Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 205 AS 324/15 ER I
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1455/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2015 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller beanspruchen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen für die Erstausstattung ihrer gemeinsam bewohnten Wohnung.
Mit Bescheid vom 12. November 2014 bewilligte der Antragsgegner auf den Antrag auf Übernahme von Bedarfen der Erstausstattung der Wohnung 382 Euro (Kinderbett , Schreibtisch , Schrank , Sitzgelegenheit , Schuhschrank, Esstisch mit 2 Stühlen "entsprechend der Feststellung des Außendienstes vom 30.9.2014"). Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 12. November 2014 zurück. Dagegen wurde beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben (S 205 AS 324/15). Mit dem am 6. März 2015 beim Sozialgericht Berlin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht die Antragstellerin geltend, Eile sei geboten, da das Jobcenter bisher nur 385 Euro zur Verfügung gestellt habe. Hierfür könnten sie gerade mal Tisch und Stühle beschaffen. Benötigt würden von ihnen dringend für das Kinderzimmer eine Ausstattung, eine Waschmaschine, eine Kühlschrank, ein Schuhschrank und eine Garderobe.
Erstinstanzlich wurde beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend höhere Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung zu gewähren.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Für eine Erstausstattung seien im April 2012 vom Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg 1.359 Euro bewilligt worden. Auf den erneuten Antrag auf Erstausstattung vom 27. Juni 2014 seien am 12. November 2014 382 Euro bewilligt worden. Nachdem das Sozialgericht um Glaubhaftmachung gebeten hatte, dass die Gegenstände (Waschmaschine, Kühlschrank, Schuhschrank, Garderobe sowie die noch zu benennenden Gegenstände für das Kinderzimmer) noch benötigt würden, und darauf hingewiesen worden war, dass eine Flurgarderobe nach dem Protokoll des Prüfdienstes vorhanden gewesen sei, reichte die Antragstellerin Lichtbilder zu den Gerichtsakten.
Mit Beschluss vom 17. April 2015 lehnte das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Für die Ausstattung des Kinderzimmers habe die Antragstellerin die Eilbedürftigkeit selbst widerlegt, nachdem sie über einen Monat nicht erläutert hatte, welche Gegenstände aus ihrer Sicht benötigt würden. Im Hinblick auf die Garderobe und hinsichtlich des Schuhschranks sei ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens zumutbar. Diesbezüglich sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ausweislich der eingereichten Fotos im Flur über ein Schuhgestell verfüge. Im Hinblick auf Waschmaschine und Kühlschrank fehle es am Anordnungsanspruch. Ausweislich der eingereichten Fotos verfüge sie über eine in der Küche befindliche Waschmaschine, rechts daneben befinde sich ein Kühlschrank in Kombination mit einer Gefriertruhe.
Gegen den der Antragstellerin am 28. April 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. Mai 2015 beim Sozialgericht Berlin eingelegte Beschwerde. Sie verwies auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und machte geltend, es würden dringend Kinderbett, Matratze, Kinderschrank, Kindertisch und Stuhl benötigt. Nach erfolgtem Hinweis auf den Beschwerdewert von 750 Euro, trug die Antragstellerin vor, es gehe um 2 Personen, sie und ihren Sohn, der im Jahr 2006 geboren sei. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts über Erstausstattung aus dem Jahr 2007 stünden ihnen pro Person 1.500 Euro und keine 750 Euro zu. Sie erwähnt Waschmaschine und Kühlschrank.
Die Antragsteller beantragen,
1. Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17.04.2015 wird aufgehoben. 2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, umgehend Kosten für die Ausstattung des Kinderzimmers zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner meint, die Beschwerde sei unzulässig, da der Beschwerdewert nicht erreicht wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten S 205 AS 324/15 ER I, S 205 AS 324/15 und S 205 AS 324/15 ER und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen (Behelfsakte).
II.
Die Beschwerden sind zulässig.
Nach dem schriftsätzlichen Vorbringen beanspruchen beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft weitere Kosten für die Erstausstattung der Wohnung. Das Rubrum war entsprechend zu berichtigen.
Die Beschwerden sind statthaft und nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro übersteigt. Maßgeblich ist insoweit, was das Sozialgericht den Antragstellern versagt hat und was sie mit ihren Anträgen im Beschwerdeverfahren weiterverfolgen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 144 Rdnr. 14 m.w.N.). Bei einem unbezifferten Antrag muss das Gericht den Wert ermitteln. Dabei sind zunächst die Angaben der Beteiligten zugrunde zu legen. Erstinstanzlich wurden pauschal "höhere Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung" beansprucht, und zwar für eine Ausstattung für das Kinderzimmer, eine Waschmaschine, einen Kühlschrank, einen Schuhschrank und eine Garderobe. Die Antragstellerin nahm Bezug auf das Rundschreiben I Nr. 05/2011 und ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2011. Nach dem vorgenannten Rundschreiben gilt ab 1. Juni 2014 für die Erstausstattung der Wohnung für einen Zwei-Personen-Haushalt (Erwachsener und ein Kind) 1.491 Euro. Dem Schriftsatz vom 24. Juni 2015 im Beschwerdeverfahren ist zu entnehmen, dass die Antragsteller davon ausgehen, dass ein Pauschalbetrag in Höhe von 1.500 Euro pro Person für eine Erstausstattung beansprucht werden kann. Die Antragsteller machen geltend, ihnen stünde ein Betrag von 1.500,- Euro pro Person zu, wovon erst 385,- Euro gezahlt seien. Damit berühmen sich die Antragsteller eines Anspruchs, den sie bereits erstinstanzlich verfolgt haben und der ihnen versagt wurde, der über 750 Euro hinausgeht. Damit sind die Beschwerden statthaft, denn für die Bestimmung des Beschwerdewertes ist unerheblich, ob der Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach bestehen kann. Lediglich in Fällen des Rechtsmissbrauchs, wenn ein Prozessantrag nur deshalb gestellt wird, um die Beschwerdefähigkeit zu erreichen, ist der Antrag im Verfahren nicht zu berücksichtigen (Leitherer a.a.O. § 144 Rdnr. 14 a m. H. auf Rechtsprechung). Hierfür liegen aber keine Anhaltspunkte vor.
Selbst wenn der erstinstanzliche Vortrag so zu verstehen sein könnte, dass insgesamt 1500 Euro abzüglich gezahlter 385 Euro beansprucht wurden, betrüge die Beschwer 1115 Euro und ginge damit über 750 Euro hinaus.
Die Beschwerden sind aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf vorläufige Gewährung von Leistungen zu Recht abgelehnt. Einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund haben die Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Das Gericht kann nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens des Anordnungsgrundes (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs).
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind, dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 86 b Rdnr. 16 b).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.
Ein in der Hauptsache gegebener materieller Leistungsanspruch ist gegenwärtig nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 24 SGB II erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung oder gewährt dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen, wenn im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann. Damit steht regelmäßig im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts z. B. Urteil vom 27. September 2011 – B 4 AS 202/10 R zitiert nach juris). Ist das Ermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung der Wohnungserstausstattung als Sach- oder als Geldleistung erbringt, durch Verwaltungsbinnenrecht im Sinne von pauschalen Geldleistungen gebunden ( was vorliegend der Fall sein könnte), besteht bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen von vornherein ein Anspruch auf Geldleistungen (Urteil des BSG a.a.O.). Allerdings ist für die Höhe des Anspruchs auf Wohnungserstausstattung zunächst der Leistungsumfang maßgeblich. Leistungen nach § 24 SGB II sind für die Ausstattung mit Wohnraum bezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen. Der Anspruch auf Erstausstattung einer Wohnung ist wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen. Dabei wird nur eine angemessene Ausstattung zu berücksichtigen sein, die den grundlegenden Bedürfnissen genügt und im unteren Segment des Einrichtungsniveaus liegt. Dabei kann ein Leistungsempfänger grundsätzlich auch auf den Kauf von gebrauchten Artikeln verwiesen werden, ohne dass dies gegen seine Menschenwürde verstößt (Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. April 2011 – B 14 AS 53/10 R zitiert nach juris )
Nach diesen Maßstäben ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsteller einen Anspruch auf weitere Leistungen gegen den Antragsgegner haben. Zwar gehören die ihnen beanspruchten Gegenstände zu einer geordneten Haushaltsführung, allerdings haben die Antragsteller für deren Anschaffung pauschal 382 Euro erhalten: für ein Kinderbett (56 Euro), Schreibtisch (70 Euro), Schrank (94 Euro), Sitzgelegenheit (Tisch, Stühle 40 Euro), Schuhschrank (47 Euro), Esstisch (45 Euro) mit 2 Stühlen (30 Euro). Ein Lattenrost war nach dem Prüfbericht vorhanden. Die für die einzelnen Gegenstände angesetzten Beträge ergeben sich aus dem Prüfbericht. Sie ergeben die bewilligten 382 Euro.
Von den Antragstellern wurde nicht konkret dargelegt, weshalb die den Antragstellern pauschaliert gezahlten 382 Euro nicht ausreichten, um ihren Bedarf nach den oben genannten Maßstäben zu decken. Der Vortrag, für den vom Antragsgegner gezahlten Betrag könnten sie gerade mal Tisch und Stühle beschaffen, erfüllt diese Anforderungen nicht.
Zudem haben die Antragsteller bereits 1.359 Euro für eine Erstausstattung im April 2012 vom Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg erhalten, wie der Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen hat. Mit den vom Antragsgegner gezahlten 382 Euro haben sie insgesamt 1.741 Euro für die Erstausstattung erhalten, wobei dieser Betrag weit über der Pauschale im Rundschreiben von I Nr. 5/2011 liegt, wonach für einen Zwei-Personen-Haushalt (ein Erwachsener und ein Kind) 1.491 Euro pauschal gelten. Die Auffassung, den Antragstellern stehe pro Person ein Betrag von 1500 Euro pauschal zu, ist nicht nachvollziehbar.
Zudem ist auch unter Berücksichtigung des Prüfberichtes nicht erkennbar, dass den Antragstellern ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist: Dass die Antragsteller unter Umständen leben, die gegen die Menschenwürde verstoßen, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Sofern weiterhin auch im Beschwerdeverfahren Kosten für eine selbstbeschaffte Waschmaschine und Kühlschrank beansprucht werden sollten (wofür das Schreiben vom 24. Juni 2015 sprechen könnte) käme zwar ein Kostenerstattungsanspruch in Betracht (ständige Rechtsprechung des BSG z.B. Urteil vom 23. Mai 2013 – B 4 AS 79/12 R – zitiert nach juris, Rz. 21). Allerdings fehlt auch insoweit jeder Hinweis darauf, zu welchem Betrag diese Gegenstände von den Antragstellern gekauft und nicht von den bereits gezahlten 1741 Euro bezahlt werden konnten und weshalb ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sein sollte. Nach dem Prüfbericht waren die vorhandene Waschmaschine und die Kühl-Gefrierkombination jeweils 7 Jahre alt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragsteller beanspruchen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen für die Erstausstattung ihrer gemeinsam bewohnten Wohnung.
Mit Bescheid vom 12. November 2014 bewilligte der Antragsgegner auf den Antrag auf Übernahme von Bedarfen der Erstausstattung der Wohnung 382 Euro (Kinderbett , Schreibtisch , Schrank , Sitzgelegenheit , Schuhschrank, Esstisch mit 2 Stühlen "entsprechend der Feststellung des Außendienstes vom 30.9.2014"). Mit Bescheid vom 12. Januar 2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 12. November 2014 zurück. Dagegen wurde beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben (S 205 AS 324/15). Mit dem am 6. März 2015 beim Sozialgericht Berlin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht die Antragstellerin geltend, Eile sei geboten, da das Jobcenter bisher nur 385 Euro zur Verfügung gestellt habe. Hierfür könnten sie gerade mal Tisch und Stühle beschaffen. Benötigt würden von ihnen dringend für das Kinderzimmer eine Ausstattung, eine Waschmaschine, eine Kühlschrank, ein Schuhschrank und eine Garderobe.
Erstinstanzlich wurde beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend höhere Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung zu gewähren.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Für eine Erstausstattung seien im April 2012 vom Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg 1.359 Euro bewilligt worden. Auf den erneuten Antrag auf Erstausstattung vom 27. Juni 2014 seien am 12. November 2014 382 Euro bewilligt worden. Nachdem das Sozialgericht um Glaubhaftmachung gebeten hatte, dass die Gegenstände (Waschmaschine, Kühlschrank, Schuhschrank, Garderobe sowie die noch zu benennenden Gegenstände für das Kinderzimmer) noch benötigt würden, und darauf hingewiesen worden war, dass eine Flurgarderobe nach dem Protokoll des Prüfdienstes vorhanden gewesen sei, reichte die Antragstellerin Lichtbilder zu den Gerichtsakten.
Mit Beschluss vom 17. April 2015 lehnte das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Für die Ausstattung des Kinderzimmers habe die Antragstellerin die Eilbedürftigkeit selbst widerlegt, nachdem sie über einen Monat nicht erläutert hatte, welche Gegenstände aus ihrer Sicht benötigt würden. Im Hinblick auf die Garderobe und hinsichtlich des Schuhschranks sei ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens zumutbar. Diesbezüglich sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ausweislich der eingereichten Fotos im Flur über ein Schuhgestell verfüge. Im Hinblick auf Waschmaschine und Kühlschrank fehle es am Anordnungsanspruch. Ausweislich der eingereichten Fotos verfüge sie über eine in der Küche befindliche Waschmaschine, rechts daneben befinde sich ein Kühlschrank in Kombination mit einer Gefriertruhe.
Gegen den der Antragstellerin am 28. April 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. Mai 2015 beim Sozialgericht Berlin eingelegte Beschwerde. Sie verwies auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und machte geltend, es würden dringend Kinderbett, Matratze, Kinderschrank, Kindertisch und Stuhl benötigt. Nach erfolgtem Hinweis auf den Beschwerdewert von 750 Euro, trug die Antragstellerin vor, es gehe um 2 Personen, sie und ihren Sohn, der im Jahr 2006 geboren sei. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts über Erstausstattung aus dem Jahr 2007 stünden ihnen pro Person 1.500 Euro und keine 750 Euro zu. Sie erwähnt Waschmaschine und Kühlschrank.
Die Antragsteller beantragen,
1. Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17.04.2015 wird aufgehoben. 2. Der Antragsgegner wird verpflichtet, umgehend Kosten für die Ausstattung des Kinderzimmers zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner meint, die Beschwerde sei unzulässig, da der Beschwerdewert nicht erreicht wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten S 205 AS 324/15 ER I, S 205 AS 324/15 und S 205 AS 324/15 ER und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen (Behelfsakte).
II.
Die Beschwerden sind zulässig.
Nach dem schriftsätzlichen Vorbringen beanspruchen beide Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft weitere Kosten für die Erstausstattung der Wohnung. Das Rubrum war entsprechend zu berichtigen.
Die Beschwerden sind statthaft und nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro übersteigt. Maßgeblich ist insoweit, was das Sozialgericht den Antragstellern versagt hat und was sie mit ihren Anträgen im Beschwerdeverfahren weiterverfolgen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 144 Rdnr. 14 m.w.N.). Bei einem unbezifferten Antrag muss das Gericht den Wert ermitteln. Dabei sind zunächst die Angaben der Beteiligten zugrunde zu legen. Erstinstanzlich wurden pauschal "höhere Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung" beansprucht, und zwar für eine Ausstattung für das Kinderzimmer, eine Waschmaschine, einen Kühlschrank, einen Schuhschrank und eine Garderobe. Die Antragstellerin nahm Bezug auf das Rundschreiben I Nr. 05/2011 und ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus dem Jahr 2011. Nach dem vorgenannten Rundschreiben gilt ab 1. Juni 2014 für die Erstausstattung der Wohnung für einen Zwei-Personen-Haushalt (Erwachsener und ein Kind) 1.491 Euro. Dem Schriftsatz vom 24. Juni 2015 im Beschwerdeverfahren ist zu entnehmen, dass die Antragsteller davon ausgehen, dass ein Pauschalbetrag in Höhe von 1.500 Euro pro Person für eine Erstausstattung beansprucht werden kann. Die Antragsteller machen geltend, ihnen stünde ein Betrag von 1.500,- Euro pro Person zu, wovon erst 385,- Euro gezahlt seien. Damit berühmen sich die Antragsteller eines Anspruchs, den sie bereits erstinstanzlich verfolgt haben und der ihnen versagt wurde, der über 750 Euro hinausgeht. Damit sind die Beschwerden statthaft, denn für die Bestimmung des Beschwerdewertes ist unerheblich, ob der Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach bestehen kann. Lediglich in Fällen des Rechtsmissbrauchs, wenn ein Prozessantrag nur deshalb gestellt wird, um die Beschwerdefähigkeit zu erreichen, ist der Antrag im Verfahren nicht zu berücksichtigen (Leitherer a.a.O. § 144 Rdnr. 14 a m. H. auf Rechtsprechung). Hierfür liegen aber keine Anhaltspunkte vor.
Selbst wenn der erstinstanzliche Vortrag so zu verstehen sein könnte, dass insgesamt 1500 Euro abzüglich gezahlter 385 Euro beansprucht wurden, betrüge die Beschwer 1115 Euro und ginge damit über 750 Euro hinaus.
Die Beschwerden sind aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf vorläufige Gewährung von Leistungen zu Recht abgelehnt. Einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund haben die Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Das Gericht kann nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens des Anordnungsgrundes (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs).
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind, dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 86 b Rdnr. 16 b).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.
Ein in der Hauptsache gegebener materieller Leistungsanspruch ist gegenwärtig nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 24 SGB II erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung oder gewährt dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen, wenn im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann. Damit steht regelmäßig im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls pauschalierte) Geldleistung erbringt und in welcher Höhe er diesen Anspruch erfüllt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts z. B. Urteil vom 27. September 2011 – B 4 AS 202/10 R zitiert nach juris). Ist das Ermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung der Wohnungserstausstattung als Sach- oder als Geldleistung erbringt, durch Verwaltungsbinnenrecht im Sinne von pauschalen Geldleistungen gebunden ( was vorliegend der Fall sein könnte), besteht bei Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen von vornherein ein Anspruch auf Geldleistungen (Urteil des BSG a.a.O.). Allerdings ist für die Höhe des Anspruchs auf Wohnungserstausstattung zunächst der Leistungsumfang maßgeblich. Leistungen nach § 24 SGB II sind für die Ausstattung mit Wohnraum bezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen. Der Anspruch auf Erstausstattung einer Wohnung ist wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen. Dabei wird nur eine angemessene Ausstattung zu berücksichtigen sein, die den grundlegenden Bedürfnissen genügt und im unteren Segment des Einrichtungsniveaus liegt. Dabei kann ein Leistungsempfänger grundsätzlich auch auf den Kauf von gebrauchten Artikeln verwiesen werden, ohne dass dies gegen seine Menschenwürde verstößt (Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. April 2011 – B 14 AS 53/10 R zitiert nach juris )
Nach diesen Maßstäben ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsteller einen Anspruch auf weitere Leistungen gegen den Antragsgegner haben. Zwar gehören die ihnen beanspruchten Gegenstände zu einer geordneten Haushaltsführung, allerdings haben die Antragsteller für deren Anschaffung pauschal 382 Euro erhalten: für ein Kinderbett (56 Euro), Schreibtisch (70 Euro), Schrank (94 Euro), Sitzgelegenheit (Tisch, Stühle 40 Euro), Schuhschrank (47 Euro), Esstisch (45 Euro) mit 2 Stühlen (30 Euro). Ein Lattenrost war nach dem Prüfbericht vorhanden. Die für die einzelnen Gegenstände angesetzten Beträge ergeben sich aus dem Prüfbericht. Sie ergeben die bewilligten 382 Euro.
Von den Antragstellern wurde nicht konkret dargelegt, weshalb die den Antragstellern pauschaliert gezahlten 382 Euro nicht ausreichten, um ihren Bedarf nach den oben genannten Maßstäben zu decken. Der Vortrag, für den vom Antragsgegner gezahlten Betrag könnten sie gerade mal Tisch und Stühle beschaffen, erfüllt diese Anforderungen nicht.
Zudem haben die Antragsteller bereits 1.359 Euro für eine Erstausstattung im April 2012 vom Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg erhalten, wie der Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen hat. Mit den vom Antragsgegner gezahlten 382 Euro haben sie insgesamt 1.741 Euro für die Erstausstattung erhalten, wobei dieser Betrag weit über der Pauschale im Rundschreiben von I Nr. 5/2011 liegt, wonach für einen Zwei-Personen-Haushalt (ein Erwachsener und ein Kind) 1.491 Euro pauschal gelten. Die Auffassung, den Antragstellern stehe pro Person ein Betrag von 1500 Euro pauschal zu, ist nicht nachvollziehbar.
Zudem ist auch unter Berücksichtigung des Prüfberichtes nicht erkennbar, dass den Antragstellern ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist: Dass die Antragsteller unter Umständen leben, die gegen die Menschenwürde verstoßen, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Sofern weiterhin auch im Beschwerdeverfahren Kosten für eine selbstbeschaffte Waschmaschine und Kühlschrank beansprucht werden sollten (wofür das Schreiben vom 24. Juni 2015 sprechen könnte) käme zwar ein Kostenerstattungsanspruch in Betracht (ständige Rechtsprechung des BSG z.B. Urteil vom 23. Mai 2013 – B 4 AS 79/12 R – zitiert nach juris, Rz. 21). Allerdings fehlt auch insoweit jeder Hinweis darauf, zu welchem Betrag diese Gegenstände von den Antragstellern gekauft und nicht von den bereits gezahlten 1741 Euro bezahlt werden konnten und weshalb ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sein sollte. Nach dem Prüfbericht waren die vorhandene Waschmaschine und die Kühl-Gefrierkombination jeweils 7 Jahre alt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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