L 5 RS 570/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 24 RS 278/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 570/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - betriebliche Voraussetzung - VEB Baumechanisierung Halle

Bei dem VEB Baumechanisierung Halle handelt es sich in dem letzten Jahr seines Bestehens um einen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie. Während die Anteile an Produktion und Instandsetzung nach der Zusammenlegung der beiden Vorgängerbetriebe im Jahr 1981 und noch im Jahr 1986 in etwa gleich waren, hat sich die Ausrichtung des Betriebes ab diesem Zeitpunkt so gewandelt, dass sein Hauptzweck ab Mitte des Jahres 1989 in der Massenproduktion von Sachgütern bestand.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 3. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens darüber, ob der Kläger unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) fällt und die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG verpflichtet ist, den Zeitraum vom 1. Juni 1989 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) mit entsprechenden Arbeitsentgelten festzustellen.

Dem 1947 geborenen Kläger wurde mit Urkunde vom 21. Juni 1989 (Bl. 31 Gerichtsakte) das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung "Maschineningenieur" verliehen. Am 30. Juni 1990 war er als Leiter Produktion (Bl. 35 Gerichtsakte) im Volkseigenen Betrieb (VEB) Baumechanisierung H , Betriebsteil B , beschäftigt. Eine Versorgungszusage, Einzelfall- oder Rehabilitationsentscheidung wurde ihm nicht erteilt.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2004 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2004 lehnte die Beklagte seinen Antrag vom 28. Oktober 2003 auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Juni 1989 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einen Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Leipzig (S 4 RA 403/04) hat das Gericht nach Einvernahme der Zeugen B K und P E in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2005 die Beklagte mit Urteil vom selben Tag verpflichtet, den streitigen Zeitraum als Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz mit den entsprechenden Entgelten festzustellen. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (L 5 R 76/06) hat der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung am 28. April 2009 nach Hinweis des Senats, dass es sich bei dem VEB am 30. Juni 1990 um eine sog. "leere Hülle" gehandelt habe, zurückgenommen.

Mit Überprüfungsantrag vom 30. Juni 2010 begehrte er die Überprüfung der Ablehnungsentscheidung. Mit Bescheid vom 29. Juli 2010 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Sie stütze sich auf ein Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 25. Februar 2010 (L 1 R 12/07), aus dem sich ergebe, dass es sich bei dem VEB weder um einen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch um einen im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (2. DB) gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.

Mit der am 17. Februar 2011 vor dem Sozialgericht Leipzig erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Der VEB habe mit 27 Beschäftigten in den Betriebsteilen B , B und B elektrische Betonstahlbiegemaschinen für Bewehrungsbauten in Brücken und Bauwerken, Schweißautomaten, Geräte zum Absaugen von Schadstoffen und Bremsklötze hergestellt. In den Betriebsteilen H -O und H -T seien Vibrationsgeräte und Autobetonpumpen hergestellt bzw. Reparaturen und Instandsetzungen an Kranen und Baumaschinen durchgeführt worden. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien im VEB folgende Sachgüter produziert worden: - hydraulischer Universalsteinfertiger - Verschiebebühnen - Abstapelautomaten - Bandagiereinrichtungen - Vibrationsplatten H 16, H 31.5, H 50, BSD 63 - hydraulische Betonsteinfertiger HBSF 1200 und HBSF 1203 - hydraulische Betonpumpen - Betonverteilermast BV 235 - Schaumerzeuger SE 2 - Kehlnahtschweißgeräte 11-33 - Montageschweißgeräte 10-10 (vgl. Bl. 27 Gerichtsakte).

Mit Urteil vom 3. Juli 2012 hat das Sozialgericht Leipzig den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2011 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2004 verurteilt, die Zeit vom 1. Juni 1989 bis zum 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit der Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen. Der Kläger habe durch die Berechtigung zur Führung des Titels Ingenieur die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, daneben seien auch die sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen gegeben. Das betriebliche Tätigkeitsprofil des VEB habe sich im Laufe der Jahre gewandelt und sei in den Jahren 1989/1990 dadurch gekennzeichnet gewesen, dass ihm die industrielle Massenproduktion sein Gepräge gegeben habe. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme zur Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft zum 1. Mai 1990, aus der Übersicht über alle Rechte und Pflichten, Forderungen und Verbindlichkeiten etc. vom 14. Mai 1990 sowie aus dem Unternehmensgegenstand der Nachfolgegesellschaft. Dies hätten auch die im Termin vor dem Sozialgericht Leipzig am 15. November 2005 (Verfahren S 3 RA 403/04) vernommenen Zeugen bestätigt. Auch die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Zahlen belegten den Produktionszweck des VEB.

Gegen das am 20. August 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. August 2012 Berufung eingelegt. Der VEB sei ein Reparatur- und Montagebetrieb gewesen, was sich aus der Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 15359 ergebe. Es möge sein, dass er industrielle Sachgüter hergestellt habe, jedoch dürfte dies im Hinblick auf die Einordnung in das Wirtschaftssystem der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nur eine Nebentätigkeit gewesen sein. Die im Statut zugewiesenen Aufgaben beinhalteten eine Begleitung der Produktion, nicht jedoch deren Durchführung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 3. Juli 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die vor dem Sozialgericht H (S 8 R 279/09) und dem Sozialgericht Leipzig (S 3 RA 403/04) vernommenen Zeugen E , F und K hätten die Eigenschaft des VEB als Produktionsbetrieb bestätigt.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 23. Juni und 7. Juli 2015 die Zeugen P E , L F und B K dazu gehört, welche Tätigkeiten dem VEB im streitigen Zeitraum das Gepräge gegeben haben.

Der Kläger hat die Klage in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2015 insoweit zurückgenommen, als mit ihr die Anerkennung von Zeiten und die Feststellung entsprechender Entgelte für den Zeitraum vor dem 21. Juni 1989 begehrt wurden.

Dem Gericht lagen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Akten der Verfahren S 3 RA 403/04 und L 5 R 73/06 vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündlich zu verhandeln entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gegenstand der Berufung ist – nachdem der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen hat – noch der Zeitraum 21. Juni 1989 bis 30. Juni 1990.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht Leipzig hat die Beklagte mit Urteil vom 3. Juli 2012 zu Recht verurteilt, die Zeit vom 21. Juni 1989 bis zum 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit der Altersversorgung der technischen Intelligenz (mit entsprechenden Arbeitsentgelten) festzustellen. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Änderung des Bescheides vom 17. Februar 2004 dahin, dass für ihn der Zeitraum 21. Juni 1989 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG sowie die während dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen sind.

Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch zu Unrecht abgelehnt, weil dessen Voraussetzungen vorliegen. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Überprüfungsantrag des Klägers, der auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG gerichtet war, zu Unrecht abgelehnt, weil der Kläger hierauf einen Anspruch hat.

1. In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn er dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 AAÜG unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz, zuzuordnen sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R, Juris Rn. 19). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).

Die Voraussetzungen sind erfüllt, weil der Kläger auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der am 31. Juli 1991 gegebenen bundesrechtlichen Rechtslage einen "Anspruch auf Versorgungszusage" nach den bundesrechtlichen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte, mithin am 1. August 1991 Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom Bundessozialgericht vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (st. Rspr., vgl. Urteile vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14, - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40 und B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; Urteile vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20, - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33 sowie B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74) war. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen an diesem Tag einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Ein solcher fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. I Nr. 62 S. 487) von drei Voraussetzungen ab, nämlich von

1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),

2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar

3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Alle drei Voraussetzungen müssen nach o.a. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kumulativ am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der DDR am 2. Oktober 1990 (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 13).

2. Der Kläger erfüllt die persönliche und sachliche Voraussetzung zum maßgeblichen Stichtag des 30. Juni 1990. Er hat – mit Urkunde vom 21. Juni 1989 – einen Abschluss als Ingenieur für Maschinenbau erlangt und war laut Funktionsplan im VEB als Leiter Produktion im Betriebsteil B tätig.

Auch die betriebliche Voraussetzung war erfüllt. Denn der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war am 30. Juni 1990 ein Produktionsbetrieb.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist unter "volkseigener Produktionsbetrieb" nur ein VEB im Bereich der Industrie und des Bauwesens zu verstehen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/04 R - juris). Danach ist der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigenen" und "Produktion (Industrie, Bauwesen)" gekennzeichnet. Er umfasst nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, war also nicht nur auf den Ausschluss privater Betriebe gerichtet (BSG, Urteil vom 9. April 2002, a.a.O.). Zwar sprechen die Überschrift der VO-AVItech, ihr Vorspann (Präambel), ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 2 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des Wortlautes wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die VO-AVItech nicht in jedem VEB galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem Produktionsbetrieb gleichgestellt wurden, wird klar, dass die VO-AVItech und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe erfassten. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (GBl. DDR Nr. 111 Seite 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - juris). Unter das Merkmal "Produktionsbetrieb" fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, denen unmittelbar die industrielle Massenproduktion von Sachgütern das Gepräge gegeben hat (BSG, Urteile vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 1/11 R – juris Rn. 20, vom 9. Oktober 2012 – B 5 RS 5/12 R – Rn. 23). Im Hinblick auf die in der Präambel zur VO- AVItech zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Versorgungssystems war allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion von Gütern zum Gegenstand hatte, von Bedeutung für die Einbeziehung in die Versorgung. Die herausragende Bedeutung der Industrie, die auch in der DDR im Sinne der Herstellung von Erzeugnissen auf der Basis industrieller Massenproduktion verstanden wurde, ist unabhängig davon, ob hierfür der Begriff "fordistisches Produktionsmodell" gebraucht wird (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 – B 5 RS 1/11 R – juris Rn. 23). Der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der AVItech ist dabei auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet und damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet. Es kommt weder auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl von Gütern an, die der Betrieb insgesamt produziert oder an einzelne Kunden abgegeben hat, noch ist maßgeblich, welchen Anteil seine Produktion an der DDR-Gesamtproduktion hatte (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 – B 5 RS 5/12 R – juris Rn. 26). Die Massenproduktion in diesem Sinne unterscheidet sich von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebes auf die industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist (BSG, Urteile vom 6. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – juris Rn. 17, vom 9. Oktober 2012 – B 5 RS 5/12 R – juris Rn. 26 und vom 9. Mai 2012 – B 5 RS 8/11 R – juris Rn. 23). Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung des Betriebes, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens macht. Dabei ist alles "standardisiert und automatisiert" hergestellt, was mit einem vom Hersteller vorgegebenen Produkt nach Art, Aussehen und Bauweise identisch ist, aber auch dasjenige Sachgut, das aus mehreren ihrerseits standardisiert und automatisiert hergestellten Einzelteilen zusammengesetzt und Teil einer einseitig und abschließend allein vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette ist (BSG, Urteile vom 9. Oktober 2012 – B 5 RS 5/12 R – juris Rn. 26 und vom 9. Mai 2012 – B 5 RS 8/11 R – juris Rn. 23). Hierbei ist unerheblich, ob die Bauteile im eigenen oder einem Drittbetrieb angefertigt worden sind. Von einer industriellen Produktion der Endprodukte ist dann auszugehen, wenn diese ihrerseits massenhaft hergestellt wurden und ihre Zusammenbau daher mehr oder weniger schematisch anfällt. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine größere Produktpalette oder eine Vielzahl potentiell zu verbindender Einzelteile kein Hindernis, solange das Produkt einer vom Hersteller standardmäßig angebotenen Palette entspricht. Treten hingegen individuelle Kundenwünsche, wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten Teilen oder der Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und allein auf besondere Anforderungen gefertigten Produkts, in den Vordergrund, entfällt der Bezug zur industriellen Massenproduktion (BSG, Urteile vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R – juris Rn. 27 und vom 9. Mai 2012 – B 5 RS 8/11 R – juris Rn. 23). Danach spricht zwar nicht zwingend gegen eine serielle Massenproduktion, dass sich die wiederkehrend gefertigten Produkte regelmäßig in technischen Details unterscheiden. Dies steht aber dann der Annahme einer industriellen Fertigung entgegen, wenn die Produktionsweise des Betriebes von vornherein darauf angelegt ist, allein den Wünschen des jeweiligen Auftraggebers entsprechend Einzelstücke herzustellen, die so vom Hersteller nicht vorgesehen waren. Kommt es hingegen zur Abgabe von zwar nach individuellen Vorgaben gefertigten Produkten, die aber in der vom Hersteller vorgegebenen Produktpalette enthalten sind, ist die Eigenschaft als Produktionsbetrieb nicht gefährdet. Seine Auffassung begründet das BSG damit, dass es nicht ausschlaggebend sein könne, ob kundenunabhängig Sachgüter auf Lager produziert werden oder aufgrund besonderer Auftragstellung die industrielle Taktstraße auftragsbezogen aus der Palette des Herstellers eingerichtet wird (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 – B 5 RS 5/12 R – juris Rn. 27). Maßgeblich ist danach, ob lediglich in der Produktionsvorbereitung Arbeitsschritte notwendig werden, um die vorhandene Maschinerie – zwar entsprechend individueller Kundenwünsche, aber nach der Palette des Herstellers – einzustellen und die Produkte anschließend in einem wiederum standardisierten und automatisierten Verfahren in potentieller Unbegrenztheit hergestellt werden, oder ob die (End-)Produkte jeweils individuell nach speziellen Vorgaben oder Gegebenheiten des Einzelfalles auftrags- und kundenbezogen angefertigt werden. Denn in dem Fall werden sie vom Hersteller gerade nicht standardmäßig angeboten und schematisch in Massenproduktion herstellt.

b) Ausgehend von diesen Maßstäben war der Beschäftigungsbetrieb des Klägers ein Produktionsbetrieb.

(1) Gegenstand des VEB war sowohl die (Neu)Produktion von Sachgütern (Baumaschinen, Ersatzteile, Konsumgüter etc.) als auch die Reparatur von Baumaschinen.

Der VEB in seiner Rechtsform am 30. Juni 1990 entstand am 1. Januar 1981 durch die Zusammenlegung der beiden Vorgängerbetriebe VEB Baumechanik H -O und VEB Baumechanisierung H. Hierbei ging der VEB Baumechanik H -O aus dem 1946 errichteten VEB Armaturen- und Apparatebau H hervor, der im Jahr 1952 nach Vereinigung mit dem VEB (K) Schweißwerk in VEB (K) Maschinen- und Apparatebau H umbenannt wurde. In den Jahren 1952 bis 1957 wurden der VEB Werkzeugbau H , der VEB (K) Wagenbau H und der VEB Bäckerei-Maschinenfabrik H angegliedert. Nachdem im Jahr 1959 der VEB (K) Schweißwerk H hinzukam, wurde der gesamte Betrieb umbenannt in VEB (K) Maschinen- und Schweißbetrieb H und dieser ab 1963 in VEB Baumechanik H -O (vgl. Broschüre "40 Jahre Baumechanisierung H " [nachfolgend: Broschüre] aus dem Jahr 1986, Bl. 76 ff. Gerichtsakte). Während die Rechtsvorgänger des VEB Baumechanik H -O laut der Broschüre "nur Neufertigung" zum Gegenstand hatten, musste er ab den 1960er Jahren auf die Durchführung von Reparaturen umgestellt werden (vgl. S. 16 der Broschüre). Ab 1965 kam die Produktion von Gleitbauausrüstungen und die Regenerierung von Laufrollen, ab 1967 die der ersten Bodenverdichtungsgeräte hinzu (vgl. S. 16 der Broschüre). Nach § 2 des Statuts des VEB Baumechanik H -O vom 31. August 1970 (Bl. 173 ff. Gerichtsakte) war er "Finalproduzent von Betonfördereinrichtungen und Bodenverdichtungsgeräten" und fertigte darüber hinaus "weitere Erzeugnisse der metallverarbeitenden Industrie".

Rechtsvorgänger des VEB Baumechanisierung H war dagegen der 1958 gegründete VEB Bezirks-Baumechanik H , der für die Bauindustrie Reparaturen durchführte. Laut Seite 3 des Statuts (Betriebsordnung) des VEB Bezirks-Baumechanik H vom 5. Februar 1958 (Bl. 61 ff. Gerichtsakte) hatte er " ... die Aufgabe, im Rahmen seiner Produktionsauflage Reparaturleistungen an Baumaschinen und Geräten durchzuführen ... Eine weitere wesentliche Aufgabe ist die Lagerung und evtl. Herstellung von Ersatzteilen und Verschleissmaterialien für die volkseigene Bau- und Baustoffindustrie des Bezirkes H. Der Betrieb hat weiterhin die Aufgabe, den Maschineneinsatz sowie die Ausnutzung der Geräte zu überwachen, durch Umsetzungen inner- und überbezirklich den Einsatz der Maschinen und Geräte nach den Schwerpunktbauvorhaben im Bezirk H zu lenken." 1967 wurde dem VEB eine Betriebsschule angegliedert, später kamen ein polytechnisches Zentrum und der Bereich "Aus- und Weiterbildung" hinzu. Nach der oben benannten Broschüre hatte sich die Betriebsschule seit 1982 zu einem "international anerkannten Bildungszentrum" entwickelt, das im Jahr 1986 die Facharbeiterausbildung für über 50 Kombinate, Betriebe und "genossenschaftliche Einrichtungen" übernommen hatte. Am 1. Januar 1981 entstand durch Zusammenlegung des VEB Baumechanik H -O und des VEB Baumechanisierung H der in Rede stehende VEB (Baumechanisierung H ). Seit dem arbeiteten in dem VEB nach Angaben der Zeugen E und F sowie nach den Ausführungen in der Broschüre reichlich 1000 Beschäftigte, wobei laut der Broschüre nunmehr eine "Einheit aus den beiden etwa gleich großen Betrieben mit grundsätzlich unterschiedlichem Produktionsprofil" gebildet werden musste. Danach hatte "der eine Teil zu fast 90 Prozent Instandsetzungsproduktion als Grundlage seiner Aufgabenstellung zu verzeichnen" (VEB Baumechanisierung H ), während "der andere Teil mit überwiegender Neuproduktion in Form von Rationalisierungsmitteln die zweite Säule in der Produktion" (VEB Baumechanik H -O ) darstellte (S. 21 Broschüre).

(2) Bei der (Neu)Produktion von Baumaschinen und anderen Erzeugnissen im VEB handelte es sich um industrielle Massenproduktion im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (a). Sie hat dem VEB auch das Gepräge gegeben, weil sie überwiegender Gegenstand seiner Tätigkeit war (b).

(a) Nach übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Zeugen K , E und F sowie den Ausführungen in der Broschüre hat der VEB verschiedene Produkte in Serie produziert. Zu seinem Sortiment gehörten u.a. eine Hydraulische Betonpumpe auf Kraftfahrzeug (HBP 60 F), ein Knickverteilermast, Vibrationsgeräte verschiedener Typen, die Hydraulischen Betonsteinfertiger HBSF 1200/3 und HBSF 2000, der Hydraulische Universalsteinfertiger HUSF, verschiedene Rationalisierungsmittel wie die Baugruppen ZIS 10-10 und 11-33 oder ein Schweißrauchgasabschneider, des weiteren Erzeugnisse der Konsumgüterproduktion wie Fahrgestelle für den Campinganhänger QEK Junior, Haushaltsleitern und diverse Plastikerzeugnisse (vgl. u.a. Broschüre S. 5 ff.). Der Zeuge E gab in der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2015 an, der VEB habe u.a. Rationalisierungsmittel wie Schweißmaschinen, Schweißroboter und andere Schweißgeräte, Autobetonpumpen, Bodenverdichtungsgräte, Formen für den Plattenbau und Betonsteinfertiger in Serie produziert. 1989 und 1990 seien ca. 300 Bodenverdichtungsgeräte im Monat gefertigt worden. Betonpumpenfertiger seien ca. 50 bis 60 Stück pro Jahr gefertigt worden. Dies bestätigte auch der Zeuge F , wonach u.a. Autobetonpumpen in zwei Sorten, Betonsteinfertiger, Vibrationsplatten, Schweißroboter oder Formen zur Herstellung von Plattenbauten hergestellt worden seien. Der Zeuge K gab in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2015 an, es seien beispielsweise Autobetonpumpen und Vibrationsgeräte für den Export hergestellt worden. Die Produktpalette des VEB wird ebenfalls beschrieben in der "Übersicht über alle Rechte und Pflichten, Forderungen und Verbindlichkeiten sowie über bestehende Liefer- und Absatzverträge und Kredite" vom 14. Mai 1990, in der unter Ziffer 2. Bestehende Liefer- und Absatzverträge, 2.1 Vorliegende Verträge vom 1. Mai bis 31. Dezember 1990 sowie unter 2.2 offene Lieferverträge bis 31. Dezember 1990 mit Stand vom 1. Mai 1990 aufgelistet sind (Bl. 90 ff. Gerichtsakte S 3 RA 403/04). Dort sind u.a. aufgeführt

HBSF 1200/3 4 Stück HBSF 2000 A 30 Stück U 31,5 VK 829 Stück U 31,5 DK 258 Stück U 50 263 Stück ... SAG 300 Stück ... Wasserwellenreiter 5200 Stück Rasenmähergehäuse 1000 Stück ...

Auch in der Stellungnahme des Vertreterorgans der Beschäftigten des Betriebes zur Umwandlung des VEB in eine Kapitalgesellschaft zum 1. Mai 1990 (Bl. 86 Rs. Gerichtsakte S 3 RA 403/04) wird auf die "3 Hauptsäulen unserer Produktion" hingewiesen, die in der Fertigung von Autobetonpumpen und Kooperationsleistungen, von Vibrationsgeräten verschiedener Ausführungen sowie von "HBSF und dazugehörende Formen" liege.

Hierbei handelt es sich um die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Die aufgeführten Produkte wurden industriell im Rahmen eines standardisierten und automatisierten Verfahrens in Serie und damit "massenhaft" hergestellt. Dem steht nicht entgegen, dass die Endprodukte teilweise aus wiederum standardisiert und automatisiert hergestellten Einzelteilen zusammengesetzt wurden, wie beispielsweise der Zeuge E angab. Denn die Endprodukte waren Teil der vom VEB standardmäßig angebotenen Produktpalette und wurden hierbei schematisch zusammengebaut. Dem steht weiter nicht entgegen, dass nach Angaben des Zeugen E Steinfertiger von Zeit zu Zeit an die Gegebenheiten vor Ort angepasst worden seien. Denn diese Angaben beziehen sich allein auf das Aufstellen der Geräte, beispielsweise entsprechend des verfügbaren Platzes. Individuelle Kundenwünsche wurden nach ausdrücklichen Angaben des Zeugen nicht berücksichtigt. Auch dass sich die Steinfertiger je nach den zu fertigenden Steinen unterschieden, wie die Zeugen E und F angaben, steht einer "Massenproduktion" nicht entgegen. Denn diese wurden nach übereinstimmenden Angaben der Zeugen wiederum jeweils "in Serie" hergestellt. Je nach Land oder Bauart unterschieden sich die Vorgaben, individuelle Kundenwünsche für jede einzelne Maschine wurden jedoch nicht berücksichtigt. Vielmehr wurden die Steinfertiger in "unterschiedlichen Linien" angefertigt. Dies hat auch der Zeuge K bestätigt, indem er angab, die Waren hätten sich je nach Exportland in der Beschilderung (beispielsweise in arabischer oder englischer Sprache) unterschieden, seien ansonsten jedoch identisch gewesen und hätten auch im Inland eingesetzt werden können. Sie gehörten danach zur standardmäßig angebotenen Produktpalette des VEB. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die übrigen Produkte wie Vibrationsgeräte, Schweißroboter, Autobetonpumpen oder die Konsumgüter wie Haushaltsleitern und Campinganhänger individuell nach Kundenwünschen angefertigt wurden.

(b) Diese Tätigkeit hat dem VEB zumindest im letzten Jahr seiner Existenz, also im hier streitigen Zeitraum vom 21. Juni 1989 bis zum 30. Juni 1990, das Gepräge gegeben.

Das Gegenteil kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus der Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 15359 (Reparatur- und Montagebetriebe des Bau-, Baustoff- und Keramikmaschinenbaus) geschlossen werden. Denn zum einen kann die Zuordnung nur als Indiz herangezogen werden, zum anderen können auch reine Montagebetriebe Produktionsbetriebe darstellen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R – und vom 9. Mai 2012 – B 5 RS 8/11 R –).

Zwar war der VEB sowohl mit der Herstellung von Sachgütern in Serie als auch mit Baureparaturen – insbesondere von Baugeräten wie dem Flachbagger S 651 und der dazugehörigen Ersatzteile – befasst. Dies ist insbesondere der Tatsache geschuldet, dass einer der beiden Vorgängerbetriebe des VEB, aus denen er am 1. Januar 1981 durch Zusammenschluss entstanden ist, der VEB Baumechanisierung H , seit seiner Gründung im Jahr 1958 (als VEB Bezirksbaumechanik) ein Reparaturbetrieb war. Laut seines Statuts vom 5. Februar 1958 (Bl. 61 ff. GA) hatte er " ... die Aufgabe, im Rahmen seiner Produktionsauflage Reparaturleistungen an Baumaschinen und Geräten durchzuführen." Eine weitere wesentliche Aufgabe war "die Lagerung und evtl. Herstellung von Ersatzteilen und Verschleißmaterialien für die volkseigene Bau- und Baustoffindustrie des Bezirkes H " sowie in der Überwachung des Maschineneinsatzes sowie der Ausnutzung der Geräte. Dieses Profil bestand bis zu seinem Zusammenschluss mit dem VEB Baumechanisierung H zu dem in Rede stehenden VEB (selben Namens) fort. So wird in der Broschüre aus dem Jahr 1986 ausgeführt, dass mit dem Zusammenschluss eine "Einheit aus den beiden etwa gleich großen Betrieben mit grundsätzlich unterschiedlichem Produktionsprofil" gebildet werden musste, wobei der VEB Baumechanisierung H "zu fast 90 Prozent Instandsetzungsproduktion" betrieben habe. Allerdings war Haupttätigkeit des anderen Vorgängerbetriebes, des VEB Baumechanik H -O , die Produktion von Sachgütern. Laut § 2 des Statuts vom 31. August 1970 (Bl. 173 ff. Gerichtsakte) war er "Finalproduzent von Betonfördereinrichtungen und Bodenverdichtungsgeräten" und fertigte darüber hinaus "weitere Erzeugnisse der metallverarbeitenden Industrie". Laut der in Bezug genommenen Broschüre stellte er zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses "mit überwiegender Neuproduktion in Form von Rationalisierungsmitteln die zweite Säule in der Produktion dar" (S. 21 Broschüre).

Danach bestand die Tätigkeit des VEB zwar im Zeitpunkt seiner Entstehung durch Zusammenlegung der Vorgängerbetriebe am 1. Januar 1981 zu etwa gleichen Anteilen in der Produktion von Sachgütern und in Reparaturtätigkeiten. Die (massenhafte) Produktion von Sachgütern hat ihm zum damaligen Zeitpunkt mithin (noch) nicht das Gepräge gegeben. Dies war auch im Jahr 1986 (noch) nicht der Fall. In der Broschüre "40 Jahre Baumechanisierung H " aus dem Jahr 1986 wird der VEB als "Betrieb des Bauwesens" beschrieben, wobei beispielhaft die Grundüberholung von Planierraupen sowie die Herstellung von Vibrationsgeräten und Betonpumpen genannt werden. Betonelemente hätten oft durch Ergänzungsarbeiten des VEB an Stahlformen im Plattenwerk den letzten Schliff erhalten. Auch auf die Ausbildung von Baumaschinisten wird hingewiesen. Als "Schwerpunkte" der Arbeit wird Folgendes benannt: "Aufgabe des VEB ... mit den Betriebsbereichen in H , B und B ist die Versorgung der Baubetriebe mit Maschinen und Ausrüstungen, mit Rationalisierungsmitteln und Stahlformen für das bezirkliche Bauwesen, die Instandsetzung von Baumaschinen, die Versorgung der Baubetriebe mit Ersatzteilen sowie die Herstellung von Konsumgütern" (S. 5 der Broschüre). Danach waren die Anteile des VEB an Produktion und anderen Tätigkeiten (insbesondere Instandsetzungsleistungen) noch im Jahr 1986 in etwa ausgeglichen. So wird für das Jahr 1986 ein Anteil von 47,1 % Neuproduktion, von 39,5 % Instandsetzungsleistungen und von 13,4 % Ersatzteilfertigung und Ersatzteilaufarbeitung angegeben (S. 23 Broschüre).

Allerdings hat sich die weitere Entwicklung so gestaltet, dass der VEB gegen Ende seiner Existenz – mithin im streitigen Zeitraum vom 21. Juni 1989 bis zum 30. Juni 1990 – überwiegend mit der Produktion von Sachgütern befasst war. Bereits in der Broschüre wird als Ausblick bis 1990 ausgeführt, man werde sich auch in der Perspektive auf zwei Hauptsäulen in der "Produktion" konzentrieren: die Neuproduktion mit einem hohen Anteil an Ersatzproduktion und die Reparaturproduktion mit der Ersatzteilaufarbeitung. Dabei werde die Neuproduktion den entscheidenden Leistungszuwachs erbringen, weil die Reparaturproduktion in etwa gleich bleiben werde (S. 45 Broschüre). Zwar vermag die Broschüre den tatsächlichen Verlauf nicht wiederzugeben. Bestätigt wird die darin prognostizierte Entwicklung jedoch durch die Angaben der Zeugen E , F und K.

Übereinstimmend gaben sie in den mündlichen Verhandlungen am 23. Juni und 7. Juli 2015 an, dass sich die Betriebsstruktur nach 1986 vor allem durch einen staatlich verordneten Aufschwung des Exports zugunsten der Neuproduktion von Sachgütern gewandelt habe. Der Zeuge E , der als Haupttechnologe für die Erzeugnis-Palette des gesamten Betriebes zuständig war, gab an, ab 1986 sei die Neufertigung von Produkten aufgestockt worden, wobei die Instandsetzung gleich geblieben sei. Im Jahr 1990 habe der Anteil der Neuproduktion geschätzt 80 bis 85 % betragen. Beispielhaft führten alle Zeugen den Export von Steinfertiger-Maschinen nach Ägypten an. Insgesamt hätte der VEB in über 40 Länder exportiert. Der Zeuge F , der ab April 1987 Betriebsdirektor des VEB und bis 1995 Geschäftsführer dessen Rechtsnachfolgerin war, gab an, ab Mitte der 80er Jahre habe der VEB aufgrund der Exportanforderungen der DDR an die Kombinate eine andere Entwicklung genommen. Zu dieser Zeit (1984 bis 1986) seien drei neue Produktionshallen (eine Stahlbauhalle, eine Betonpumpenhalle und eine Halle zur Herstellung von Formen für die Betonsteinfertigung) gebaut worden, sodass der VEB in den Jahren 1988 bis 1990 nur noch zu ca. 20 % Instandsetzung – hauptsächlich von Flachbaggern – und im Übrigen Neuproduktion – davon ca. die Hälfte für den Export – betrieben habe. Der Zeuge K , ab 1981 Direktor für Produktion, gab an, ab Mitte der 80er Jahre sei der VEB auf Produkte "getrimmt" worden, die verkäuflich waren, vor allem im Ausland. Es sei in das "sozialistische Ausland", noch lieber aber in das "kapitalistische Ausland" exportiert worden. Es seien auch Exportprodukte aufgrund von Lizenznahmen aus der Bundesrepublik Deutschland gefertigt worden. Der Anteil der Produktion habe deshalb stetig zugenommen und der VEB sei trotz der knappen Ressourcen in der DDR bei Investitionen bevorzugt worden. So sei er mit Hallenneubauten für bestimmte Produkte ausgestattet worden, weshalb er gegen Ende der DDR hauptsächlich mit der Neuproduktion, die bei ca. 80 % gelegen habe, betraut gewesen sei. Die sog. Instandsetzungsproduktion sei hingegen deutlich zurückgegangen oder in die Lehrproduktion ausgelagert worden, habe gegen Ende bei ca. 20% gelegen. Ein Grund des Rückgangs liege auch darin, dass die reparierten Flachbagger immer älter geworden seien, was eine Reparatur weniger lukrativ gemacht hat. Die Zeugen verfügen als ehemaliger Haupttechnologe, als Direktor für Produktion sowie als Betriebsdirektor über das nötige Wissen und den Überblick, um die Gesamttätigkeit des VEB einschätzen zu können.

Kein Widerspruch sieht der Senat darin, dass die Produktion von 1986 bis 1989/90 von – in der Broschüre ausgewiesenen – 47 auf ca. 80 % gestiegen, das Personal nach Angaben der Zeugen jedoch nur von ca. 900 Mitarbeitern auf 1.200 angewachsen ist. Der Zeuge F gab an, nach der Zusammenlegung der Vorgängerbetriebe seien ca. 900 Mitarbeiter beschäftigt gewesen, 1989 seien es ca. 1.200 Personen gewesen. Der Zeuge E gab an, die Zahl der Mitarbeiter sei von zunächst 800 bis 950 auf mehr als 1000 gestiegen. Die Gründe für den ungleichen prozentualen Anstieg von Produktion und Zahl der Mitarbeiter liegen in der Struktur des VEB begründet. Der ehemalige Betriebsdirektor, der Zeuge F , gab an, von den ca. 1.200 Mitarbeitern seien ca. 600 als Produktionsgrundarbeiter und ca. 50 als Produktionshilfspersonen beschäftigt gewesen. Daneben seien Mitarbeiter in der Hauptmechanik, die für die Instandhaltung der eigenen Produktionseinrichtungen zuständig war, tätig gewesen. Die übrigen Mitarbeiter seien im Verwaltungsbereich, in der Berufsausbildung (102 Personen) sowie im Bereich der sozialen Einrichtungen beschäftigt gewesen. So habe der VEB über drei Küchen und zwei große Ferienheime sowie über eine eigene Gesundheitsvorsorge mit beispielsweise Massageangeboten verfügt. Dass der Zuwachs um ca. 300 Mitarbeiter, die nach übereinstimmenden Angaben der Zeugen allein oder überwiegend in der Produktion eingesetzt wurden, mit dem behaupteten Anstieg des Produktionsanteils von knapp 50 auf ca. 80 % konform geht, ist danach in sich schlüssig und nachvollziehbar. Denn die Tatsache, dass soziale Einrichtungen wie Küchen, Gesundheitsvorsorge und Ferienheime zu einem nicht unwesentlichen Teil in den VEB verlagert waren, macht den - gemessen am Anteil der Produktion - prozentual niedrigeren Anteil von Produktionsmitarbeitern verständlich.

Danach hat die Produktion im Sinne der BSG-Rechtsprechung dem VEB im hier streitigen Zeitraum das Gepräge gegeben. Auch wenn ein nicht unwesentlicher Anteil der Mitarbeiter in der Verwaltung und anderen Nebengebieten beschäftigt war, bestand der hauptsächliche Zweck des VEB in der Produktion von Sachgütern. Dies ergibt sich aus einem Zusammenspiel mehrerer Parameter, zum einen aus der Stückzahl – im Rahmen der Neuproduktion wurden weit mehr Güter hergestellt als im Rahmen der Instandsetzung repariert – und zum anderen aus dem Wert der neu hergestellten bzw. instandgesetzten Güter. So war der Wert der neu hergestellten Erzeugnisse ungleich höher als der der "Instandsetzungsprodukte". Die Zeugen E und K gaben hierzu übereinstimmend an, mehrere Maschinen – beispielsweise Autobetonpumpen – hätten pro Stück eine halbe Million Mark der DDR gekostet, weshalb der Wertanteil an der Neuproduktion erheblich höher als der der Instandsetzung gewesen sei. Bei einer monatlichen Planvorgabe von beispielsweise 20 Millionen Mark habe der Anteil der Instandsetzung lediglich zwei bis drei Millionen Mark ausgemacht.

Dafür, dass der Hauptzweck des VEB im Jahr 1990 in der massenhaften Produktion von Sachgütern bestand, spricht auch der Unternehmensgegenstand der Nachfolgegesellschaft. Laut dem Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts S zur Baumechanik H GmbH (HR B 875) sowie nach ihrem Gesellschaftsvertrag bestand dieser in der "Entwicklung, Fertigung und Vertrieb einschließlich Export von Baumaschinen, Stahlbau und Montageleistungen" (Bl. 71 ff. Gerichtsakte bzw. Bl. 23 ff. Gerichtsakte S 3 RA 403/04). Nach Angaben des Zeugen F wurden vom VEB ca. 500 Mitarbeiter übernommen, mithin im Wesentlichen die mit der Produktion befassten, wohingegen die für die sozialen Einrichtungen und die Verwaltung zuständigen Mitarbeiter zusammen mit den entsprechenden Betriebsteilen von der Übernahme ausgeschlossen waren. 3. Der Kläger hat Anspruch auf Anerkennung von Zugehörigkeitszeiten sowie die Feststellung entsprechender Arbeitsentgelte für den Zeitraum 21. Juni 1989 bis 30. Juni 1990 nach § 5 AAÜG. Zugehörigkeitszeiten im Sinne dieser Vorschrift liegen dann vor, wenn der "Versorgungsberechtigte" eine Beschäftigung ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelistet ist. Allein maßgebend sind - in faktischer Anknüpfung - die Texte der Versorgungsordnungen am 30. Juni 1990, die darin enthaltenen Vorgaben in Verbindung mit den Durchführungsbestimmungen sowie die sonstigen diese ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regelungen. Zu Grunde zu legen sind insoweit die objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts. Mithin kommt es weder auf die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR an noch auf deren Verwaltungspraxis. Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt eine fiktive Zugehörigkeitszeit nach der AVItech in Verbindung mit der 2. DB (nur) vor, wenn der "Versorgungsberechtigte" drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss erstens eine bestimmte Berufsbezeichnung geführt haben (persönliche Voraussetzung), zweitens eine der Berufsbezeichnung entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und drittens die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung) (BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 1/03 R –, juris Rn. 13 f.).

Wie dargelegt, hatte der Kläger seit dem 21. Juni 1989 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Maschineningenieur zu führen (persönliche Voraussetzung) und er hat als "Leiter Produktion" eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt (sachliche Voraussetzung). Zumindest im hier streitigen Zeitraum ab Juni 1989 war auch die betriebliche Voraussetzung erfüllt, weil der Beschäftigungsbetrieb des Klägers in dieser Zeit ein Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG war (vgl. hierzu die Ausführungen unter 2. b) (2) (b)). Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Lübke Dr. Lau
Rechtskraft
Aus
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