein Schreiben der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes SOKA-Bau vom 7. Mai 2014 vorgelegt, in dem diese ausführte, die Eintragungen in den Lohnnachweiskarten würden vom Arbeitgeber vorgenommen. Die Richtigkeit der Eintragungen liege in der Verantwortung des Arbeitgebers.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. April 2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 21. Mai 1997 für die Zeit vom 1. August 1997 bis 30. Juni 2015 höhere Altersrente unter Zugrundelegung eines Entgelts für das Jahr 1961 in Höhe von DM 7.270,38 DM (= EUR 3.717,29), für das Jahr 1962 in Höhe von DM 9.822,30 (= EUR 5.022,06), für das Jahr 1963 in Höhe von DM 13.069,81 (= EUR 6.682,49), für das Jahr 1964 in Höhe von DM 12.247,70 (= EUR 6.262,15), für das Jahr 1965 in Höhe von DM 14.727,57 (= EUR 7.530,09), für das Jahr 1966 in Höhe von DM 14.201,92 (= EUR 7.261,33), für das Jahr 1967 in Höhe von DM 12.229,39 (= EUR 6.252,79), für das Jahr 1968 in Höhe von DM 14.586,10 (= EUR 7.457,75), für das Jahr 1969 in Höhe von DM 17.474,32 (= EUR 8.934,48) und für das Jahr 1970 in Höhe von DM 20.905,55 (=EUR 10.688,84) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Auf Nachfrage des Senats hat die AOK Baden-Württemberg unter dem 18. Februar 2015 mitgeteilt, aus der genannten Zeit (Januar 1961 bis Dezember 1970) lägen keine Entgeltmeldungen mehr vor. Die Beiträge seien der Beitragsgruppe A 1 zugewiesen worden. Es könne weder mitgeteilt noch ermittelt werden, welches Gehalt der "Beitragsgruppe A 1" zu Grunde gelegt worden sei (- auch nicht als abstrakter Wert -).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Versicherten, die die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] fortführt und über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Die Berufung bedurfte nicht nach § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt höhere Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Regelaltersrentenbescheides vom 21. Mai 1997 und Gewährung einer höheren Regelaltersrente aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten unter zusätzlicher Berücksichtigung höherer, sich aus den vorgelegten Lohnnachweiskarten ergebender Entgelte im Zeitraum vom 1961 bis 1970.
Verfahrensrechtliche Grundlage des geltend gemachten Überprüfungsanspruchs ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Voraussetzungen des § 44 SGB X liegen nicht vor. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 1997 ist - soweit er nicht mit Bescheid vom 6. Dezember 2012 teilweise zurückgenommen wurde - nicht rechtswidrig. Weder ist das Recht zu Lasten der Klägerin unrichtig angewandt noch ist von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich im Nachhinein als unrichtig erwiesen hat. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer höheren Regelaltersrente aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten unter zusätzlicher Berücksichtigung höherer, sich aus den vorgelegten Lohnnachweiskarten ergebender Entgelte im Zeitraum vom 1961 bis 1070 im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zu Recht hat die Beklagte der Berechnung der dem verstorbenen Versicherten ab 1. August 1997 gewährten Regelaltersrente die sich aus den Aufrechnungsbescheinigungen der Versicherungskarten Nr. 5 bis 8 ergebenden beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte zugrunde gelegt.
Die Berechnung im Rentenbewilligungsbescheid ist im Einzelnen nicht zu beanstanden. Mit ihrer Einwendung, die von der Beklagten zu Grunde gelegten Bruttoarbeitsentgelte seien unzutreffend, dringt die Klägerin nicht durch.
Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Danach bildet lediglich das versicherte Erwerbseinkommen den Versicherungsgegenstand. Entscheidend ist also grundsätzlich, in welcher Höhe Beiträge aus dem Arbeitsverdienst des Versicherten zur Rentenversicherung abgeführt worden sind.
Vor Einführung des Meldeverfahrens (ab 1. Januar 1973) waren zur Bescheinigung dieses Entgelts aus einem Beschäftigungsverhältnis Versicherungskarten zu verwenden, welche gemäß den bis 31. Dezember 1992 geltenden § 1411 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 133 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) zum Nachweis der durch Abführung an eine Einzugsstelle entrichteten Beiträge dienten. Die Eintragungen in den Versicherungskarten des Versicherten tragen die Vermutung ihrer Richtigkeit, wenn, wie vorliegend, die Versicherungskarten vor dem 1. Januar 1992 und rechtzeitig, d.h. gemäß §§ 1412 Abs. 1 RVO, 134 Abs. 1 AVG binnen drei Jahren nach der Ausstellung, umgetauscht worden sind. Es wird vermutet, dass während der bescheinigten Zeiten ein die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis mit dem angegebenen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt bestanden hat und die dafür zu zahlenden Beiträge gezahlt worden sind (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Für die umgetauschten Versicherungskarten erhielt der Versicherte eine Aufrechnungsbescheinigung, in der der Inhalt der eingetragenen Entgeltbescheinigungen wiedergegeben war (§§ 1414 Abs. 2 RVO, 136 Abs. 2 AVG; vgl. Landessozialgericht Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Januar 2007 – L 18 R 168/06 –, Rn. 17, in juris).
Auf der Aufrechnungsbescheinigung über den Inhalt der Versicherungskarte Nr. 5 des Versicherten für die Zeit vom 2. Februar 1959 bis 31. Dezember 1962, auf der Aufrechnungsbescheinigung der Versicherungskarte Nr. 6 des Versicherten für die Zeit vom 20. März 1963 bis 31. Dezember 1966, auf der Aufrechnungsbescheinigung der Versicherungskarte Nr. 7 des Versicherten für die Zeit vom 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1969 und auf der Aufrechnungsbescheinigung der Versicherungskarte Nr. 8 des Versicherten für das Jahr 1970 sind die von der Beklagten bei der Rentenberechnung zu Grunde gelegten Beitragszeiten sowie die angegebenen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte eingetragen. Diese rechtzeitig umgetauschten Versicherungskarten sind öffentliche Urkunden im Sinne des § 418 Zivilprozessordnung (ZPO), die nach Abs. 1 dieser Vorschrift den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, hier die von dem Arbeitgeber eingetragenen und von der Einzugsstelle überprüften und bestätigten Eintragungen, begründen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11. Juli 1972 - 5 RJ 455/70 -, in juris).
Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zwar grundsätzlich möglich (§ 418 Abs. 2 ZPO), die Klägerin hat einen (Gegen)Beweis, dass seinerzeit ein höheres rentenversicherungspflichtiges Bruttoarbeitseinkommen bestanden hat, nicht erbracht und auch nicht glaubhaft gemacht. Es ist insofern zwar nicht auszuschließen, dass der Versicherte - wie er angegeben hat - ein höheres Bruttoentgelt verdient hat, aber ebenfalls nicht ausgeschlossen, dass dieses nicht vollumfänglich beitragspflichtig war. So hat das BSG beispielsweise für Überstundenvergütung und Schmutzzulagen ein mögliches Auseinanderfallen von Sozialversicherungs- und Lohnsteuerrecht festgestellt (BSG, Urteil vom 1. März 1978 - 12 RK 31/76 -, in juris). Der Versicherte hat zwar Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe u.a. für die streitgegenständlichen Jahre 1961 bis 1970 vorgelegt; hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass das jeweils erzielte Arbeitsentgelt und dort ausgewiesene lohnsteuerpflichtige Bruttolohn dem Wert des maßgeblichen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt entsprach. Da die vorgelegten Lohnnachweiskarten keine Angaben zu den gezahlten Beiträgen zur Sozialversicherung enthalten, ergibt sich aus ihnen schon nicht, dass aus dem dort genannten Arbeitsentgelt der auf den Versicherten entfallende Beitragsanteil zur Sozialversicherung abgezogen worden war. Weitere Unterlagen, als diejenigen, die der Versicherte im Verlauf des Verfahrens vorgelegt hat, sind nicht mehr vorhanden. Insoweit hatte der Versicherte im Rahmen eines mit der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermins erklärt, weder Gehaltsabrechnungen oder einen Arbeitsvertrag vorlegen zu können. Auch die Firma des ehemaligen Arbeitgebers existiert nicht mehr. Selbst eine Anfrage des Senats bei der damaligen Einzugsstelle führte lediglich zu dem Ergebnis, dass weitere Unterlagen nicht mehr vorhanden sind. Entgeltmeldungen liegen nicht mehr vor. Die Beiträge "sind der Beitragsgruppe A1 zugewiesen worden". Ein diesbezüglich abstrakter Wert, der Hinweis auf die Höhe der Beitragsentrichtung geben könnte, konnte seitens der Einzugsstelle nicht mitgeteilt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugunstenverfahrens über die Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung höherer Entgelte für die Jahre 1961 bis 1970.
Die Klägerin ist die Ehefrau des am 1932 geborenen und am 2015 verstorbenen Versicherten. Dieser war unter anderem in der Zeit von 1961 bis 1970 bei der Firma X. K. Straßen- und Tiefbau in A. als Pflasterer beschäftigt. Auf einen am 23. Januar 1995 gestellten Antrag gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden einheitlich Beklagte) dem Versicherten mit Bescheid vom 24. April 1995 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Oktober 1994 bis 31. Juli 1997. Mit Bescheid vom 21. Mai 1997 gewährte die Beklagte dem Versicherten anstelle der bisherigen Rente eine Regelaltersrente beginnend ab 1. August 1997. Hierbei berücksichtigte sie als beitragspflichtige Entgelte für
das Jahr 1960 DM 7.807,41 das Jahr 1961 DM 6.881,51 das Jahr 1962 DM 8.443,59 die Zeit vom 20. März bis 31. Dezember 1963 DM 8.871,79 die Zeit vom 26. Februar bis 31. Dezember 1964 DM 8.469,04 die Zeit vom 2. bis 3. Januar 1965 DM 33,20 die Zeit vom 18. März bis 31. Dezember 1965 DM 10.633,80 das Jahr 1966 DM 13.002,67 das Jahr 1967 DM 11.506,81 den 1. Januar 1968 DM 51,60 den 18. März bis 31. Dezember 1968 DM 13.321,86 Januar 1969 DM 120,48 den 1. März bis 31. Dezember 1969 DM 15.665,09 Januar 1970 DM 126,56 die Zeit vom 1. März bis 31. Dezember 1970 DM 16.418,29
Die hierbei berücksichtigten Entgelte entsprechen den sich aus den Aufrechnungsbescheinigungen über den Inhalt der Versicherungskarten Nr. 5 bis 8 ergebenden beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte für die Beschäftigungszeiten von 1960 bis 1970.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache des Versicherten am 4. Oktober 2012 machte dieser u.a. geltend, es ergäben sich Differenzen zwischen den Lohnnachweiskarten aus den Jahren 1961 bis 1970 mit den Aufrechnungsbescheinigungen. Er bitte um Überprüfung der Differenzen und um Klärung, warum die Rente aus den geringen Entgelten (Aufrechnungsbescheinigungen) und nicht nach den höheren Entgelten (Lohnnachweiskarten) berechnet worden sei. Dabei legte er Lohnnachweiskarten für die Jahre 1961 bis 1970 vor, in denen folgende Entgelte genannt sind: 1. Januar bis 31. Dezember 1961 DM 7.270,38 1. Januar bis 31. Dezember 1962 DM 9.822,30 1. Januar bis 31. Dezember 1963 DM 13.069,81 1. Januar bis 31. Dezember 1964 DM 12.247,70 1. Januar bis 31. Dezember 1965 DM 14.727,57 1. Januar bis 31. Dezember 1966 DM 14.201,92 1. Januar bis 31. Dezember 1967 DM 12.229,39 1. Januar 1968 DM 51,60 18. März bis 31. Dezember 1968 DM 14.586,10 1. Januar bis 31. Dezember 1969 DM 19.271,89 1. Januar bis 31. Dezember 1970 DM 20.905,55
Nach Anfrage bei der zuständigen Krankenkasse des Versicherten (AOK Baden-Württemberg) stellte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 6. Dezember 2012 die Rente des Klägers beginnend ab 1. August 1997 neu fest. Dabei berücksichtigte sie zusätzliches beitragspflichtiges Entgelt für die Zeit vom 1. Januar 1963 bis 19. März 1963 von DM 2.485,34 sowie die Zeit vom 24. Februar 1971 bis 28. Februar 1971 als Zeit der Krankheit. Den Bescheid vom 24. April 1995 in der Fassung des Bescheides vom 21. Mai 1997 nahm die Beklagte nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Die geltend gemachten Entgelte hätten nicht berücksichtigt werden können, da es sich laut den übersandten Nachweisen um lohnsteuerpflichtiges Entgelt und nicht um rentenversicherungspflichtiges Entgelt gehandelt habe.
Hiergegen erhob der Versicherte Widerspruch und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, die Beklagte habe seiner Rente zu geringe Entgelte zugrunde gelegt. Maßgeblich seien die sich aus den vorgelegten Lohnnachweiskarten ergebenden Beträge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Versicherten zurück. Bei der Berechnung der monatlichen Rentenhöhe seien die in den Aufrechnungsbescheinigungen Nr. 5 bis 8 aufgeführten sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte zugrunde gelegt worden. Bei der Ermittlung der sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte bediene sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich halte (§ 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X könne die Behörde Urkunden und Akten beiziehen. Als Urkunden kämen Aufrechnungsbescheinigungen in Betracht. Als Nachweis der Höhe der sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte komme den Aufrechnungsbescheinigungen als Urkunde eine höhere Beweiskraft zu, als den Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe. Zudem könnten die in den Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe aufgeführten lohnsteuerpflichtigen Bruttolöhne Lohnteile enthalten, die nicht zu den sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelten gehörten. Der Rentenbescheid vom 6. Dezember 2012 sei somit rechtlich nicht zu beanstanden.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2013 wandte sich der Versicherte erneut an die Beklagte und erklärte sich weiter nicht einverstanden mit der Berechnung seiner Altersrente. Auf Nachfrage erklärte er gegenüber der Beklagten unter dem 6. März 2013, sein Schreiben vom 12. Februar 2013 solle als Klageschrift gewertet werden. Anschließend leitete die Beklagte den Vorgang an das Sozialgericht Heilbronn (SG) weiter. Zur Begründung seiner Klage hielt er weiter an der Auffassung fest, die in den Lohnachweiskarten genannten Entgelte seien der Berechnung seiner Rente zugrunde zu legen.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Feststellungen im angefochtenen Bescheid entgegen. Auf Veranlassung des SG erstellte sie unter dem 8. Juli 2013 eine Probeberechnung unter Berücksichtigung der vom Versicherten begehrten Entgelte für die Jahre 1961 bis 1970, wonach der monatliche Zahlbetrag der Regelaltersrente ca. EUR 15,00 höher wäre.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. April 2014 wies das SG die Klage ab. Der Versicherte sei durch den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die in den vom Versicherten vorgelegten Lohnnachweiskarten genannten Entgelte der Berechnung der Rente zugrunde zu legen. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage in der nichtöffentlichen Sitzung am 17. März 2014 sei nochmals darauf hinzuweisen, dass in der Versicherungskarte vor Einführung der elektronischen Datenverarbeitung Beschäftigungszeiten und Verdienste eingetragen worden seien. Die Versicherungskarte sei in der Regel nach zwei Jahren (bei Beitragsmarken) oder nach drei Jahren (bei Entgelteintragung) durch eine öffentliche Stelle (z.B. Krankenkasse) aufgerechnet und zum Rentenversicherungsträger geschickt worden. Als Nachweis der Karteninhalte erhielten Versicherte eine sog. Aufrechnungsbescheinigung. Die Beklagte habe bei der Berechnung der Rente die in der Versicherungskarte bzw. den Aufrechnungsbescheinigungen genannten beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte berücksichtigt. Der vom Versicherten in den Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe genannte lohnsteuerpflichtige Bruttolohn weiche zwar jeweils davon ab. Dies bedeute jedoch nicht, dass dieser hier berücksichtigt werden müsse. Entgegen der Ansicht des Klägers lägen hier keine Fehler vor und erst Recht keine "Absicht zum Betrug" der Beklagten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die jeweils genannten Zahlen zutreffend seien. Es sei davon auszugehen, dass in den jeweiligen Lohnnachweiskarten auch Lohnanteile bescheinigt würden, die nicht zu den sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelten gehörten. Damit sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte (nur) die in den Aufrechnungsbescheinigungen bzw. der Versicherungskarte genannten Entgelte berücksichtigt habe. Der erforderliche Vollbeweis eines für die Rentenberechnung maßgeblichen höheren sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts könne mit den Lohnnachweiskarten nicht geführt werden. Weitere Unterlagen seien nach den Angaben des Versicherten nicht vorhanden. Im Übrigen wies das SG nochmals darauf hin, dass der während des Verfahrens erstellte fiktive Rentenbescheid vom 8. Juli 2003 lediglich eine Probeberechnung sei, die die Beklagte auf seine (des SG) Veranlassung vorgenommen habe. Die Beklagte sei auf dieser Grundlage nicht verpflichtet Zahlungen zu leisten.
Gegen den dem Versicherten am 5. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 22. April 2014 beim SG "Einspruch" eingelegt, den das SG als Berufung gewertet und an das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) weitergeleitet hat. Zur Begründung hat er dargelegt, seine Rente sei von 1960 bis 1969 nicht nach seinem Bruttolohn sondern nach seinem Nettolohn berechnet worden. Die Rente müsse daher neu berechnet werden. Aus dem (vorgelegten) Schreiben der AOK Baden-Württemberg vom 4. September 2014 gehe hervor, er sei vom 18. März 1966 bis 30. April 1973 bei der Firma X. K., A. als Pflasterer beschäftigt gewesen. Die Beiträge "wurden nach dem wirklichen Entgelt bemessen und der Beitragsgruppe A 1 zugewiesen". Weitere Unterlagen, als diejenigen, die er bislang vorgelegt habe, wie beispielsweise einen Arbeitsvertrag, Gehaltsabrechnungen oder ähnliches, könne er nicht mehr vorlegen. Die Firma des ehemaligen Arbeitgebers existiere nicht mehr. Er hat ein Schreiben der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes SOKA-Bau vom 7. Mai 2014 vorgelegt, in dem diese ausführte, die Eintragungen in den Lohnnachweiskarten würden vom Arbeitgeber vorgenommen. Die Richtigkeit der Eintragungen liege in der Verantwortung des Arbeitgebers.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. April 2014 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 21. Mai 1997 für die Zeit vom 1. August 1997 bis 30. Juni 2015 höhere Altersrente unter Zugrundelegung eines Entgelts für das Jahr 1961 in Höhe von DM 7.270,38 DM (= EUR 3.717,29), für das Jahr 1962 in Höhe von DM 9.822,30 (= EUR 5.022,06), für das Jahr 1963 in Höhe von DM 13.069,81 (= EUR 6.682,49), für das Jahr 1964 in Höhe von DM 12.247,70 (= EUR 6.262,15), für das Jahr 1965 in Höhe von DM 14.727,57 (= EUR 7.530,09), für das Jahr 1966 in Höhe von DM 14.201,92 (= EUR 7.261,33), für das Jahr 1967 in Höhe von DM 12.229,39 (= EUR 6.252,79), für das Jahr 1968 in Höhe von DM 14.586,10 (= EUR 7.457,75), für das Jahr 1969 in Höhe von DM 17.474,32 (= EUR 8.934,48) und für das Jahr 1970 in Höhe von DM 20.905,55 (=EUR 10.688,84) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Auf Nachfrage des Senats hat die AOK Baden-Württemberg unter dem 18. Februar 2015 mitgeteilt, aus der genannten Zeit (Januar 1961 bis Dezember 1970) lägen keine Entgeltmeldungen mehr vor. Die Beiträge seien der Beitragsgruppe A 1 zugewiesen worden. Es könne weder mitgeteilt noch ermittelt werden, welches Gehalt der "Beitragsgruppe A 1" zu Grunde gelegt worden sei (- auch nicht als abstrakter Wert -).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Versicherten, die die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] fortführt und über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig. Die Berufung bedurfte nicht nach § 144 Abs. 1 SGG der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt höhere Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Regelaltersrentenbescheides vom 21. Mai 1997 und Gewährung einer höheren Regelaltersrente aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten unter zusätzlicher Berücksichtigung höherer, sich aus den vorgelegten Lohnnachweiskarten ergebender Entgelte im Zeitraum vom 1961 bis 1970.
Verfahrensrechtliche Grundlage des geltend gemachten Überprüfungsanspruchs ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Voraussetzungen des § 44 SGB X liegen nicht vor. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 1997 ist - soweit er nicht mit Bescheid vom 6. Dezember 2012 teilweise zurückgenommen wurde - nicht rechtswidrig. Weder ist das Recht zu Lasten der Klägerin unrichtig angewandt noch ist von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich im Nachhinein als unrichtig erwiesen hat. Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer höheren Regelaltersrente aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten unter zusätzlicher Berücksichtigung höherer, sich aus den vorgelegten Lohnnachweiskarten ergebender Entgelte im Zeitraum vom 1961 bis 1070 im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zu Recht hat die Beklagte der Berechnung der dem verstorbenen Versicherten ab 1. August 1997 gewährten Regelaltersrente die sich aus den Aufrechnungsbescheinigungen der Versicherungskarten Nr. 5 bis 8 ergebenden beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte zugrunde gelegt.
Die Berechnung im Rentenbewilligungsbescheid ist im Einzelnen nicht zu beanstanden. Mit ihrer Einwendung, die von der Beklagten zu Grunde gelegten Bruttoarbeitsentgelte seien unzutreffend, dringt die Klägerin nicht durch.
Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Danach bildet lediglich das versicherte Erwerbseinkommen den Versicherungsgegenstand. Entscheidend ist also grundsätzlich, in welcher Höhe Beiträge aus dem Arbeitsverdienst des Versicherten zur Rentenversicherung abgeführt worden sind.
Vor Einführung des Meldeverfahrens (ab 1. Januar 1973) waren zur Bescheinigung dieses Entgelts aus einem Beschäftigungsverhältnis Versicherungskarten zu verwenden, welche gemäß den bis 31. Dezember 1992 geltenden § 1411 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 133 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) zum Nachweis der durch Abführung an eine Einzugsstelle entrichteten Beiträge dienten. Die Eintragungen in den Versicherungskarten des Versicherten tragen die Vermutung ihrer Richtigkeit, wenn, wie vorliegend, die Versicherungskarten vor dem 1. Januar 1992 und rechtzeitig, d.h. gemäß §§ 1412 Abs. 1 RVO, 134 Abs. 1 AVG binnen drei Jahren nach der Ausstellung, umgetauscht worden sind. Es wird vermutet, dass während der bescheinigten Zeiten ein die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis mit dem angegebenen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt bestanden hat und die dafür zu zahlenden Beiträge gezahlt worden sind (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Für die umgetauschten Versicherungskarten erhielt der Versicherte eine Aufrechnungsbescheinigung, in der der Inhalt der eingetragenen Entgeltbescheinigungen wiedergegeben war (§§ 1414 Abs. 2 RVO, 136 Abs. 2 AVG; vgl. Landessozialgericht Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. Januar 2007 – L 18 R 168/06 –, Rn. 17, in juris).
Auf der Aufrechnungsbescheinigung über den Inhalt der Versicherungskarte Nr. 5 des Versicherten für die Zeit vom 2. Februar 1959 bis 31. Dezember 1962, auf der Aufrechnungsbescheinigung der Versicherungskarte Nr. 6 des Versicherten für die Zeit vom 20. März 1963 bis 31. Dezember 1966, auf der Aufrechnungsbescheinigung der Versicherungskarte Nr. 7 des Versicherten für die Zeit vom 1. Januar 1967 bis 31. Dezember 1969 und auf der Aufrechnungsbescheinigung der Versicherungskarte Nr. 8 des Versicherten für das Jahr 1970 sind die von der Beklagten bei der Rentenberechnung zu Grunde gelegten Beitragszeiten sowie die angegebenen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte eingetragen. Diese rechtzeitig umgetauschten Versicherungskarten sind öffentliche Urkunden im Sinne des § 418 Zivilprozessordnung (ZPO), die nach Abs. 1 dieser Vorschrift den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, hier die von dem Arbeitgeber eingetragenen und von der Einzugsstelle überprüften und bestätigten Eintragungen, begründen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11. Juli 1972 - 5 RJ 455/70 -, in juris).
Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zwar grundsätzlich möglich (§ 418 Abs. 2 ZPO), die Klägerin hat einen (Gegen)Beweis, dass seinerzeit ein höheres rentenversicherungspflichtiges Bruttoarbeitseinkommen bestanden hat, nicht erbracht und auch nicht glaubhaft gemacht. Es ist insofern zwar nicht auszuschließen, dass der Versicherte - wie er angegeben hat - ein höheres Bruttoentgelt verdient hat, aber ebenfalls nicht ausgeschlossen, dass dieses nicht vollumfänglich beitragspflichtig war. So hat das BSG beispielsweise für Überstundenvergütung und Schmutzzulagen ein mögliches Auseinanderfallen von Sozialversicherungs- und Lohnsteuerrecht festgestellt (BSG, Urteil vom 1. März 1978 - 12 RK 31/76 -, in juris). Der Versicherte hat zwar Lohnnachweiskarten für Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe u.a. für die streitgegenständlichen Jahre 1961 bis 1970 vorgelegt; hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass das jeweils erzielte Arbeitsentgelt und dort ausgewiesene lohnsteuerpflichtige Bruttolohn dem Wert des maßgeblichen beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt entsprach. Da die vorgelegten Lohnnachweiskarten keine Angaben zu den gezahlten Beiträgen zur Sozialversicherung enthalten, ergibt sich aus ihnen schon nicht, dass aus dem dort genannten Arbeitsentgelt der auf den Versicherten entfallende Beitragsanteil zur Sozialversicherung abgezogen worden war. Weitere Unterlagen, als diejenigen, die der Versicherte im Verlauf des Verfahrens vorgelegt hat, sind nicht mehr vorhanden. Insoweit hatte der Versicherte im Rahmen eines mit der Berichterstatterin durchgeführten Erörterungstermins erklärt, weder Gehaltsabrechnungen oder einen Arbeitsvertrag vorlegen zu können. Auch die Firma des ehemaligen Arbeitgebers existiert nicht mehr. Selbst eine Anfrage des Senats bei der damaligen Einzugsstelle führte lediglich zu dem Ergebnis, dass weitere Unterlagen nicht mehr vorhanden sind. Entgeltmeldungen liegen nicht mehr vor. Die Beiträge "sind der Beitragsgruppe A1 zugewiesen worden". Ein diesbezüglich abstrakter Wert, der Hinweis auf die Höhe der Beitragsentrichtung geben könnte, konnte seitens der Einzugsstelle nicht mitgeteilt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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