S 14 AS 1925/15 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 1925/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Bei einem Anspruch auf Gewährung von Reparaturkosten für eine Heizungsanlage nach § 22 Abs. 2 SGB II müssen sich Leistungsempfänger nicht auf den Einbau veralteter Heiztechnik verweisen lassen.

2. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2017 (1 BvL 10/12) ist die Rückzahlung eines Darlehens nach § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II in verfassungskonformer Auslegung auf die im Regelbedarf vorgesehenen Beträge zu beschränken.
Der Antragsgegner wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragstellern durch Direktzahlung an das ausführende Unternehmen nach Vorlage einer Rechnung einen Zuschuss zur Heizungsreparatur i.H.v. 1.584,77 EUR zu gewähren.

Der Antragsgegner wird darüber hinaus verpflichtet, den Antragstellern durch Direktzahlung an das ausführende Unternehmen nach Vorlage einer Rechnung ein Darlehen zur Heizungsreparatur i.H.v. 3.718,63 EUR zu gewähren. Das Darlehen ist mit der Maßgabe zu gewähren, dass die Antragsteller dieses bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 8.5.2015, einer Entscheidung in der Hauptsache bzw. bis zur Beendigung ihres Leistungsbezuges mit nicht mehr als jeweils 1,91 EUR pro Monat zu tilgen haben. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt 75% der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren die Erstattung von Reparaturkosten für ihre Heizungsanlage.

Die Antragsteller sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks. Das Einfamilienhaus wird mittels einer Gasheizung beheizt. Für das Haus zahlen die Antragsteller ab Februar 2015 monatlich 25,66 EUR für eine Wohngebäudeversicherung. Für die Wasserversorgung ist im Jahr 2015 ein Betrag von 85 EUR zu entrichten und für die Abwasserentsorgung ein Betrag von 360 EUR. Im Jahr 2014 entrichteten die Antragsteller Zinsen für einen Bauspardarlehen i.H.v. 1.614,28 EUR. Die Grundsteuer beläuft sich für das Jahr 2015 auf 305,99 EUR und die Kosten für die Abfallbeseitigung auf 93,84 EUR. Für die Erdgasversorgung zahlen sie derzeit 171,- EUR monatlich für 11 Monate. Die Antragsteller erhielten seitens des Antragsgegners mit Bescheid vom 12.11.2014 zuletzt in der der Gestalt des Änderungsbescheides vom 25.04.2015 Arbeitslosengeld II von Dezember 2014 bis Mai 2015. Für Juni 2015 bis November 2015 sind ihnen mit Bescheid vom 23.05.2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 25.06.2015 Leistungen bewilligt worden.

Am 08.04.2015 teilten die Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass die Heizungswartungsfirma festgestellt habe, dass die Brennlanzen/Brennerrohre der Heizungsanlage durchgebrannt seien und dass auch die Pumpe defekt sei. Die Vertragsfirma wolle sich bemühen, neue Brennerrohre für die schon aus dem Lieferprogramm gefallene und auch technisch veraltete Anlage zu beschaffen. Am 13.04.2015 reichten sie hierzu einen Kostenvoranschlag der M. H. GmbH ein. In dem Kostenvoranschlag wird ausgeführt, dass ein Austausch des Heizkessels nach Totalausfall erforderlich sei. Ersatzteile gäbe es für den alten Heizkessel nicht mehr. Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf einen Gesamtbetrag von 5.439,25 EUR. Im Laufe des weiteren Verfahrens legten die Antragsteller noch 3 weitere Kostenangebote über 6.388,96 EUR, 5.303,40 EUR und 6.240,60 EUR vor. Das günstigste Angebot gab die S.M.S. K. GmbH (SMS) ab. Am 30.04.2015 fand ein Hausbesuch bei den Antragstellern statt. In dem Protokoll hierzu wird ausgeführt, dass das Gebäude insgesamt augenscheinlich einen hinreichend guten Zustand aufweise. Nach den Angaben des Antragstellers sei das Dach in Ordnung und keine Schäden vorhanden. Die Wände und die Fußböden im Erdgeschoss seien nach dem Kauf des Gebäudes horizontal abgedichtet worden. Die Elektroanlage sei erneuert worden und in einem guten Zustand. Dies gelte auch für die Trinkwasser- und Abwasserleitungen. Der Heizkessel stamme aus dem Jahr 1996 und sei im Jahr 1999 eingebaut worden. Nach den Angaben des Antragstellers seien Ersatzteile für den Kessel nicht mehr verfügbar. Eine Rücksprache mit dem Bezirksschornsteinfegermeister habe ergeben, dass noch Heizwertgeräte eingebaut werden könnten. Es stelle sich die Frage, weshalb eine entsprechende Anlage nicht angeboten worden sei. Eine langfristige Nutzung des Gebäudes sei sichergestellt, wenn keine Schäden auftreten, die durch die einfache Besichtigung nicht haben festgestellt werden können. Auf Nachfrage des Antragsgegners teilte die Abteilung Gebäudemanagement des S.ergänzend mit, dass eine Reparatur der Heizkesselanlage nicht mehr möglich sei, da die entsprechenden Ersatzteile nicht mehr beschafft werden könnten. Bei einer Erneuerung mit Brennwerttechnik sei auch eine Erneuerung der Verrohrung des Schornsteins erforderlich, da der Schornstein bei dieser Technik säurebeständig sein müsse. Es werde vorgeschlagen, den Heizwertkessel mit entsprechendem Warmwasserspeicher durch eine neue Anlage gleicher Ausführung zu ersetzen.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.05.2015 ab. Es bestünde kein Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses. Die Unterkunfts- und Heizkosten beliefen sich für den Monat der Antragsstellung und die darauf folgenden 11 Monate prognostisch auf 5.015,33 EUR. Laut der Handlungsanweisung des S.seien für 2 Personen jährlich maximal 4.746 EUR angemessen. Insoweit bestehe kein Anspruch auf Erneuerung des Gasbrennwertkessels und des Abgassystems. Eine Anfrage bzgl. der Gewährung eines Darlehens hätten die Antragsteller nicht beantwortet. Dagegen erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 18.05.2015 Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2015 als unbegründet zurückwies. Dagegen haben die Antragsteller am 13.07.2015 Klage erhoben (S 14 AS 2055/15).

Am 11.06.2015 stellten die Antragsteller einen Antrag auf Gewährung eines Darlehens. Der Antragsgegner teilte hierzu mit Schreiben vom 16.06.2015 mit, dass festgestellt worden sei, dass der Heizwertkessel mit entsprechendem Warmwasserspeicher nur durch eine Anlage gleicher Ausführung ersetzt werden könne. Diesbezüglich sollten Kostenvoranschläge eingereicht werden. Der Antragsgegner erhielte daraufhin einen Anruf seitens der SMS. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb veraltete Technik eingebaut werden solle. Laut Gesetz solle die Heizwerttechnik überhaupt nicht mehr eingebaut werden. Heizwerttechnik könne noch bestellt werden. Dies sei dann eine Sonderbestellung. Ob dann in 3 Jahren noch Ersatzteile zu bekommen seien, sei fraglich. Die Bestellung der Heizwerttechnik sei aufgrund der Sonderbestellung im Ergebnis auch teurer als die Brennwerttechnik. Dies wurde noch einmal durch E-mail vom 19.06.2015 seitens der SMS bestätigt. Die Antragsteller teilten dem Antragsgegner am 22.06.2015 mit, dass sie den Darlehensantrag zurückziehen, da sie nicht in der Lage seien, die geforderten 10% i.H.v. 75 EUR monatlich zurückzuzahlen. Der von ihnen abgeschlossene Bausparvertrag könne nicht herangezogen werden, da dieser zur Rückzahlung des Baudarlehens zu 100% incl. staatlicher Leistungen an die Bausparkasse verpfändet sei und in die Baufinanzierung einfließe. Sie würden sich auch nicht nötigen lassen, ein uneffizientes und mit Umweltbelastungen verbundenes Heiztechnikmodell einbauen zu lassen und sich hierfür auch noch weiter zu verschulden.

Am 06.07.2015 haben die Antragsteller die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz beantragt. Ihnen stehe die Gewährung eines Zuschusses i.H.v. 5.303,40 EUR für die Erneuerung der Heizungsanlage zu. Der Antragsgegner könne nicht verlangen, dass veraltete Heizwerttechnik eingebaut werde. Diese sei ab dem 26.09.2015 in der gesamten EU verboten. Die Heizungsanlage sei mittlerweile seit dem 07.04.2015 außer Betrieb. Über die Heizungsanlage werde neben der Wärme auch die Warmwasserzubereitung gewährleistet. Bei einer Darlehensgewährung wäre allenfalls eine Rückzahlung i.H.v. 50 EUR im Monat möglich. Eine Rückzahlung i.H.v. 10% der Regelleistung sei ihnen finanziell nicht möglich. Sie seien schon jetzt gezwungen, sich Essen bei der Tafel zu besorgen.

Die Antragsteller beantragen,

den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihnen 5.303,40 EUR für die Erneuerung der Heizungsanlage zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Ein Zuschuss könne nicht gewährt werden, da bereits die laufenden Kosten für 1 Jahr i.H.v. 5.015,33 EUR die angemessenen Kosten von 4.746 EUR überstiegen. Ein Darlehensantrag sei wieder zurückgenommen worden. Darüber hinaus dürfe im Wege der einstweiligen Anordnung die Hauptsache nicht vorweggenommen werden.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Antragsgegners haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig und überwiegend begründet.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der jeweilige Antragsteller nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.

Die Antragsteller konnten einen Anordnungsanspruch geltend machen. Sie haben Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses für die Erneuerung ihrer Heizungsanlage i.H.v. 1.584,77 EUR und i.H.v. 3.718,63 EUR als Darlehen nach § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) – Zweites Buch – (II).

Nach § 22 Abs. 2 SGB II werden als Bedarf für die Unterkunft auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden 11 Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, dass dinglich gesichert werden soll. Die Antragsteller verfügen über selbstbewohntes Wohneigentum i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Es ist nicht ersichtlich, dass das von ihnen genutzte Hausgrundstück unangemessen ist und als Vermögen zu verwerten wäre. Eine entsprechende Aufforderung seitens des Antragsgegners liegt nicht vor. Zudem ist das Grundstück mit einer Baufinanzierung belastet. Über weitere verwertbare Vermögenswerte verfügen die Antragsteller nicht. Der Bausparvertrag wird zur Finanzierung des Eigenheims verwendet.

Die Antragsteller haben einen aktuellen Bedarf für unabweisbare Aufwendungen für eine Heizungsreparatur i.H.v. 5.303,40 EUR. Unabweisbar sind hiernach nur zeitlich besonders dringliche Aufwendungen, die absolut unerlässlich sind. Hierbei ist nur das zur Sicherung der Substanz notwendige von der Vorschrift erfasst, was die Bewohnbarkeit aufrecht erhält (Luik in Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage, § 22 RNr. 135). In dem vorliegenden Fall ist ein solcher Bedarf gegeben, da die Heizungsanlage der Antragsteller defekt ist und ihnen ein weiteres Bewohnen des Eigenheims ohne Heizung und ohne Warmwasserversorgung nicht zumutbar ist. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners müssen sich die Antragsteller hierbei nicht auf den Einbau von Heizwerttechnik verweisen lassen. Nach der im Eilverfahren erforderlichen summarischen Prüfung ist eine Erneuerung der Heizungsanlage mit Brennwerttechnik erforderlich, wobei auf das günstigste Angebot über 5.303,40 EUR der SMS zurückzugreifen ist. Soweit in der Erneuerung der Heizungsanlage eine Wertsteigerung des Grundstücks zu verzeichnen ist, so ist dies hinzunehmen, da dies in der Natur von Instandhaltungs- und Reparaturmaßnahmen liegt und in diesem Fall auch nicht darüber hinaus geht. Es ist unerheblich, wenn aufgrund des Fortschritts der Technik eine moderne und energieeffizientere Heizungsanlage eingebaut wird, während die vorherige Heizungsanlage veraltet war. Es kann nicht in Zweifel gezogen werden, dass bei Ausfall einer Heizungsanlage diese dem Stand der Technik entsprechend erneuert werden kann und nicht bewusst eine alte, nicht energieeffiziente und nicht dem Stand der Technik entsprechende Anlage eingebaut werden muss (Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.11.2010, - L 1 AS 426/10 -, juris). Darüber hinaus bestehen im Hinblick auf die Stellungnahme der SMS in der E-mail vom 19.06.2015 erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Einbau einer veralteten Heizwertanlage gegen die am 26.09.2015 in Kraft tretenden Regelungen der EU Verordnung Nr. 813/13 vom 02.08.2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG verstößt. Durch diese Verordnung wird geregelt, dass ab dem 26.09.2015 nur noch Heizanlagen mit einem bestimmten Effizienzgrad eingebaut werden dürfen. Es ist äußerst fraglich, ob ein Heizwertgerät diesen Anforderungen gerecht wird. Darüber hinaus wird in der Stellungnahme ausgeführt, dass ein Heizwertgerät nur noch auf Sonderbestellung ausgeliefert werden kann, so dass diesbezüglich sogar mit erhöhten Kosten zu rechnen wäre.

Die Antragsteller haben allerdings nur einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses i.H.v. 1.584,77 EUR, da die Instandhaltungskosten zuzüglich der laufenden Kosten nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II nur insoweit als Zuschuss übernommen werden können, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden 11 Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Hinsichtlich der laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung nimmt die Kammer Bezug auf die aktuell eingereichten Nachweise. Hiernach fielen für die Wohngebäudeversicherung ab Februar 2015 monatlich 25,66 EUR an, woraus sich ein Jahresbetrag von 307,92 EUR errechnet. Für die Wasserversorgung fallen im Jahr 2015 85 EUR an und für die Abwasserentsorgung 360 EUR. Für die Grundsteuer zahlen die Antragsteller 2015 305,99 EUR und für die Abfallentsorgung 93,84 EUR. Für die Erdgasversorgung zahlen die Antragsteller aktuell 171 EUR monatlich für 11 Monate, was ein Gesamtbetrag von 1.881 EUR ergibt. Hinsichtlich der Darlehenszinsen kann nur auf den letzten Kontoauszug Bezug genommen werden. Im Jahr 2014 wurden 1.614,28 EUR an Zinsen entrichtet. Hieraus ergeben sich aktuell laufende Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. jährlich 4.648,03 EUR. Hinsichtlich des Vergleichswertes der angemessenen Kosten kann nicht auf die Handlungsempfehlung des S. Bezug genommen werden, da die dort enthaltenen Werte auf keinem schlüssigen Konzept beruhen, worüber die Kammer bereits mit Urteil vom 23.04.2014 (S 14 AS 3430/10) entschieden hat. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen. Darüber hinaus ist im Rahmen des Eilverfahrens keine weitere Ermittlung im Hinblick auf das KdU-Konzept des Antragsgegners möglich. Insoweit waren hier die Werte aus der Wohngeldtabelle zu § 12 des Wohngeldgesetzes heranzuziehen. Der Wohnort der Antragsteller ist der Mietstufe II zuzuordnen, so dass sich ein Betrag von 380 EUR monatlich ergibt. Zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% ergibt sich ein Gesamtbetrag von 418 EUR. Die Einbeziehung eines "Sicherheitszuschlages" hat auch im Falle der Heranziehung von § 12 WoGG zu erfolgen. Die von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die Geltung von § 8 WoGG aF angestellten Erwägungen sind auf § 12 WoGG zu übertragen. Denn trotz der Anhebung der Tabellenwerte in § 12 WoGG im Vergleich zu den Werten aus § 8 WoGG aF hat sich nichts daran geändert, dass es sich bei der Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten anhand des WoGG nur um eine abstrakte, allein der Deckelung der zu übernehmenden Aufwendungen dienende Begrenzung handelt, die unabhängig von den konkreten Umständen im Vergleichsraum erfolgt. Denn über letztere fehlen gerade ausreichende Erkenntnisse. Der Sicherheitszuschlag ist auch im Rahmen von § 12 WoGG erforderlich, da die in § 12 WoGG festgeschriebenen Werte ebenso wenig wie die in § 8 WoGG aF den Anspruch erheben, die realen Verhältnisse auf dem Markt zutreffend abzubilden (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, – B 4 AS 87/12 R –, juris).

Hinsichtlich der Heizkosten ist auf den bundesweiten Heizkostenspiegel 2014 für das Abrechnungsjahr 2013 als aktuellste Version abzustellen. Auch Heizkosten sind nicht in jedem Fall in jeder Höhe zu übernehmen. Auch die Heizkosten stehen unter dem Leistungsvorbehalt der "Angemessenheit". Eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen ist vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können sich insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes wird es für möglich gehalten, für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung, die von der co²online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "kommunalen Heizspiegel" bzw. – soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen – den "bundesweiten Heizspiegel" heranzuziehen (Urteil des BSG vom 2. Juli 2009, - B 14 AS 36/08 R -, juris). Der Grenzwert, der hierbei zu Grunde zu legen ist, ist das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte des Heizkostenspiegels), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt. Insofern wird der Wert für extrem hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstellt, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglicht (Urteil des BSG vom 2. Juli 2009, a. a. O.). Dabei erfolgt die Bemessung der angemessenen Größe nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001 (Urteil des BSG vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R –, juris). Zur Bestimmung der angemessenen Größe ist nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (vgl. Urteile vom 3. März 2011, – L 5 AS 181/07 – und vom 09. Mai. 2012, – L 5 AS 2/09 –, juris) im Land Sachsen-Anhalt auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen (RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1281) und die dazu erlassenen Richtlinien aus den Jahren 1993 und 1995 (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS vom 23. Februar 1993, MBl. LSA Nr. 27/1993, S. 1285, RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr vom 10. März 1995, MBl. LSA Nr. 31/1995, S. 1133) zurückzugreifen. Hiernach beträgt die förderfähige Wohnfläche für einen 2-Personen-Haushalt bis zu 60 m². Für die Antragsteller, welche ihr Eigenheim mit Erdgas beheizen, ergibt sich ein monatlich zu berücksichtigender Betrag von 1,69 EUR pro m². Bei einer angemessenen Wohnfläche von 60 m² errechnet sich ein monatlicher Betrag von 101,40 EUR. Insgesamt sind daher 519,40 EUR monatlich und 6.232,80 EUR jährlich zu veranschlagen. Hieraus ergibt sich ein Differenzbetrag für einen Zuschlag i.H.v. 1.584,77 EUR. Eine Anwendung von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II hinsichtlich des übersteigenden Betrages scheidet aus. Die Klagebegrenzung auf die insgesamt angemessenen Aufwendungen in dem 12 Monatszeitraum schließt eine Berücksichtigung übergangsweise höherer, tatsächlicher Unterkunftsaufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II aus; insoweit werden Eigentümer schlechter behandelt als Mieter (Berlit in Münder, Lehr- u. Praxiskommentar zum SGB II, 5. Auflage, § 22 RNr. 113).

Für den verbleibenden Differenzbetrag i.H.v. 3.718,63 EUR haben die Antragsteller einen Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Bei dieser Darlehensgewährung handelt es sich grundsätzlich um eine Ermessensleistung. In dem vorliegenden Fall liegt allerdings eine Ermessensreduzierung auf Null vor, da die Erneuerung der Heizungsanlage unabweisbar ist. Die Antragsteller haben im Zuge des Eilverfahrens auch zu verstehen gegeben, dass für sie eine darlehensweise Regelung in Betracht kommt, solange die monatlichen Raten nicht ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen. Die von Antragsgegner in Aussicht gestellte Ratenzahlungshöhe war im Wesentlichen auch der Grund für die Rücknahme des ursprünglichen Darlehensantrages. Diesbezüglich sah sich die Kammer auch veranlasst, eine Regelung zur Rückzahlung des Darlehens vorzunehmen, da die Rückzahlungsregelung in § 42 a Abs. 2 SGB II i.H.v. 10% der maßgebenden Regelleistung im Wege der Aufrechnung den grundrechtlichen Anspruch der Antragsteller auf Gewährung des soziokulturellen Existenzminimums gefährdet. Nach § 42 a Abs. 2 Satz 1 SGB II werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung i.H.v. 10% des maßgebenden Regelbedarfs getilgt, so lange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen. Der Antragsgegner hat angekündigt, von dieser Regelung nicht abweichen zu wollen. Die Rückzahlungsregelung erscheint verfassungsrechtlich bedenklich, da durch diese Art der Bewilligung dem Betroffenen für eine teilweise sehr lange Dauer nur Leistungen unterhalb des Existenzminimums zugestanden werden (Conradis in LPK-SGB II, § 42 a RNr. 17). Es ist nicht verfassungsgemäß, einen Leistungsempfänger über einen langen Zeitraum hinweg auf ein Leistungsniveau zu drücken, dass Ansparungen vom oder Ausgleich innerhalb des Regelbedarfes ausschließt (Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 30.09.2011, - S 37 AS 24431/11 R -, juris). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat hierzu entschieden, dass der Gesetzgeber die Gefahr einer Unterdeckung durch die Regelleistung durch zusätzliche Ansprüche auf Zuschüsse zur Sicherung des existenznotwendigen Bedarfes ausschließen muss. Auf ein mögliches Anschaffungsdarlehen, mit dem zwingend eine Reduzierung der Fürsorgeleistung um 10% durch Aufrechnung nach § 42 a Abs. 2 Satz 1 SGB II ab dem Folgemonat der Auszahlung verbunden ist, kann nur verwiesen werden, wenn die Regelbedarfsleistung so hoch bemessen ist, dass entsprechende Spielräume für Rückzahlungen bestehen. Der Gesetzgeber darf grundsätzlich darauf verweisen, dass punktuelle Unterdeckungen intern ausgeglichen werden, wenn ein im Regelbedarf nicht berücksichtigter Bedarf nur vorübergehend anfällt oder ein Bedarf deutlich kostenträchtiger ist als der statistische Durchschnittswert, der zu seiner Deckung berücksichtigt worden ist. Für einen internen Ausgleich darf jedoch nicht allgemein auf die Summen verwiesen werden, die den existenzsichernden soziokulturellen Bedarf decken sollen. Zudem muss der Pauschalbetrag hinreichend hoch bemessen sein, um einen finanziellen Spielraum für Rücklagen zu lassen. Die in der Pauschale für den Regelbedarf enthaltenen Leistungen für soziokulturelle Bedarfe sind dabei keine frei verfügbare Ausgleichsmasse, da diese Bedarfe ebenfalls existenzsichernd zu decken sind. Nach der vorliegenden Berechnungsweise des Regelbedarfs ergibt sich beispielsweise die Gefahr einer Unterdeckung hinsichtlich der akut existenznotwendigen, aber langlebigen Konsumgüter, die in zeitlichen Abständen von mehreren Jahren angeschafft werden mit einer sehr hohen Differenz zwischen statistischem Durchschnittswert und Anschaffungspreis. So wurde für die Anschaffung von Kühlschrank, Gefrierschrank- u. Truhe, Waschmaschine, Wäschetrockner, Geschirrspül- u. Bügelmaschine lediglich ein Wert von unter 3 EUR berücksichtigt (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014, - 1 BVL 10/12 - , juris). Bei der Regelbedarfsfestsetzung hat der Gesetzgeber in der Abteilung 4 für Erwachsene 0,99 EUR für Ausgaben für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen (Material) und 0,93 EUR für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen (Handwerker) berücksichtigt bei insgesamt regelbedarfsrelevanten Ausgaben in Abteilung 4 i.H.v. 30,24 EUR (Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, BTDrs. 17/3404, S. 55). Bei einer aktuellen Regelbedarfshöhe für die Antragsteller i.H.v. jeweils 360 EUR ergibt sich hinsichtlich der Abteilung 4 ein Anteil von 30,09 EUR so dass für die Antragsteller jeweils 1,91 EUR monatlich für Instandhaltungs- u. Erhaltungsaufwendungen in der Regelleistung vorgesehen sind. Soweit der Antragsgegner eine darüber hinausgehende Aufrechnung des Darlehens vornimmt, gefährdet er im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des BVerfG das soziokulturelle Existenzminimum der Antragsteller, da in der Regelleistung keine weitere Verfügungsmasse zur Rückzahlung eines Darlehens vorgesehen ist. Trotz des eindeutigen Wortlauts von § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II ist im Zusammenspiel mit § 44 SGB II eine verfassungskonforme Auslegung möglich. Nach § 44 SGB II dürfen Träger von Leistungen nach diesem Buch Ansprüche erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Soweit im gesetzlichen Rahmen ein Erlass von Forderungen möglich ist, ist als milderes Mittel eine Veränderung der Rückzahlungshöhe als zulässig anzusehen, soweit hierdurch eine Grundrechtsverletzung verhindert werden kann. Eine vollständige Gewährung als Zuschuss in diesem Zusammenhang kommt nach Auffassung der Kammer nicht in Betracht, insbesondere im Hinblick auf die Regelung in § 42 a Abs. 4 SGB II. Hiernach ist nach Beendigung des Leistungsbezuges der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Für die Rückzahlung des ausstehenden Betrages soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden. Soweit es den Antragstellern gelingen sollte, aus dem Leistungsbezug auszuscheiden, wäre es nicht zu begründen, weshalb ihnen ein zu gewährender Zuschuss in voller Höhe verbleiben sollte, zumal mit der Erneuerung der Heizungsanlage ein Mehrwert für einen langen Zeitraum geschaffen wird. Die Rückzahlungsregelung ist darüber hinaus auf die Zeit bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache bzw. bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 08.05.2015 zu beschränken.

Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Soweit der Antragsgegner diesbezüglich darauf verweist, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache zu befürchten ist, so ist dies zur Gewährung des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs. 4 des Grundgesetzes erforderlich. Den Antragstellern ist nicht zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache hinsichtlich der Heizungsreparatur abzuwarten, da dies prognostisch mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Die gleichen Erwägungen gelten auch für die Rückzahlung des zu gewährenden Darlehens. Sobald die Auszahlung vorgenommen wird, hat der Antragsgegner bereits angekündigt, mit der Aufrechnung i.H.v. 10% der Regelleistung zu beginnen. Insoweit besteht die Befürchtung, dass die Antragsteller bis zu einer Hauptsacheentscheidung mit nichtexistenzsichernden Leistungen auskommen müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt die Tatsache, dass die Antragsteller ursprünglich nur die Gewährung eines Zuschusses geltend gemacht haben.
Rechtskraft
Aus
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